Weissmies via Nordgrat (AD+; 4a)


Publiziert von Eumaex , 12. August 2020 um 22:55.

Region: Welt » Terra Incognita
Tour Datum:30 Juli 2020
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: 4+ (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 8:00

Auf einen der niedrigsten und angeblich leichtesten 4000er der Alpen führt mit dem Nordgrat auch eine anspruchsvolle Route. Der Fels ist überwiegend fest, die Kletterei über die Türme bis zum Gipfel einfach traumhaft.Die Route ist im Vergleich zu anderen Gratrouten eher weniger abgesichert. Dies ist aber auch nicht notwendig. Insgesamt gibt es vielleicht 4-5 Bohrhaken, mehrere alte Schlaghaken, eine Eisenstange im Bereich der Schlüsselstelle, sowie den ein oder anderen Fixcam. Camelots und Schlingen zur Selbstsicherung können fast überall problemlos platziert werden. Abseilstellen sind vorhanden, aber nicht zwingend notwendig. Die Schlüsselstelle ist eine 4a, ansonsten häufiger 3a und leichter. 


Zustieg:

Wir wählten die Faulpelz-Variante und fuhren am Vortag mit der Bahn zum Bergrestaurant Hohsaas. Die Ausstattung hier oben ist schon fast "Hotel-like" und der Preis im Vergleich zu andere schweizer Hütten auch absolut in Ordnung. Da die Wettervorhersage erst am Tag zuvor von schlecht auf gut umgesprungen war, war in der Hütte relativ wenig los. Nur 3 Bergführer mit ihren Gästen und 2 weitere Seilschaften fanden sich neben uns zum Abendessen ein. Wir hatten spontan am Vortag noch reserviert und ohne Probleme noch Plätze bekommen. Der Hüttenwirt erzählte uns allerdings dass er ansonsten den Sommer über fast immer ausgebucht war.
Um ca. 21 Uhr erreichten dann noch 2 Holländer die Hütte. Diese waren um 5 Uhr morgens gestartet und ebenfalls über den Nordgrat auf die Weissmies. Nach einem Spaltensturz hatten sie eine halbe Ewigkeit gebraucht um wieder vom Berg zu kommen und waren fix und alle. Na Prost-Mahlzeit, solange brauchen wir dann hoffentlich nicht...


Die Tour:

Um 4 Uhr fanden wir uns zum Frühstück im Restaurant ein. Nach dem üblichen noch halb verschlafenen Hochtourenfrühstück (2 Scheiben Brot und 1 Müsli) machen wir uns im Dunkeln auf den Weg. Den Steinmännchen folgend geht es zügig in Richtung Hohlaubgletscher bzw. das was von ihm in dem Bereich noch übrig ist. Nach ca. 30 Minuten erreichen wir dessen Beginn und gehen in der Flanke des Weissmies-Nordgrates mit Steigeisen in Richtung Lagginjoch. Hierbei werden bereits einige mit Schutt bedeckte, harte Blankeisstellen traversiert. Ein Steinmann zeigt den Aufstieg durch den Fels ins Lagginjoch, welches durch leichte Kraxelei erreicht wird (I-II). Hier können die Steigeisen ausgezogen werden.
Was nun folgt ist feinste Kletterei in meist festem Granit. Zwischenzeitlich immer wieder ordentlich exponiert, fordernd, aber nie zu schwierig. Dieser Grat macht einfach nur Spaß. Nachdem der erste Gratturm noch direkt überschritten wird, werden die nächsten umgangen. Bald ist die Schlüsselstelle erreicht. Eine plattige 4a, die jedoch gut abgesichert werden kann und nach 10-20 Metern überwunden ist. Die genaue Topo kann im "Hochtouren Topoführer Wallis" vom topo.verlag nachgeschaut werden. Wie jede Gratkletterei zieht sich auch der Nordgrat des Weissmies ordentlich in die Länge. Wir benötigen nur die zweite von insgesamt 3 im Topo aufgeführten Abseilstellen (und das auch nur 3 Meter). Die meiste Zeit bleibt man direkt auf dem Grat, immer wieder kommen 3a Stellen, die aber in festem Fels schön zu erklettern sind. Nach dem "Ross", welches mit Bohrhaken gut abgesichert ist, wird das Gelände merklich einfacher, Gehgelände wechselt sich mit Kletterei bis in den max. 2ten Grad ab. Schließlich erreichen wir den Firngrat. Hier gibt es schon die ein oder andere Eisplatte, Konzentration ist gefragt. Ein paar Meter unter dem Gipfel kommt man schließlich auf den Normalweg und geht diesen die letzten paar Meter entlang bis man oben ist.


Abstieg:

Auch wenn man das jetzt vielleicht nicht glaubt. Für mich war das gruseligste an der Tour der Abstieg über den Normalweg. Der schneearme Winter hat sich am Weissmies durchaus bemerkbar gemacht. Dadurch dass man am Nordgrat mit Zustieg doch etwas länger braucht ist es beim Abstieg bereits mittag. Die Normalroute war gut sichtbar, es gab jedoch bereits im oberen Teil viel Blankeis. Bereits einige Höhenmeter nach dem Gipfel kamen die ersten Gletscherspalten. Wir bildeten mit einer zweiten Nordwandseilschaft zusammen eine Viererseilschaft. Die Brücken über die Spalten waren teilweise bereits unzuverlässig. Während den Abstieg musste viel gesprungen und umgangen werden. Im Gletscherbruch selber gab es aufgrund der Wärme viel Eisschlag. Unter den teilweise überhängenden Seracs fühlte man sich nicht unbedingt wohl. Der ein oder andere Lawinenkegel bestätgigte den Eindruck eines gefährlichen Abstiegs. Wir waren froh als wir letztendlich wieder am Bergrestaurant Hohsaas ankamen. Im Nachhinein würde ich als Abstiegsroute den Südgrat wählen. Der Normalweg ist technisch nicht schwer, aber die objektiven Gefahren können bereits im August nicht ignoriert werden und werden mit den warmen Sommern mit Sicherheit nicht besser... Im Vorjahr waren die Bedingungen auf dem Gletscher wohl deutlich besser.
Dennoch tut dieser Abstieg der unheimlich schönen Tour keinen Abbruch. Einfach eine geile Route der Nordgrat ;)


Fazit:

Eine wunderschöne und einsame Route auf einen vielbestiegenen 4000er. Wer sich im 4a Gelände wohl fühlt wird diese Tour lieben.

Tourengänger: Eumaex


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Kommentare (1)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 13. August 2020 um 12:52
Gratulation zum schönen Nordgrat, an den ich gute und angenehme Erinnerungen (ca 25 Jahre her) habe.
Der "Normalweg" über den Gletscher wird offenbar immer gefährlicher>den Südgrat würde ich auch als Abstieg vorziehen


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