Cima di Valsorda 2752m - Das Land der Schiefen Türme

Es gibt auch im Latemar einen Schiefen Turm von Pisa und sogar die Schutzhütte ist nach ihm benannt, Rifugio Torre di Pisa. Dabei besteht der ganze Latemar aus mehr oder weniger schiefen Türmen, ein faszinierendes Bergmassiv. Wir steigen von Süden an und schon bald legen wir überflüssige Kleidungsschichten ab, es herrschen sommerliche Temperaturen, ich werde heute den ganzen Tag kurzärmlig und in kurzen Hosen unterwegs sein.
Am Rifugio öffnet sich der Blick auf den ganzen Latemar und zu unserer Überraschung ist auch die Hütte geöffnet. Wir lassen drei Stück Apfelstrudel zurücklegen und steigen zunächst auf der Markierung weiter unter dem Torre di Pisa vorbei. Kurz dahinter zweigt links eine steile Geröllrinne ab zur Cima di Valsorda, eine unbekannte Erhebung im Latemar, für die sich niemand interessiert.
Kaum gedacht, tauchen erste Steinmänner auf und wenig später auch ein Mann aus Fleisch und Blut. Ich bin also nicht der einzige, der hier herumirrt. Das Geröll erfordert eine gewisse Achtsamkeit, es ist leidlich trittfest, aber hie und da bewegt sich auch mal ein größerer Brocken! Am Ende des Gerölls stehe ich an einer Scharte mit drei Gipfeln drumherum, links geht es zum höchsten Punkt. Zunächst führen die Steinmänner im Gehgelände zu einem Vorgipfel und in eine Scharte. Der letzte Aufschwung zum Gipfelsteinmann ist technisch einfach (I+), aber die Querung auf dem abschüssigen, schottrigen Band ist nichts für schwache Nerven.
Geschafft, das Panorama öffnet sich auf viele mehr oder weniger schiefe Latemartürme und Bergriesen nah und fern. Ich sauge das Ambiente auf und schleiche mich zurück, bevor der Apfelstrudel weg ist. Das schottrige Band braucht ganze Konzentration, der Rest ist Geröllwühlerei. Kurz steige ich auch auf die zwei Nebengipfel und dann taste ich mich vorsichtig abwärts. Die Steinmänner leiten durch die Rinne, mit ein wenig Gefühl in den Fußsohlen kommt man auch recht gut hinab ohne allzuviel Steine zu bewegen.
Für einen kurzen Sprung an den Fuß des Torre di Pisa hab ich noch Zeit und dann ab auf die Sonnenterrasse am gleichnamigen Rifugio, der Apfelstrudel wartet. Nach italienischer Sitte wird er in der Mikrowelle erwärmt, was ihn nicht besser macht, dafür erwärmt der Kaffee unsere Herzen nicht! Nur beim bayrischen Weißbier kann man nichts verkehrt machen, meno male. Selbst der ungenießbare Cappuccino kann uns die Laune nicht verderben, es ist ein Traumtag in traumhafter Umgebung und wir hüpfen vor lauter Freude noch auf die nahegelegene Cima di Valbona.
Immer noch wärmt die Sonne, wir lassen die schiefen Türme zurück und schweifen beseelt durch herbstlich braune Wiesen abwärts, bis zum nächstenmal.