Sommer am Winterstock


Publiziert von Sperber , 11. März 2024 um 19:50.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:27 August 2023
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m

Angesichts seines Namens drängt sich der Winterstock dem Tourengeher während den Sommermonaten nicht gerade auf. Doch auch wenn es mit Sicherheit spektakulärere Touren in der unmittelbaren Umgebung gibt, ist die Besteigung über dessen Südgrat ein genüssliches Unterfangen. Umso mehr erstaunt war ich über das Fehlen jeglicher Berichte zu Sommerbegehungen auf hikr.

Kürzlich, auf Skitour im besagten Gebiet, lachte mich jemand schon fast aus, als ich beim Blick rüber zum Winterstock kommentierte, diesen letzten Sommer begangen zu haben. "Wer macht das im Sommer?". Nun ja, gemäss hikr Einträgen offenbar wirklich niemand, weshalb ich dies nun noch in einen kleinen Bericht packe.

Da ich an jenem frühen August Morgen eigentlich auf West-Ost Durchreise war, musste die Würze in der Kürze der Tour liegen. Kurz vor Sonnenaufgang starte ich in Tiefenbach richtung Albert-Heim Hütte, wobei diese gleich westlich umgangen wird. Die Wanderwege zur Sidelenhütte verlässt man in der Folge, den Winterstock anvisierend. Auf Wegspuren gelangt man so durch ein moderat steiles Couloir auf den Süd-Gratrücken.

Nun darf man, dem Grat entlang aufsteigenden, mit jedem Meter mehr und mehr in herrliches Urner Blockgelände eintauchen. Anfänglich können schwierigere Passagen östlich umgangen werden - an zwei Stellen findet man sogar Bohrhaken. Die Wegfindung ist generell selbsterklärend, doch empfiehlt es sich stets in Grat-Nähe zu bleiben. Zwei oder drei Stellen erforden doch etwas Klettergeschick über die grossen Blöcke (so fand ich auch zurückgelassenes Material auf). Zuletzt ist eine für die sonstige Route etwas untypisch schuttige und steile Stelle zu überwinden, bevor dann wieder in Blockgelände der Südgipfel erreicht wird.

Der Gipfel ist wenig geräumig, bietet aber einen schönen Blick auf den leicht höheren Nordgipfel, welcher per Abseilen in den Sattel und Gegenaufstieg über plattiges Gelände erreicht werden kann. Dies liegt heute zeitlich nicht mehr drin, doch eine Überschreitung/ Routen-Kombination scheint mir je nach Bedingungen generell lohnend. Die Gipfelpause geniesse ich in vollen Zügen in genialer Morgenstimmung, bevor ich mich an den Abstieg über die Aufstiegsroute mache und in Tiefenbach die Weiterreise antrete.

Fazit: Auch im Sommer absolut lohnend und insbesondere gut als Halbtagestour machbar. 
Schwierigkeit: Im SAC Tourenportal ist diese Sommertour tatsächlich aufgeführt und wird mit WS / 2a bewertet. Auch wenn der Grossteil des Südgrates wenig ausgesetzt und einfach ist, scheinen mir die maximal auftretenden Kletterschwierigkeiten vergleichweise doch eher etwas höher (dies unter der Annahme, dass ich die einfachste Routenwahl traf - gross Alternativen sah ich jedenfalls nicht).
Vorsicht ist auch geboten, falls man vom Südgipfel in den Sattel abseilen will, da hier keine Stände vorhanden, sondern behelfsmässig mit mittlerweile älteren Reepschnüren eingerichtet wurde (am besten genügend Material mitbringen, wer auf Nervenkitzel verzichten möchte).

Tourengänger: Sperber


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Kommentare (5)


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kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 12. März 2024 um 10:04
Da ja keine Firn oder Eis (mehr) betreten wird, könnte es wohl auch als T5 (II) bewertet werden?

Bergmax hat gesagt: Guter Bericht
Gesendet am 12. März 2024 um 20:09
Der Gipfel gefällt mir. Ich hatte ihn bisher ignoriert, weil mir der Südgipfel zu wenig eigenständig und der Nordgipfel zu schwer erschien, aber vielleicht zu unrecht.

T5 / II - naja, dem Niveau des Verfassers und seiner Bemerkung zur niedrigen Einstufung beim SAC nach zu urteilen, könnte es auch schon T6 sein. Aber egal ob T5, T6 oder WS, die einsamen Sommertouren dort muss man mögen und Details ergeben sich dann vor Ort…

Viele Grüße

Max

Sperber hat gesagt: RE:Guter Bericht
Gesendet am 12. März 2024 um 20:33
Ich habe die WS vom SAC bewusst drin gelassen, da die Tour auch ohne Eis hochalpinen/technischen Charakter hat. Allenfalls lässt sich in die schuttige Ostflanke ausweichen, dann könnte ich T5/II guten Gewissens geben - ich würde die Tour nicht unterschätzen!
Nordgipfel: Ich stelle mir auch die übrigen Routen (Ostgrat, West-Couloir bei guter Schneelage) sehr schön vor, müsste ich mal antesten bei Gelegenheit.

kopfsalat hat gesagt: RE:Guter Bericht
Gesendet am 13. März 2024 um 13:34
Da ich nahezu null Erfahrung mit Firn und Eis habe, befanden sich Hochtouren bisher noch nicht auf meinem Radar.

Aber mit der globalen Erwärmung dürften wohl immer mehr Hochtouren in den Bereich des machbaren kommen. Auch wenn statt der Gletscher nun andere Gefahren, wie Steinschlag, prominenter werden.

kopfsalat hat gesagt: RE:Guter Bericht
Gesendet am 27. März 2024 um 09:30
habe ich gerade gefunden:

> Abgrenzung [von Alpinwandern] zu Hochtouren und Felsklettern
>
>Ein wesentlicher Unterschied zwischen anspruchsvollen Alpinwanderungen, einfachen Hochtouren und leichten Felsklettereien liegt darin, dass auf einer T5/ T6-Route selten bis nie mit Seil gesichert werden kann, weshalb das Gelände absolut beherrscht werden muss – was hohes technisches Können und mentale Stärke erfordert.
>
>Beispiele dafür sind sehr steile Grashänge, wegloses Schrofengelände mit schlechtem Fels oder sehr exponierte Gratpassagen.
>
>Deshalb ist Alpinwandern im oberen Schwierigkeitsbereich (T5/T6) in der Regel bedeutend anspruchsvoller als eine einfache Hochtour mit der Bewertung L (= leicht) oder eine gesicherte Klettertour im II. Grad.
>
>Aufgrund der unterschiedlichen Merkmale von Alpinwanderungen und Hochtouren lässt sich ein direkter Vergleich der Bewertungsskalen kaum anstellen, doch grundsätzlich kann eine T6-Route vergleichbare Anforderungen stellen wie manche Hochtour im Bereich WS (= wenig schwierig), in vereinzelten Fällen sogar bis ZS– (= ziemlich schwierig.

/www.hikr.org/post238.html


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