Ein paar Flugminuten von Basel entfernt
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Inspiriert durch die Berichte von
Omega3 und
Ivo66, die hemdsärmelig am Samstag unterwegs waren und Temperaturen „Hotter than July“ antrafen, beflügelten auch mich...ich gab mir gar nicht mehr die Mühe, auf MeteoCH nachzuschauen, wie der Sonntag sein könnte. Auch war ich gestern Abend noch schnell mal im Jura, mit der S3 nach Glovelier, um vorgesehen in Pré-Petitjean einer Gewohnheit nach wieder mal zu speisen. Gerade entstieg ich dem roten Bähnli, es dämmerte bereits und im Gegenlicht zeigten sich die Geleise wie gläserne Spaghettis, die ich auch gerne auf dem Teller aufgerollt hätte... in Hochstimmung überwand ich die paar Stufen zur „Auberge de la Gare Pré-Petitjean“ und traf auf ein geschlossenes Lokal! Die nächste planmässige Abfahrt nach Glovelier ist erst wieder in zwei Stunden zu erwarten. Es war 17.15. Ich schloss meine Jacke bis unters Kinn, kramte die wollenen Handschuhe hervor und machte mich auf den Weg nach La Combe, zu Fuss – in der Hoffnung auf einen warmen Schinken, wie ich es sommers ein paar Mal dort bestellt habe, und soweit ich mich erinnere, hat das Buffet de la Gare dort bis sieben offen. Die Nacht schlich sich heran, auf den Weiden gewahrte ich schemenhaft Vieh und Pferde. Ich entschloss mich nicht den Weideweg nach La Combe einzuschlagen, sondern auf der Strasse zu bleiben – der Boden schien mir fast zu nass. Der sichelförmige Mond schob sich zwischen den dunklen Tannen empor, das Firmament wirkte durch die dunkel-azurne Farbe begrenzt, die ersten Sternbilder bauten sich auf – breiter werdende Flugstreifen in abendrötlicher Farbe verrieten masslosen Verkehr weit weit oben...ich sah meinen eigenen Atem, nah. Da ich die Umgebung von Tageswanderungen gut kannte, eilte ich schneller werdenden Schrittes voran, zumal mir zunehmend kalt wurde. Ein Blick auf die Handy-Uhr bewies, dass ich in guter Zeit unterwegs war. Zu sehen gibt es weniger, zu achten einiges mehr...ich stolperte! Ich hielt inne, schaute hinauf – die Nacht war angekommen und ich stand allein am Bahnhof in La Combe...bis zum Buffet noch ein paar Schritte, doch es war gar nicht nötig weiter zu gehen: es war stockdunkel, ergo geschlossen! Ich hatte ein wenig Hunger. La Combe ist noch im Bau, noch mangelte es an einer Beleuchtung...Handy sei Dank, der nächste Zug, der mich hier mitnehmen könnte, fährt in 15 Minuten, nach Saignelegier.


Vor diesem Hintergrund bastelte ich dann abends zu Hause in Basel an der Sonntagswanderung. Ich las die Berichte von
Cyrill und
Sputnik und erinnerte mich an eine Schneeschuhtour vor Jahren auf den Schöneberg zur Bergbeiz Rotlach. Diese hat offen jeweilen freitags bis Sonntag, und in der heimeligen Stube wird jetzt wieder Sauerkraut serviert. Einige zusätzliche Infos wollte ich wieder zur Hand haben – immerhin liegt das Zielgebiet in einer Berner Enklave, am Übergang zwischen dem solothurnischen Guldental zum jurassischen Val Terbi – via Scheltenpass, der im Winter nicht geräumt wird! Claudia freute sich auf einen wiederum gut organisierten Wandertag unter der Prämisse „Touren und Tafeln“. Ihrer Frage nach Sonne wich ich aus, denn ...siehe Eingang. So fuhr das Müsli also hier vor um halb elf, wir gingen davon aus im Scheltental gut eine Stunde später einzutreffen und dann den Weg hinauf auf den Schöneberg unter die Füsse nehmen zu können. Das Wetter war ein anderes als gestern, noch glaubten wir den vielen schnell dahinziehenden Wolken ein Schnippchen zu schlagen, aber in Delémont begann es heftig zu regnen. Und im Kreisel stand auch ein Wegweiser: Porrentruy. Wir folgten diesem auf der A 16 in die Ajoie, bretterten über die leere Autobahn, durchfuhren bei St. Ursanne den langen Doppeltunnel und erreichten Pruntrut – unter einem tiefgrauen Wolkenband.


Parkierten den SAAB 9000 auf einem am Sonntag gebührenfreien PP und öffneten unsere Knirpse, denn es dauernieselte und war klamm kalt. Das Kopfsteinpflaster fühlte sich rutschig an, der Herbst hat so nicht nur Vorteile...die Blase meldete sich und ich vertröstete Claudia auf baldige Erleichterung. Ohne Stadtplan gelangten wir hinauf in die Cité, folgten dem Klang einer Blasmusik und fanden uns kurz danach in einer verrauchten, hellen Bar, setzten uns an den runden Stammtisch und bestellten zwei Tee-Crèmes.... Toilettenbesuch inklusive. Der heutige Sonntag war der letzte Tag des St. Martin-Festes in Porrentruy, deshalb die verschiedenen Stände mit einheimischen Produkten, Spielzeug und Waren der Region – der Nieselregen hielt die Menschen nicht ab, zu degustieren und in Trauben stehend zu palavern. Claudia erstand sich Honig und eine Duftseife, später in einer Boutique sogar noch ein edles Stück für den Alltag. Die Fassaden nicht nur der Altstadt sind einen zusätzlichen späteren Besuch mehr als nur wert – Deutschschweizer sind hier selten anzutreffen, dementsprechend einsam und abgelegen wirkt auch das Umland, so wie die Fahrt, die wir anschliessend folgen liessen, zeigte. Zuvor wollten wir uns aber diesen Herbstgenuss nicht entgegen lassen: Choucroute. Dazu bot sich das Hotel du Lion d’or an der Rue des Malvoisins 12 hervorragend an – wir kredenzten einen toscanischen Rosé, lieblich, aber ohne grossen Charakter und der Choucroute garnie erfüllte die Erwartungen, für 20 Franken pro Person! Das Lokal, dessen Boden aus schwarzem Schiefer und die Wände aus Jurakalk bestanden, die Sitze waren mit Brokatüberzügen ausgestattet, war angenehm und freundlich, ein grosser Plasmaschirm zeigte Shakira in fast unzüchtigem Spagat in ihrem SheWolf-Video....! Die Tische nur zur Hälfte besetzt, praktisch rauchfrei – wir fühlten uns wohl.
Auf der Heimfahrt fuhren wir einen Schlenker durch die weite Ajoie via Beurnevésin, wollten im dortigen Hotel du Couronne einen Espresso schlürfen, unterliessen dies, da das Lokal von Einheimischen belegt war und setzten die Fahrt fort über Lucelle nach Laufen. Um aber die torpedierte Wanderung und Pruntrut gebührend abzuschliessen, schlug ich vor noch der Neumühle die Reverenz zu erweisen: wir wurden nicht enttäuscht, hier hatten wir schon mal im Sommer fürstlich diniert, wirklich ein Kleinod, ein paar Flugminuten von Basel entfernt! Die Neumühle ist ein verstecktes Bijou, das als Geheimtipp für alle gilt, die in heimeliger und familiärer Atmosphäre gut und biologisch essen, trinken oder übernachten möchten. Für Ross und Reiter sowie für Hunde-Liebhaber ist die Umgebung ein wahres Paradies. Wanderer und Mountainbiker finden viele markierte Wege. Die Neumühle liegt eng an der Grenze zu Frankreich, am Waldrand in völliger Ruhe – 2814 Roggenburg!
Tourengänger:
Henrik

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