Erstbegehung? Kuchelbergkopf - direkte Nordwand (350 Hm, WI 4+, S+)


Publiziert von pete85 , 6. April 2019 um 18:38.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:30 März 2019
Hochtouren Schwierigkeit: S+
Eisklettern Schwierigkeit: WI4
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m

Bereits vor 3 Jahren sah ich die Linie das erste Mal von der Straße aus. Diesen Winter noch etliche Male mehr, aber häufig hatte ich kein Wetterglück (Neuschnee, Föhn, oder zu später Start). Nun konnte ich früh starten, es hatte seit Tagen nicht schneit so dass die Lawinensituation sehr entspannt war und zusätzlich war die Abstrahlung über Nacht gut. Immerhin ist es schon Ende März und der Start der Tour mit 1670 Meter über dem Meer recht niedrig gesetzt.

Die Schneeschuhe ließ ich gleich zu Hause. Eine richtige Entscheidung, die letzte dreiviertel Stunde bin ich max. mit dem Fuß eingebrochen, dafür musste ich die Biester beim Klettern nicht mitschleppen.

Der Zustieg zur Wand dauerte knapp 2h. Ich nahm extra 2 Paar Steigeisen mit. 1 Paar alte für den Zu- und Abstieg und ein paar für die Eiskletterei. Weiter war ein Gurt, 12 Meter Restseil, 6 Schrauben, 3 Haken, ein paar Karabiner und Exen, 5 Keile und ein Abseilachter sowie eine Selbstsicherung dabei.
Schließlich weiß ich bei meinen Touren nicht immer genau, was mich erwartet. Und die Route zieht schon sehr elegant und direkt durch die Nordwand des Kuchelbergkopfs.
Bei meiner Recherche sind mir in dessen Wand auch keine begangenen Touren aufgefallen, obwohl sie einem so entgegenspringt bei der Weiterfahrt ins Tal Richtung Kreuzspitze und Geierköpfe. Es könnte sich also um eine Erstbegehung handeln....

Der Zustieg zur Wand ist jedenfalls technisch einfach, wenn auch mit knapp 800 Hm recht lang.
Dann folgt ein 50-60 Meter langer Eisfall (rechts bis WI 5, links WI 4-). Unten die ersten Meter senkrecht in sprödem Eis nach oben, dann entspannter dem Ende entgegen. Die ersten 6 Meter gehe ich seilfrei. Aufgrund der spröden Bedingungen entscheide ich mich dann aber Stand zu bauen und mich mit meinem wenigen Seil selbst zu sichern. So benötige ich 2 kurze Seillängen (immer wieder abseilen, abbauen und hochsteigen), bevor ich es wieder in den Rucksack packe und seilfrei weiterklettere.
Es folgen ca. 200-300m Gehgelände mit 30-50°.

Im Anschluss geht es in das Herzstück der Tour. Eine 60 Meter lange Rinne, 3 Stellen senkrecht, mit gutem Firn und dünnem Eis. Rechts und links extrem bröseliger Fels. Eine Absicherung ist hier eine Herausforderung.
Die ersten Meter gehen gut, der erste Aufschwung ist schnell erklettert. Dann folgt der zweite Aufschwung - ca. 3-4 senkrechte Meter, das Eis wird dünner, die Pickel wollen vorsichtig gesetzt werden um nicht gleich stumpfe Hauen zu generieren.
Es folgen die letzten senkrechten Meter (4-5) hin in wieder leichteres Gelände.
Da ich bei einem Sturz mehrere hundert Meter abstürzen würde (wahrscheinlich würde ich bis an den Einstieg bei diesen Verhältnissen purzeln), entscheide ich mich das Seil an dieser nur ca. 60° steilen Stelle herauszuholen und mich selbst zu sichern. Die Alternative wäre abseilen.
Da ich von unten aber gut einsehen konnte, dass es sich hierbei um die Schlüsselstelle handelt, entscheide ich mich dafür sie zu klettern und im Zweifelsfall das Seil mit etwas Sicherungsmaterial zu opfern.
Der Stand hierfür wird an 2 Schrauben (13er) und einem Icepiton gebaut. Der Icepiton ist aufgrund der Eisqualität der Punkt, in den ich das meiste Vertrauen habe, was ja auch eine Aussage ist. Ich steige vorsichtig 2 fast senkrechte Meter nach oben und kann noch eine 10er Schraube eindrehen - nach 8cm kommt aber Fels. Also noch 10cm höher und ich kann eine 10er Schraube ganz eindrehen. So selbst im Vorstieg gesichert überklettere ich diese Passage. Der Firn greift, und obwohl sie "nur" senkrecht ist, kommt einem diese Passage eher wie ein kleiner Bauch am Ausstieg vor (WI 4+).
Nun gehe ich ein paar Meter und das Seil ist sofort aus. Auch im nächsten Eisaufschwung kann ich keine 10er Schraube eindrehen. Risse für die paar Keile und Haken gibt es auch nicht. Icepitons habe ich keine mehr. Und einfach die Pickel in den Schnee rammen und mich daran abseilen möchte ich auch nicht, zumal ich keine Bandschlinge für eine Ausgleichsverankerung habe.
So muss ich auf den bereits vorher beschlossenen Plan B zurückgreifen und das Material hängenlassen.

"Nehm ich den "Müll" eben im Sommer mit." denke ich mir. Aber am Folgetag sollte es ganz anders kommen (nächster Tourenbericht ;)  )

Der Weiterweg Richtung Gipfel gestaltet sich wieder unschwierig. Es folgen Aufschwünge mit WI2+ /3-.
Danach noch Schnee/Firn mit 30-50° (ca. 200 Meter) bis zum Gipfel.

Der Abstieg konnte später ebenfalls über das Tal erfolgen.


Kletterzeit:                       2:28   h


P.S.:   Da am Folgetag die erste Wiederholung (sofern das heute die Erstbegehung war) durchgeführt wurde, mache ich dort exakte Angaben zu den Schwierigkeiten und Seillängen in der Tour und werde weniger beschreiben als hier.



Tourengänger: pete85


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