Mit Glück auf die Östliche Simonyspitze
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Ein Tag mit leichtem Gepäck stand an, doch schwere, regenschwangere Wolken prangten fast von Beginn an am Himmel. Lediglich ganz früh, im ersten Licht des Tages, als ich einen teils hoffnungsvollen, teils skeptischen Blick aus dem Nordfenster des Waschraums der Essener-Rostocker Hütte warf, zeigten sich die vergletschterten Gipfel des Maurerkamms fast unverhüllt und ein dezentes, blasses Himmelsblau war zu erahnen. An diesem Tag wollte ich mich an der Östlichen Simonyspitze, also einer eher leichten Hochtour, versuchen. Ernsthafte Hoffnungen auf Gipfelglück machte ich mir nicht, aber ich wollte es zumindest probieren und Steigeisen und Pickel einmal dort ausprobieren, wo man sie wirklich brauchen kann. Sonst hätte ich sie auch gleich zuhause lassen können.
Also stiefelte ich los talaufwärts, an Maurerbach entlang, und verpasste prompt den Abzweig Richtung Dellacher Keesflecke — und das trotz unzweideutiger, eigentlich unübersehbarer Ausschilderung. Wie sollte es mit der Orientierung in weglosem Gelände klappen, wenn ich schon grellgelbe Wegweiser übersah? In jedem Fall war der Fehler rasch korrigiert und es ging ziemlich steil bergauf und nach und nach weitete sich das Panorama: Im Norden und Westen zeigten sich die Gletscher, zwischen denen der Weg verlaufen würde, im Süden fiel der Blick zurück auf das Maurertal, auf die Essener-Rostocker Hütte und auch die Läsorling-Gruppe. Nach einiger Zeit unkomplizierten Steigens und unproblematischer Orientierung gelangte ich an ein erstes größeres Schneefeld. Ich nahm es zum Anlass, die Steigeisen anzuziehen. Wenig später stolzierte ich tapsig auf dem Schneefeld herum und sank dabei ziemlich stark ein. Aber ganz schlecht ging es nicht. Noch bevor ich mir schlüssig war, ob das Weitergehen im nun weitgehend unmarkierten Gelände und bei immer schlechterer Sicht sinnvoll war, tauchte unterhalb ein Gruppe von vier Wanderern auf. Sie entpuppten sich als eine dreiköpfige Familie aus dem Allgäu und ihren angestammten Bergführer. Es stellte sich heraus, dass sie die Östliche Simonyspitze besteigen wollten. Und auf meine Frage, ob ich sie begleiten dürfe, sagten sie ja (Ich bot auch an mich an den Kosten zu beteiligen, doch sie lehnten ab. Am Ende habe ich eine Kleinigkeit auf der Hütte ausgegeben.). Und so trottete ich hinterher. Michi, der Bergführer ging voran und sorgte für solide Tritte auf den Schneefeldern. Es ließ sich prima steigen. Schwieriger waren die felsigen Passagen. Hier war ich ein paarmal sehr dankbar für eine helfende Hand. Zwischenzeitlich hatte es angefangen zu schneien und die Sicht nahm deutlich ab. Ohne Bergführer wäre es für mich ein ziemliches Himmelfahrtskommando gewesen. Aber so fühlte ich mich sicher, zumal das Gehtempo moderat war. Schließlich marschierten wir — die vier am kurzen Seil, ich hinterdrein -- über das letzte Firnfeld und schließlich über den Grat. Anscheinend ging es rechts steil hinunter und links auch. Aber Genaues ließ sich nicht erkennen. Vielleicht war das auch besser so.
Nach zehnminütiger Gipfelrast stiegen wir wieder ab. An zwei oder drei kliffligeren Passagen konnten wir uns am Seil festhalten, das Michi befestigt hatte. Der Schnee war oftmals weich und tief, so dass man immer wieder wegrutschte. Einmal rutschte ich lange abwärts und bekam so unerwartet die Möglichkeit, das Bremsen mit Eispickel bei gen Himmel gereckten Steigeisen zu üben. Manchmal gelingt der Transfer von der Theorie in die Praxis. Kurz vor der unbeabsichtigten Rutschpartie hatte Michi mir gesagt, ich könne jetzt auch alleine weitergehen. Der Weg sei jetzt nicht mehr zu verfehlen. Ganz so unproblematisch fand ich die Orientierung dann zwar nicht und war auch froh, dass die vier wenig später, als ich nach den mittlerweile komplett zugeschneiten Spuren unseres Aufstiegs suchte, wieder zu mir aufschlossen, aber beängstigend war das Suchen nun auch nicht mehr. Letztlich kam ich wohlbehalten unten an.
Fazit: Glück muss man haben! Dass ich Michi und seinen drei freundlichen und hilfsbereiten Begleitern begegnet bin, war für mich ein großer Glücksfall, der mir dieses großartige Gipfelerlebnis beschert hat. Vielen Dank!

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