Stromboli - von unten und von oben


Publiziert von basodino , 15. Juni 2019 um 10:58. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Italien » Sizilien
Tour Datum: 5 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 920 m
Abstieg: 920 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:von Lipari mit einem der zahlreichen Anbieter via Schiff nach Stromboli, vor Ort verschiedene Guides verfügbar
Zufahrt zum Ankunftspunkt:siehe oben

Nach meinem gestrigen Unfall mussten wir umdisponieren. Zum Glück lässt sich der Stromboli-Ausflug gut als Kombi für Wandererer und "Nicht-Wanderer" organisieren. Aus meiner Stromboli-Besteigung wurde eine "Stromboli by night"-Tour. Das hieß zunächst, dass das Programm bis auf den Aufenthalt auf Stromboli selbst identisch blieb, nur dass ich dann nicht hinauf durfte. Selber Schuld, trotzdem nicht schön.

Anfahrt
Mit dem Boot ging es um 12.30 Uhr am kleinen Hafen von Lipari los. Zunächst fährt man für eine knappe Stunde bis nach Panarea. Dort fiel das Schwimmen aus, da das Meer doch noch etwas zu kühl für das breite Publikum ist und wir landeten in dem kleinen Örtchen der Insel an. Eine gute Stunde zum Bummeln, was bei der Größe des Dörfchens eine Menge ist. Gut, so reichte es für ein Eis oder eine Granita.

Danach fuhren wir an kleineren Inseln vorbei direkt nach Stromboli, wo wir nach einer weiteren Stunde Fahrt ankamen. Die Bergsteiger verließen das Boot - tourinette berichtet unten von der Besteigung des Stromboli. 

Die Fußlahmen oder Gemütlicheren blieben an Bord. Wir fuhren in einer knappen halben Stunde einmal um das kleine vorgelagerte Inselchen Strombolicchio herum, was hübsch ist, die Lücke bis zum nächsten Programmpunkt aber nicht wirklich schließen kann. Um 16.30 Uhr wurden wir an Land entlassen mit der Ansage, es geht weiter um 21.30 Uhr.

Stromboli von unten (basodino)
5 Stunden auf einer Insel, allein im Trubel der vielen Besucher, nicht in der Lage den Fuß auch nur halbwegs ordentlich zu belasten. Ich konnte ja schlecht 5 Stunden lang Pizza und Eis in mich reinstopfen.

Als ich um kurz vor 17 Uhr auf der kleinen Piazza am Cafe Ingrid und der Kirche San Vicenzo den sich organisierenden Wandergruppen sehnsüchtig zuschaute und irgendwie das Gefühl hat, von dem Örtchen fast alles gesehen zu haben, erinnerte ich mich, dass es ein Ristorante geben soll, von dem man den Gipfel sehen kann und das nicht sehr hoch gelegen ist. Also schnell das Handy herausgenommen und nachgegoogelt - EU-Roaming und besserem Netz als in Deutschland sei Dank. 110 Höhenmeter bis zum Ristorante über eine flache Straße, das sollte doch auch mit dem lädierten Fuß gehen. Also los.

Ich kann es nur jedem empfehlen, der nicht auf den Gipfel will oder kann. Von San Vincenzo läuft man einfach den Sträßchen weiter entlang, den Berg gegen den Uhrzeigersinn umrundend. Einmal muss man noch kurz ansteigen, dann wieder fast bis ans Meer hinab. Dort gibt es eine beschilderte Abzweigung nach links, die einen in wenigen Minuten aus dem Ort herausführt. Das Sträßchen wird weit schlechter und besteht hauptsächlich aus flachen Steinen und Asche, bleibt aber weitestgehend flach und steigt sehr gemächlich in einigen Kurven und dann den Hang entlang querend an bis zum Ristorante. Links an selbigen führt der Weg vorbei, steigt nochmals etwas über eine gepflasterte Spur an. In der zweiten Linkskurve kann man hinter einer Absperrung nach rechts gehen und erreicht nach wenigen Minuten den Rand der Feuerrutsche. T1, 1 h 10 min

Wer besser zu Fuß ist, kann auch noch zu zwei weiteren, höher gelegenen, offizielleren Aussichtspunkten weitergehen, bevor es in die verbotene Zone geht.

Ich konnte mich davon überzeugen, dass die Feuerrutsche zwar beeindruckend aussehen, aber keinerlei Aktivität aufwiesen. Den Gipfel mit seiner sporadischen Rauchwolke sieht man vom Restaurant beinahe genauso gut. Dort ist es wesentlich bequemer. Die Pizza war sehr gut und das Chocolate-Mousse die pure Unvernunft, aber hey - echt lecker.

Leider musste ich den Ort kurz vor Sonnenuntergang verlassen, damit ich mein Boot um 21.30 Uhr nicht verpasste. Im Dunkeln kann man bei entsprechender Aktivität auch feuerrote Ausbrüche von hier unten sehen, aber das leider auch erst in der späten Dämmerung bzw. in der Nacht. Das Restaurant bietet übrigens einen kostenlosen Shuttleservice bis zu den ersten Häusern, was bei der Straße schon recht abenteuerlich anmutet.

An der vorhin erwähnten Kreuzung bog ich links ab und wanderte lange durch die Gassen bis ich schließlich wieder ans Meer kam. Auch von hier ist es noch ein gutes Stück. Entgegen der Auskunft der Wirtin habe ich den Strecke nicht in 45-50 Minuten geschafft. Das Boot habe ich aber noch rechtzeitig erreicht. T1, 1 h 00 min

Nun folgte also der Programmpunkt "Stromboli by night", die groß beworbene Hauptattraktion. Leider entpuppte sich diese als Rohrkrepierer. Eine knappe Stunde haben wir ca. 1 km vor den Feuerrutschen auf Aktivität gewartet. Es gab 5 kleine Ausbrüche, die am obersten Rand ein jeweils kurzes rotes Glühen verrieten. Der rote Schimmer war aber meist nach 3-5 Sekunden wieder weg. Mich hat das an das Sternschnuppenbeobachten erinnert, wo man auch lange darauf wartet, dass es hin und wieder ein kurzes Huschen am Himmel gibt. Schon schön, aber eben meist auch recht unergiebig.

Es mag sein, dass ich einfach Pech hatte, aber bei dem derzeitigen Aktivitätsniveau lohnt sich der Ausflug bei Nacht nicht wirklich. Das kann man in dem Ristorante gemütlicher haben, wenngleich man dann eine Nacht auf Stromboli bleiben müsste.

Um 22.30 Uhr kamen dann wieder die Bergsteiger an Bord und ich war schon ganz gespannt, was Tourinette zu berichten hatte.

Stromboli von oben (tourinette)
Für die "Bergsteiger" ging es als erstes zum Büro von "Vulcano ai Piedi". Wer die Tour von Lipari aus bucht, wird in der Regel bei diesem Anbieter landen. Nach und nach durfte jeder 25 EUR für den Bergführer bezahlen und bekam einen Helm - kurzer Materialcheck: Wanderschuhe, Lampe, mind. ein Liter Wasser? Ansage war, dass man sich um 16.30 Uhr zum Briefing trifft - also noch Zeit, an der Bar um die Ecke einen  Espresso zu nehmen und meine Wasservorräte auf 2 Liter aufzustocken (was am Ende auch richtig so war!). Als ich zurückkam stellte sich schon unser Vulkanguide vor und ging es mit dem Briefing los (englisch, italienisch). Keine Überraschungen für den, der sich vorher ein bisschen einliest: Info über den Ablauf, keine Kontaktlinsen (oder wenn: dann Schutzbrille), ca. 45-60 min am Krater, Abstieg im Dunkeln...

Um 16.30 setzte sich die Gruppe in Bewegung. Erstaunt war ich über die Größe: wir waren über 30 Personen (offiziell ist von max. 20 pro Gruppe die Rede) . Anfangs ging noch ein zweiter Guide am Ende der Gruppe, der verschwand nach ca. 1 1/2 Stunden aber und hatte seine "Aufgabe" offensichtlich an einen deutschen Wanderleiter übergeben, der mit seinen 6 Gästen in unserer Gruppe war.

Den Ort Stromboli lässt man recht schnell hinter sich. Ein Stück geht es noch über teilweise asphaltierte Wege oder "Schleichwege" zwischen Gärten (hier liegen die "schlechtesten" Wegstücke, da einige Stellen stark ausgewaschen waren). Bald jedoch schlängelt sich der Wanderweg zunächst durch die Vegetation. Nach einer Stunde eine erste kurze Pause. In der folgenden Stunde Aufstieg verlässt man allmählich die Vegetation und geht vermehrt durch die Aschehänge - wobei der Weg relativ fest ist, ich fand es überall gut und angenehm zu gehen. Nach zwei Stunden die nächste kurze Pause - hier erzählte der Guide auch ein wenig über den Stromboli, seine Ausbrüche und klaubte aus der Asche kleine Kristalle (Pyroxene), die manchmal bei Ausbrüchen mit der Asche verteilt werden.

Die dritte Etappe führt bis an die Schutzhütten am unteren Kraterrand. Hier hieß es Helme aufsetzen. Häufig ist das auch der Ort, an dem Jacken etc. angelegt werden, da es üblicherweise am Kraterrand recht windig ist. Ich nutze die Gelegenheit auch, um hier zumindest von kurzer auf lange Hose zu wechseln - auch wenn wir einen warmen, windstillen Tag erleben.
Neben und über uns zischte es immer wieder, Rauchsäulen erheben sich in den Himmel. Mit der inzwischen tief stehenden Sonne wirkte das ganze entsprechend dramatisch. Und so nahm die Gruppe voller Vorfreude das letzte Stück zum oberen Kraterrand unter die Füße. Hier oben ist die Asche weicher, man sinkt schon etwas ein - die Bergstiefel haben hier ihre Berechtigung - aber alles in allem ein unproblematischer Weg. Ziemlich genau 3 Stunden hatten wir für den Aufstieg benötigt.

Am Kraterrand teilte der Vulkanguide uns eine Stelle zu, von der wir uns bis zum Abstieg bitte nicht wegbewegen sollten, schon gar nicht Richtung Krater! Die Fotografen brachten Stative und Kameras in Stellung, endlich war auch Gelegenheit, das mitgebrachte Sandwich zu essen - und dann galt es nur noch zu schauen und genießen. Die Sonne senkte sich langsam ins Meer, immer wieder schickte der Stromboli seine Rauchzeichen mit Zischen und leichtem Rumpeln in die Höhe. Eine Wolke enthielt viele kleine Ascheteilchen, die sandig auf unser herunterrieselten (Tüte über die Kamera ist dann eine gute Idee!)

Nur eines fehlte: die gewaltigen feurigen Magmaeruptionen, die doch auf allen Werbebildern so spektakulär aussehen! Aber so ist das halt mit der Natur, der ist es egal, ob ich jetzt gerade mal da bin und bitte ein Feuerwerk sehen möchte. Nach Sonnenuntergang gab es zumindest an einer Stelle ein bisschen Lava zu sehen. Immerhin war der Stromboli heute mit seinen Rauchschwaden recht aktiv, und die freie Sicht auf den Sonnenuntergang gibt es auch nicht jeden Tag.

Nach einer Stunde rief unser Guide recht aprupt zum Aufbruch (20.30 Uhr). Wir mussten Platz machen für nachfolgende Gruppen. Der Aufbruch war sehr gehetzt, schnell Kameras staubdicht im Rucksack verstauen, Gamaschen anlegen und dann ging es in ziemlich flottem Tempo bergabwärts. Der Vorteil des frühen Aufbruchs war, dass man das erste Wegstück auch noch ohne Stirnlampe gehen konnte. Der Abstiegsweg führt über eine andere Route, hier geht man knieschonend in weicher Asche - muss aber dennoch auf gelegentliche Felsbrocken achten. Etwa auf halber Höhe gab es eine kurze Pause, um den Sand aus den Schuhen zu schütteln bzw. die Gamaschen abzulegen, wenn man gut vorbereitet war ;-)
Irgendwann stößt man wieder auf die festere Aufstiegsroute und die ausgewaschenen Pfade kurz vor dem Ort - das fand ich die "schwierigste" Passage, vor allem wenn das Licht der Stirnlampe schon nachlässt (ok, frische Batterien vor der Tour wären eine gute Idee gewesen).

Im Büro Helme abgeben und eine kurze Verabschiedung vom Guide - und sofort ging es aufs Boot, das uns nach Lipari zurückbrachte (und das zum Glück auch Getränke an Bord hatte).

Fazit zur Tour:
Man muss sich einfach klar sein, dass für die Organisatoren vor Ort die Touren Routine sind und man sich in einen gewissen "Massenbetrieb" begibt. Die Abläufe sind zeitlich eng getaktet. Das entspricht nicht meiner bevorzugten Art einer Bergtour, aber den Stromboli bekommt man halt nur so mit begrenztem finanziellem und zeitlichem Aufwand. Die Alternative ist hier beschrieben.
Natürlich habe ich von gewaltigen Magma-Eruptionen geträumt, die man toll fotografieren kann, aber man weiß eben nie, was man bekommt (Nebel, kalter Wind, ruhende Aktivität) - und auch so war die Besteigung eines derart aktiven Vulkans ein tolles Erlebnis!
Kosten (2019) für diese Tour ab/bis Lipari: 45 EUR für die Bootstour mit Sciara del Fuoco, 55 EUR für Bootstour mit Vulkanbesteigung (inkl. einer Registrierungsgebühr) plus 25 EUR für den Bergführer.

Morgen sollte es dann zum kleinen "Bruder" Vulcano gehen.


NACHTRAG:
In unseren Berichten könnte der Eindruck entstanden sein, dass der Stromboli "harmlos" sei. 4 Wochen später brach er in größerem Stile aus, tötete mindestens einen Menschen unterhalb der 400m-Linie (wo kein Führer nötig ist) und setzte bei Ginostra Büsche in Brand. Die Rauchwolke ging bis auf Flugzeughöhe hinauf und Asche und Lava fließt die Feuerrutsche hinab. Da sieht man, wie unberechenbar ein Vulkan sein kann und wir fühlen uns im Nachhinein dankbar, dass er bei uns von seiner "freundlicheren" Seite zu besichtigen war.

Tourengänger: basodino, tourinette


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