Spontane Silvester-"Party" auf dem Allalinhorn

Als ich am Silvestermorgen durchs Kandertal fuhr, war mein Ziel eigentlich klar :

Das Balmhorn.

Drei Tage vorher hatte ich im fürchterlichen Bruchharsch mit Steigeisen bis knapp unter den Zackengrat gespurt. Die Vorzüge von Schneeschuhen hatte ich seinerzeit noch nicht ergründet. Es war ein Abnutzungskampf und ich kehrte um, weil es sonst viel zu spät geworden wäre. Die zwischenzeitlich ausgefrorenen Tritte  sollten nun meine Leiter zum Gipfel sein. Sofern nicht wieder irgendein Skitourengänger, wie schon öfter erlebt, meine mühsam angelegte Gehspur plattgewalzt hat...
Aber da besteht im Dezember am Balmhorn keine Gefahr. Zum Skifahren taugt das Gelände noch nicht.

Nun ja, als ich mein Auto die Kurven nach Kandersteg hochmühte, erzählte mir die Stimme im Radio, das heute die letzte Chance im Jahr 2006 sei, um noch ein gestecktes Ziel zu erreichen. Ich grübelte, ob ich auch noch Pendenzen habe: Hmmm... ich wollte ja  noch auf einen 4000er.  Naja, das klappt ja nun nicht mehr. Obwohl??? Das Allalinhorn kann man eigentlich immer machen und bequemer, als der Bruchharschterror am Balmhorn wärs allemal. Also gönne ich mir doch nach den harten Touren der vorangegangen Tage in einsamen Hochgebirgslandschaften etwas erholsames. Am Rand der Skipiste brauch ich einfach nur geradeaus laufen. Die letzten Meter zum Gipfel werde ich dann schon sehen.

So geht es spontan durch den Lötschbergtunnel nach Saas Fee 1800m. Inzwischen ist es 9:15 Uhr. Ich lege die Steigeisen an und los gehts. Auf der griffigen Skipiste gehts natürlich flott. So fliegend Tausend Skifahrer an mir vorbei, die gelegentlich ihr Unverständnis oder ihren Respekt bekundeten. Landschaftlich ist`s dennoch schön, wenngleich das Skigebiet auf dem Feegletscher irgendwie deplaziert wirkt.
Irgendwann ist das Allalinhorn plötzlich zum greifen nah und und ich schreite auf den höchstgelegenen Schlepplift zu, der auf 3500m liegt. Hier gönne ich mir eine Verpflegungspause. Es ist ungemütlich, da Wind über die Nordflanke herabfegt.
Nun gilt es also ernst. Eine Spur ist leider nicht vorhanden. Triebschnee hat diese zugeweht. Mir ist mulmig wegen möglicher Spalten, die so natürlich hinterhältig gedeckt sind. Ich investiere nun sehr viel Zeit und sondiere nahezu jeden Schritt mit dem Stock. Hatte ich für die ersten 1800Hm drei Stunden benötigt, ging so für die nächsten 100Hm mehr als eine Stunde drauf. Als ich die grösseren Spalten vor dem Anstieg zum Feejoch erreiche, löst sich die Sache in Wohlgefallen auf. Ab hier ist es grösstenteils abgeblasen. So erreiche ich zügig, und ohne die Nerven weiter zu strapazieren, das Feejoch. Es ist Niemand unterwegs. Sollten heute Leute am Allalinhorn gewesen sein, dann bereiten sie jetzt wohl schon das Fondue vor...
Vom Feejoch geht es dann über die Nord-Westflanke in angenehmen Trittschnee zum Gipfel, den ich kurz nach 14 Uhr erreiche. Es ist angenehm windstill.

Eine seltsame Stimmung. Schön, so alleine auf diesem Berg zu stehen, der in der Regel von Karawanen überfallen wird. Ich geniesse es sehr. Die Aussicht von einen 4000er ist ohnehin speziell.
Da ich Alkohol am Berg verschmähe, verabschiede ich das alte Jahr mit einen Ovodrink.

Irgendwann ist es dann leider wieder Zeit zu gehen. Tief im Tal sehe ich Saas Fee. Dort muss ich zurück. 
Die Passage unter der Nordwand ist dann erneut etwas nervig. Meine Spur ist bereits wieder zugeweht. Als dann wieder die Skipisten erreicht sind, lasse ich mich ins Tal hinabtreiben. 
Ach ja, mit Steigeisen am Rand der Skipiste hinabspringen ist fun! Wenn der Schnee passt, dann ist man genauso schnell, wie die Skifahrer.
So war ich dann auch tatsächlich zurück in Saas Fee, bevor die Sonne sich verabschiedete und sich auch die Skifahrer die letzte Abfahrt des Jahres genehmigten.