Pizzo di Claro 2727m ("Das Tessiner Matterhorn")


Publiziert von Badus , 17. Oktober 2020 um 18:24.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum: 4 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Pizzo di Claro   CH-TI   CH-GR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 2400 m
Strecke:1. Tag: Lumino - Monti Savoru (Gondelbahn-) - Alp di Pissadello - Capanna Brogoldone - Passo di Mem - Pian del Baitel (Biwak) --- 2. Tag: Pian del Baitel - Val Granda - Pizzo di Claro - Alp de Mem - Mazzucan - Fontana Molina d`Foro (Buseno)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bellinzona (SBB) - Lumino-Paese (Bus)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bus Buseno-Paese - Grono - Bellinzona
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Brogoldone 1906m

Der Visagno, wie ihn die Einheimischen nennen, liegt auf der östlichen Seite der Leventina, exakt 2553 Höhenmeter oberhalb des Dorfes Claro. Von daher kommt auch der offizielle Name des Gipfels, Pizzo di Claro. Imposant ragt der genau auf der Kantonsgrenze stehende Gipfel in den Tessiner Himmel.

1. Tag 
Wir starten die Tour an einem wolkenlosen Tag in Lumino im Val Mesocco, eine Viertelstunde Busfahrt von Bellinzona entfernt. Die erste Herausforderung besteht darin, die Gondelbahn zu suchen, die uns über 1000 Meter in die Höhe tragen soll. Nach einigem Suchen ist es dann geschafft, die an dem Dorfbach liegende Talstation wäre gefunden. Doch es geht noch nicht gleich los, da wegen der Schutzvorkehrungen der Corona-Pandemie maximal 4 Personen (mit Maske) hineindürfen. Das bedeutet zunächst also warten. Doch uns ist es nicht etwa langweilig, nein, wir bekommen vielmehr die Gelegenheit die wunderbaren Kastanienwälder an den steilen Berghängen zu bestaunen. Nach ca. einer halben Stunde Wartezeit geht es los, hinauf in die Höhe. Oder wie wir Berner sagen würden: "Rauf aus der Stadt!" Auf dem Monti Savorù (1308m) angekommen, startet unsere eigentliche Wanderung. Durch schöne Buchen und Kastanienwälder steigen wir rasch über den Grat zur Capanna Brogoldone auf. Obwohl wir fast immer im Schatten wandern, gibt uns die Sonne ihre Anwesenheit deutlich zu spüren, bei der Capanna Brogoldone kommen wir völlig durchgeschwitzt an. Dabei muss noch erwähnt werden, dass unsere Ausrüstung nicht die leichteste ist. Wir planen nämlich auf ca. 2200 Meter mit Zelt zu übernachten und die dazugehörige Ausrüstung (Kocher, Schlafsack, Mätteli) ist, wie schon gesagt, nicht gerade leicht. Also, zuerst aber sind wir bei der Capanna Brogoldone, wo uns sehr freundliche Älpler bewirten, sogar etwas Käse wird uns spendiert. Anschliessend geht es weiter und weiter den Berg hinauf, bei dem mittlerweile aufziehenden Nebel bleibt es angenehm kühl. Oben erreichen wir den lang ersehnten Passo di Mem, von wo es nur noch ein Katzensprung bis zu unserem Übernachtungsplatz ist. Nachdem wir einen passenden Zeltplatz gefunden und das Zelt eingerichtet haben, entscheiden wir, den Gipfel erst morgen zu machen da er beim heutigem Nebel nicht seinem Ruf als "Aussichtsberg" entsprechen würde. Nach einer gemütlichen Abendstimmung und einem Pfännchen voll leckeren Tortellini geht es ab in den Schlafsack und ins Reich der Träume... 

2. Tag 
Am nächsten Morgen lassen wir unser schweres Gepäck zurück und wagen den "Gipfelsturm." Nach etwa einer halben Stunde erreichen wir die Abzweigung, bei welcher der Weg geradeaus über die Alp di Stabveder direkt ins Calancatal führen würde. Wir aber nehmen den Weg links ins Val Granda Richtung Gipfel, welcher ab hier weiss-blau-weiss markiert ist. Jetzt geht es steil bergan und wir sind froh über unser leichtes Gepäck. Weit oben in den Felsen und auf den Gräten sieht man Ziegen herumklettern, uns wird schon schwindlig beim Zuschauen. Nachdem wir ein Blockfeld gequert haben und danach noch etwas aufgestiegen sind, machen wir 200 Höhenmeter unterhalb des Gipfels eine letzte Pause. Und da sehen wir plötzlich - ein Yeti? einen Schamanen? nein, nach längerem Hinsehen erkennen wir das unbekannte Wesen als - Alpaka. Unsere Verwunderung ist gross, hier im abschüssigen Gelände auf 2500 Metern ein einzelnes Alpaka zu treffen. Es ist wohl genau so verwundert wie wir, jedenfalls starrt es auch eine längere Zeit zu uns runter. Doch mit der Zeit verliert es das Interesse und quert ein Blockfeld über uns, wohl auf dem Weg zu seinen Ziegenfreunden. Nachdem wir uns ein letztes Mal vor dem Gipfel gestärkt haben nehmen wir die Querung und den letzten Steilanstieg in Angriff und stehen  um 11 Uhr auf dem Gipfel des Visagno. Und der Gipfel erhält diesen Namen von den Einheimischen nicht umsonst. Vom Adula (Rheinwaldhorn) über den Pizzo Campo Tencia bis zum Monte Bar (siehe früherer Bericht), alles ist traumhaft sichtbar, ein wahres Paradies! Nicht auszudenken, wenn wir gestern bei gerade mal 5 Metern Sicht auf den Pizzo gestiegen wären. Nicht einmal den juwelenartigen, 500 Meter tiefer liegende Lago di Canèe hätten wir gesehen. 
Nach einer ausgiebigen Pause auf dem Gipfel steigen wir in zwei Stunden zurück zu unserem Zelt. Nun ist es getrocknet und wir packen alles zusammen und beobachten mit wehmütigen Blicken, wie das Gewicht in unseren Rucksäcken wieder drastisch zunimmt. Nach flottem Abstieg zur Alp de Mem kommen wir auf einen wunderschönen Wanderweg im Wald, welcher uns bis hinunter nach Roveredo führen sollte... 
Nun beginnt der richtige Abstieg, 1600 Höhenmeter haben wir noch vor uns. Doch der Abstieg im Wald ist sanft und geht nicht allzu stark in die Knie.
Aber dann kommt das Plakat, welches alle unsere Pläne verändert. "Weg gesperrt, wegen Holzschlag." Da ist nichts zu machen. Da unser Weg nach Roveredo gesperrt ist entscheiden wir, nach Buseno im Calancatal abzusteigen und dort das Postauto zu nehmen. Das sind immerhin 500 Höhenmeter weniger als nach Roveredo. Auf der Alp Mazzucan beginnt unser "Abenteuer des Sommers." Wir sehen auf der Karte einen steilen Weg hinunter nach Fontana. Da dies der direkteste Weg ist (für uns aber ein sehr indirekter wurde) entscheiden wir uns für diese Variante. Bis zum Waldbeginn geht alles gut. Am Waldeingang sind wir nicht so sehr überzeugt von diesem Weg, es könnte auch ein Tierpfad sein. Wir entscheiden uns trotzdem, es zu versuchen. Zuerst geht alles ganz ordentlich, wir wandern auf einem einfachen Bergpfad stetig bergab. Doch später verliert sich der Pfad und wir folgen nur noch einem immer wieder unterbrochenen kaum noch sichtbaren Trasse. Circa eine halbe Stunde irren wir also an einem Calancatal Hang umher und können weder Weg noch Pfad noch Linie identifizieren. Dabei darf man nicht vergessen dass das Gelände zwar bewaldet, aber relativ steil und felsdurchsetzt ist (auf der Karte nicht ersichtlich), was die Sache auch nicht gerade leichter macht. Auf dem GPS entdecken wir schlussendlich eine Alp (Stabiüch), auf welcher ein anderer Weg durchführen sollte, der uns sicher nach Fontana bringen würde. Nach einer guten Stunde Durchwühlen durch Dornen, Büsche und Farnkrautfelder, landen wir tatsächlich auf dem gesuchten, gut unterhaltenen Weg, nach Fontana. Von dort ist es dann noch ein Katzensprung zur Teerstrasse nach Brusio, wo wir auf das lang ersehnte Postauto warten, welches uns über Grano und Roveredo zurück nach Bellinzona bringt. 

Also als Fazit kann man sagen: 
Diese Wanderung hatte alles dabei, von Gipfelaussicht bis zu Kartenlesen in der Wildnis. Wir empfehlen diese Wanderung sehr, da sie ein richtiger Geheimtipp ist und man so ganz im Einklang mit der Natur die Tessiner & Bündner Bergwelt geniessen kann. 

Tourengänger: Badus


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