Puig Major


Publiziert von cardamine , 5. Januar 2023 um 22:10.

Region: Welt » Spanien » Balearische Inseln
Tour Datum:31 Dezember 2022
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: E 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:14 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:MA-10 - Coll dels Reis, Parkplatz "Plataforma del funicular"

Der höchste Gipfel Mallorca’s wird leider vom Militär besetzt – genauer gesagt handelt es sich bei der Gipfelbebauung um eine Radarstation. Besucher hat man daher nicht so gerne. Dem Gipfelsammler bleibt daher nur eins – von hinten anschleichen. Einheimischen ist der Aufstieg durch den «Pas de sa pomera borda« wohlbekannt, Touristen verirren sich eher selten dorthin, da der Weg nicht markiert ist – respektive es existiert eigentlich kein Weg.

Die Tour startet an der Strasse zum Coll dels Reis. An der «Plataforma del Funicular» lassen sich 3-4 Autos parken. Tatsächlich plante man hier 1932 den Bau einer Seilbahn zum Gipfel. Man muss ein bisschen suchen, bis man die Steinmännchen findet, die einen durch die Càrritx (fieses mallorquinisches Schneidegras) hoch zu einem Sattel mit Steinmauer führen. Ab dort wird die Wegspur deutlicher. Es geht leicht abwärts zur Font de na Rius. Bei der Quelle muss man den Weg verlassen. Nach Begehungsspuren sucht man ab hier vergeblich. Es geht einfach steil und weglos auf eine Felswand zu. An der Felswand steht ein neues Schild, welches das Fehlen der sonst allgegenwärtigen Steinmännchen erklärt – die Zone ist Vogelschutzgebiet und darf daher nicht betreten werden. Die Position ist strategisch nicht gerade klug gewählt – wer sich schonmal diesen Hang hochgekämpft hat, dreht jetzt ganz bestimmt nicht mehr um… Nach einem mühsamen Aufstieg durch eine Geröllrinne erreicht man den Rücken der Serra de na Rius. Man überquert ein Steinmäuerchen und durchpflügt die Càrritx in Richtung des Grates. Dort geht es nun erstmal angenehmer weiter bis zur Knacknuss, den Pas de sa pomera borda. Warum dieser Pas (= Durchlass) den Namen Echte Mehlbeere (pomera borda) trägt, findet man heraus, wenn man den richtigen «Weg» findet: Einen echt engen Kamin, in dessen Mitte besagte Mehlbeere wächst. Über dieser Mehlbeere hängt ein Fixseil, das einem aus der Rinne hinaushilft. In anspruchsvollem steilem Gelände (T5-) kraxelt man weiter. Eine recht glatte II+ ist zum Glück mit einem weiteren Fixseil entschärft. Hat man das geschafft, landet man auf dem recht breiten Nordostgrat und erreicht den Vermessungspunkt auf dem Nordostgipfel (Espoló NE), der sich noch ausserhalb des militärischen Sperrgebiets befindet. Wer auf der Seite des Gesetzes bleiben will, muss diesen Weg zurück, wobei ich das nur sehr erfahrenen Bergsteigern empfehlen würde.

Ich kann es natürlich nicht lassen, zu versuchen, mich so nahe wie möglich dem Hauptgipfel zu nähern. Tatsächlich komme ich bis zum Zaun wenige Meter vor dem höchsten Punkt, ohne dass sich eine Menschenseele zeigt. Vermutlich sind die armen Militärs, die an Silvester Dienst schieben müssen, schon beim ersten oder zweiten Frust-Rioja…

So mache ich mich an den Weiterweg über die Strasse in Richtung Penyal des Migdia, der mit einem interessant aussehenden Grat lockt. Tatsächlich hat der Grat ein paar schöne Kraxelpassagen (T4). Eigentlich wollte ich von hier über die Nordflanke zum Camí dels Cingles absteigen und so zum Ausgangspunkt zurückkehren. Die Aussicht auf mehrere Stunden im Schatten des Puig Major verleiteten mich aber dazu, mein Glück nochmal herauszufordern und über die bequeme Strasse in der Sonne abzusteigen. Steinmännchen leiten vom Grat hinunter zur Strasse, von wo man ebenfalls ganz legal über den Coma de n’Arbona Pfad absteigen könnte.

Ich folge weiter der Strasse bis zur letzten Kehre vor der Militärbasis «de Son Torrella». Die grosszügigen Kurven abkürzen geht in dem steilen Gelände übrigens schlecht. In der Kurve steige ich durch übermannshohes Gras hinunter auf den Forstweg. Ein Hinweisschild an einem Zaun verbietet lediglich das Pilze sammeln. Somit ist man ab hier wieder auf der legalen Seite. Der gute Feldweg endet bald und wieder leiten Steinmännchen durch Càrritx zum Coll de s’Escudella. Ab hier hat man es fast geschafft, man muss nur den Durchlass im Weidezaun finden, dann wandert man auf einem breiten Weg durch Schafsweiden in Richtung des Landguts Turixant de dalt. An einem Fluss verzweigt sich der Weg, hier muss man einen Bach überqueren und wandert durch Steineichenwald weiter zu einer nächsten Kreuzung, wo man leicht bergauf (links) geht. Leider endet der gute Weg abrupt auf einer Felsterrasse über einer Klippe. Der letzte Kilometer zum Parkplatz ist dann wieder ausgesprochen mühsam – erst durch ein Loch im Zaun kriechen und dann weglos durch die Càrritx zurückkämpfen.

Tourengänger: cardamine


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Kommentare (4)


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Sarmiento hat gesagt: Genial!
Gesendet am 6. Januar 2023 um 10:39
Toller Bericht! Man lernt nie aus - ich dachte, es wäre quasi unmöglich, auf den Berg zu kommen. Eigentlich nur logisch, dass es da versteckte Pfade geben muss.

Grüße, Bernhard

cardamine hat gesagt: RE:Genial!
Gesendet am 6. Januar 2023 um 18:13
Ja die Einheimischen wollen ihren Inselhöhepunkt eben auch ab und an besuchen.
Wikiloc ist übrigens eine tolle Quelle für Geheimpfade in Spanien ;)

Stefan_F hat gesagt:
Gesendet am 6. Januar 2023 um 14:39
Danke für die hilfreichen Informationen! Man erreicht zwar nicht ganz den höchsten Punkt aber die Tour scheint lohnend zu sein. Was würde denn eigentlich dagegen sprechen deinen Abstiegsweg auf aufzusteigen? Könnte man ja auch mit dem rad fahren.

LG
Stefan

cardamine hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. Januar 2023 um 18:09
Hoi Stefan,
der höchste Punkt liegt direkt neben dem NATO-Radar, da kommt man als Normalsterblicher nicht ran. Aussicht hätte man von da sowieso nicht, ein schwacher Trost....
Die Strasse gehört dem Militär und darf eigentlich nicht benutzt werden... wenn du da auf Soldaten triffst, wirst du weggewiesen. Wenn du absteigst, ist es aber unwahrscheinlich, dass sie dich zwingen rauf zu gehen und über einen der Geheimpfade abzusteigen ;)
Ich habe die Strasse nur benutzt, weil ich den Eindruck hatte, dass an Feiertagen da nur minimal motivierte Minimalbesatzung oben ist ;) Ansonsten würde ich dir empfehlen, um etwaige Konflikte zu vermeiden, entweder wie ich vorhatte über die Penyal des Migdia-Nordflanke abzusteigen oder die Geröllrinne "sa Coma Fosca" zu benutzen. Die Wegverläufe sind auf der OpenStreetMap eingezeichnet.
LG Claudia


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