Schwalmis Nord (Mattgrat) – Schinberg Überschreitung
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Spannende und anspruchsvolle T6-Tour über dem Vierwaldstättersee – eine neue Route und eine lohnende Überschreitung
Die Berge über der Klewenalp sind nicht gerade für anspruchsvolle Alpinwanderungen bekannt. Grund genug, um hinzugehen und etwas Neues zu suchen. Der Nordaufstieg über den Mattgrat auf den Schwalmis stellt die logische Linie dar, und ich war erstaunt, als ich bei der Tourenplanung keine Informationen darüber fand (ebenfalls nicht im SAC-Führer). Kommt man da tatsächlich nicht hoch, oder ist der Aufstieg so hässlich, dass ihn niemand unter die Füsse nehmen will? Wahrscheinlich inspiriert durch den treffend geschriebenen Artikel übers Alpinwandern von Marco Volken und das dort angesprochene „Erstbegehergefühl“, machte ich mich auf, es herauszufinden. Die Schwalmis Nord Route ist nur etwas für Leute, die brüchigen Fels, steile, haltlose Geröllhalden und steiles Gras lieben. Die Freude über die bestechende Linie ist dann auch grösser, als die Schönheit des Aufstiegs. Trotzdem bietet der Mattgrat ein eindrückliches Voralpenabenteuer und eine alternative Steilroute auf einen sonst eher eintönigen Wanderberg.
Der zweite Höhepunkt der Tour weist einen grundlegend anderen Charakter auf. Am einsamen Schinberg findet man guten Kalk und die Besteigung ist, auf welcher Route auch immer, ein interessantes Erlebnis.
Sputnik hat hier den Aufstieg auf den Schinberg über die Normalroute beschrieben (T5). Noch schöner, umfassender, dafür aber anspruchsvoller ist die Überschreitung des wilden Bergkammes – eine sehr lohnende Unternehmung! Von SE nach NW müssen die steilen Abschnitte geklettert werden (eine Stelle IV!), einfacher wäre hingegen die Überschreitung von NW nach SE; alle Abseilstellen sind eingerichtet.

Schwalmis Nord (Mattgrat): T6
Start auf der Klewenalp um 8 Uhr – das Schönwetterfenster sieht recht vielversprechend aus. Auf dem Fahrsträsschen zur Alp Matt und einen Abstecher auf den Heitliberg. Von hier geniesst man gute Einblicke in die Nordabbrüche des Schwalmis. Auf dem Mattgrat zuerst mässig steil in angenehmer Weide bergauf. Bald stellt sich der Grat aber auf und man überschreitet einige grasige Erhebungen. Die Tiefblicke in die Plattenfluchten zur linken Seite sind beeindruckend. Ohne grössere Schwierigkeiten (T4-T5) gelangt man zum ersten felsigen Aufschwung des Grates. Die Platten sind hier sehr ungünstig geschichtet und brechen bei Belastung schnell weg. Man klettert, obwohl nicht besonders steil, heikel ca. 30m in die Höhe, bis man wieder grasigen Untergrund erreicht (T6). Die Gämsen kennen einen einfacheren Weg: Zu Beginn des Aufschwungs links auf ein ansteigendes Band hinaus und rechts dann über zwei Felsstufen wieder zurück (Trittspuren, T5+?). Nun einfacher, am Schluss in losem Geröll bis an den Fuss der Gipfelfelsen. Vorsichtig quert man jetzt in steilem, rutschigem Gelände nach links und gelangt, immer leicht aufsteigend, an einen Schwachpunkt im Felsriegel. Auf beliebiger Route klettert man hinauf zum Gipfelfirst. Der Fels ist brüchig und feucht. Der Pickel in den Erdpolstern bildet meist den einzigen sicheren Fixpunkt. Die Route ist aber, auch hier, eher heikel, als wirklich schwierig und steil. Dann nach links zum höchsten Punkt.
Abstieg zum Hinterjöchli und über den Risetenstock zum Schinbergjöchli.
Schinberg Überschreitung SE-NW: T6, II, eine Stelle IV
Vom Schinbergjöchli gelangt man in abwechslungsreicher Kraxelei (T5+, I-II) auf einem schönen Voralpengrat an den Fuss des Steilaufschwungs zum Schinberg. Es sind Trittspuren vorhanden. Der Einstieg in den Kamin ist nicht zu verpassen; er setzt nur wenige Meter rechts der Scharte an. Durch Fels mit Graspolstern klettert man ins Kamin (II) und in diesem bis unter den markanten Überhang, die Schlüsselstelle. Hier packe ich mit entspanntem Lächeln die Kletterfinken aus: Es heisst ja, dass man mit Finken einen Grad besser klettert – und den könnte ich noch brauchen, vor allem da ich bei Tourenplanung noch nicht wusste, wie lange die Kletterei in der Schlüsselstelle ist. Man klettert unter dem Überhang in der linken Wand hoch, die Stelle ist senkrecht, relativ glatt und ca. 4 Meter hoch, III+ gemäss Führer, mir scheint IV gerechtfertigt.
Da mir doch etwas mulmig war, einfach so in die Wand hinauszuklettern, packte ich meine Reep-Schnur zur Selbstsicherung aus. Auf halber Höhe gibt’s eine gute Sanduhr, durch die ich die Schnur zog und sie mangels Alternativen an meinem Rucksack mit zwei Meter Abstand befestigte. Typisch Delta, nur halb durchdenken… Auf jeden Fall war die Stelle recht schnell geklettert und ich hatte den Ausstiegsgriff in der Hand, als mich die Reepschnur am Rucksack zurückhielt – toll! Mir blieb nichts anderes übrig als den Rucksack auszuziehen und mich in eine bessere Lage zu bringen, eine Hand am Ausstiegsgriff, die andere am Rucksack. Schliesslich musste ich aufgeben, liess den Rucksack fallen und brachte mich in Sicherheit. Da steh ich nun, ich armer Tor… Die Schlüsselstelle ist geklettert. Mein Rucksack hängt and der Reepschnur ca. 3 Meter unter mir in der Sanduhr. Wie weiter? Wohl oder übel musste ich die Stelle nochmals von oben bis zur Sanduhr anklettern – diesmal ungesichert. Schliesslich konnte ich den Rucksack bergen – uff. Noch nicht fertig: Leider liess sich die Reep-Schnur nicht mehr aus der Sanduhr abziehen. Also sicherte ich mich mit dem restlichen Seil an der Abseilstelle und stieg nochmals zur Sanduhr ab, wo ich die Reepschnur schliesslich lösen konnte. So kompliziert – ohne Selbstsicherung wärs bestimmt sicherer gewesen…
Über der Schlüsselstelle befinden sich drei verschiedene Abseilstellen, unterschiedlicher Generation, es findet sich für jeden was. Der Rest des Kamins ist dann einfach (I-II) und bald steht man auf dem Gipfel des Schinbergs – wieso gibt es dort kein Gipfelbuch?! Der Weiterweg über den Grasgrat gegen den Vorgipfel bereitet keine Schwierigkeiten (T4). Den rund 30m hohen, sehr steilen Aufschwung zum Vorgipfel erklettert man am besten an der Kante: Unmittelbar beim Einstieg nach rechts auf einem Grasband hinaus zum Grat und auf diesem in griffiger Kletterei, später in Gras auf den Gipfel (T6, II). Für den Abstieg vom Vorgipfel ist eine Abseilstelle (Eisenstange im Gras) eingerichtet. Weiter in dichtem Nebel und hohem Gras ins Sätteli und zurück in die Klewenalp.
Tourengänger:
Delta

Communities: T6
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