Und wieder nur das Allalinhorn 4027 m


Publiziert von basodino , 21. Juli 2022 um 20:37.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:21 Juli 2022
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 480 m
Abstieg: 480 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:von Saas Fee mit dem Alpin Express bis Felskinn (bis hier in der Saastalcard enthalten), dann nur mit Aufpreis von SFr 45 bis zum Mittelallalin, donnerstags Sonnenaufgangsfahrt um 4.45 Uhr (jahreszeitlich unterschiedlich) für weitere SFr 20 extra
Zufahrt zum Ankunftspunkt:siehe oben
Unterkunftmöglichkeiten:in Saas Fee sehr viele, an der Strecke keine

Eigentlich wollten wir unbedingt auf den Alphubel. Und das wäre heute sogar möglich gewesen, trotz aller widrigen Umstände. Letztlich haben wir uns selbst ein Bein gestellt und deshalb ist es wieder nur das Allalinhorn geworden.

Vorbereitet waren wir recht gut, mit verschiedenen Akklimatisierungstouren, wie man in vorherigen Berichten nachlesen kann. Ausgeruht waren wir nach ein paar ruhigeren Tagen auch und die Wettervorhersage war zwar zu warm, aber ansonsten gut.
Außerdem profitierten wir von dem Angebot, dass man donnerstags zum Sonnenaufgang auf den Mittelallalin schon ab 4.45 Uhr starten kann. So waren wir um 5.50 Uhr oben startbereit und gingen los. Etwas eigenartig fand ich allerdings, dass außer Nichtbergsteigern, die hier frühstücken wollten und Skikadern kein einziger Bergsteiger zu sehen war. Das gibt einem schon mal nicht das beste Gefühl.
So allein unterwegs beging ich auch den einen Fehler, der uns heute um den höheren Gipfel brachte. Mit 5 vorherigen Allalinbesteigungen und Beobachtungen von Tourengehern auf der "Normalroute" von ein paar Tagen zuvor, war ich mir sicher den Weg zu kennen. Selbstverständlich ging ich auf die Route los, die am oberen Rand der Skipisten einsetzt und erst einmal flach wegquert. Da dort auch eine anständige Spur vorhanden war, stiegen wir so erst flach, dann steiler hinauf, um auf ca. 3670 m auf halben Weg zum Feejoch an einer breiten, extrem langen Spalte zu scheitern. Wir waren einfach nicht bereit, das Risiko dieser nicht mal 1 Meter breiten Schneebrücke einzugehen, die zwar wie ein schmaler Turm da stand, aber auf dem Rückweg zu ganz erheblichen Problemen hätte führen können. Um 7 Uhr hieß es also Kommando zurück und sich trollen.

Als wir uns gerade wieder ausgeseilt hatten, kamen uns die Tourengeher scharenweise entgegen und bogen alle auf eine viel höhere Route ab. Erst jetzt war mir aufgefallen, dass dort noch eine zweite Spur lag, die zwar beängstigend nahe an den Steilhängen der Allalinnordseite vorbeiführte, aber genauso deutlich zu erkennen war, wie die alte Route. Nach kurzem Überlegen entschieden wir uns, dann wenigstens das Allalinhorn zu machen.

Die Route lässt sich wesentlich stressärmer begehen, zumindest bis man das Feejoch erreicht. Man muss nur die Steilheit im Bereich der Nordflanke etwas ausblenden. Um die Spalten macht die Route schön ihre Bögen und wird noch ein Weilchen offen bleiben, so denke ich zumindest.
Am Feejoch sahen wir dann mindestens 13 Tourengeher zum Alphubel abbiegen und kurz kam mir der Gedanke, ob wir es nicht doch probieren sollten. Aber wir blieben vernünftig. Wir hatten nicht umsonst mit dem frühen Start geplant, denn wir wollten nicht am Nachmittag auf diesen weichen Gletschern unterwegs sein. Da wir nur Gelegenheitsgeher sind, brauchen wir hier einen Zeitpuffer, den fittere Kollegen vielleicht nicht benötigen. Später beobachten wir noch Seilschaften am Alphubel um und über 4000 m Höhe nach 14 Uhr. Ob die es zur Längflue noch geschafft haben, bevor die letzte Bahn geht, ist die eine Frage, ob sie es überhaupt geschafft haben, die andere.

Am Feejoch zögerten wir kurz noch einmal, denn jetzt begannen die Probleme des Aufstieges erst. Im Aufschwung zum Gipfel ist der ganze Hang blank. Zwar hat sich durch viele Geher eine Art Spur gebildet, die da hinauf zickzackt, aber es bleibt sehr steiles Gelände, wo ein Fehltritt oder Stolpern zu schrecklichen Unfällen führen kann. Alle laufen hier angeseilt, was Mitreißunfälle vorprogrammiert. Ich denke, das Gelände ist hierfür wahrlich steil genug.
Sobald es etwas flacher wird, kommen noch mal ein paar Meter Firn zum Durchschnaufen, aber auch der Schlusshang zum Gipfel ist zunächst blankes Eis (mit Spalten) und darüber eine fürchterliche Mischung aus losem Geröll und eisigem Untergrund, der zumindest für einige Meter eher in den Bereich T5/T5+ passt, als auf eine gemütliche Gletschertour. Wenn man dann die sehr weiche und rutschige Spur erreicht, die bis zum Gipfelplateau führt, geht es sich mit den Steigeisen wieder besser. Davor muss man auf jeden Schritt aufpassen, vor allem auch dann, wenn so viele Leute gleichzeitig unterwegs sind. Aus eben diesen Gründen stufe ich diese Route im aktuellen Zustand auch nicht mehr mit L ein wie früher, sondern gebe mindestens ein WS.

Zu dieser Schwierigkeit passt für mich auch nicht, dass wir mindestens zwei Männer gesehen haben, die jeweils solo unterwegs waren mit einem Kind am Seil, welches für die Sicherheit der Männer keinen Faktor spielen konnten. Ich finde das unverantwortlich, aber das ist natürlich nur meine Meinung.

Nach einer Pause am Gipfel, die wir natürlich trotz der ganzen Entwicklung genossen haben, stiegen wir mit hoher Konzentration wieder ab. Gerade jetzt kam die Hauptwelle herauf, so dass es jede Menge Begegnungen gab, die wir alle sorgsam abgewartet haben. Es lohnt nicht hier Risiken einzugehen.
Ab dem Feejoch war die Spur dann schon extrem weich, obwohl es noch keine 12 Uhr war und wir waren froh, dass wir hier nur an zwei Stellen über verdächtige Spalten "hüpfen" mussten. Es kamen immer noch Leute herauf. Auch etwas, was ich bei diesen Bedingungen für eher wenig ratsam erachte.

Letztlich kamen wir ohne weitere Probleme runter und auch wenn die letzten Meter zum Trauerspiel geeignet waren (siehe auch meine Bilder / Thema fehlende Firnauflage, Schneematsch, Wasser), freuten wir uns in diesem Hitzesommer wenigstens 2 Viertausender bestiegen zu haben, wenngleich nicht die gewünschten. Vor dem Urlaub sollten es eigentlich Alphubel und Strahlhorn werden, was uns aber verwehrt blieb.

Ich denke auch, dass meine Jahre für solche Gipfel allmählich weniger werden und dass es vielleicht in Zukunft klüger ist, niedrigere Ziele anzusteuern, die dem Klimawandel nicht ganz so stark ausgesetzt sind bzw. wo man die Folgen des Wandels nicht gar so krass zu spüren bekommt. Allein unser Blick vom Mittelallalin auf die Route Stollenloch-Hohlaubgrat hat uns fassungslos gemacht. Es ist keine 10 Jahre her und war gerade mal eine Woche früher im Jahr und wir konnten hier quasi spaltenfrei durchlaufen. Natürlich ist das heuer auch wieder nur eine Momentaufnahme, aber ich habe eine deutliche Ahnung, dass Tourengehen für mich in Zukunft unattraktiver werden wird ...

Den letzten Akt unsere Urlaubs findet ihr hier!

Tourengänger: basodino, tourinette


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

L
3 Sep 22
Allalinhorn 4027m · raphiontherocks
L I
20 Aug 13
Drei Hikr auf'm Allalin · passiun_ch
L
7 Sep 14
Allalin - Hohlaubgrat · lso
T4 ZS- III
WS+ II
24 Jul 13
Allalin über den Hohlaubgrat · Solanum
WS
27 Mär 21
Allalinhorn · ᴅinu

Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

MunggaLoch hat gesagt: Ich hoffe...
Gesendet am 22. Juli 2022 um 07:10
...dass es wenigstens temporär wieder etwas besser wird. Also wieder mehr Schnee im Winter gibt.
Es wäre schön, wenn meine Kinder auch noch auf die hohen Berge könnten, so wie ich vor nicht allzu langer Zeit...
Gruass,
Martin

Ole hat gesagt:
Gesendet am 22. Juli 2022 um 21:15
Es ist echt erschreckend wie die Gletscher dieses Jahr aussehen.
Ich war schon öfters in Saas Fee aber in dem Zustand habe ich den Feegletscher noch nie gesehen.
Euch noch viel Spaß im Urlaub. Ich mag es Tourenberichte von Gebieten zu lesen, wo ich selber schon mal war.


Kommentar hinzufügen»