Längere Alpstein-Runde


Publiziert von Hallodri82 , 23. August 2023 um 16:09.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum:20 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-AI   Alpstein   CH-AR   CH-SG 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 2152 m
Abstieg: 2152 m
Strecke:27

Als junger Teenager war ich das letzte Mal auf dem Säntis. Wir haben damals die Himmelsleiter im Abstieg gemacht und sind zur Schwägalp runter. Danach war ich nie mehr im Alpstein. Ich bin normalerweise in relativ einsamen Gefilden im Jura unterwegs, es ist genau das, was ich suche. Deswegen hat mich der Alpstein immer etwas abgeschreckt, zumal ich als nicht "advanced-alpiner" Wanderer den Touristenströmen (ich bin natürlich auch Tourist) auch nicht "abseits der ausgeschriebenen Pfade" ausweichen kann. Wie dem auch sei: die schiere Schönheit des Alpsteins wolle ich halt dennoch auch wieder mal erleben. Und ich darf festhalten, es hat sich natürlich sehr gelohnt.

Ein wunderschöner Tag sollte es werden, heiss, keine Wolken am Himmel und zudem war noch das Schwingfest auf der Schwägalp. An Besuchern im Alpstein-Massiv sollte es also gewiss nicht mangeln. Weil ich eine (für meine Verhältnisse) konditionell doch noch anspruchsvolle Tour geplant habe (schliesslich wohne ich weit weg und wollte die Autofahrt auch gebührend ausnutzen), parkiere ich den PW bereits kurz vor 6h morgens auf einem der grossen Parkplätze in Wasserauen und entrichte die mehr als faire Gebühr von CHF 5 für den ganzen Tag.

Weil sämtliche Alpstein-Wanderwege natürlich hier umfassend dokumentiert sind, begrenze ich mich hier auf meine persönlichen Hinweise und Anektdoten, wie immer aus Sicht eines nicht-Kletterers und alpin wenig erprobten Wanderers.

Ich brauchte für die Route etwa 7.25 Stunden, die Gründe lege ich unten dar. Ich überholte von Anfang bis Schluss zig Wanderer bzw. Wandergruppen und dennoch kam ich mir ausserordentlich langsam vor. 

Der Aufstieg von Wasserauen zur Bogartenlücke ist landschaftlich sehr schön und wird erst zum Schluss relativ steil, er ist aber in Summe einer der moderateren Anstiege wohl um im Alpstein "an Höhe zu gewinnen". Er ist zudem nirgends ausgesetzt und nirgends gewissermassen "krass steil". Der Weg führt zudem über keine Geröllhalden und hat technisch auch überhaupt keine Schwierigkeiten. Ich stufe den Weg als T2 ein. Dementsprechend bin ich bereits knapp eine Stunde nach Start bei der Bogartenlücke. Die Aussicht, wenn man "durch die Lücke geht" ist schlichtweg gigantisch. Unbeschreiblich. 

Mein Blick schweift zum Weiterweg und zur Flanke der Marwees. Kaum vorstellbar, dass dort ein Weg hochgeht, der Zickzack-Weg führt eine veritable Wand hinauf. Ich erspähe in dieser Wand ein weiteres Wanderpärchen, also funktioniert das. Der Serpentinenweg hinauf ist sodann auch aus der Nähe sehr steil, weil die Serpentinen-Kurven selbst auch steil sind und die Morgensonne brennt die ganze Zeit. Dennoch bin ich dann doch relativ schnell am Ende der Serpentinen angelangt und ich erfreue mich ob der weiterhin fantastischen Bergwelt die mich umgibt. Weiterhin stufe ich diesen Weg als T3 ein.

Ich mache mich an die Querung, welche hier vielfach beschrieben wird. Ich habe hier gelesen, dass die Querung "ausgesetzt" ist und dass hier "durchaus Absturzgefahr" besteht und dass "spätestens hier klar ist, dass dies ein wbw-Weg sei". Zudem habe ich einige Fotos gesehen, welche das Gelände irgendwie krass steil gezeigt haben. All dies kann ich absolut nicht nachvollziehen. Das Gelände, fällt südöstlich durchaus ab, aber nun nicht übermässig steil. Ein Gefühl der Ausgesetztheit kommt überhaupt nicht auf. Die einzige Schwierigkeit hier ist, dass der "Weg" nicht sonderlich gut gespurt ist und man sich bisweilen selbst irgendwie den Weg durch das schrofige Gelände suchen muss. Am Ende der Querung leitet der "Weg" dann leicht kraxelig steil nach Norden und auf die Felsnase hinauf, welche man von der Bogartenlücke aus sieht. Von da aus leitet der Weg dann auf schönem, grasigem Singletrack hoch und nach einer ganz leicht kraxeligen Stelle erreicht man dann bereits den Marwees-Ostgipfel mit dem Kreuz. Ab Bogartenlücke erreichte ich den Gipfel in 30 Minuten, also in solidem Halbzeitwandern. Ich vergebe ein T3 und halte fest, dass wohl ein rwr-WW es auch getan hätte auf der Marwees.

Der Weiterweg folgt sodann dem grasigen Grat, der deutlich gutmütiger ist als ich es mir vorgestellt habe. Nach einiger Zeit weicht der Weg dann in die Nordflanke aus. Diese ist zwar sehr steil aber nicht vertikal abschüssig. Die einzige "Herausforderung" ist kurz nach Pt 1992, dort wo der Weg kurz nach Süden dreht, wo es nordseitig vertikal runtergeht. Aber wenn es einem dort zu ausgesetzt ist, kann man schlicht den Weg verlassen südseitig und sich durch das Gestein kämpfen. Also ist auch das keine Schlüsselstelle. Zum Schluss ist der Weg leicht geröllig und relativ steil, aber unproblematisch. Ich vergebe bis Widderalpsattel ein T3.

Die Aussicht ab Widderalpsattel, nordseitig an Freiheit, Fählen und Altmann vorbei bis hin zum Rotsteinpass ist unbeschreiblich. Mir gefällt die Sicht auf meinen Weiterweg, der sich schmal, mehr oder weniger ohne Höhengewinn oder -Verlust an den Bergflanken weiterzieht. Mal leicht geröllig, mal leicht grasig. Mich verpflegend schreite ich weiter bis Borsthalden und sodann relativ steil runter bis Pt 1616. T2.

Sodann recht flach weiter, bis bald der Weg wieder aufsteilt, Richtung Rotsteinpass. Selbiger wirkt noch weit entfernt. Ich habe ja schon 1000 HM in den Beinen und leider macht sich das schon ein wenig bemerkbar. Dort allerdings, wo der WW eine scharfe Rechtskurve macht unter Schafmad, kommen irgendwie meine Kräfte wieder etwas zurück und schneller als gedacht bin ich beim Rotsteinpass. T2. 

Eine Cola trinkend marschiere ich auf dem schönen Graspfad Richtung Lisengrat. Die grösste Herausforderung eben dieses Grates war der Erstaufstieg, also jener mit den vielen Tritten und Geländern, bis man dann oben steht vor der vielfotografierten Passage (steile Tritte runter, dann die Querung und dann durch den schmalen Felsschlitz wieder rauf). Die Herausforderungen aber nur konditioneller Natur. Ich vergebe diesem Weg bis oben maximal ein T3. Die vorher angesprochene Passage stufe ich ebenfalls nur mit T3 ein. Weshalb? der Abstieg ist beidseitig gesichert. Die Querung kann kaum als ausgesetzt bezeichnet werden, ist es doch links nicht vertikal abschüssig. Und der Wiederaufstieg durch den Schlitz ist ja natürlich gesichert.

Der ebenfalls oft gefilmte und fotografierte Abstieg nach dem Schlitz, mit der ausgeprägten Rechtskurve ist ebenfalls T3, da auf beiden Seiten gesichert. Die einzigen Passagen die man als T3+ einstufen könnte folgen jetzt: auf ca 80(?) cm schmalen Bändern zieht sich der Weg der Nordflanke entlang. Rechts geht es gehörig runter, aber es ist nie komplett vertikal. Das macht zumindest für mein Feeling ein riesengrosser Unterschied (ich verweise auf meinen Bericht zur Barenflue am Passwang).

Auf dem flachen Stück vor dem Chalbersäntis treffe ich auf eine Gruppe Wanderer, welche mir mitteilen, dass sie sich nachher mit dem Klettersteig-Set sichern werden. Dies deucht mich nun etwas gar übertrieben.

Der Schlussabstieg vom Chalbersäntis dann wiederum nur T3 wegen den beidseitigen Sicherungen. Ich vermute aber, dass dieser kurze Abschnitt der einzige wäre, der T4 erreicht ohne Sicherungen, ist es doch schmal und ausgesetzt dort.

Mein Fazit zum Lisengrat: der ist unproblematisch von der Ausgesetztheit her, aber ich habe noch eine andere Feststellung: die gefühlten "Millionen" an Wanderern die den Grat begehen, haben den Fels enorm abgeschliffen durch den Kontakt der Schuhe zum Stein. Das wird wohl immer rutschiger dort. Und die Stahlseile (welche ich kaum in Anspruch genommen habe) sind ebenfalls herausfordernd, bieten sie aufgrund Schweiss und Sonnencreme der Wanderer kaum Grip und sind sehr rutschig.

Ich steige noch kurz zum betonierten Hauptipfel des Säntis hoch und stelle fest: das Tenue ist nun "schicke Schuhe, Sport-BH für Frauen und oben ohne für Männer" und verweile dort nur kurz. Der verbaute Säntis und die Massen dort gefallen mir nicht so sehr.

Der Abstieg dann auf dem offiziellen WW an der Südflanke des Säntis entlang ist zuerst sehr steil und technisch/verwinkelt und leitet dann etwas weniger steil in tief zerfurchtem, felsigen Gelände weiter runter bis zur Wagenlücke. Ich komme nur langsam vorwärts. Ab Wagenlücke dann zuerst sehr steil in der Geröllhalde, wo ich einmal intensiv ausrutsche und dann weiter runter bis zu einem interessanten Abstieg in einer Art Felsrinne mit schönen Blumen, dort wo Swisstopo die Felsen nördlich davon als "Alte Mauer" benammst. Teilweise ist der Weg dort mit Stahlseilen gesichert, aber weniger wegen Absturzgefahr und mehr wegen der Steilheit und der Ausrutschgefahr. T3

Der Weiterweg bis Mesmer ist dann wieder sehr schön und gut wanderbar. T2

Ab Mesmer bis Pt 1225 dann oft schmal und steil und technisch. Die Wandermassen steigen in endlosen Reihen langsam dort ab und ich habe immer wieder Mühe zu überholen, aber ohne Überholen wäre ich vermutlich immer noch dort. T3

Weiterweg bis nach Seealpsee/Pt 1211 dann gewissermassen auf der T1-Autobahn. Das ist fast schon Massentourismus dort und das beste Foto für Instagram wird mit grosser Genauigkeit und viel Makeup (Männer) und Haargel (Frauen) (sorry, umgekehrt) hergestellt. 

Abstieg dann nach Wasserauen auf dem selben Weg wie mein Aufstieg.

Fazit: der Alpstein ist unglaublich schön. Aber das übersetzt sich natürlich in Massen von Leuten, was ich nicht gewohnt bin. Aber ich gehöre ja auch zu den Massen und ein jeder hat das Recht, diese Schönheit anzuschauen. Aber ich werde (alleine) kaum jemals mehr auf den Säntis-Hauptgipfel gehen, das muss ich mir nicht mehr antun. Mein nächstes Ziel wäre dann mal der Tourenklassiker Hoher Kasten bis Äscher zu machen, aber mit Aufstieg auf den Hohen Kasten ohne Gondel. Dafür muss ich aber noch trainieren.







 

Tourengänger: Hallodri82


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