Wilder Freiger Überschreitung von Süd nach Nord als Solotour


Publiziert von Simon_B , 26. August 2021 um 18:13.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum:25 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:20 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Buslinie 590 vom Stubaital zum Hauptbahnhof Innsbruck, S3 von Innsbruck zum Brenner, Regionalzug vom Brenner nach Sterzing, Buslinie 312 von Sterzing ins Ridnauntal

Anfahrt:
Eigentlich bietet sich der Wilder Freiger mit der Übernachtung auf dem Becherhaus als Süd-Nord-Hauptkammüberschreitung geradezu an, wäre da nicht das Geraffel mit Ausgangspunkt und Endpunkt. So wird die Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aus dem Stubaital ins Ridnauntal schon ein bedeutender Teil der Unternehmung. Zumal der Aufstieg zum Becherhaus lang ist und man nicht erst am Nachmittag starten sollte. Problem ist, dass es am Brenner nicht zu jeder S3 einen sofortigen Anschluss nach Sterzing gibt. Aktuell sah es idealerweise so aus, dass man 08:49 Uhr von Innsbruck aus startet, 09:28 Uhr am Brenner ist und dann 09:38 Uhr Anschluss nach Sterzing hat, dass man kurz vor 10 erreicht. 10:09 fährt dann ein Bus ins Ridnauntal, welcher dort gegen 10:40 Uhr ankommt. Mögen alle Busse und Züge für diese Unternehmung pünktlich sein - bei mir war es zum Glück so. Zur Sicherheit nahm ich eine S-Bahn früher zum Brenner und habe somit 4 Stunden vom Stubaital aus gebraucht, man schafft es aber auch in drei Stunden zum Ausgangspunkt.

Tag 1:
10:45 Uhr bin ich vom Bergbau-Museums-Parkplatz im Ridnauntal gestartet. Der Aufstieg zum Becherhaus ist zwar lang, aber landschaftlich wirklich sehr abwechslungsreich, super markiert und es gibt auf dem Weg viele Hütten, so dass man bei eventuellen Problemen immer eine Zuflucht hätte. Bis zur Teplitzer Hütte ist alles einfaches Alpin-Wander-Gelände, danach wird etwas anspruchsvoller. Der Weg ist immer noch super markiert, aber es gibt nun einige Drahtseilpassagen und unterhalb des Becher-Gipfels muss ein Gletscherrest gequert werden - allerdings flach und spaltenfrei. Nach dieser kurzen Firnpassage steilt der Weg auf zum Finale des Tag 1. Zahlreiche Drahtseile entschärfen das steile und auch etwas ausgesetzte Gelände - für mich war nach dem langen Aufstieg und einer fehlenden Akklimatisation hier schon ein bisschen die Luft raus, mit leichtem Schwindelgefühl, Kopfschmerzen und sehr müden Beinen war ich wirklich froh über jede Sicherung. Gegen 16:40 Uhr erreichte ich schließlich das eindrucksvoll gelegene Becherhaus. Nach dem Einchecken beim freundlichen Hüttenpersonal genoss ich die Aussicht bei einem großen Radler und einem Apfelstrudel.

Tag 2:
Mit Hilfe einer Ibuprofen hatte ich eine kopfschmerzfreie und sogar von Schlaf durchsetzte Nacht. So startete ich vom Frühstück gestärkt gegen 07:25 Uhr vom Becherhaus in Richtung Wilder Freiger. Da ich alleine unterwegs war und ich die Schwächesymptome vom Vortag noch nicht vergessen hatte, legte ich gleich an der Hütte zur Sicherheit mein Klettersteigset an. Auch der Weiterweg ist super markiert, teilweise versichert und führt praktisch immer direkt auf dem Grat zum gut sichtbaren Signalgipfel. Die versicherten Passagen sind nicht wesentlich schwieriger als der Schlussanstieg zum Becherhaus. Im Mittelteil des Grates gibt es auch mal leichte ungesicherte Blockkraxelei und Gehgelände. Was die Sache etwas unangenehm machte, war ein stürmischer Wind, der mich teilweise richtig aus dem Gleichgewicht brachte. So klinkte ich dann auch an der ein oder anderen Stelle meine Karabiner ins Stahlseil. Gegen 08:15 Uhr erreichte ich den Signalgipfel, welcher bereits eine tolle Aussicht bot. Der Grat zum Hauptgipfel ist dann eigentlich der reinste Genuss, da man eben zum Gipfelaufbau rüber geht und sich nicht wirklich anstrengen muss. Zwei mal wurde der Felsgrat zum Firngrat - mit etwas Vorsicht unproblematisch - und ganz am Ende gibt es nochmal leichte Kletterei die letzten Höhenmeter zum Gipfelkreuz.  Hier genoss ich gegen 08:30 Uhr das umfassende Panorama und freute mich über den erreichten Gipfel.

Nach der Gipfelpause stieg ich zurück und folgte dem gut markierten Abstiegsweg zur Nürnberger Hütte. Erst am alten Zollhaus vorbei, dann über Schutt erreichte ich nun eine kurze steilere Firnpassage. Da es guten Trittfirn gab und ein Ausrutschen nur etwa 50 Meter weiter im Geröll geendet hätte, verzichtete ich auf das Anlegen von Steigeisen und stieg vorsichtig mit Hilfe der Stöcke ab. Nach dieser Passage hat man die Wahl, noch ein wenig weiter auf dem hier scheinbar harmlosen Gletscher abzusteigen, oder links daneben direkt auf dem Grat weiter zu gehen. Ich entschied mich für den Grat. Hier gibt es nochmal einige Drahtseilsicherungen, ansonsten führt der Weg nun eine Weile direkt auf dem Grat bergab - nochmal eine sehr schöne Abstiegspassage. Das gut sichtbare Gamsspitzl wird rechts im Geröll und über ein Firnfeld umgangen. Die Nürnberger Hütte wird nach unzähligen Kehren durch Geröll, dann unter Felswänden entlang und schließlich über rund geschliffene Felsen erreicht. Ich war gegen kurz nach 11 Uhr an der Hütte und stärkte mich mit einem sehr leckeren Gulasch und Limonade. Gegen 12:00 Uhr stieg ich nun weiter ab, erst wieder in vielen Serpentinen zur Bsuchalm, schließlich aber über sehr angenehmen Schotterweg zur Bushaltestelle im Stubaital. Hier kam ich 13:40 an und kurze Zeit später fuhr mich der Bus nun wieder zu meiner Ferienwohnung.

Fazit:
Wenn man drei Stunden Bus und Bahn in Kauf nimmt, kann man mit dieser Tour eine tolle solo-taugliche Alpen- Hauptkammüberschreitung machen, welcher es an nichts fehlt. Da ist zu allererst das Becherhaus, was ja schon auf einem hohen (Vor) Gipfel thront. Allein dort ein Radler auf der Terasse zu trinken, ist schon ein einmaliges Erlebnis. Der Aufstieg dorthin ist lang, aber landschaftlich wirklich sehr schön und dann, wenn die meisten schon konditionell fertig sind auch nochmal recht würzig. Am zweiten Tag steht dann ein wirklich großer Gipfel auf dem Programm, welcher über schöne Gratkraxelei erreicht wird. Der Abstieg ist technisch vielleicht etwas einfacher als der Aufstieg, aber aufgrund  steilerer kurzer Firnpassagen und einigen weiteren versichterten Stellen am schönen Grat auch nicht gleich langweilig. Als Solotour ist diese Überschreitung deshalb geeignet, weil es keine gefährlichen Gletscherpassagen gibt. Die Klettersteigpassagen würde ich im Bereich A-B ansiedeln, aber gerade weil ich alleine unterwegs war und oben auch nicht mehr konditionell frisch, habe ich mein KS-Set dann auch manchmal genutzt. Auch die vielen Hütten am Weg machen die Sache sicherer für Alleingänger.


Tourengänger: Simon_B


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