Jungfraujoch und Mönchsjochhütte


Publiziert von rhenus , 13. Juni 2021 um 22:55.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:11 Juni 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 2:00
Aufstieg: 200 m
Abstieg: 200 m

Da die Asiaten seit der Coronapandemie bei den Jungfraubahnen vollständig ausbleiben, kann man derzeit über verschiedene Angebote ohne internationale Touristenschwärme recht günstig aufs Jungfraujoch fahren. (Wir nutzten eine Aktion von Interdiscount für Fr. 59.- mit Halbtax-Abo für die Jungfraubahnen ab Grindelwald und/oder Lauterbrunnen.) Eigentlich plante ich mit Urs in Kombination mit einer Skitour in der historischen Berglihütte zu übernachten. Da die Billete demnächst verfallen und infolge Erkrankung von Urs machte ich den Ausflug mit meinem langjährigen Bern-Glarner Freund Stonebear, mit dem ich sonst meist auf dem Wasser unterwegs bin. Während man auf langen Bergtouren oft nicht wirklich die Musse hat, die Gebirgslandschaft in aller Ruhe einwirken zu lassen, genossen wir letzten Freitag zusammen einen wunderbaren Tag im einzigartigen Jungfraugebiet. 

Da wir einen maximal möglichen, sechsstündigen Aufenthalt auf dem Jungfraujoch planten, nahm ich am Freitag in der Früh noch ziemlich verschlafen in Sargans den Zug. In Bern stieg Stonebear zu. Für die Hinfahrt wählten wir die Route von "Grindelwald Terminal" mit der neuen, komfortablen Gondelbahn zur Station Eigergletscher ("Eigerexpress", Inbetriebnahme im Dez. 2020). Auf der Fahrt mit der in Grindelwald nicht unumstrittenen Bahn ("Wäscheleine") geniesst man tatsächlich einen grandiosen Einblick auf die Eigennordwand. Der Bau der sog. V-Bahn, die Erstellung eines 1000-plätzigen Parkhauses mit dem neuen "Grindelwald Terminal" und der Neubau der Station Eigergletscher kostete den Pappenstiel von 470 Mio Fr! Mit der leistungsfähigeren Bahn sollen noch mehr Menschenmassen aufs Joch gepumpt werden, in der Nach-Corona-Zeit insbesondere wieder mehr Asiaten. Die Jungfrau-Region soll damit zur "Premium-Destination" entwickelt werden, wie es im Touristikslang so schön heisst....

Im kurzen Halt in der Station Eismeer mit der 1912 in Betrieb genommenen, spektakulären Jungfraubahn hat man einen herrlichen Blick übers "Ischmeer" zu Schreckhorn und Lauteraarhorn. Am Jungfraujoch angekommen steuerten wir zuerst zum "Plateau" hinauf mit grossartiger Sicht auf Jungfrau, Mönch und Aletschhorn, über den Jungfraufirn zum Aletschgletscher und über den Guggigletscher hinab zur Kleinen Scheidegg.

Aufgrund der globalen Erderwärmung schmilzt auch der Grosse Aletschgletscher in rasantem Tempo. Seit dem Jahr 2000 hat sich dessen Gletscherzunge im Wallis um ca. 1 km zurückgezogen. Bei einer globalen Erwärmung um 2° C  dürfte sich der Gletscher im Jahre 2100 fast bis zum Konkordiaplatz zuzrückziehen, auf dem sich das Eis heute noch um ca. 800m hoch türmt. Und kaum zu glauben ist: Geht man von einem ungünstigen, aber durchaus realistischen Szenario aus, bei dem sich das Klima in der Schweiz bis Ende des 21. JH um 4 bis 8° C im Vergleich zur Referenzperiode 1960 - 1990 erwärmt, werden gemäss Simulationen der VAW/ETH vom ehemals grössten Alpengletscher zuoberst nur noch ein paar mickrige Eisfelder übrig bleiben und das Landschaftsbild sich stark verändern (ETH-News, 12.9.2019). Das Jungfraujoch wäre wohl ein sehr geeigneter Ort, das rasche Abschmelzen der Eisströme - das landschaftliche Kapital der Jungfrauregion - in geeigneter Form zu thematisieren.

Zurück zu unserem Ausflug: Neben einigen Sportflugzeugen überquerte auch ein Schmetterling auf seinem absolut nachhaltigen Alpenflug das Jungfraujoch! Nach dem sehenswerten und glitschigen Eispalast gings mit dem Lift zur ca. 120m höheren, ebenfalls grandiosen Aussichtsplattform der Sphinx. Im Sphinxfelsen befindet sich seit 1937 ein nicht öffentlich zugängliches Observatorium mit Schwergewicht auf Astronomie, Astrophysik und kosmischer Strahlung. In der wenig belegten Cafeteria nahmen wir einen Lunch und gelangten über den Sphinxstollen wieder hinaus an die frische Luft. Auf dem präparierten Gletscher-Wanderweg wanderten wir bei angenehmen Temperaturen über den oberen Jungfraufirn gemächlich hinauf zum Oberen Mönchsjoch. Einige Alpinisten waren soeben daran, auf der Normalroute vom Mönch herabzusteigen. In der Mönchsjochhütte, die ich von einer früheren Tour mit Urs zum Grossen Fiescherhorn bereits kannte, waren etliche Skispuren übers Ewigschneefeld auszumachen.

Von zwei Alpinisten, die von ihrer Skitour aufs Walcherhorn von perfektem Sulzschnee schwärmten, erfuhren wir, dass sowohl die grosse Mönchsjochhütte (120 Schlafplätze) als auch die kleine Berglihütte (30 Schlafplätze) derzeit vollständig belegt seien (coronabedingt maximal 50-prozentige Auslastung zulässig). Nach kurzer Rast an der Take-Away-Schneebar wanderten wir mit den letzten verbliebenen Touristen zum Jungfraujoch zurück. Von Norden her türmten sich nun Wolken auf und zeigten uns wieder mal, wie rasch das Wetter in den Bergen wechseln kann. Über den Sphinxstollen erreichten wir die Station der Jochbahn. Mit dem voll gestopften letzten Züglein ratterten wir über die Kleine Scheidegg hinunter ins stark bedeckte Lauterbrunnental und mit der SBB wieder zurück nach Hause.

Apropos Jungfrau: Der Grindelwaldner Bergführer und Skirennfahrer Fritz Steuri sen. (1879 - 1950) bestieg als sog. Jochführer die Jungfrau 1139 Mal, teilweise 2 Mal am selben Tag! Ein bis heute unerreichter Rekord.  Von 1924 bis zum Brand von 1972 konnte man auf dem Jungfraujoch noch übernachten, was heute nicht mehr möglich ist (siehe die schöne Bergmonografie von Daniel Anker: Jungfrau -Zauberberg der Männer, AS-Verlag, 1996).


Tourengänger: rhenus


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