Kurzbericht 

Pizzo Tambo, das andere Nord (Nordwestwand)


Publiziert von Dolmar , 2. Januar 2020 um 21:55.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Hinterrhein
Tour Datum:31 Dezember 2019
Ski Schwierigkeit: SS
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Tambo-Curciusa   CH-GR   I 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 2200 m

Auf aktuellen Bildern von "Simba" habe ich die Tambo Nordwestwand gesehen und gleich mal zu einer tollen Wand erkoren welche wohl recht gute Schneemengen zu haben scheint. Wie der Schnee dort sein wird, das wird sich zeigen.
Aber zu erst mal kommt ein geht das überhaupt, war da schon mal einer, im Netz finde ich nix über eine Besteigung und zu einer Skiabfahrt schon gar nicht. Die aktivitäten am Tambo liegen am Normalweg über den Ostgrat und in der Nordostwand oder noch am Nordgrat aber halt gar nicht in der NW-Wand.
Aus der Karte lese ich raus, das es im oberen Drittel im Schnitt an die 48° Grad steil wird, das dürfte machbar sein. Der Rest geht nach probieren geht über studieren.
Der alte Mann kann es einfach nicht lassen, irgendwas treibt mich immer wieder in die Nordwände obwohl ich mir schon öfter gesagt habe das ist jetzt nix mehr für mich. 

Um kurz nach 9:00 Uhr stehe ich mit Pickeln und Steigeisen im Sack zum Abmarsch bereit, das Wetter ist herrlich und hier oben deutlich wärmer als im Tal. Was mir etwas zu denken gibt ist die zeitliche Komponente, wird das reichen bei den kurzen Tagen ?, muß !.

Gemütlich geht es durch den Rietboda und auf angelegter Spur ins Hintertälli, etwa ab H2400m darf ich dann selber Spuren, ich sehe noch die 3 welche mir bis hier hin gespurt haben am Tambograt hinauf zum P2619 steigen, von dort gibt es wohl eine rassante Abfahrt. Jedenfalls habe ich sie später nicht mehr am Grat gesehen.
Am Areuapass angekommen sehe ich zum erstem mal real zumindest von der Seite in die NW-Wand.

OK, das wird sich ziehen, vor allem gilt es auch den einfachsten Weg zu finden, zwei Felsriegel brauchen Überlegung und wie komme ich ohne große Höhenverluste in die Wand rein. Oberhalb des Areuapass kurz unterhalb des Nordgrats kann einfach in die Mulde zwischen Areuapass und NW-Wand eingefahren werden. Nun mit Ski immer westwärts ansteigend in die Wand queren auf einen flachen Absatz. Hier auf die Steigeisen umgestiegen. Um Höhenverluste zu vermeiden steige ich zu bald zu steil auf. Das wird zur Sackgasse, immer wieder sinke ich zwischen den Blöcken weit ein, und bin schon froh mir nix zu brechen bei den sich auftuenden Löchern. Das ganze ist ziemlich anstrengend und zeitraubend, letztlich siegt die Vernunft und ich nehme die Felle von den Ski und fahre ein Couloir hinab bis ich einen vernünftigen Übergang in die Hauptwand finde. Bis hier hin habe ich schon 2 1/2 h Std. gebraucht und stehe mehr oder weniger am Wandfuss. Erneut wechsle ich auf die Steigeisen und steige durch die untere Felszone mal tief einsinkend, mal auf tragendem Deckel zum großen Schneefeld unter der Hauptwand. Hier wechsle ich nochmal auf die Ski bis ca. H2800. Nun wieder umbauen auf die Steigeisen und Weg suchend durch eine felsdurchsetzte Passage, danach immer weiter aufsteilend zur nächsten felsdurchsetzten Passage.
Die Schneeverhältnisse bieten alles, vom tragenden Deckel zum brechendem Deckel über Bruchharsch zu fast gutem Trittschnee.  
Meine Kräfte schwinden zusehends, alle 20 Schritte brauche ich eine Verschnaufpause, die Wand will nicht enden und nun weiß ich wieder warum ich auf solche Aktionen verzichten wollte. Viel zu anstrengend.
Kaum meine ich jetzt geht es mal passabel voarn, breche ich durch den Deckel und versinke wieder im tiefen Schnee, bekomme die Beine nicht mehr hoch und wühle mich durch den brechenden Deckel bis der Deckel wieder trägt oder Trittschnee das voran kommen erträglicher machen.
Die Wand will nicht enden und steil ist es zunehmend auch noch, mit der Höhe haben sich nun noch heftige Windböen zu der restlichen Plackerei gesellt. Denke schon ans aufgeben, aber bei 48° Grad auf die Ski umbauen  mit Windböen ist auch nicht ganz einfach. Es fehlt auch nicht mehr allzu viel bis zum Grat.

Um 14:45 Uhr erreiche ich den Grat, nein ich habe keine Lust die paar Meter zum Gipfel rüber zu laufen, erstens ist es schon spät und ich habe keine Power mehr übrig für den kurzen Gratweg zumal der Gipfel  max 6 -7m höher liegt als mein Standort. Auch ein bissle Schiss am Grat wegen der Windböen kann ich nicht leugnen. Die Sonne steht in fahlem Licht schon sehr tief und mahnt zur Eile. Gar nicht lange über das kommende nachdenken, zack zack und schon geht es abwärts. Die wechselnden Schneeverhältnisse lassen die Abfahrt alles andere als einfach werden. Mal gilt es im Bruchharsch nicht den Stand zu verlieren, dann wieder auf harter Unterlage die Kanten hart setzen. Die ersten 100 Meter stehe ich doch ziemlich unter Adrenalin. Dank der Aufstiegsspuren finde ich den Weg durch die felsigen Passagen, Auf den großen Schneefeld geht es erstmals in recht gutem Schnee hinunter, ein rausqueren aus der Wand wie ich hinein gekommen bin geht per Ski nicht. Weiter westlich konnte ich eine sehr gute Rampe durch den untersten Felsriegel ausmachen und durch diesen hinaus aus der Wand.

Puh das wär geschafft !, die Uhr zeigt 15:30 Uhr, ich muß noch mal aufsteigen zum Areuapass. Ich wähle einen ziemlich direkten Anstieg welcher sich wegen des vereisten Deckels aber nicht mit Ski machen läßt.
Kaum von den Skiern runter versinke ich im morschen Schnee und die letzten 100m hinauf zum Pass saugen nochmal gewaltig am eh schon leeren Akku. Mit flauen Beinen fahre ich hinunter zur Sesselbahn Tambo. Die natürlich um 16:45 Uhr den Betrieb schon längst eingestellt hat. Müde Felle ich ein letztes mal an und gehe über die Piste hinauf zur Tanatzhöhi. Im Süden brennt ein letztes mal für heute der Himmel, das Hüttenpersonal darf hinuntergondeln und ich starte mit der letzten Talfahrt.
Über die Piste fahre ich mit dem letzten Licht hinunter nach Splügen.
Was ein Tag, bin zufrieden die Wand befahren zu haben, zwar zu Alt für die steilen Nordwände und doch ich schätze es wird mich wieder mal packen.

Tourengänger: Dolmar


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