Boltiger Türme


Publiziert von Bergamotte , 20. November 2021 um 22:13.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:19 November 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1680 m
Abstieg: 1680 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PW bis Taubental
Kartennummer:1226 Boltigen

Auch dieses Jahr werden wir Bergsüchtige vom heimtückischen November-Blues verschont. Tatsächlich will der goldene Herbst kein Ende nehmen, vorausgesetzt man schafft's über die Nebelgrenze. So durfte ich mich auch diesen Freitag einem typischen Nebensaison-Projekt widmen, garniert mit Sonne satt und milden Temperaturen. Die "Boltiger Türme" umfassen in etwa die Gipfel rund um die Alp Nüschlete. Sie lassen sich mit Ausnahme der Chemiflue allesamt im (gehobenen) Alpinwanderstil begehen, manche auf verschiedenen Routen. Vor allem am Chlushorn und der kleinen Chemiflue ist das aufgrund dichtem Bewuchs ein zweifelhaftes Vergnügen. Als umso anregender erweist sich hingegen die anschliessende Überschreitung von Trimlenhorn, Holzernhorn und Mittagflue. 
Zur Vorbereitung verweise ich auf die zahlreichen Berichte von zaza, vor allem *diesen, sowie den *Rundumschlag von lorenzo.


Wie gewohnt (zu) später Start um 10:20 hinten im Taubental, nachdem ich den Ärger des Älplers über meine Parkplatzwahl abgehört hatte. Aber er liess mich schlussendlich gewähren. Bitte nicht nachahmen und stattdessen nach Ramsere (1361m) hochfahren, welches ich auf dem steilen Wanderweg zügig erreiche. Ebenso zügig geht's weiter zur Hütte nördlich des Chienhorns (1665m). Wo sonst man findet man eine öffentliche Alptoilette mit ausreichend Papier, Feuchttüchlein und WC-Buch!? Den Gipfel erreicht man über den bewaldeten Nordkamm, stellenweise Spuren, T5-. Guter Überblick auf die anstehenden Gipfel. Abstieg über die gleiche Route.

Kurz dem Wanderweg folgen bis zum Brunnen, um von dort über eine Spur (Kletterer) östlich die Chemiflue zu passieren bis unter den Sattel. Ich steige hoch in den Sattel zwischen den beiden Chemiflue-Gipfeln, das sind kaum Höhenmeter. Auf der anderen Seite wieder runter, um westlich ans Südende der Kleinen Chemiflue zu queren. Der Abstecher über den verwachsenen Kamm zum Chlushorn (1690m) gestaltet sich streckenweise mühsam, der unattraktivste Gipfel des Tages (T4). Wobei, auf dem Rückweg gelingt mir bereits eine deutlich angenehmere Routenwahl. Auch der Aufstieg über die Südflanke zur "Kleinen Chemiflue" (ohne Kote) ist botanisch geprägt, verlangt aber auch leichte Kletterei (T5+, knapp II). Zurück über die gleiche Route an den Flankenfuss und dieses Mal der Ostseite der Kleinen Chemiflue entlang retour unter den Sattel. Vorsicht, man verliert hier einige Höhenmeter und muss durch bewaldetes Gelände wieder hochsteigen zum Kletterpfad.

Am Trimlenhorn (1982m) entscheide ich mich gegen den Weg des geringsten Widerstands, weil ich nicht zwei Mal die gleiche Route gehen mag. Das heisst konkret: das erstbeste Couloir hoch zum Westgrat, welchen ich unweit des Chemiflue-Nordabbruchs erreiche. Der Grat ist wild und weist anspruchsvolle Kletterstellen (III und mehr) auf, welche südseitig umgangen werden. Wer recht direkt geht (wie ich), erreicht die T6/II, vor allem am Schlussaufschwung. Vom Gipfel ostwärts in die nächste Scharte, wo eine alte Schlinge hängt. Der Abstieg nach Norden durchs steile Couloir Richtung Trimlegable hätte mich gereizt, aber das wäre mehr als unlogisch gewesen. Stattdessen runter nach Süden (Normalroute), mehr oder weniger in der Falllinie (mehrere Varianten). 

Der Gegenanstieg in den Sattel zwischen Trimlen- und Holzerhorn ist schnell geschafft, viele Höhenmeter sind das nicht. Auch am Holzerhorn reizt mich die Überschreitung. Deshalb vom Sattel über einen ausgesetzten Wildwechsel in die Nordflanke queren, um bei passender Gelegenheit die NW-Flanke hochzusteigen; vor Ort recht offensichtlich. Das ist eine T6 wie aus dem Lehrbuch: technisch nicht allzu schwierig, aber ausgesetztes Steilgelände aus Gras und Fels - Finger weg bei Nässe. Den Grat gewinne ich direkt in der unauffälligen Scharte zwischen Vor- und Hauptgipfel. In genussvoller Klettereikraxelei über den Westgrat erreiche ich wenige Minuten später das Holzerhorn (1946m).

Runter geht's über die felsige Südflanke - was für eine wunderbare Führe! Kaum zu glauben, dass eine wanderbare Route (T5) durch diese Wand führt. Wobei, bei der Erstbegehung von oben ist etwas Vorsicht angebracht, denn versteigen möchte man sich nicht. Man halte sich deshalb strikte an die roten Markierungen, wobei die Abstände doch recht sportlich sind. Hat man mehrere Minuten keine Markierung gesehen, sollte man zurücksteigen. Stellenweise helfen auch Wegspuren bei der Orientierung. Wichtig ist insbesondere, das Südcouloir an der richtigen Stelle zu verlassen, nämlich beim zweiten Punkt. Bei einer Begehung von unten ist das alles viel logischer und die Markierungen sind besser sichtbar. 

Nach dem Ausstieg in wenigen Minuten in den Sattel P. 1755 runter und direkt auf die Mittagflue zu. Bei den ersten Felsen hält man links, um dann wieder recht direkt durch verschiedene Rinnen hochzusteigen (T5, Trittspuren). Kleinere Varianten möglich und insgesamt sehr anregend. Zuletzt wieder einfach über eine Wegspur zum höchsten Punkt der Mittagflue (1887m). Der vorgelagerte Aussichtspunkt mit Bank und Kreuz, Endpunkt des Wanderwegs, liegt dann bloss einen Katzensprung entfernt. Im Abstieg über die Normalroute drücke ich auf die Tube und treffe im Nüschlete-Kessel wieder auf die morgendliche Zustiegsroute. Spontan entscheide ich mich auf dem Rückweg für den kurzen Abstecher zur Schafflüe (1422m), ab Ramsere sind das bloss zehn Minuten (pro Weg).


Zeiten (kum)
0:55  Chienhorn
1:40  Chlushorn
2:05  Kleine Chemifliue
3:05  Trimlenhorn
3:40  Holzerhorn
4:10  Mittagflue (Kreuz)
4:40  Schafflüe
5:00  Taubental

Tourengänger: Bergamotte
Communities: T6


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