Monte Pelmo 3168m - Ballzauber


Publiziert von georgb , 28. September 2023 um 22:34.

Region: Welt » Italien » Venetien
Tour Datum:27 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m

Der Monte Pelmo ist vielleicht der imposanteste aller hohen Dolomitengipfel und entsprechend ist er auch als erster bestiegen worden. Der Ire John Ball hat schon 1857 einen Zugang gesucht und das legendäre, nach ihm benannte Ball-Band entdeckt. Witzigerweise ist ihm sein einheimischer Führer nicht bis zum Gipfel gefolgt, weil er das Band nicht für begehbar hielt!? Genau auf diesem Band verläuft auch heute der Normalweg und im August herrscht hier ein wahrer Ballzauber.
Jetzt, da das Rifugio Venezia geschlossen ist, kehrt Ruhe ein um den Thron Gottes und wir schleichen durch die einsamen Wälder des Cadore. Erst am Schutzhaus bekommen wir Gesellschaft, ein flottes Trentiner Pärchen zieht locker an uns vorbei. Meine zwei bärenstarken Begleiter Manuel und Ben sind kaum zu bremsen, nehmen aber Rücksicht auf mein altersbedingt gemäßigteres Tempo.
Das Ball-Band ist spektakulär, maximal ausgesetzt und die Felsen sind gelegentlich unangenehm speckig, nicht jedermanns Geschmack. Die Schlüsselstellen sind zwar gesichert, aber das angebrachte Kletterseil hängt lose in der Wand an uralten Schlaghaken. Die Schlüsselstelle "passo del gatto" umgeht man außen, mit den Händen am lockeren Seil, statt unter dem Felsen hindurchzukriechen. Vielleicht belässt man diese provisorische Sicherungstechnik absichtlich, um einen noch stärkeren Massenansturm zu verhindern?
In jedem Fall braucht es ein relativ stabiles Nervenkostüm und sicheren Tritt, aber keine ausgefeilte Klettertechnik (Stellen II). Nach dem Band beginnt erst der eigentliche Aufstieg und er hat es in sich. Meist im Gehgelände zieht sich der Steig über annähernd 1000 Höhenmeter durch die Geröllwüste. Erst am Gipfelaufbau wird es wieder felsig und ein kurze Wand erfordert Armeinsatz (II).
Im Gegensatz zu dem teilweise öden Anstieg ist der Berg Pelmo ein Spektakel, die zwei Schultern umgrenzen den Hauptgipfel und dazwischen liegt ein enormer Kessel "Il Vant", ein zauberhaftes Gelände, einzigartig in den Dolomiten. Leider ist von dem Gletscher rein gar nichts mehr übrig, mit Eis und Schnee wäre es wohl noch beeindruckender.
Heute herrschen sowieso sommerliche Bedingungen, in kurzen Hosen stehen wir am Gipfel und staunen in die Umgebung. Alles, was Rang und Namen hat zeigt sich, einzig die Drei Zinnen sind vom Sorapiss verdeckt. Wir sind etwas spät in der Zeit, Ben hat noch Verpflichtungen und entsprechend rasen wir abwärts. Ich komme kaum zum Fotografieren, so schnell sind wir unterwegs. Das Ball-Band verzögert kurz unsere Schritte, hier braucht es absolute Konzentration, Fehltritte enden unweigerlich tödlich!
Auch der Abstieg vom Band ist nicht banal (I/II), erst dann legen wir den Helm ab und gehen in Wandermodus über. Wandermodus heißt heute Joggen und in Rekordzeit stehen wir am Auto. Trotzdem ist die Kaffezeit längst überschritten und es bleibt gerade noch Zeit für ein schnelles Bierchen in Cortina mit Blick auf den zauberhaften "El Caregón del Padreterno".
Ich stelle mir gerade vor, wie es wohl Sir John Ball ergangen sein muss, ganz allein auf dem Weg durch "sein" Band und danach durchs Geröll und über den Gletscher zum Gipfel, ohne jede Spur und Hilfe, 1857!




Tourengänger: Manuel, georgb


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