Den Faden weiterspinnen...auf Kletter- und Schmugglerpfaden vom Val Cama zum Val Gamba


Publiziert von lorenzo , 10. Juli 2020 um 21:54.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Misox
Tour Datum:20 Juni 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Val Cama   CH-GR   I   Gruppo Forcola-Arsa 
Zeitbedarf: 4 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Cama, Municipio
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Cabbiolo, Chiesa
Unterkunftmöglichkeiten:Alp de Vazzola (1848m) oder Alp di Agnon (1905m), Alp Vec (1794m), Alp de Setaggié (1950m). Alle vier Hütten sind zum Übernachten und Kochen eingerichtet. Auf der Alp de Vazzola kann beim nahe vorbei fliessenden Bach Wasser geholt werden, bei den anderen drei Hütten gibt es innen oder aussen fliessendes Wasser.
Kartennummer:LK 1294 Grono, 1314 Passo San Jorio; G. Brenna, Clubführer Misoxer Alpen 4, SAC 2001; A. Gogna, A. Recalcati, Mesolcina-Spluga, CAI-TCI 1999; A. Badrutt, R. Schmid, Grenztour Graubünden, Desertina 2005; A. M. Zendralli, Das Misox, Paul Haupt 1949

...giammai nessun paese
mi parlò tanto all' anima, giammai
con tanto foco l'anima rispose.


Als ich vor bald 15 Jahren von Carena im Valle Morobbia dem östlichen Grat des Misox bis nach Pian San Giacomo folgte, bin ich aus Zeitgründen und wegen mangelnder Leistungs- und Kletterfähigkeit so manchem Gipfel und schwierigem Gratabschnitt westlich oder östlich ausgewichen. So z.B. dem wild gezackten Grat zwischen dem Pizzo Paglia und der Forcola de Strem. Diesen Faden wollte ich wieder aufgreifen, auch wenn eine Gesamtüberschreitung des Grats von der Bocchetta del Notar zum Cantone de Strem mit dessen S-Grat als "Schlüsselstelle der Gratüberschreitung der südlichen Misoxer Alpen" (VI+), wie sie am 25.91988 von Alessandro Gogna und Angelo Recalcati erstmals durchgeführt wurde, oder gar eine Begehung der beiden Tagesetappen zwischen der Capanna Gesero und dem Rifugio Como sowie diesem und dem Rifugio Carlo Emilio, wie sie Norbert Joos und Peter Gujan Mitte Juli 2005 im Rahmen ihrer einzigartigen "Grenztour Graubünden" gemeistert hatten, jenseits meiner Möglichkeiten lag. Beim Karten- und Führerstudium fand ich jedoch zwischen dem Pizzo Paglia und der Forcola de Strem drei für mich in Frage kommende "Fäden" bzw. "Fili": den Fil del Martèl, den Fil d'Uria und den Fil de Sambrog. Den mittleren, im Abstieg wohl recht anspruchsvollen (WS+, III) liess ich weg und kombinierte die beiden anderen zusammen mit sieben Pässen, drei geeigneten hochgelegenen Hütten und einer krönenden Gipfelrunde zum unten beschriebenen viertägigen gratnahen und abwechslungsreichen "Grenzschlängeln" zwischen der Schweiz und Italien.

Nach einer dank Coronalockerungen problemlosen öV-Anfahrt nach Cama begann der - wie bei so mancher Touren im unteren Misox - lange Aufstieg vom tiefen, von der San-Bernardino-Autobahn durchzogenen Tal durch das Val Cama in üppigen Mischwald hinauf zum traumhaft gelegenen Lagh de Cama, über dem mein erstes Ziel, der Fil del Martèl schon in der Mittagssonne strahlte. Bei der Capanna Righetti-Fibbioli erfuhr ich zu meiner Überraschung, dass die auf der anderen Seite des Rià del Val Cama gelegene Capanna Miralago, wo ich seinerzeit von Isabella gut bewirtet worden war und übernachtet hatte, inzwischen privatisiert wurde und leider nicht mehr öffentlich zugänglich ist. Der bezaubernden "Seesicht" tat dies aber zum Glück keinen Abbruch, und so hielt ich am Ufer Rast und liess mich vom hoch über dem See aufragenden Piz Martèl gefangen nehmen. Der "Bergweg" hinauf zur Alp de Vazzola und weiter zur Alp di Agnon war dann stellenweise nicht einfach zu finden und hätte wohl eine Auffrischung der Markierungen verdient, statt in weiss-rot villeicht sogar in weiss-blau...Noch mehr  als die Wegsuche inmitten von wuchernden Alpenrosen- und Wacholderstauden 
beeindruckte mich aber die wie mit einer Riesenaxt in die gegenüberliegende steile Flanke über der Alp de Lagh gehauene Anrisszone des Bergsturzes vom Juli 2013, die den Anschein machte, als ob jeden Moment noch mehr herunterkommen könnte...Als ich mich schliesslich auf der Alp di Agnon gemütlich eingerichtet hatte und auf eine einsame und ruhige Nacht freute, kamen zuerst ein Bündner Jäger und eine Emmentalerin vorbei, die zusammen eine Tageswanderung machten. Ich beschrieb ihnen weitere Tourenmöglichkeiten im Val Cama, und sie erklärten mir den Unterschied zwischen der Hoch- und der Niederjagd, den ich bisher offensichtlich falsch verstanden hatte...Da näherte sich mit lauten Stimmen eine Fünfergruppe. Es waren freundliche junge Leute, die sich vor der kleinen Hütte niederliessen und hier übernachten wollten. Ich packte meine Sachen, machte Platz, wünschte einen schönen Abend und stieg zurück zur Alp de Vazzola ab, die ich beim Aufstieg inspiziert, und die mir einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Ich richtete mich nochmals ein, holte am nahen Bach Wasser, machte Feuer, kochte und genoss den friedlichen Abend.

Am zweiten Tag bereitete mir dann die Wegsuche bis zur Alp di Agnon erwartungsgemäss keine Probleme mehr. Die anderen schliefen noch, und ich huschte leise an der Hütte vorbei. Zuerst weglos, unterhalb Busen dann vermutlich von der Bocchetta d'Agnon und vom Laghit de Agnon herunterkommenden weiss-rot markierten Pfadspuren über Gras und Geröll folgend, gelangte ich zu den ersten Schneefeldern unter der Bocchetta di Agnon (nicht zu verwechseln mit der soeben genannten) und nach einem steilen Aufstieg in bestem Trittfirn erreichte ich, vom böigen Nordwind bereits etwas ausgekühlt, bald den Übergang. Von hier aus war es über den folgenden leichten Grat bis zum Piz Martèl, nur noch ein Katzensprung, und schon stand ich am Beginn des sagenhaften Fil del Martèl. Dieser präsentierte sich aber nicht etwa "fadengrad", sondern wie bereits vom Lagh de Cama aus als "verzworgglet" wie eine überdimensionierte "Chrummfadeflue". Nach einer kurzen Pause machte ich mich erwartungsfroh ans Werk und kostete all die im Führer beschriebenen schönen Passagen genussvoll aus: den anspruchsvollen Abstieg zum Sattel ca. 2385m, den leichten Aufstieg zum Pizzo Caurga, die folgenden beiden abwechslungsreichen Gratabschnitte mit dem Gendarmen, der Abseilstelle und dem abzukletternden Wändchen, das mich ziemlich aus der Reserve lockte, den Abstecher ins Reich der Sieben Zwerge, zu dessen oberstem Punkt ich den ausgesetzten Übergang rittlings bewältigte, das Umgehungsgrasband und schliesslich der anregende Grat über P. 2434,0 zum Pizzo Campanile, wo der schwindelerregende Hochseilakt mit berauschenden Tief- und Fernblicken zum Lagh de Cama und zum Lago di Como nur allzu rasch sein Ende fand.

Unter der Bocchetta del Valon hinter Felsen vor dem weiter unbarmherzig zupackenden Nordwind Rast haltend, lockte mich der feste und griffige Gneis des Sasso Bodengo über dem glitzernden Lago di Darengo, und nur allzu gerne hätte ich dessen N-Grat, den Fil d'Uria doch noch angehängt. Aber ahnend, dass der geplante "Schmugglerpfad" über den Passo dei Contrabbandieri kein leichter Spaziergang werden würde, verwarf ich diesen verführerischen Gedanken sofort wieder. Bei der Bocchetta del Notar betrat ich wieder italienischen Boden und querte im obersten Valle Bodengo über dem Bivacco del Notaro, vor dem ich von weitem ein paar Leute ausmachen konnte, Richtung Piz Camparasca, wo der Aufstieg zum Pass beginnen sollte. Tatsächlich fand ich zuunterst an dessen ESE-Rückens blaue Punkte, denen ich unter der inzwischen schweisstreibenden Mittagssonne folgte, bis sie mit einem Pfeil nach rechts bzw. Norden wegführten (zum Piz Camparasca oder zum Piz de Sambrog S-Gipfel?). Ich musste aber leicht links haltend weiter geradeaus zur schmalen Grasrinne, die mich schliesslich zum ersehnten Schmugglerpass führte. Die zum Grasband hinunterführenden Felsen sahen kletterbar und dieses begehbar aus, so dass einer zumindest vorübergehenden Rückkehr in die Schweiz nichts mehr im Wege stand. Schade nur, dass ich weder unverzollte Schnapsflaschen noch Zigarrenkisten dabei hatte...Trotzdem atmete ich nach der absteigenden Querung der ausgesetzten Plattenflucht erst auf, als ich zuoberst im Kar endlich wieder sicheren Boden unter den Füssen hatte. Bis zur Alp d'Albion, wo ich übernachten wollte, war es nun nicht mehr weit. Ob es dort wohl Wasser in der Nähe gab? Aber welche Überraschung und Freude, als sich auf der dazwischen liegenden Alp Vec, wo ich mehr aus Neugierde einen Blick hinein werfen wollte, die Türe problemlos öffnen liess, und ich alles vorfand, was ich brauchte. Die Frau eines absteigenden Paares, das am Laghet de Sambrog gezeltet hatte, und die auf der Alp de Lagh ein Praktikum machte, erzählte von der dortigen Älplerin Silvie, die in der Gefahrenzone des Bergsturzes einerseits unerschrocken weiter arbeite, andererseits 
wegen Einsturzgefahr davon abgeraten habe, die Gebäude der Alp de Sambrog , weswegen sie mit Brettern zugenagelt seien, zu betreten, und von ihrem Dilemma, Ziegen, die sich auf der Suche nach immer noch besseren Kräutern über klettersteigartig gesicherten Zugängen verirrt hatten, dort wieder herunter zu treiben.

Nach einem ruhigen Abend und einer erholsamen Nacht gelangte ich am frühen Morgen des dritten Tages dank rund 200 Höhenmeter weniger im Gepäck 
als geplant rasch zu den tatsächlich verfallenden Hütten der Alp de Sambrog und weiter zum sagenumwobenen Laghet de Sambrog. Wegen Wolken, die der weiter notorisch wehende Nordwind heran trug, zeigten sich aber der See und die darüber liegenden Gipfel in einem trist anmutenden Grau-in-Grau. Nicht einmal die "seltsamen Geräusche...aus der Tiefe des Sees, dessen Grund vermutlich Syphons aufweist", auf die dessen italienischer Name "Roggione" zurückgeführt wird, waren zu hören, so wenig wie das siebenfache Echo der Shah Abbas Moschee in Isfahan...Ich liess mich von der düsteren Stimmung nicht aufhalten und näherte mich weiter den Pizzi de Sambrog, deren Gipfel schon bald von ersten Sonnenstrahlen beleuchtet wurden. Am ersten, dem S-Gipfel, stieg ich in der NE-Flanke zuerst unbekümmert hoch, bis ich nach einer Felsstufe im dritten Grad  zum point of no return gelangte, von dem der einzige Weiterweg nur noch nach oben, und zwar durch ziemlich bissiges T6-Gelände möglich war. Auch der Abstieg vom Gipfel auf der anderen Seite der NW-Rinne und deren Querung erforderten volle Aufmerksamkeit und Vorsicht, so dass ich erleichtert war, als ich wieder beim deponierte Rucksack in der Bocchetta S de Sambrog anlangte. Die Besteigung des Mittel- und N-Gipfels boten dagegen keine besonderen Schwierigkeiten mehr, und so war ich darauf gespannt, ob ich am zweiten Filo, dem Fil de Sambrog, auch wieder so viel Mühe habe würde, den Faden zu entwirren, wie soeben am S-Gipfel...denn im Führer ist nur von Schafwegen in der steilen italienischen Flanke und der Gratschneide mit schönen Felsabschnitten bis III die Rede.

Tatsächlich genügten diese wenigen Angaben aber vollkommen, um einen geeigneten, nicht allzu schwierigen Weg über diesen eleganten Grat mit packenden Ausblicken ins Valle Bodengo, ins Bergell, ins Misox, hinunter zum Lago Maggiore und hinüber bis zum Monte Rosa zu finden: auf Pfadspuren östlich vom Grat, dem felsigen Grat selber, an den beiden Aufschwüngen mit schönen Kletterstellen im II. und III. Grad und zuletzt entlang dem einfachen SE-Grat. Und als ich auf dem Gipfel des Piz de Cressim ankam, leuchtete in tiefem Grünblau sogar der bisher im Schatten gelegene Laghet de Sambrog herauf. Über das NNW-Couloir stieg ich r
ückwärts mit dem Pickel ab, erst auf den weniger steilen Schneefeldern weiter unten gönnte ich mir einige Rutschpartien. Für den Wiederaufstieg zur Bocchetta d'Egion musste ich mich - wie am Tag zuvor für jenen zum Passo dei Contrabbandieri - nochmals zusammenreissen, dann winkte in nicht mehr allzu weiter Ferne die inmitten von haushohen Felsblöcken stehende Hütte der Alp de Setaggié, und es ging nur noch bergab. Die Türe liess sich zum Glück auch hier öffnen...Ich richtete mich ein, ruhte mich aus, kochte, studierte die Routen für den nächsten Tag und genoss die Stille und den letzten Abend in diesem abgelegenen Winkel des Misox.

Am Vortag in der Bocchetta d'Egion stehend, hatte ich erwogen, den Pizzo di Setaggiolo di Dentro über das N-Couloir zu besteigen. Dieses war aber nur noch teilweise mit Firn gefüllt und der SW-Grat zum NE- oder Hauptgipfel sah recht schwierig aus, was von Angaben im Führer bestätigt wurde, so dass ich mich für die einfacheren Zugänge von Südosten entschied. So stieg ich, überflüssiges Gepäck in der Hütte zurücklassend, am 4. Tag Richtung Forcola de Strem auf, die ich kurz vor Sonnenaufgang erreichte. Etwas oberhalb traf ich auf eine Bronzetafel mit einem Haiku, das mir besinnliche Gedanken für den gerade erwachenden Tag mitgab. Ich bestieg zuerst den Piz Forcletta und die noch spitzigere "Fiamma", von denen ich den NE-Grat überblicken konnte, wo ich absteigen wollte - und villeicht auch aufsteigen müsste...Dann peilte ich den Cantone de Strem an, unter dessen Gipfel ich von einer Herde neugieriger Ziegen begrüsst wurde, die mich bis zuoberst begleiteten und mir mit unglaublicher Leichtigkeit noch ein Stück weit über den Verbindungsgrat bis zum Gipfelaufbau des Pizzo di Setaggiolo di Dentro SW- Gipfels folgten. Von hier schien der NE-Gipfel in Griffnähe zu sein, aber dessen SW-Grat sah vom Sattel zwischen beiden Gipfeln nicht leichter aus als von der Bocchetta d'Egion. Ebenso scheiterte ich am grasig-felsigen Couloir unmittelbar nordöstlich davon, an der im Führer beschriebenen SE-Wand - noch vor der weissen Quarzader - und an einer Grasrinne noch weiter nordöstlich. Der Faden drohte, mir aus den Fingern zu entgleiten..Zu guter oder "fünfter Letzt blieb schliesslich nur noch die "Normalroute" über den teilweisen NE-Grat, die mir zum Glück dann auch gelang, wobei ich die z.T. brüchigen Felsen beim Ein- bzw. Ausstieg als anspruchsvoller empfand als den senkrechten Abbruch kurz vor dem Gipfel. Ich genoss das unvergleichliche Panorama, warf aber vor dem Aufbruch sicherheitshalber doch noch einen "kurzen Blick zum langen Abstieg" ins Val Gamba hinunter...Dank Schneefeldern unter der Forcola de Strem war ich trotz der zusätzlichen anderthalb Stunden für vier erfolglose Versuche zeitig bei der Hütte zurück.

Ich packte meine Sachen, sagte der Hütte auf Wiedersehen, zog die Türe zu und begann mit dem Abstieg hinunter ins Val Gamba. Vor mir der zuoberst noch immer schneebedeckte Piz Pombi und berauscht von der blühenden Bergblumenpracht und dem Tosen der Bäche und Wasserfälle, vergass ich die Zeit und ging einfach immer weiter. Der stolze, das Tal prägende Pizzo di Setiaggiolo di Dentro wurde beim Zurückblicken immer kleiner, bis er irgendeinmal unterhalb von Gamba in Dent nicht mehr sichtbar war. Der N-Wind hatte endlich aufgehört, und je tiefer ich kam, desto heisser wurde es. Ich nahm ein kühlendes Bad in La Montogna und lief frisch gestärkt weiter. Röhrende Motorsägen kündigten die Zivilisation an, und schon bald traf ich auf einen Forst- und zwei Kraftwerksarbeiter, die mir den Weiterweg nach Cabbiolo erklärten. Dieser erwies sich trotz Wanderwegschild und weiss-roten Markierungen als recht abenteuerlich, dafür dank gesicherten Passagen, traditionellen Steintreppen, Metallstegen, Tiefblicken in die wilde Schlucht von Lombred und zuletzt über hohe Flühe hinunter ins Tal auch als sehr abwechslungsreich und eindrücklich. Für die mit einem Augenzwinkern angegebene "una hora" von der Staumauer bis zum Dorf musste ich jedoch ziemlich Gas geben...Das Dröhnen der Autobahn wurde immer lauter, und nachdem ich unterhalb Cran im Sinkflug durch lichte Birkenhaine die Bremsklappen ausgefahren hatte, landete ich etwas unsanft beim riesigen Areal einer Baufirma. Aber als ich dieses in der nun manifest gewordenen Sommerhitze kilometerweit umzirkelt hatte, erreichte ich die rettende Postautostation bei der Kirche von Cabbiolo doch noch rechtzeitig.

 

Addio paese del silenzio, abeti
religiosi! Nel partire mi sembra
che della mia vita cada una foglia
ancor vegeta e verde.

 

(Antonio Fogazzaro 1842-1911)

 

Alp de Vazzola oder Alp di Agnon (1. Tag)
Von Cama (351m bzw. 344m) auf dem weiss-rot (wr) markierten Bergweg über Ogreda (361m), Provesc (812m), Promegn und die Alp de Besarden zum Lagh de Cama (1266m), T2. Weiter auf dem z.T. steilen und wegen Überwachsungen trotz wr Markierungen nur schwierig zu findenden Bergweg zur Alp de Vazzola (1804m), 1460Hm Aufstieg, 4h, T3, oder weiter über den Sattel 1952 zur Alp di Agnon (1905m), 1610Hm Auf- und 45Hm Abstieg, 5h, T3.

Fil del Martèl (2. Tag)
Zustieg: von der Alp de Vazzola (1804m) wr zur Alp di Agnon (1905m), 1h T3, und oder direkt von hier nach SSW über Gras, Geröll und Schneefelder (z.T. wr Markierungen und Pfadspuren) zum N-Couloir, und durch dieses (ca. 100Hm und 40 Grad) auf Geröll oder Firn zur Bocchetta di Agnon (2269m), 1h, T4. Von hier entlang dem WSW-Grat (Pfadspuren) auf den Piz Martèl (2450m, Gipfelkreuz), 30min, T3. 695Hm Auf- und 45Hm Abstieg oder 545Hm Aufstieg.

Fil del Martèl: vom Piz Martèl (2450m) Abstieg über den felsigen und ausgesetzten SE-Grat in den Sattel ca. 2385m, über ein Zwischengipfelchen zum nächsten Sattel und über die SW-Flanke auf leichten Felsen und Gras auf den Pizzo Caurga (2419.4m, CNS, auf der LK nicht eingezeichnet, bzw. anstelle des Settimo Nano P. 2419). Auf dem E-Grat leicht absteigend in anregender Kletterei zu einem Gendarm, der überklettert wird (II), und weiter zu einer Abseilstelle (Schlingen um Felszacken), die 15m in eine Scharte hinunterführt. In schöner Kletterei (II) wieder empor und auf einem horizontalen Gratabschnitt zu einem senkrechten Wändchen, über das an guten Griffen abgeklettert wird (8m, III, Abseilmöglichkeit an Felszacken). Abstecher nach NE durch ein Grascouloir und über eine aufgestellte Platte ausgesetzt zum Settimo Nano P. 2419. Abstieg auf der gleichen Route, oder nach der Platte nach SE über Felsen (II) und ein Band nach NW zurück oder (laut Führer) nach SE ausgesetzt durch eine Verschneidung und über eine Platte (III) hinunter. Auf einem Grasband S eines hohen Gendarms und des Monoliths Testa del Martèl vorbei und über Stufen und Gesimse zurück zum Grat. Über diesen nach E auf Schrofen zu P. 2434.0m, in der S-Flanke auf leichten Felsen hinunter zur Bocchetta Brusoni (CNS, beide auf der LK nicht eingezeichnet) und über den Blockgrat (I-II) auf den Pizzo Campanile (2458m), ca. 135 Hm Auf- und 125Hm Abstieg, 2h 15min, WS+.

Abstieg: vom Pizzo Campanile (2458m) zuerst über die grasige SW-Flanke hinab, Querung nach E zu einer Scharte im vom Gipfel bis hier steil abfallenden felsigen S-Grat und durch eine steile Schrofenrinne (Pfadspuren) nach ESE hinunter zu einem Geröllband (Cengia), das leicht ansteigend nach NE zur Bocchetta del Valon (2370m) führt, ca. 115Hm Ab- und 25Hm Aufstieg, 15-30min, T4.

Passo dei Contrabandieri
Zu- und Aufstieg: von der Bocchetta del Valon (2370m) nach N auf Schneefeldern und Geröll (z.T. Steinmänner) hinunter zu einem Pfad auf ca. 1950m, diesem folgend horizontal nach NE zum wr markierten Bergweg, und auf diesem hinauf zur Bocchetta del Notar (2095m), 45min, T3. Kurzer Abstieg auf dem Bergweg nach E ins italienische Valle Bodengo, dann N ausholend hoch über dem neuen Bivacco del Notaro leicht absteigend auf Gras und Geröll nach NE. E um den ESE-Sporn des Piz d'Uria herum (Pfadspuren, zuletzt u.a. wegen Erdrutschen unangenehm) in das Kar zwischen diesem und dem Piz Camparasca und W und N ausholend wiederum leicht absteigend auf Gras und Geröll zum unteren Ende des vom Piz Camparasca SSW-Grat herunterziehenden breiten ESE-Rückens bei ca. 1800m. Über diesen (blaue Markierungen) bis zum im Rücken eingelagerten Grastrapez (auf der LK gut sichtbar), dann nicht den blauen Markierungen nach rechts folgen, sondern nach links zu einer charakteristischen schmalen Grasrinne aufsteigen, und durch diese oder über Platten links davon sowie anschliessende leichte Schrofen zum Passo dei Contrabandieri (ca. 2200m, auf der LK nicht eingezeichnet), 1h 45min, T4. 545Hm Auf- und 715Hm Abstieg, 2h 30min.

Abstieg: vom Passo dei Contrabandieri (ca. 2200m, auf der LK nicht eingezeichnet) links ca. 5m abklettern (II), dann auf einem ausgesetzten, z.T. von Stauden gesäumten Band absteigend nach SSW hinunter, von dessen unteren Ende zuletzt an brüchigen Felsen nach NW abgeklettert muss (II). Vom Wandfuss auf Schneefeldern, Geröll und Gras hinunter zur Alp Vec (1794m), ca. 405Hm Abstieg, 1h 15min, T6.

Insgesamt ca. 1395 oder 1245Hm Auf- und 1405 oder 1360Hm Abstieg, 8h 30min-9h 45min.

Pizzi de Sambrog (3. Tag)
Von der Alp Vec (1794m) wr zur Alp de Sambrog (1993m, wegen Einsturzgefahr verriegelt), nach E über Gras zum Laghet de Sambrog (2076m) und über den NW-Rücken (Pfadspuren) zur Bocchetta S de Sambrog (ca. 2260m, auf der LK nicht eingezeichnet), 1h, T3, Depot. Querung nach SW zur NW-Flanke und NE der markanten Rinne über Platten und Stufen (III, T6) zum  W-Grat, der über leichte Felsen (I) zum S-Gipfel (2312m) führt, 15-30min, WS. Abstieg über den W-Grat bis zur Rinne, SW von dieser auf steilen Schrofen hinunter, bis sie Richtung NE gequert werden kann (ev. Schneereste). Am NE-Rand der Rinne einige Meter über brüchige Felsen weiter abklettern (II), dann über einige Stufen zurück zum Depot hinauf, 15-30min, T5+. Über den SSW-Grat - Depot etwa in der Hälfte - auf leichten Felsen zum Mittelgipfel (ca. 2300m), 15min, T4. Zurück zum Depot und Abstieg über die NW-Flanke auf steilem Gras zur Bocchetta N de Sambrog (2247m), 15min, T4. E vom Grat auf Pfadspuren bis zur äussersten E-Rippe, Depot. S von dieser durch eine Verschneidung (III) und über Stufen auf den N-Gipfel (2306m, CNS, auf der LK nicht eingezeichnet), 15min, L. Abstieg N der E-Rippe über die E-Flanke auf Schrofen (Pfadspuren) zurück zum Depot, 15min, L. 615Hm Auf- und 160Hm Abstieg, 2h 30min-3h.

Fil de Sambrog - Piz de Cressim
Aufstieg: vom Depot am Fuss der E-Rippe des Pizzi de Sambrog N-Gipfels E des Grats auf Pfadspuren zum 1. Aufschwung und über steiles Gras und einige Felsstufen (II) hinauf zu P. 2335. Weiter über den Blockgrat (I), bis nach E zu Pfadspuren abgestiegen werden kann, und auf diesen nach NE zur markanten Rinne des 2. Aufschwungs zwischen dem S-Grat und der SE-Rippe von P. 2416. Durch die Grasrinne und zuletzt durch einen Kamin (5m, II) und über eine Platte (3m, III) zurück auf den Grat und auf diesem zum höchsten Punkt (Steinmann). Zuerst wieder über den Blockgrat (I), dann nach NE über Gras und Platten in eine Scharte und NE entlang dem grasigen SE- oder Gipfelgrat einfach auf den Piz de Cressim (2575m), 325Hm Aufstieg, 1h 30min, WS.

Abstieg: kurz über den NE-Grat hinab zum Beginn des markanten NNW-Couloirs, durch dieses (ca. 150Hm, 40 Grad) auf Firn hinunter in den Kessel von Cressim, L (bei ungünstiger Schneelage ev. besser über den NE-Grat zum Pass d'Arsa, 2420m, L-WS, siehe im Clubführer), und Richtung N auf Schneefeldern, Geröll und Gras zum wr markierten Bergweg bei ca. 2240m. Diesem folgend bis zur Verzweigung auf ca. 1885m hinab, blauen Markierungen folgend (zuunterst an einer Werkhütte vorbei) über Egion hinauf, und zuletzt auf einer Grasrampe steil hoch zur Bocchetta d'Egion (2145m, Übergang auf ca. 2200m SE davon), 2h 30min, T3. Abstieg, die NE darunter liegenden Felsplattenflucht N umgehend, blauen Markierungen folgend hinunter zu Alp de Setaggié (1950m), 45min, T3. 940Hm Ab- und 315Hm Aufstieg, 3h 15min.

Insgesamt ca. 1255Hm Auf- und 1100Hm Abstieg, 7h 15min-7h 45min. 

Cantone di Strem - Piz di Setaggiolo di Dentro (4. Tag)
Von der Alp de Setaggié (1950m) Richtung S blauen Markierungen folgend über Gras und Geröll zur Forcola de Strem (2294m), 45min, T3. Nach SW und über den NE-Grat auf den Piz Forcletta (2427m) und Abstieg über den S-Grat. Wiederaufstieg über den NE-Grat auf die "Fiamma" (ca. 2425m) und Abstieg auf einem Schrofenband parallel zum NE-Grat, 15-30min, T4. Nach diesen beiden kurzen Abstechern Richtung SW über die E-Flanke auf Gras, Scheefeldern und Platten auf den Cantone di Strem (2559m), 30-45min, T3. Über den N-Grat, Hindernisse überkletterend oder E umgehend, zur Senke ca. 2540m und über den S-Grat und den gestuften Gipfelaufbau (II) sowie einen horizontalen Blockgrat auf den Pizzo Setiaggiolo di Dentro SW-Gipfel (2566m) und weiter zum orografischen Knotenpunkt zwischen S-, NW- und NE-Grat, 15min, L. Abklettern über ein scharfes und ausgesetztes Grätchen (II) hinunter zum Sattel ca. 2535m und durch ein Grascouloir nach SE zurück zum Kar, 15min, L. Abstieg unter dem NE-Grat bis zu einer Einbuchtung aus rötlichem Fels auf ca. 2420m SW der "Fiamma". Rechts über Gneis (II) oder links über den rötlichen Fels (II, z.T. brüchig) und den je darüber liegenden Grashang auf den NE-Grat und diesem folgend auf Gras und Felsen zu einem senkrechten Abbruch, über den an guten Henkelgriffen abgeklettert werden kann (6m, III). Von der Scharte über leichte Felsen auf den Pizzo di Setiaggiolo di Dentro NE-Gipfel (2567m), 30min, WS. Abstieg auf der gleichen Route, WS, und entlang der Zustiegsroute zurück zur Forcola de Strem (2294m), T3, 30min. Zuerst den blauen Markierungen folgend, dann ggf. W davon auf Schneefeldern und Gras wieder zur Alp de Setaggié (1950m), 30min, T3. 835Hm Auf- und Abstieg, 3h 30min-4h.

Abstieg nach Cabbiolo
Von der Alp de Setaggié (1950m) auf dem blau markierten Bergweg über Bondro nach Gamba in Dent (1469m) und Gamba in Fora (1359m), wr über die Alp de Montogn (ca. 1310m) zur Staumauer (1155m) und zuletzt steil hinunter (z.T. Brücken, Galerien und Treppen) über Cran (570m) nach Cabbiolo (445m), 1505Hm Abstieg, 3h 30min, T3.

Insgesamt ca. 835Hm Auf- und 2340Hm Abstieg, 7h-7h 30min.


Verhältnisse: an den ersten 3 Tagen bei böigem N-Wind wechselnd bewölkt und kühl, am 4. Tag sonnig und warm. An allen 4 Tagen Pfade, Gras, Stauden, Geröll bzw. Felsen trocken, schattseitig bis ca. 2000-2100m hinunter Schneefelder bzw. -reste. In den beschriebenen Couloirs fester Trittfirn.

Material: Leichtpickel und -helm, 30m 7mm Reepschnur, 2 Bandschlingen, 1 Express und Proviant für 4 Tage zusätzlich zu üblicher Alpinwanderausrüstung.

Tourengänger: lorenzo


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»