Sechs mal ex im Reichstädter Hügelland


Publiziert von lainari , 6. Oktober 2023 um 21:27.

Region: Welt » Tschechien » Zákupská pahorkatina
Tour Datum: 3 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 465 m
Abstieg: 465 m
Strecke:23,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Lázně Kundratice, Parkplatz am Kurbad
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 15 Máchův kraj

Verschwunden: Hultschken, Mednai, Sabelze, Kirbe, Böhmisch Neuland und Schwarzwald
 
Meine heutige Tour führt mich in die Region Zákupská pahorkatina (Reichstädter Hügelland), speziell auf das einstige Gelände des Truppenübungsplatzes VVP Ralsko. Bei dessen Einrichtung wurden nahezu alle vorhandenen Orte getilgt, das heißt nach der Vertreibung der deutschböhmischen Bewohner erfolgte keine Nachbesiedelung. Nach der Wende hat man ein großes Wildgatter eingerichtet, was man teilweise begehen kann. Heute werde ich aber zunächst die dünnbesiedelte Landschaft östlich des Zaunes erkunden. Mein Startpunkt liegt am großen Parkplatz des Kurbades von Lázně Kundratice (Bad Kunnersdorf), welches etwas außerhalb des eigentlichen Ortes liegt.
 
Zu Fuß durchquere ich zu Beginn das Gelände des Kurbades und komme dann nach Podvrší (Kühthal). Hier orientiere ich mich nach einem rot markierten Wanderweg und biege kurz darauf auf einen Stichweg ab. Dieser führt auf den bewaldeten Sandsteinberg Kavčí kopec, an dessen Westende der Aussichtspunkt Krásná vyhlídka liegt. Nach der Besichtigung gehe ich ein Stück zurück und nehme unmarkierte Waldwege zum Siedlungsgebiet des einstigen Ortes Hultschken/Holičky. Der deutsche Ortsname soll sich von Holzung/Rodung ableiten. Der Vorkriegsbestand wird mit 37 Häusern/176 Einwohnern angegeben. Es haben sich geringe Reste des Friedhofes und diverse sehenswerte Felsenkeller erhalten. Diese dienten vorrangig als kühle Lagermöglichkeit, Abstellraum oder Stall. Trotz fehlendem Fließgewässer soll es eine Wassermühle gegeben haben, die stunden-/tageweise in einem Teich gesammeltes Oberflächenwasser genutzt hat. Auf einem asphaltierten Sträßchen laufe ich angenehm weiter bis zum einstigen Meierhof Mednai/Medný. Dieser soll 1380 erstmals urkundlich erwähnt worden sein. Als deutsche Schreibweisen sind auch Mednei/Mednay belegt. Da weiter südlich mehrere Orte auf -ai enden, dürfte das die bevorzugte Variante sein. Der Hof war früher von einer Mauer umgeben. Heute stehen am Südende des Wäldchens nur noch eine einzelne Gebäudewand und weitere geringe Grundmauerreste. Das Sträßchen führt mich nun nach Náhlov (Nahlau). Dieser Ort hat überlebt, weil man hier zu Zeiten der militärischen Nutzung Bauern und Forstleute mit ihren Familien ansiedelte, die zur Unterhaltung des riesigen Geländes beitrugen.
 
Im Ort biege ich nach rechts und laufe auf einem alten Sträßchen weiter, durchquere später eine Streusiedlung und gehe in ein Tal hinunter. Dort umlaufe ich auf Wegen eine felsige Anhöhe und steige weglos von Süden auf den bewaldeten Berg Čertova stěna hinauf. Der teuflische Name weist ihn als Bestandteil der insgesamt 12 km langen Čertova zeď (Teufelsmauer) aus. Dabei handelt es sich um eine nur wenige Meter breite magmatische Ader, die durch Erosion aus dem umgebenden Sandstein freigestellt wurde. Da der Basalt im 19. Jh. für den Wegebau genutzt wurde, haben sich dadurch gerade im Bereich von Bergen tiefe Klüfte ergeben. So auch im vorliegenden Fall. Der Berg weist einen TP auf. Auf der Nordseite steige ich weglos hinunter und gehe über ein asphaltiertes Sträßchen weiter bis zu einer Lichtung. Hier befand sich die einstige Kleinsiedlung Sabelze/Zábělce. Die geringen Mauerreste und Steinhaufen die bis heute überdauert haben, befinden sich verdeckt in verbuschten Inseln. Weiter auf der Straße erwarte ich einen Abzweig nach links. Dieser ist nicht klar auszumachen, daher biege ich im Bereich einer Schonung ab und gehe weglos in ein Tal hinunter. Auf der dortigen Lichtung befand sich die Einschicht Kirbe/Krby. Am Talhang kann ich einen kleinen Steinbruch und einen Felsenkeller lokalisieren und die geringen Mauerreste und Steinhaufen die bis heute überdauert haben, befinden sich abermals verdeckt in einer verbuschten Insel. Über die Lichtung laufe ich steigend in den Wald hinauf und treffe wieder auf das Sträßchen.
 
Der Asphalt sieht nun nicht nur neu aus, sondern riecht auch und klebt beim Begehen. Wenig später passiere ich den Schwarzdeckenfertiger und eine Baukolonne. Aus der anderen Richtung kommen in Fünfminutentakt Kipper mit Heißmischgut gefahren. Das macht die Erkundung des Siedlungsgebiets des einstigen Ortes Böhmisch Neuland/Dolní Novina etwas mühsam. Der Vorkriegsbestand wird hier mit 32 Häusern/149 Einwohnern angegeben. Heute befindet sich nur etwa ein Drittel der ehemaligen Ortsfläche im offenen Bereich, der Rest liegt innerhalb des Wildgeheges. Zu gewissen Zeiten ist dieses zwar zugänglich, aber es herrscht Wegegebot, was eine Erkundung der Siedlungsreste nicht begünstigt. Für heute habe ich keinen Abstecher ins Gehege vorgesehen und laufe weiter. An einer Kreuzung halte ich mich geradeaus auf einen Wiesenweg, der bald in den Wald eintritt. Nun habe ich wieder Ruhe. Nach kurzer Zeit komme ich auf eine idyllisch gelegene Lichtung, wo sich früher der Ort Schwarzwald/Černá Novina befand. Dessen Vorkriegsbestand wird mit 54 Häusern/246 Einwohnern angegeben. Von diesen gibt es nahezu keine Spuren mehr. Erhalten haben sich lediglich einige alte Laubbäume und zwei Bruchstücke einer Betsäule. Auf einer etwas wackligen Sitzgarnitur lasse ich mich zur Mittagsrast nieder. Ab dem Ortsgebiet ist der Weg wieder befestigt. Am Nordostende der Lichtung gehe ich geradeaus auf einem unbefestigten Weg weiter. Später kreuze ich meinen Hinweg vom Morgen und komme zu einer Fahrstraße. Zuletzt verlasse ich diese nach links und kürze damit nach Podvrší ab. Nun muss ich nur noch durch das Gelände des Kurbades Lázně Kundratice um zurück zum Parkplatz zu gelangen.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h 45 min. Die Wanderung hat T1-Charakter, die Erkundung der Wüstungen und die Überschreitung des Berges Čertova stěna sind als T2 zu bewerten. Bis auf den Zugang zum Aussichtspunkt ist die Runde unmarkiert! Mapy.cz weist aber die vorhandenen Wege in Anzahl und Qualität in diesem Bereich recht zuverlässig aus.

Tourengänger: lainari


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