Marsch durchs böhmische Elbtal mit Stelzighöhle


Publiziert von Bergmax , 21. Oktober 2023 um 17:30.

Region: Welt » Tschechien » České Švýcarsko
Tour Datum:10 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ   D 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 400 m
Abstieg: 400 m
Strecke:Děčín / Tetschen - alte Wege rechts der Elbe nordwärts - Thermalgrotte - Stelzighöhle - Ritterkeller - auf dem Plateau nordwärts - Dürrkamnitzgrund - Hřensko / Herrnskretschen
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zug nach Děčín hl. n.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Fähre, Zug ab Schöna
Kartennummer:Böhmische Schweiz 1:40 000 (R. Böhm), Höhlenführer Elbsandstein Band 2 (M. Bellmann), opentopomap.org

Mehr ein Orientierungslauf als eine Wanderung...

Die eigentliche Motivation für diese Wanderung ist ein Besuch der Stelzighöhle, eine für Elbsandsteinverhältnisse große und bedeutende Höhle, die nachweislich bereits 1881 befahren wurde. Sie befindet sich rechtselbisch, grob auf halber Strecke zwischen Tetschen (Děčín) und Herrnskretschen (Hřensko) , sodass es naheliegend ist, eine Streckenwanderung zu planen, zumal es im böhmischen Elbtal noch mehr Höhlen zu besichtigen gibt.

Ich benutze den schnellen Eurocity zum Tetschener Hauptbahnhof, der sich allerdings auf der "falschen" Seite der Elbe befindet. Somit beginnt die Tour mit einem Hatscher durch die leider ziemlich unschönen Außenbezirke der Stadt. Erwähnenswert ist allerdings der hübsche Blick von der Elbbrücke zum Tetschner Schloss (Zámek Děčín). Nach einer Dreiviertelstunde erreiche ich endlich das nördliche Stadtende mit dem Sträßchen U Střelnice, welches in einigen Kehren am Berghang hochzieht. Dieses verlasse ich aber schon in der ersten Kehre und benutze den Pfad, welcher parallel zur Hauptstraße nach Nordosten verläuft.

Nächstes Ziel sind die Häuser von Laube (Loubí), wo sich ein bedeutender Elbhafen befindet. Ich gehe an der Hauptstraße (die am südlichen Ortseingang erreicht wird) entlang, bis eine Gasse nach rechts abzweigt. Ein paar Meter weiter gleich wieder links hinter dem Hochhaus weiterlaufen. Und schon befinde ich mich wieder auf einem Pfad, welcher ansteigend am Elbhang entlangführt.

Ganz in der Nähe befindet sich mein erstes Höhlenziel, die Thermalgrotte[nhöhle]. Gemäß der Skizze aus Bellmanns Höhlenführer muss man "nur" zweimal rechts abbiegen und steht auch schon vor dem Mundloch. So einfach ist es vor Ort aber nicht. Der Waldhang ist nur wenig felsig und irgendwelche markanten Punkte fehlen komplett. Immerhin entdecke ich die alte Inschrift "Dresden 1882" - noch am unteren Weg gelegen - auf Anhieb. Danach verzweigt sich der Pfad. Ich gehe mehr nach rechts aufwärts. Eine richtige Spur zum Mundloch hin kann ich jedoch nicht finden, bloß einige Wildwechsel. Ich gehe solange aufwärts, bis ich wieder an einem Abzweig stehe, wo man nach rechts hoch zu einem Kletterfelsen ansteigen könnte. Das ist schon zu weit! Also zurück und die Wildwechsel systematisch abgrasen.
Diese Methode ist mühsam, aber letztlich erfolgreich. Nach einer Dreiviertelstunde Suche entdecke ich endlich das etwas versteckte Mundloch der Thermalgrotte. Falls jemand einen Tipp braucht - eher etwas höher als zu tief suchen - wenn man von dem oberen Abzweig zu den Kletterfelsen die Höhe haltend nach Süden quert, kommt man knapp unterhalb des Mundlochs vorbei.

Die Befahrung (S1) der Thermalgrottenhöhle ist dann in fünf Minuten geschafft. Es ist einfach eine Kluft von etwa 15 Metern Länge, welche ohne nennenswerte Schwierigkeiten (T3) begangen werden kann. Immerhin gibt es auch ein Höhlenbuch, sogar in einer sehr edlen Kassette, welches sich in einer kurzen Seitenkluft befindet, die dann auch etwas enger (eben S1) ist. Trrotzdem eine recht harmlose Befahrung.
Rechnerisch wird das Höhlenbuch mindestens 200 Jahre halten, ehe es vollgeschrieben ist, also immer schön pfleglich behandeln...

Wie nun weiter nach Norden und zur Stelzighöhle? Mein Plan sieht vor, wie in der opentopomap.org verzeichnet schräg aufwärts zu queren und nödlich des Felsens Parnik auf die Hochfläche zu treffen. Allerdings stelle ich nach einer Zeit fest, dass die Pfadspur nicht über ca. 250 Meter Höhe hinauskommt. Stattdessen quert sie den Hangwald immer parallel zur Hauptstraße entlang. Auch nicht schlecht!
Der Weg muss vor langer Zeit einmal gut in Schuss und sogar mit Stützmauern ausgebaut gewesen sein. Heute ist es nur noch eine sehr bescheidene Spur, die nicht immer liecht zu verfolgen ist. Nach etwa drei Kilometern ab der Thermalgrotte erreiche ich schließlich die Höfe von Rasseln (Podskalí).
Die Stelzighöhle befindet sich nun direkt nördlich und nur einige hundert Meter entfernt, aber ziemlich weit oben fast am Plateaurand. In keiner Karte ist ein direkter Pfad dorthin verzeichnet, weswegen ich sicherheitshalber einen Umweg in Kauf nehme und zuerst (etwa nach ONO) auf das Plateau hinaufwandere. Die Wege sind weiterhin nicht markiert, aber vorübergehend ganz gut zu finden. Oben angekommen gelingt es mir zuerst nicht, einen brauchbaren Weg zurück nach Westen zu finden. Letztlich wandere ich fast bis zum Sägewerk, wo dann endlich ein verfallener Fahrweg in die richtige Richtung abzweigt. 

Dieser Fahrweg verläuft sich nahe der Plateaukante. Fast weglos quere ich weiter und stehe bald hinter einem markant zur Elbe hin vorspringenden Felskopf. Es ist der Josefskopf (auch Stalinkopf). Direkt südlich unterhalb befindet sich dann der schlundartige Eingang zur Stelzighöhle.
Der Zustieg hat sehr lange gedauert. Rückblickend wäre es direkt weglos von Rasseln aus wahrscheinlich schneller gegangen...

Aber egal, jetzt will ich endlich hinein in diese Unterwelt (S2)! Der Einstieg geht zwar schon recht steil nach unten, verlagt aber noch keine wirkliche Kletterei (T3). So gelangt man in die Hohe Kammer. Hier lohnt es sich, etwas Zeit für die Erkundung zu investieren. Groß, breit, hoch - Platzangst braucht man hier nicht zu haben! Außerdem gibt es ein paar Inschriften zu entdecken.
Die Stelzighöhle hat noch mehr zu bieten. Der Einstieg zu den tieferen Höhlenteilen befindet sich aber nicht am Boden den Hohen Kammer, stattdessen muss man zuerst auf eine Art Balkon hochkraxeln (I).
An dessen hinteren Ende gibt es "Löcher", durch die es weitergeht - aber spätestens jetzt braucht es beide Hände und idealerweise ein bisschen Vorerfahrung mit solchen Höhlen. T5 würde auch einigermaßen passen.
Ich habe die Wahl, direkt einen senkrechten Schacht einige Meter abzusteigen oder etwas weiter links, enger aber besser gestuft tiefer zu kommen. Mir ist das gestufte Gelände (I+) lieber. Unten krabbele ich nach rechts ind eine sandige Zwischenkammer (links ginge es in die Tiefe Stelzighöhle, welche aber nochmals erheblich anspruchsvoller sein soll). Am Ende der Zwischenkammer muss ein zweiter Schacht abgestiegen werden, der länger ist als der erste, aber zum Glück ganz gut gestuft. Die eigentliche Kraxelei schätze ich auf einen knappen IIer.

Am Grund des Schachts befindet sich die zweite große Kammer, der Sandraum (= Niedriges Gemach). Beide Namen passen perfekt zu diesem breiten, aber nur etwas über einen Meter hohen Raum.
Dort befinden sich diverse, teilweise recht alte Inschriften, ein Thermometer (8 Grad) und eine Kassette mit Höhlenbuch. Die Stelzighöhle wird immerhin alle paar Wochen mal befahren.
Wie meistens bei Höhlen muss man auch hier den gleichen Weg wieder zurück. Die beiden Schächte lassen sich auch hochwärts ganz gut klettern, auch wenn es schon etwas mehr Kraft braucht als runterwärts.

Wenige Meter südlich der Stelzighöhle befindet sich der Ritterkeller. Den möchte ich gleich im Anschluss besuchen. Tatsächlich muss ich das Mundloch dann doch ein bisschen suchen (nicht zu tief absteigen!), aber diesmal dauert das nur ein paar Minuten. Der Ritterkeller besteht zwar "nur" aus einer Kluft, diese ist aber ziemlich lang und tief. Von der Schwierigkeit her (S1, T4, I+) ist die Befahrung einfacher als der Zugang zum unteren Raum in der Stelzighöhle, aber anspruchsvoller als jener zur Hohen Kammer allein. Man muss etwas an Blöcken abwärts klettern. Am Ende der Kluft gibt es zwar auch ein Höhlenbuch, das allerdings sehr vermodert ist.

So, nach der ganzen Höhlenkriecherei habe ich Appetit auf ein Bier und außerdem Hunger. Gut, dass der Rucksack richtig befüllt ist... Nach der Pause stelle ich fest, dass ich nur noch drei Stunden Tageslicht vor mir habe, aber noch mindestens zehn Kilometer wandern muss. Deshalb verzichte ich auf weitere Höhlenexkursionen und beschließe, mehr oben auf dem Plateau entlangzugehen in der Hoffnung, dass dort die Wege leichter zu finden seien.
Zuerst laufe ich zurück bis zum Sägewerk und halte mich dann auf einem Forstweg nordwärts. Dieser Weg ist sogar markiert. Leider kommt bald eine Zone mit Waldarbeiten, in der der Weg komplett ruiniert ist. So eine Schlammschlacht, üble Schweinerei! Ich verpasse sogar zum Übergang zur kerzengeraden "Allee", der man leicht zum Belvedér (Gasthaus oberhalb der Elbe bei Elbleiten) folgen könnte. Stattdessen komme ich weiter nach Norden. Auch kein Problem, denke ich, wandere ich eben durch das eigentlich sehenswerte Dürrkamnitztal. Der Zustieg ist dann wieder markiert, doch kaum in der Schlucht angelangt ist der Weg gesperrt (wegen instabiler toter Bäume). Hätten die das nicht schon oben hinschreiben können?!
Ich habe nicht mehr ewig Zeit für Umwege und ignoriere die Sperrung. Früher war das sicher ein lohnender Weg, jetzt wächst er leider immer mehr zu und die toten Bäume, welche nicht entfernt werden, sind auch nicht gerade toll. Die Klamm selber ist aber einigermaßen sehenswert und nennenswerte Probleme tauchen auf der ganzen Strecke bis zum Ausgang ins Elbtal nicht auf.


Zu schlechter Letzt muss ich dann noch einen guten Kilometer an der Straße entlanglaufen, wobei es immerhin einen schmalen Gehweg gibt. Im Herrnskretschen (Hřensko) habe ich Pech. Zwar fährt die Fähre, aber kein Zug. Irgendwelche Bauarbeiten. Und einen Ersatzbus gibt es nur von Schmilka, nicht aber von Herrnskretschen. Letztlich bleibt mir keine andere Option, fast 90 Minuten lang im Halbdunkel zu warten, bis wieder ein Zug fährt. Kein toller Abschluss der Wanderung.

Für die Höhlenbefahrungen gibt es eine eigene Schwierigkeitsskala von S0 bis S6. Diese berücksichtigt außer der Kletterei auch Engstellen. Die beschriebenen Höhlen sind alle noch eher "einfach", wobei ich persönlich eigentlich nur die unteren drei Grade benutze:
S0 = einfach, maximal T3
S1 = mittel, etwa T4
S2 = schwer, etwa T5 (aber auch Kletterei II bis III oder Engstellen möglich)
S3 ... S6 = zu schwer für mich...
Zwei Stirnlampen sollten ab S1 immer dabei sein (zwei, falls eine plötzlich ausfällt).

Stelzighöhle und Ritterkeller sollen gemäß einer Hinweistafel im Winter nicht befahren werden. Ein konkretes Datum ist nicht angegeben, also gilt diese Sperre wohl im Winter laut Kalender. Der Höhlenführer erwähnt dies nicht, könnte aber natürlich eine neue Vorschrift sein.

Die Tour hat über sieben Stunden Gehzeit, wobei die Höhlenbefahrungen und vor allem die Suche der Mundlöcher sicher drei Stunden in Anspruch nehmen.
Die reine Wanderstrecke ist theoretisch in vier Stunden zu schaffen, aber im gegenwärtigen Zustand nicht empfehlenswert.

Fazit - Stelzighöhle und Ritterkeller lohnen die beschwerliche Anreise. Schade, dass die Wanderstrecke so heruntergekommen ist.


Tourengänger: Bergmax


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Kommentare (2)


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lainari hat gesagt: NPR Kaňon Labe
Gesendet am 21. Oktober 2023 um 21:11
Nur ein Hinweis: Tepelná jeskyně und Stelzigova jeskyně werden laut mapy.cz als nicht zugänglich geführt.
„V národní přírodní rezervaci je ze zákona zakázán přístup k místům ležícím mimo schválené turistické značení.“
(Im nationalen Naturschutzgebiet ist der Zugang zu Orten außerhalb zugelassener Touristenmarkierungen gesetzlich verboten.)

Zur Region: České Švýcarsko sollte besser passen.

VG lainari

Bergmax hat gesagt: RE:NPR Kaňon Labe
Gesendet am 22. Oktober 2023 um 11:47
Danke für die Hinweise.

Die Region habe ich gleich korrigiert.

Die Tour enthält längere Abschnitte auf nicht markierten Wegen in diesem Naturschutzgebiet. Die dürfen dann wohl zumindest zur Zeit alle nicht begangen werden. Ich kann mich aber erinnern, dass gelegentlich neuere Farbmarkierungen an Bäumen zu sehen waren, die ich zunächst der Forstwirtschaft zugeordnet habe. Möglicherweise ist da etwas im Aufbau - vergleichbar mit den Kletterzustiegen in der Kernzone der Sächsischen Schweiz.

Wer die Tour nachwandern möchte, tut dies auch in dieser Hinsicht auf eigene Verantwortung.

Viele Grüße aus dem Schwarzwald

Max


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