Schneeschuhtour Roter Stein über Nordgrat und Ostrinne


Publiziert von Kaiserin , 25. November 2023 um 13:44.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:23 März 2019
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT6 - Anspruchsvolle alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Bichlbach Richtung Berwang fahren und auf dem Weg dorthin nach Bichlbächle abbiegen. Wenige Parkmöglichkeiten am Ortseingang.

Für den Roten Stein muss man im Winter aufgrund der Exposition und Steilheit auf die passenden Bedingungen warten.  Und wenn die Bedingungen passen müssen auch noch geeignete Leute verfügbar sein die ebenfalls Lust darauf haben diesen Berg mit Schneeschuhen zu besteigen.  Glücklicherweise passten alle drei Faktoren und so ging es für Mike und mich frühmorgens los nach Bichlbächle um einen der spärlichen Parkplätze dort zu ergattern.

 

Der Plan mit dem eher frühen Aufbruch ging auf und so starteten wir ohne große Umwege das Tal entlang des Stockachbachs nach Süden hinunter.  An dessen Ende wartet ein großer, etwa 300 Hm hoher, fast durchgehend mindestens 35° steiler Nordhang der nach oben zieht.  Glücklicherweise mit genug Schneeauflage, so dass nur wenige Ästchen der vielen darunter versteckten Latschenkiefern herausragten.  Flott ging es mit den Schneeschuhen an den Füßen, die Steighilfe nutzend, direttissima rauf.  Ein klarer Vorteil gegenüber den Skitourengeher*innen die sich den Hang in unzähligen Spitzkehren erarbeiten müssen.

 

An einer Art Plateau endet der Steilhang und rechts oben sehen wir erstmals den Roten Stein oberhalb des Kärles.  Vom Gipfel aus zieht der Nordgrat nach rechts.  Über diesen wird der weitere Aufstieg erfolgen.  Warum diese Route als Grat bezeichnet wird erschließt sich uns nicht ganz, letztlich ist es ein sehr steiler Gipfelhang der oben raus über 40° aufweist.  Jedoch geht es zunächst nur langsam Höhe gewinnend durch kupiertes Gelände dorthin.  Der Aufstieg im Osthang Richtung “Grat” ist dann aufgrund der zwischenzeitlich direkten Sonneneinstrahlung ziemlich anstrengend.  Mit Schneeschuhen geht der Aufstieg komplett ohne umbauen zu müssen, wobei Mike irgendwo oben raus dann doch zu Fuß weiter geht.  Skitourengeher*innen kommen allesamt mit Skiern am Rücken oben am schönen Gipfelkreuz an.

 

Die großartige Rundumsicht vom Thaneller ist hinlänglich bekannt.  Ich würde behaupten dass der Ausblick vom Roten Stein dem aber in nichts nachsteht.  Einfach grandios ist der Blick in die Lechtaler Alpen und darüber hinaus, zu den Ötztaler Alpen.  Wobei der Blick nach Osten auch nicht zu verachten ist, zeigen sich doch Wetterstein und Mieminger Kette in voller Pracht.  Das Wetter spielt wunderbar mit und so genießen wir die Gipfelrast ausgiebig.

Während der Pause ziehen wir nochmal die mitgeführte Tourenbeschreibung raus und lesen sie durch.  Dort steht dass man unterhalb des steilen Aufschwungs zum Nordgrat auch auf die leichtere Aufstiegsroute vom Fernpass queren und von dort aus den Gipfel erreichen kann.  Im Umkehrschluss bedeutet das für uns dass dies eine geeignete, entspanntere Abstiegsroute darstellen könnte.

 

Tja, könnte.  Wir gehen vom Gipfel ein paar Meter nach Süden, und da tut sich nach Osten eine Steilrinne mit Abfahrtspuren auf.  Irgendwie konzentrieren wir uns nur darauf und schauen gar nicht ob es nicht noch weiter hinten raus Spuren gäbe.  Die Rinne geht ja offensichtlich auch.  Nur augenscheinlich nicht mehr auf Schneeschuhen, rauf vermutlich nicht, und runter schon gleich gar nicht.  Gut, wir sind Steilhängen ja nicht abgeneigt, also werden am Gipfel die Steigeisen angelegt und der Pickel ausgepackt.  Die Ausrüstung hatten wir eigentlich für den Nordgrat dabei, aber siehe oben, da wurde das Material nicht benötigt.

Wir lassen zwei Skitourengehern den Vortritt und steigen dann in die Rinne ein.  Gut steil.  Sehr steil ist’s hier.  Vorwärts geht’s nicht mehr runter, hier muss man, wenn man wie wir zu Fuß unterwegs ist, rückwärts absteigen.  Die Steilheit in der Rinne beträgt  zwischen 45 und 50 Grad, wenn nicht gar stellenweise mehr.  Nachdem ich schon gewisse Erfahrung in solchem Steilgelände habe spure ich gerne die “Leiter” in den Schnee.  Schön direkt geht es die Rinne runter.  Super spaßig, wie wir beide finden!  Was daran aber leichter sein soll also die Aufstiegsroute fragen wir uns schon, es ist ja definitiv das Gegenteil der Fall.

 

Auf jeden Fall flacht die Rinne nach ca. 100 Hm ab und man kann tatsächlich rüber queren zu einem Sattel zwischen Rotem Stein und dem Felsriegel des Schafsköpfles.  Unschwierig geht es einen flacheren Hang dorthin rüber, und dann wird es nochmals steiler (über 40°) runter zum kupierten Gelände unserer Aufstiegsroute.  Ab hier geht es auf bekannter Route den Steilhang hinab ins Tal und zurück nach Bichlbächle.

 

Der Witz ist dass wir uns auf der Heimfahrt noch über die angeblich leichte Fernpass-Route wunderten.  Zu Hause hab ich mir die Tourenbeschreibung nochmal genauer angeschaut.  Bei genauerem Hinsehen steht ganz am Ende, nach dem Hinweis auf die Fernpass-Variante, dass es eine weitere Abfahrtsmöglichkeit gibt: nämlich dass sich in der Ostseite des Roten Steins eine steile Rinne befindet die von guten Skifahrern (sic!) bei sicheren Verhältnissen vom Gipfel abgefahren werden kann.  Ähm ja.  Die haben wir dann wohl genommen.  Bis zum Ende lesen würde helfen sieht man da. ;)  Aber gut, wir waren ja ausgerüstet und hatten wunderbare Verhältnisse, also alles gut.  Geplant war das aber eigentlich nicht. Ich würde es aber bei passenden Bedingungen wieder so machen, die Rinne macht einfach Laune.

 

Auf jeden Fall ist die Tour aufgrund der Steilrinne mit WT6 zu bewerten - ohne diese, nur über den Nordgrat, ginge es meiner Einschätzung nach nicht über WT5 hinaus.  Bei der Runde kommen ca. 1150 Höhenmeter und 8 km Wegstrecke zusammen.


Tourengänger: Kaiserin


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Kommentare (2)


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derMainzer hat gesagt: Roter Stein über Nordgrat
Gesendet am 27. November 2023 um 15:45
Griaß di Judith,

vielen Dank für deine Email und den Bericht über die Schneeschuhtour auf den Roten Stein.
Diese Tour hatte ich auch mal im Visier. Jedoch schreckt mich die Querung unterhalb vom Schafsköpfle ab. Da hätte ich auch gleich mal ein paar Fragen dazu. Wenn man vom Anstieg rechts raus quert, wie schätzt ihr die Steilheit dort ein. Auf den Bildern erkennt man das du die MSR- Schneeschuhe trägst. Diese sind deutlich breiter als andere Herstellermodelle.
Ich besitze das Modell MSR Lightning Ascent. Seit ihr in der Skitourenspur gelaufen oder daneben? Mir geht es darum, dass man den Skitourengeher nicht ihre Aufstiegspur zerstört und auch bei der Traversierung nicht dauerhaft in Line Step gehen muss. Das ist ziemlich anstrengend, wenn man nur einen schmalen Streifen zur Verfügung hat. Welche Lawinenwarnstufe hattet ihr an diesem Tag? Man erkennt auch schön auf den Bildern, dass das Gipfelmassiv komplett schneebedeckt war. Steigeisen und Pickel gehören aber aus meiner Sicht trotzdem in den Rucksack. Wenn man im Kärle angekommen ist, sieht es auf anderen Tourenberichte nicht mehr so steil aus, obwohl in den Karten die Höhenlinien dicht beieinander liegen. Kann man in Direttissima bis unterhalb des Nordgartes aufsteigen? Ansonsten höchsten Respekt, dass ihr über die Ostrinne abgestiegen seid. Da kommt richtig Nordwand Feeling auf. Habt ihr nach den 100 hm wieder die Schneeschuhe angezogen, oder seid ihr bis zur Scharte in Steigeisen weiter? Vielleicht überwinde ich mich doch noch mal zu dieser Tour, allerdings dann nur unter der Woche. Übrigens mit den Werdenfelsticket könnt ihr bis nach Bichlbach mit dem Zug fahren. Vom dortigen Bahnhof ist es nur eine halbe Stunde bis zu dem Parkplatz. Toller Bericht mit beeindruckenden Bildern und die Beurteilung der Schwierigkeiten mit WT6 sind nach den Bildern voll zutreffend.

Pfiat di
derMainzer


Kaiserin hat gesagt: RE:Roter Stein über Nordgrat
Gesendet am 27. November 2023 um 21:05
Servus!

Freut mich dass Dir der Bericht gefällt bzw. weiterhilft. Ich versuche mal auf Deine Fragen genauer einzugehen:

1. Welche Karten legen nahe dass man bei der Querung nach dem nordseitigen Steilhang unterhalb des Felsriegels Probleme bekommt? Das Gelände ist wie erwähnt eine Art kupiertes Plateau. Wenn Du meinen Track mal bei OpenSlopeMap hochlädst siehst Du dass wir fast ausschließlich durch "grünes" Gelände gegangen sind, mithin unter 30 Grad Hangneigung. Schau auch mal das erste Foto des Gipfels in der Entfernung an, da sieht man das Gelände ganz gut.
Es war zudem extrem gut verspurt und noch dazu, soweit ich mich erinnere, im Aufstieg durchgefroren und somit tragend. Wir sind halt irgendwo gegangen.
Ich habe auch die MSR Lightning Ascent. Mittlerweile das neue Modell mit dem neuen Bindungssystem. Was ich davon halten soll weiß ich noch nicht, ich traue der vorherigen Bindung mehr. Mike hatte zu dem Zeitpunkt noch die Tubbs Flex Alp (jetzt deren Nachfolger dessen Namen ich mir nicht merken kann, irgendwas mit Vrt glaub ich).

2. Ja, zum Nordgrat bzw. bis zum Gipfel geht Direttissima. Ich tippe mal mit dem MSR besser als mit den Tubbs nachdem ich sie angelassen hab, Mike aber nicht. ;) Aber das ist ja so eine Glaubensfrage welches der beiden Modelle überlegen ist.

3. Wir haben die Schneeschuhe erst wieder unten im Kärle angelegt - und dann am Steilhang geflucht. Witzigerweise sind die Serpentinen oben am Steilhang nämlich nicht vom Aufstieg, sondern vom Abstieg. Dass wir bei der Steilstufe runter ins Kärle die Schneeschuhe noch am Rucksack hatten sieht man auch bei dem einen Foto. Kurz danach haben wir aber wieder umgebaut, eben wo wir wieder am kupierten Plateau waren. Den unteren Steilhang hatten wir etwas unterschätzt runterzugs. ;)

4. Wir hatten meiner Erinnerung nach (ich finde ums Verrecken im Archiv nicht die 2019er-LLBs) einen typischen Frühjahrs-LLB: im Südsektor vormittags einen Gleitschnee-2er, nachmittags auf 3 ansteigend. Einen südseitigen Steilhang wären wir somit nicht gegangen, aber der Nordhang war da unverdächtig. ;) Und Gleitschnee kommt normalerweise ja auch nicht ohne Vorankündigung. In jedem Fall war der LLB gut genug dass wir die Tour angegangen sind - leichtsinnig sind wir nicht.

5. Dass es von Berwang nach Bichlbächle nur eine halbe Stunde Gehzeit ist kann ich kaum glauben?

Hab ich jetzt alles erwischt? ;) Wenn nicht gerne einfach nochmal fragen. Und falls Du die Tour tatsächlich mal machst wünsche ich Dir ganz viel Spaß! Jetzt wo ich das runtergeschrieben hab ist bei mir auch wieder der Wunsch hochgekommen das zu wiederholen gebe ich zu. :)

Liebe Grüße,
Judith


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