Ein Sonnenfenster am Weg nach Alpgues


Publiziert von Grimbart , 1. Dezember 2020 um 22:36.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Verwallgruppe
Tour Datum:31 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 710 m
Abstieg: 710 m
Strecke:ca. 9,10 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit den ÖBB nach Bludenz, Bahnhof. Weiter mit der MBS nach Schruns, Bahnhof. Dort umsteigen auf die Buslinie 85 nach St. Gallenkirch, Valiserabahn.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.
Unterkunftmöglichkeiten:Wormser Hütte (DAV); Hotels & Gasthöfe in St. Gallenkirch
Kartennummer:Kompass WK 032 (Montafon); ÖK25V Nr. 2225-West (Klösterle a. Arlberg)

So unberührt Alpgues heute auch erscheinen mag, ist es ein Ort mit Vergangenheit, ein Ort der Ausbeutung. Im Spätmittelalter, vor gut 500 Jahren, wurde hier oben, in diesem entlegenen Winkel Bergbau betrieben. Eine Woche lang, bei zehn Stunden-Schichten, mussten die Knappen auf Alpgues ausharren, ehe sie wieder zurück ins Tal konnten. Wie einer Bergchronik zu entnehmen ist, war es „aus Mangels des Lust“ um die Arbeitsmoral in den Bergwerken des hinteren Silbertals nicht sonderlich gut bestellt. Manch Knappe soll seinen hart erarbeiteten Lohn lieber in den Tavernen verzecht haben, als seine Schicht anzutreten. Im Jahr 1760 wurde der Bergbau schließlich eingestellt und die Natur holte sich wieder zurück, was man ihr abgerungen hatte.

2011 taten sich dann mit dem Bau der Grasjochbahn wieder neue Perspektiven für das fast vergessene Alpgebiet von Alpgues auf. Die Knappen die im Spätmittelalter ihren Dienst in den Zechen verrichteten, wären gewiss erfreut darüber gewesen. Auch wenn es nun keiner langwierigen Zustiege mehr aus dem Hinteren Silbertal oder den kräftezehrenden Steilaufstiegen aus dem Montafon bedarf, so bleibt nicht nur ein lachendes, sondern auch ein weinendes Auge zurück. Denn mit der Erschließung des östlich angrenzenden Europaschutzgebiets Verwall durch die Grasjochbahn rückte auch das Naturjuwel von Alpgues in die Griffweite von „Tagesgästen“. In einer gemütlichen Halbtagestour lässt sich nun das naturbelassene Idyll von Alpgues mit seinen zwei Bergseen und den Lärchenwäldern erkunden.

 

Von „Tagesgästen“ lasse ich mich in meinen Plänen aber in den seltensten Fällen abhalten. Da stehen die Chancen für Petrus in Gestalt einer hartnäckigen Gewitterzelle schon weitaus besser um mich auf dem falschen Fuß zu erwischen. Eine solche zog nämlich an diesem Tag frühmorgens vom Brandnertal ins Montafon, und wollte sich auch gegen 9 Uhr noch nicht so recht verziehen. Meine ursprüngliche Agenda mit Scheimersch und Roßberg, fiel sprichwörtlich schon früh ins Wasser. Da nützte es auch nichts, dass ich am Grasjoch eine gute Stunde der Dinge harrte, die der Tag da noch bringen mochte. Dem regen Treiben über dem Montafon zuschauend, tat sich dann endlich ein Zeitfenster auf, um mit der Sonne im Rücken in die kleine Welt von Alpgues einzutauchen. Meine „Gipfelpläne“ hatte ich zu diesem Zeitpunkt aber schon längst verworfen.

Vom Grasjoch bis zum Roßbergjoch bewegt man sich auf dem bei Weitwanderern recht beliebten Wormser Höhenweg. Der Einstieg zu diesem findet sich gleich bei der Grasjochhütte. Dem Wegweiser folgend, steigt man zu Beginn recht direkt über einen Wiesenhang hoch zu einer Wegverzweigung. Hier kann man sich nun entscheiden in welche Richtung man den Rundweg über Alpgues begehen möchte. Um den langen Steilaufstieg von der Alpgues-Alpe hinauf zu den Alpguesseen zu vermeiden, empfiehlt es sich jedoch, die Runde gegen den Uhrzeigersinn anzugehen. Also hält man sich rechts und wandert zunächst über schöne Bergweiden auf den Scheimersch zu. Zwischen Lawinenverbauungen hindurch, gelangt man anschließend in abschüssiges Terrain. Der Höhenweg zieht nun durch die steile Westflanke des Scheimersch bis unter das Wormser Törl, welches man schließlich in wenigen Kehren gewinnt.

Am Wormser Törl betritt man nun das Natura-2000-Gebiet Verwall. Mit seinen gut 120 km² ist es das größte Naturschutzgebiet Vorarlbergs. Das „Törl“ ist aber nichts weiter als ein markanter Geländesporn, denn auch nach passieren des Törl's schlängelt sich der Höhenweg noch weiterhin durch die Westflanke des Scheimersch. In leichtem Auf und Ab erreicht man schließlich den Südrücken mit dem Abzweig des Gipfelsteigs. An weiteren Lawinenschutz-Galerien vorbei, leitet der Steig hernach in das unwirtliche Blockkar der Pizaguderganda hinunter. Ob der zahlreichen Markierungen kann man sich bei der nachfolgenden Wegfindung immerhin auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich die eigene Trittsicherheit. Nach Querung des Block-Wirr-Warrs findet man wieder einen deutlich besseren Pfad vor und folgt diesem hinüber zur Roßbergganda. Dort steigt man dann über einen Moränenrücken dem Roßbergjoch entgegen, welches man schließlich über sechs Kehren gewinnt.

Am Roßbergjoch wird der Wormser Höhenweg sodann verlassen. Auf schwachen Pfad- und Wiesenspuren und nur spärlich markiert steigt man über die sanften Bergweiden des Alpgueser Seetälis zum bereits von weitem sichtbaren Oberen Alpguessee ab. An dessen nördlichem Ufer entlang und über seinen Abfluss hinweg, dreht man in der Folge nach Norden ab und steigt – eine Steilstufe geschickt umgehend – am Rande einer Geröllhalde in das Kar des Unteren Alpguessees ab. Am Fuße der Geisterspitze wunderbar in die Landschaft eingebettet, erreicht man dieses malerische Kleinod schließlich über schöne, von ein paar Steinen durchsetzte, Bergmatten.

Der nun folgende finale Abstieg nach Alpgues präsentiert sich zu Beginn noch von seiner ruppigen Sorte. In nordöstlicher Richtung über eine Kuppe hinweg, geht`s nämlich zunächst auf steinigem Pfad hinunter zu einer Geländerippe. Auf dieser – sich stets links von einem Bachgraben haltend – recht direkt hinab zu einem kleinen Boden, peilt man dort dann – zwischen Heidelbeeren und Findlingen hindurch – die wettergebräunten Hütten von Alpgues an. Umgeben von einem – im Herbst geradezu märchenhaften – Lärchenwald eines von vielen Naturjuwelen im Hinteren Silbertal.

Von Alpgues, dem tiefsten Punkt der Rundwanderung, führt der Rückweg ins Grasjoch über schöne und aussichtsreiche Bergmatten. Für kurzweil ist also gesorgt und der alte Saumweg etwas abseits des urigen Hüttensembles schnell erspäht. Zu Beginn noch von ein paar einzelnen Lärchen gesäumt, herrschen im Anstieg zu den Seeliböda Heidelbeer- und Alpenrosenhänge vor. Nach einer Doppelkehre verjüngt sich der Saumweg schließlich zu einem Pfad. Auf diesem weiterhin schräg durch die Hänge aufsteigend, erreicht man recht bald das kupierte Plateau der Seeliböda.

Dort an einzelnen Tümpeln vorbei, weichen die bodennahen Strauchgewächse zusehends den sanften Matten des Augstenbergs. Über diese gemütlich dem Kulminationspunkt an der Nordschulter des Fredakopfs entgegen strebend, erblickt man wenig später auch schon die ersten „eisernen“ Zeugen des Skigebiets. Nur eine unscheinbare Statistenrolle innehabend, vermögen diese der Rundtour aber nicht mehr ihren Stempel aufzudrücken. Es sind die blühenden Bergwiesen des Augstenbergs, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Über diese bergab wandernd schließt sich letztlich die Runde wieder mit dem Wormser Höhenweg. Das Grasjoch ist nun nicht mehr weit.

 

Gehzeiten:

Grasjoch, Bergstation – Wormser Törl (ca. 40'') – Roßbergjoch (ca. 55'') – Oberer Alpguessee (ca. 15'') – Unterer Alpguessee (ca. 20'') – Alpguesalpe (ca. 25'') – Grasjoch, Bergstation (ca. 1' 00'')


Tourengänger: Grimbart


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