Birnhorn


Publiziert von Solanum , 7. Dezember 2009 um 22:58.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Loferer- und Leoganger Steinberge
Tour Datum: 3 November 2005
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-S 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von der B164 im Ortszentrum von Leogang abzweigen und den Wegweisern Richtung Ullach folgen. Hier kleiner Wanderparkplatz.

Das Birnhorn ist zwar deutlich kein Dreitausender, gehört aber dennoch zu den  30 (geografisch) prominentesten Bergen der Alpen. Die Südostwand zählt gar zu den höchsten Wänden der Ostalpen. Es ist naturgemäß nicht ganz einfach die genaue Wandhöhe anzugeben. Die Angaben hierzu schwanken zwischen 1200 und 1500 m. Wer selber eine solche Wand durchsteigt orientiert sich ja später in der Höhenangabe zumeist an der oberen Grenze... Jedenfalls würde ich die Wandhöhe wohl mit etwa 1450 m angeben ;-).  Die hier vorgestellte Route führt genau durch das obere Drittel dieser gewaltigen Kalkmauer. Mit dem Abstieg über den Nordgrat und die Kuchelnieder fügt sich die Route zu einer idealen Rundtour. 

Es ist einer der letzten schönen Tage im Spätherbst 2005 als ich mich zu dieser Tour entschliesse. In diesen Wochen war es fast noch spätsommerlich warm, teilweise über 20°C, noch richtiges T-Shirt-Wetter. Und doch kam dann in wenigen Tagen schon der Rekordschnee. Es kann also auch aus dem gerade vergangenen November immer noch ein richtiger Skitouren-Winter entspringen. Morgens als ich losgehe ist die Grau jedoch die noch die dominierende Farbe. Zunächst folge ich dem etwas monotonen Pfad durch den Bergwald in Richtung Passauer Hütte. Nach einer 3/4-Stunde erreiche ich die Obergrenze der Wolkenschicht. Es ist wie immer eindrucksvoll als sich langsam der Nebel zu lichten beginnt, die ersten Sonnenstrahlen durch die Nebelfetzen dringen und man sich zu fragen beginnt, wann man den endlich der Suppe entsteigt. Und auf einmal stehe ich direkt am Ufer dieses Nebelmeers. Über mir lacht die Sonne vom blauen Himmel. Weiter geht es nun in dem lichter werdenden Wald  stetig steiler bergan. Dann geht es in die Latschenzone und langsam zeigen sich die firnglänzenden hohen Tauern hinter den nahen Kitzbüheler Alpen auf der anderen Talseite. Die erstklassige Aussicht ergibt sich aus dem Föhnfenster im Süden. Die letzten Meter zur Passauer Hütte in der Mittagscharte führen über einige Drahtseilpassagen. Die Passauer Hütte hat um die Jahreszeit leider schon geschlossen. Dennoch genieße ich bei einer kleinen Pause auf der Hüttenterasse die Morgensonne. Eine seltsame Stille liegt über dieser spätherbstlichen, verlassenen Landschaft. Weiter geht es nun in Richtung Hochzint und Melkerloch. Kurz vor dem Hochzint begegnene ich einer Gruppe Gämsen mit zwei Jungtieren, die mich neugierig beäugen. Ganz geheuer bin ich den Tieren aber anscheinend nicht und so halten sie respektvoll Abstand. Hinter dem Hochzint  führt der Steig nun über die Gratkante in die Südflanke des Leoganger Steinbergs. Hier zieht der Steig horizontal über ein Felsband in die gewaltige Südwand des Birnhorns. Mit einem mal steht man mitten in der Wand. Trotz der bequemen Breite  Felsbandes kommt man sich doch ziemlich exponiert vor. Nach einem kurzen Bummel in der Vertikalen steht man nun vor einem gewaltigen Felsdurchbruch, dem Melkerloch, das einen natürlichen Durchstieg auf die andere Seite des Grates darstellt. Durch das Melkerloch verlässt der Steig vorerst noch einmal die Südwand. auf der anderen Seite folgt man nun einigen Felsbändern in der Ostflanke des Birnhorns, bis der Steig wieder in die Südwand führt. Jetzt wird es etwas ernster. Über schmale, abdrängende Bänder schlängelt sich der Steig durch die Wand. Immer wieder klettert man in I-er Gelände durch die Felsstufen. Von hieraus betrachtet zeigt sich die Südwand als riesiges Amphitheater.  Vis-a-vis strahl wird der Großglockner von einer Föhnwolke überrollt. Für heute wird der Föhn wohl noch halten. Nach einer Stunde ab dem Melkerloch erreicht man den Westgrat direkt unter dem Gipfel. Ab hier sind es noch wenige Schritte bis zum Gipfel auf 2634 m. Die Aussicht ist wirklich umfassend. Vom Dachstein im Osten bis zum Karwendel im Westen überblickt man weite Teile der nördlichen Kalkalpen. Nach einer kurzen Gipfelrast mache ich mich an den Abstieg. Ich steige nach Norden zum Kuchelnieder ab. Das Kuchelnieder ist eine Scharte zwischen Birnhorn und dem nördlich vorgelagertem Kuchelhorn, das ab hier laut AV-Führer in einer weiteren 1/4-Stunde zu erreichen ist. Die Kuchlnieder trennt die beiden Hochkare Hochgrub um Osten und  Ebersberger Kar im Westen (im Winter wohl auch eine beliebte Skitour). Bis hierhin ist der Abstieg relativ leicht. Man muss zwar ein paar mal die Hände einsetzen doch ist es nie sonderlich steil. Ab dem Kuchlnieder ändert sich der Charakter der Route jedoch schlagartig. Ab hier geht es sehr steil abwärts in die Hochgrub. Das oberste Stück ist eine sehr steile Grasflanke die im unteren Teil in eine Felswand abbricht. Bei Nässe möchte ich hier nicht unterwegs sein. Langsam steht die Sonne schon sehr tief und mir wird etwas mulmig zumute. Nach nach 10 min geht der Steig in die Felsflanke über. Zum Begehungsdatum war der Steig in sehr schlechtem Zustand.  Die ehemaligen Sicherungen aus Stahlseilen waren vor allem in den schwierigsten Stellen gar nicht mehr vorhanden. In schlechter Erinnerung ist mir ein dreissig Zentimeter Bändchen durch eine solide, senkrechte Wand über einem Überhang geblieben. Hier waren nur noch die Verankerungen  von den Sicherungen übrig. Eine T5 oder I-II erscheinen mir gerechtfertigt. Im unteren Teil war es dann wieder besser. Mittlerweile soll der Steig hier komplett saniert und teilweise neu trassiert worden sein. Die Schwierigkeiten sollten sich dadurch etwas reduziert haben.  Von der Hochgrub aus erreiche ich in 20 min wieder die Passauer Hütte. Über den Aufstiegsweg gehts nun wieder ins Tal. Als ich wieder bei meinem Auto ankomme, dämmert es schon. Für die letzte große Tour des Jahres belohne ich mich standesgemäß mit einem Weissbier und einer großen Portion Kassspatzln.

Tourengänger: Solanum


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