Lemosho - Teil 5 - Menschenmassen in der Barranco Wall und ins Karanga Camp (4035m)


Publiziert von Kris , 19. September 2022 um 22:15.

Region: Welt » Tansania
Tour Datum: 1 Oktober 2018
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: EAT 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 350 m
Abstieg: 300 m

Dankbar, dass die vorabendlichen Kopfschmerzen überwunden waren, wachte ich früh morgens im Zelt im Barranco Camp auf. Heute geht es also durch die vielmals dokumentierte technische "Schlüsselstelle" des Kibo auf dieser Route - die Barranco Wall. Im Internet finden sich zuhauf dramatisierende Berichte (& beschwichtigende seitens der Tourenanbieter) .. was ist denn nun die Wahrheit? Diese liegt wie immer im Auge des Betrachters. Wer noch nie eine Hand an einem Felsen hat, generell keine alpine Erfahrung mitbringt und keine besondere Sportlichkeit, am besten noch gepaart mit ausgeprägter Höhenangst mitbringt, für den ist die Barranco Wall wohl ein todesmutiger Ausflug. Jedem halbwegs erfahrenen Alpinwanderer zaubert die Barranco "Wall" (eigentlich eher ein etwas steilerer Schrofenhang) eher ein müdes Lächeln ins Gesicht... wäre da nicht der Unsicherheitsfaktor Mensch..

Wie am Vortag berichtet, vereinigen sich im Barranco Camp noch mehr Routen zueinander. Das heißt, dass sich in der Barranco Wall sehr viele Leute vereinigen, zumal zumindest bei uns auch noch die Träger und Guides gleichzeitig unterwegs waren. Das mündet in Menschen auf einer Perlenschnur, wie man sie sonst von populistischen Mount Everest-kurz-vor-dem-Gipfel-Fotos kennt. Nur das hier im Gegensatz zum Everest wahrscheinlich die Hälfte des Jahres in diesem Maße abläuft - Wahnsinn, diese Maschinerie.

Nach dem obligatorischen Porridge geht es wieder ans Packen & auf. Nennenswertes Detail sind dabei die hoffnungslosen Versuche von einem meiner Kumpels, seine Lidl-Trekkingstöcke wieder einzufahren. Sie bleiben die nächsten Tage offen und im Nachhinein sind wir sicher froh ,dass damit keine Augen ausgestochen wurden .. Doch zurück zur Barranco Wall: Der Einstieg in das Wandl ist ziemlich direkt nach dem Start am Camp. Es geht zuerst ein paar Höhenmeter hinab und dann geht es auf, bald auch in die ersten Kraxeleien. Einzelheiten zu benennen wäre hier Makulatur. Im Gedächtnis bleiben vor allem die bereits erwähnten Menschenmassen, die mich mehr als einen Blick nach oben schweifen lassen um zu erahnen, ob mir gleich jemand entgegenpurzelt. Die Schwierigkeiten als solches sind im oberen T3-Bereich anzusiedeln, es ist auch durchaus mal ein Ier dabei. Die Stellen sind naturgemäß ganz schön abgegriffen und speckig und bedürfen daher etwas Aufmerksamkeit. Berühmt ist hier etwa der sogenannte "Kissing Rock", eine etwas schmalere Querung an einem bauchigen Fels entlang, die viele Aspiraten dazu nutzen, sich per Kuss auf den Fels etwas Glück zu erkaufen .. Richtig doll ausgesetzt ist es nie, im Vergleich zu den restlichen Tagen am Kibo aber doch ein deutlicher Unterschied (mal abgesehen vom Gipfeltag, der zünftig steil sein kann). 


Recht weit oben in der "Wall" kommt dann m.E. die Schlüsselstelle, ein oberer Ier, wo kurz etwas mehr zugepackt werden muss. Die Guides und Träger sind hier sehr fürsorglich und weisen jeden Schritt und Griff an. So kommt am Ende an diesem Tage jeder heil am Pausenplatz oberhalb der Wall an.. selbst eine asiatische 3er Gruppe (diejenige, in der die Frau sich gestern ins Camp tragen lassen hat..) die sichtlich angefasst wirkt und wankt. Vielleicht nicht gerade zuträglich zum physischen Zustand ist, dass hier bereits anderthalb Jahre vor jeglicher Corona-Pandemie-Lage bereits mit FFP2 Maske auf 4200m rumgekraxelt wird - vielleicht hilft es ja bei der zusätzlichen Höhenanpassung .. 

Nach ein paar Foto-Sessions und ausgiebiger Pause auf besagten 4200m geht es nun zurück auf die Ausgangshöhe knapp unterhalb 4000m. Dafür wandern wir relativ steil, aus den Wolken heraus hinab ins Karanga-Tal. Hier befindet sich ein tieferer Einschnitt, mit entsprechendem Gegenanstieg auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Tals. Hier unten befindet sich die letzte natürliche Quelle vor dem Gipfel. Das bedeutet für unsere Träger, dass sie diese Strecke durchaus öfter bewältigen müssen, damit gekocht werden kann.

Den Gegenanstieg nutzen wir dann für eine kleine Konditions- bzw. Akklimatisationsprobe und steigen hier zügig die 100-150hm wieder auf. Das Karanga Camp habe ich noch in eher schlechter Erinnerung. Unsere Zelte sind sehr weit oben aufgebaut, stehen sehr schräg. Wer einmal schräg in einem Zelt geschlafen hat, weiß dass das nicht unbedingt angenehm ist. Neben der unbequemen Lage macht auch zu schaffen, das Körperteile bzw. der Schlafsack an die Zeltwände kommt, was zu unangenehmen Kältebrücken führt. Zusätzlich unangenehm ist die Klosituation. Zwar gibt es auch hier noch ein gemauertes Klo, es liegt aber 30-40hm unter unseren Zelten. Auf unserer Höhe befinden sich die typischen Holzhütten. Diese hier sind aber in besonders erbarmungswürdigem Zustand. Es kursieren ja am Kibo Geschichten (Urban Legends?), dass bereits Aspiraten in die Jauchegruben gestürzt und ertrunken sind.. bei dem Anblick in der Toilette wundert es mich nicht. Ein Teil des Bodens ist eingekracht und jemand hat bereits eine sichere Ecke der Toilette für ein großes Geschäft genutzt.. arg gewöhnungsbedürftig.. entsprechend dürftig ist die Übernachtung. Aber auch die Vorfreude ist da, am nächsten Tag das letzte, dem Gipfel vorgelagerte Camp zu erreichen ..


KONDITION 1.5/5
ORIENTIERUNG 1.5/5
TECHNIK 2/5
EXPONIERTHEIT 2/5



Tourengänger: Kris


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