Schneeschuhtour Roter Stein über Nordgrat und Ostrinne
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Für den Roten Stein muss man im Winter aufgrund der Exposition und Steilheit auf die passenden Bedingungen warten. Und wenn die Bedingungen passen müssen auch noch geeignete Leute verfügbar sein die ebenfalls Lust darauf haben diesen Berg mit Schneeschuhen zu besteigen. Glücklicherweise passten alle drei Faktoren und so ging es für Mike und mich frühmorgens los nach Bichlbächle um einen der spärlichen Parkplätze dort zu ergattern.
Der Plan mit dem eher frühen Aufbruch ging auf und so starteten wir ohne große Umwege das Tal entlang des Stockachbachs nach Süden hinunter. An dessen Ende wartet ein großer, etwa 300 Hm hoher, fast durchgehend mindestens 35° steiler Nordhang der nach oben zieht. Glücklicherweise mit genug Schneeauflage, so dass nur wenige Ästchen der vielen darunter versteckten Latschenkiefern herausragten. Flott ging es mit den Schneeschuhen an den Füßen, die Steighilfe nutzend, direttissima rauf. Ein klarer Vorteil gegenüber den Skitourengeher*innen die sich den Hang in unzähligen Spitzkehren erarbeiten müssen.
An einer Art Plateau endet der Steilhang und rechts oben sehen wir erstmals den Roten Stein oberhalb des Kärles. Vom Gipfel aus zieht der Nordgrat nach rechts. Über diesen wird der weitere Aufstieg erfolgen. Warum diese Route als Grat bezeichnet wird erschließt sich uns nicht ganz, letztlich ist es ein sehr steiler Gipfelhang der oben raus über 40° aufweist. Jedoch geht es zunächst nur langsam Höhe gewinnend durch kupiertes Gelände dorthin. Der Aufstieg im Osthang Richtung “Grat” ist dann aufgrund der zwischenzeitlich direkten Sonneneinstrahlung ziemlich anstrengend. Mit Schneeschuhen geht der Aufstieg komplett ohne umbauen zu müssen, wobei Mike irgendwo oben raus dann doch zu Fuß weiter geht. Skitourengeher*innen kommen allesamt mit Skiern am Rücken oben am schönen Gipfelkreuz an.
Die großartige Rundumsicht vom Thaneller ist hinlänglich bekannt. Ich würde behaupten dass der Ausblick vom Roten Stein dem aber in nichts nachsteht. Einfach grandios ist der Blick in die Lechtaler Alpen und darüber hinaus, zu den Ötztaler Alpen. Wobei der Blick nach Osten auch nicht zu verachten ist, zeigen sich doch Wetterstein und Mieminger Kette in voller Pracht. Das Wetter spielt wunderbar mit und so genießen wir die Gipfelrast ausgiebig.
Während der Pause ziehen wir nochmal die mitgeführte Tourenbeschreibung raus und lesen sie durch. Dort steht dass man unterhalb des steilen Aufschwungs zum Nordgrat auch auf die leichtere Aufstiegsroute vom Fernpass queren und von dort aus den Gipfel erreichen kann. Im Umkehrschluss bedeutet das für uns dass dies eine geeignete, entspanntere Abstiegsroute darstellen könnte.
Tja, könnte. Wir gehen vom Gipfel ein paar Meter nach Süden, und da tut sich nach Osten eine Steilrinne mit Abfahrtspuren auf. Irgendwie konzentrieren wir uns nur darauf und schauen gar nicht ob es nicht noch weiter hinten raus Spuren gäbe. Die Rinne geht ja offensichtlich auch. Nur augenscheinlich nicht mehr auf Schneeschuhen, rauf vermutlich nicht, und runter schon gleich gar nicht. Gut, wir sind Steilhängen ja nicht abgeneigt, also werden am Gipfel die Steigeisen angelegt und der Pickel ausgepackt. Die Ausrüstung hatten wir eigentlich für den Nordgrat dabei, aber siehe oben, da wurde das Material nicht benötigt.
Wir lassen zwei Skitourengehern den Vortritt und steigen dann in die Rinne ein. Gut steil. Sehr steil ist’s hier. Vorwärts geht’s nicht mehr runter, hier muss man, wenn man wie wir zu Fuß unterwegs ist, rückwärts absteigen. Die Steilheit in der Rinne beträgt zwischen 45 und 50 Grad, wenn nicht gar stellenweise mehr. Nachdem ich schon gewisse Erfahrung in solchem Steilgelände habe spure ich gerne die “Leiter” in den Schnee. Schön direkt geht es die Rinne runter. Super spaßig, wie wir beide finden! Was daran aber leichter sein soll also die Aufstiegsroute fragen wir uns schon, es ist ja definitiv das Gegenteil der Fall.
Auf jeden Fall flacht die Rinne nach ca. 100 Hm ab und man kann tatsächlich rüber queren zu einem Sattel zwischen Rotem Stein und dem Felsriegel des Schafsköpfles. Unschwierig geht es einen flacheren Hang dorthin rüber, und dann wird es nochmals steiler (über 40°) runter zum kupierten Gelände unserer Aufstiegsroute. Ab hier geht es auf bekannter Route den Steilhang hinab ins Tal und zurück nach Bichlbächle.
Der Witz ist dass wir uns auf der Heimfahrt noch über die angeblich leichte Fernpass-Route wunderten. Zu Hause hab ich mir die Tourenbeschreibung nochmal genauer angeschaut. Bei genauerem Hinsehen steht ganz am Ende, nach dem Hinweis auf die Fernpass-Variante, dass es eine weitere Abfahrtsmöglichkeit gibt: nämlich dass sich in der Ostseite des Roten Steins eine steile Rinne befindet die von guten Skifahrern (sic!) bei sicheren Verhältnissen vom Gipfel abgefahren werden kann. Ähm ja. Die haben wir dann wohl genommen. Bis zum Ende lesen würde helfen sieht man da. ;) Aber gut, wir waren ja ausgerüstet und hatten wunderbare Verhältnisse, also alles gut. Geplant war das aber eigentlich nicht. Ich würde es aber bei passenden Bedingungen wieder so machen, die Rinne macht einfach Laune.
Auf jeden Fall ist die Tour aufgrund der Steilrinne mit WT6 zu bewerten - ohne diese, nur über den Nordgrat, ginge es meiner Einschätzung nach nicht über WT5 hinaus. Bei der Runde kommen ca. 1150 Höhenmeter und 8 km Wegstrecke zusammen.
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