Rif. Igloo des Pantalonts Blancs von Bonatchiesse


Publiziert von Becks , 24. August 2020 um 11:07.

Region: Welt » Terra Incognita
Tour Datum:21 August 2020
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Martiny - Le Châble - Bonatchiesse
Unterkunftmöglichkeiten:Campingplatz Forêt des Mélèzes

Vorwort
Die Tatsache, dass lediglich im Bericht von Dominik hier: https://www.hikr.org/tour/post136827.html die Zustiegsroute zum Igloo von der Westseite beschrieben wird, zeigt schon, wie wenig diese Route begangen wird. Daher ein paar Infos von meiner Seite.


21.8.2020
Start am um 10 Uhr am öffentlichen Parkplatz in Bonatchiesse (nach einer ruhigen Nacht auf dem sehr empfehlenswerten Campingplatz gleich daneben). Zunächst den sehr gut markierten und oft genutzten Pfad zum Ecurie du Crêt hinauf, und beim dortigen Wegweiser den quasi unkenntlich zugewachsenen Pfad in Richtung Igloo weiter zu Les Golassons (2466m), welches einen wunderschönen Biwakplatz abgeben würde, läge es nicht in einem Jagdbanngebiet. Weiter entlang des hier meist deutlich erkennbaren Pfad zur Plan des Lires und den hier gelegenen Mauerresten des alten Cabane Marcel Brunet.
Ab hier steilt der Weg auf, sofern man noch von einem Weg reden kann. Die Schafherden haben eigene Trassen gebaut, die sporadischen Wegmarkierungen liegen oft auf flachen Felsen und sind stark verwittert, und von einer durchgehenden Spur kann nicht die Rede sein. Glücklicherweise hat es dann hier und da Steinmännchen, und auf Openstreetmap ist der Routenverlauf eingezeichnet und kann z.B. mit OSMAnd am Handy eingesehen werden. Auf  etwa 2800m flacht der Weg ab, es geht durch eine Senke hindurch (grosser Steinmann) und danach ähnlich spurlos und steil weiter bis zum Sattel P3147.


Ab hier beginnt der eigentliche Spass. Sporadisch, gerne abseits dessen, wo man gerade selber steht, aber immer verwirrend, findet man Wegzeichen, die von weiss-rot-weiss über blau-rot nach gelb oder roten Streifen sowie roten Punkten wechseln. Die offizielle Linie geht dabei laut Landkarte immer am Grat entlang. Dieser Anleitung folgend gehe ich zunächst einer Einschneidung entlang in Richtung SO und lande nach einem Aufstieg auf einen Grat über ein nur mit mässig guten Tritten und Griffen versehenem kompakten Wändchen sowie einer schmalen Rampe in kompaktem Fels an einer Kanzel, mit Frischluft in alle Richtungen, ausser wo ich her kam. Die Rampe wieder runter (T6 im Abstieg, luftig), auf der SW-Seite des Grats kurz steil einige Meter hinunter (T5) und dann unterhalb der Gratschneide weiter, bis die Wegspuren aufhören. Wieder hoch zum Grat und diesem entlang. Irgendwann komme ich nach einem Aufschwung an einem Bohrhaken vorbei und kurz bevor der Weg von SO in Richtung O abschwenkt grinst mich von einem Felsen unten am Gletscher eine weiss-rot-weisse Markierung an. An einer querstehenden, senkrechten und etwa 2m hohem kompakten Wändchen (hier netterweise rot-blau direkt in der Wand markiert), für mich schon im Aufstieg nicht machbar, geschweige denn im Abstieg, weiche ich nach rechts in die Flanke aus, erreiche nach einem kurzen Klimmzug in einer erdigen Rinne einen kleinen Balkon, dem ich etwa 20m die Flanke entlang folge, um danach wieder zum Grat zurück zu kehren (hier war garantiert keiner vor mir unterwegs, weder Fels noch Boden haben irgendwelche Begehungsspuren) und von dort letztendlich dann denn Point du Crêt, einer eher unscheinbaren Erhebung im Gratverlauf. Ab  hier dann die wenigen Meter zum heutigen Ziel, das Igloo der weissen Hosen, welches ich kurz nach 15 Uhr erreiche . Eine Familie ist bereits hier, am Ende sind wir zu viert in der unbewarteten Hütte, die 15 Plätze hat.

Den restlichen Tag verbringe ich faul in der Sonne bei der Hütte, unterbrochen nur von der Planung des Rückwegs am Folgetag. Laut Wetterbericht kommt bereits früh morgens eine Kaltfront herein, die den Südwesten des Wallis nur streifen soll. Trotzdem möchte ich ungern mitten im Grat von Regen oder eventuell sogar Schnee erwischt werden, und die bei einer Rundtour um die Hütte herum gefundene Variante über den Gletscherrest sieht sogar nach Betrachtung einiger geschossener Fotos mit Maximalzoom harmlos aus.



22.8.2020
Mein Wecker geht um 6 Uhr, ein Blick raus zeigt bereits dichte Wolken. Der Wetterbericht hat sich verschlechtert und verspricht nun um kurz nach 7 Uhr bereits leichten Regen (am Vortag war dieser noch gegen 9 Uhr angekündigt), und während meine Mitbewohner noch sich in den Betten räkeln und erst langsam in Gang kommen, breche ich bei Tagesanbruch um 6:30 Uhr auf. Zunächst einige Meter in Richtung Rochers du Bouc, dann etwa 10 Hm unter der Hütte in einem Bogen zunächst nach Nord, dann nach West über Fels hinunter zu einem Felssporn auf etwa 3200m.
Der Weg hinüber zur Scharte sieht von hier tatsächlich harmlos und besser als der Grat aus, wäre da nicht die nette Blankeisplatte, welche mich davon trennen würde, und die ich gestern übersehen/ignoriert habe.
Da ich aber schon einmal da bin und keine Lust auf den Grat im Regen habe, arbeite ich mich die 35-40° steile und etwa 15m breite Eisplatte auf den Frontzacken der Eisen stehend hinüber. Danach sind die Handschuhe vom Schmelzwasser klatschnass und den Kaffe zum Aufwecken hätte ich mir auch sparen können (ein Eispickel wäre doch fein gewesen). Nach kurzem Gewatschel über den aufgeweichten Schnee, wobei ich unten am Kesselboden an einem Felsblock eine weitere weiss-rot-weisse Farbmarkierung entdecke, ein paar Meter in loserem Gestein eine Rinne hoch, und ich bin bei P3147. Während leichter Regen einsetzt, werfe ich die Eisen in den Rucksack  und begebe mich in Richtung Tal, wo ich um 10 Uhr beim Auto eintreffe.


Routenanmerkungen:
Wie bereits erwähnt, wird dieser Aufstieg recht selten begangen. Die überwiegende Mehrheit der wenigen Besucher kommt von La Barme über die Bouc herauf, und dieser Weg bietet dank eingerichteter Sicherungen und Gletschervermeidung die wenigsten Überraschungen.

Von Westen bietet sich die Route über P3147 an. Auf die Wegmarkierungen am Grat kann man eigentlich auch verzichten, denn diese folgen meiner Meinung nach alten Varianten, die mit dem aktuellen verlauf nur teilweise in Deckung zu bringen ist. Bei geringer Ausaperung dürfte die direkte Querung ab Scharte zur Hütte die schnellste und sicherste Route sein (Spalten hat der obere Gletscherrest eher weniger). Bei Vereisung sind Eisen notwendig, Eispickel hilfreich, und eventuell für denen einen oder anderen auch Seil und Schrauben.

Eine Alternative dazu könnte ein Abstieg auf den Gletscher bei P3147m mit Einstieg in den Grat bzw. in die Flanke in dem Bereich, in dem die Richtung von SO auf O erfolgt (in der Kartenabbildung mit rotem Kreis markiert). Zumindest findet sich hier am Übergang eine Farbmarkierung.

Der Übergang ab P3147m über den Gletscher zum Einschnitt zwischen Hütte und Rochers de Bouc könnte ebenfalls möglich sein, wobei mir nicht bekannt ist, inwiefern der Aufstieg dort nach Gletscherrückgang noch möglich ist, oder ob man hier schlecht überwindbare Absätze im Fels oder abgeschliffene Felsplatten vorfindet.

Bleibt noch die letzte, von Dominik genutzte Route: zum Col du Vasevay und ab hier über Pointe du Vasevay und Point des Chamois zur Hütte.


Hüttenausstattung:
Holzofen sowie Gaskocher, mehrere Töpfe, Pfannen, ein Käsefondueset (Rechaud und Caquelon), Besteck. 15 Betten, im kreis um den zentralen Ofen angeordnet mit Decken und Kissen; mehrere Hüttenschuhe. Nebengebäude 1 beinhaltet reparaturmaterial, das neue, dritte Gebäude eine Toilette sowie Brennholz. Wasser gibt es bequem am Gletscher südlich Pinte du Crêt.


Tourengänger: Becks


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Kommentare (1)


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Wanderer82 hat gesagt: Neu markiert
Gesendet am 24. August 2022 um 16:09
Bei meiner heutigen Begehung zeigte sich der ganze Schlussaufstieg recht reichlich - vermutlich recht neu - blau-weiss markiert. Ich kam von oben (erste Markierung relativ nah beim Gipfel) und sah die zahlreichen Markierungen über den ganzen Grat verteilt. Teilweise von unten her nicht (so) gut sichtbar, wo's weitergeht. Von oben recht klar. Leider musste ich nach ca. einem Drittel umkehren. Dort hat es eine recht ausgesetzte Kletterstelle (I-ll), von oben könnte man sich an einer montierten kurzen Seilschlinge sichern. Mir zu starker Tobak in diesem doch nicht grad angenehmen Gelände. Und wenn man nicht weiss, wie es weitergeht. Wieder hoch war auch nicht ohne. Ich habe das Sustenjoch gemacht, was eine T5-Referenz sein soll. Dort kam ich problemlos hoch, hier hatte ich schon Angst, ob ich die nicht so ganz einfachen Kletterpassagen meistern werde. Demnach ist das für mich mindestens T5+ trotz Markierung. Ich finde, bei so schwierigen A Alpinwanderwegen müsste eine Extra-Warnung hin. In einem Gall im Tessin wurde das gemacht, dort steht T6 zusätzlich auf dem Wegweiser.


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