Brünnstein mal ganz anders: Die Nordseite - eine Exploration


Publiziert von Bahoe , 18. September 2023 um 20:44.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum: 8 September 2023
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1050 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ab Oberaudorf via Klinik Bad Trissl
Unterkunftmöglichkeiten:Brünnsteinhaus
Kartennummer:DAV BY 16 Mangfallgebirge Ost - Wendelstein, Großer Traithen

 Nicht nur wasquewhat war diesen Sommer mit Lückenfüllen beschäftigt, leider auch meine Wenigkeit. Statt im hochalpinen Gelände unterwegs zu sein auf Routen und Gipfeln über 2000, konnten und können dieses Jahr nur kleine Brötchen gebacken werden. Nachdem ich am 15.08. vom P Rosengasse mal zur Brünnsteinschanze hin bin und am Rotwandlspitz geschnuppert habe (minimaler Kraxelvorgeschmack) sowie vom Jedermanns Ostgipfel nach Westen bis zu den beiden Erhebungen mit den Steinmännern gegangen war, sollte das Ziel dieser Tour das Auffinden des Nordsteiges sein, um im Erfolgsfall abzuchecken, ob ich durchkomme nach Osten. Absteigen auf der Aufstiegsroute hätte ich sonst immer noch können.

Gestartet bin ich um halb acht vom Parkplatz Buchau, am Gasthaus die Fahrstraße geradeaus weiter Richtung Längau Alm. Dort am Kreuz mit kleiner Rastbank kurzer Stopp mit etwas Kalorienzufuhr (Flüssigkeit und halber Haferkraftriegel), bevor es weiter zur Groß Alm ging. Auf dem Weg dorthin erfreute eine Haflingerpferdeherde von zehn Tieren mein Herz. Mein dritter Wegpunkt mit absoluter Höhenangabe war das Groß Alm Kreuz auf 1220 m. Die weit nach oben reichende Almfläche war gut zu sehen, eine Unterbrechung durch Vegetation auch. Statt gleich mal Direttissima nach oben zu staksen, verfolgte ich zunächst noch den Wanderweg, wo ich ungefähr am Waldrand wieder nach Westen schwenkend weiter nach oben steigen wollte. Der Morgentau war bereits Geschichte, aber für die Graspolster war es mir noch zu früh.

Am Waldrand dann Feuchtigkeit am Wanderweg, genau das, was ich aussparen wollte. Ein Ministück am Weg weiter gegangen und dann rechts ab, wo ich zwar etwas Schatten ausnützen konnte, aber durch wasserhaltiges Gelände blieb es nicht aus, dass es weich und unsympathisch wurde. Glücklicherweise nur wenige Tritte, bevor ich mich vernünftig weiter vorarbeiten konnte. Durch diverses Totholz und jeder Menge Wildtierspuren folgend ging es stetig nach oben. Einem Rudel von fünf Tieren Schalenwild (der Warnschrei des Leittiers war Gämsen zuzuordnen) war ich zu nahegekommen, sie stiegen höher, blieben aber lange auf Tuchfühlung mit mir. Angenehm schattig war es, den Waldboden so lange wie möglich ausnutzend (dabei immer den rechten Rand zur Almfläche im Blick) bis irgendwann links auf die freie Fläche gegangen wurde.

Steil und sehr warm war es, so lange habe ich noch nie gebraucht, um aufzusteigen. Notgedrungen wie auf rohen Eiern musste ich mich bewegen. Als die eine oder andere Stelle mit Erosion im Gelände auftauchte, ließ das die Hoffnung aufkeimen, plötzlich einen Steigbeginn vor mir zu haben, aber Fehlanzeige. Nach fast dreieinhalb Stunden war ich im Schatten an den Felsen, wo es eine richtige Pause von 20 bis 25 Minuten gab.

Dann war bald mal Hand anzulegen, wobei festgestellt werden musste, dass – typisch Nordseite – die Felsen feucht waren, wo ich es probieren wollte. Hm. Die erste Steilstufe wurde kraxelnd überwunden und ich gelangte zu einem flacheren grasigen Geländeteil, wo ich mir dachte, ob ich das nicht billiger haben hätte können. Ich hielt mich bewusst weiter westlich und diverse Steigspuren ließen Hoffnung aufkeimen. Dann kam ich mal eine Stelle, wo es für mich nicht weiterging, ordentlich exponiert wäre auf einem sehr schmalen Band abzuklettern gewesen, das hätte ich als kerngesundes 19jähriges Leichtgewicht ohne Rucksack und Stöcke vielleicht noch machen können. Aber Jahrzehnte später: Ende der Fahnenstange.

Da ich der Meinung war, aber eh zu weit westlich zu sein und ohnehin nicht weiter zu kommen, wurde zurückgeturnt, und sich im komfortablen grasigen Bereich weiter Richtung Osten bewegt. Mit meinen Augen wurde das Gelände nach Schwachstellen gescannt, immer wieder wurde angesetzt, aber Fehanzeige.
Dann aber sah es mal optisch gut aus. Im unteren Bereich unangenehm feuchte Erde, aber doch so, dass ich hinauf und im Bedarfsfall runterkommen könnte, fand ich eine Rinne, wo ich weit hinaufkam. Mir schienen nur mehr 20 bis 25 Meter bis zum Grat zu fehlen, aber die Stelle, wo ich mich zuerst an zwei Bäumchen festhalten hätte können – war für mich dann doch so exponiert, dass ich da nicht wieder hinunterklettern oder kraxeln hätte können. Ich habe 17 Minuten Pause gemacht, wobei ich mich so hinsetzen konnte, dass ich einen hinkelsteinartigen Felsblock zwischen die Beine nahm. Der Puls ging nach unten. Letztendlich wurde dann die wohl vernünftige Entscheidung getroffen, wieder abzusteigen.

Nach drei Metern weckte etwas Rotes in einer Felsspalte meine Aufmerksamkeit. Was war das? Ein Blatt oder doch etwas Anderes? Ich nahm es in die Hand, drehte es um und war überrascht von einem Stück Wursthüllenende – ich tippe auf Extrawurst, den erkennbaren Resten nach zu urteilen. Wie war das Stück dorthin gelangt? War ich auf eine für fähigere Alpinisten als mich machbare Route hinauf gestoßen oder hatte ein Vogel (z.B. Dohle), das Teil dorthin entsorgt? Vielleicht sollte ich für die hikr-Frequentanten der Runde vom Tatzelwurm aus, mal eine Art Geocache in Form einer Playmobilfigur hineingeben, wo mir dann eventuell bestätigt würde, ob man da aufsteigen könne. Ohne jedwede physischen Einschränkungen (z.B. volle Sprunggelenksbelastbarkeit wäre wichtig), einem anderen Rucksack und entsprechender Tagesverfassung…

Nach meinem Abstieg ging es weiter nach Osten, eine Geröllreiße war zu überqueren und dann stand ich am Dr. Julius Mayer Klettersteig. Eine knappe Stunde war ich von meinem Pausenplatz aus bis dorthin unterwegs gewesen. In zwölf Minuten war ich bei der Kapelle, fast ganz oben bei den ersten oder letzten Drahtseilen, je nach Begehungsrichtung begann eine Person mit dem Abstieg. Dann hatte ich Kapelle und Gipfelkreuz allein für mich - ein am Normalweg absteigendes Grüppchen wurde noch gesehen. Nach erneuten 17 Minuten Pause ging es in 37 Minuten normal zum Brünnsteinhaus hinab - das brauchen andere für den Aufstieg am KS (die wären auch in sieben oder acht Minuten am Gipfel, wo ich noch 12 Minuten unterwegs war) – wo ich mir ein Mineralwasser gönnte. Die am Wegweiser ausgewiesene Abstiegszeit durch das Brünntal wurde um eine Viertelstunde unterboten, die Pausenzeiten addieren sich auf eine Stunde 15 und sind in den Eckdaten am Anfang dieser Tour enthalten.

Zu den Schwierigkeiten: 

Durch die kurze Nutzung des leichten Klettersteigs wurde K1 gewählt, der Abstieg auf der schwarzen Normalroute wiürde wie immer mit mindestens T3+ bewertet. Das Herumgeturne an der Nordseite (was ist UIAA I und was schon II sowie was fällt in die T-Skala...) will ich mit diesen Zeilen aussparen. Ein Einser bezöge sich nur auf den Abstieg am markierten Weg. Hinauf würde ich dort vermutlich ohne Handeinsatz, lediglich mit den Stöcken, kommen, hinab geht sich das für mich nicht ganz aus.  Conclusio: Entscheidung für einen Blanko- Tourenkopf nach T- und UIAA-Skala, nur Berücksichtigung  der Klettersteigkategorie A  (nach Angabe im Buch eines österreichischen Autors). 
 
Bilanz:

Das Ziel, den Nordsteig mit den Drahtseilen zu finden (und im Idealfall am Grat bis zu den bereits besuchten Steinmännern zu gelangen oder bei Bedarf wieder abzusteigen), wurde zwar nicht erreicht, trotzdem bin ich nicht ganz unzufrieden oder frustriert, denn eine weitere Tourenidee wurde bereits geboren. 

Tourengänger: Bahoe


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Kommentare (1)


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wasquewhat hat gesagt: Lücken füllen ...
Gesendet am 19. September 2023 um 17:18
... kann auch erfüllend sein!
viele Grüße


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