Le Locle - Saignelégier dem Doubs entlang in 3 Tagen


Publiziert von rkroebl , 9. Juli 2018 um 22:40.

Region: Welt » Schweiz » Neuenburg
Tour Datum: 6 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F   CH-JU   CH-NE 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 1734 m
Abstieg: 1646 m
Strecke:Le Locle - Les Brenets - Saut du Doubs - Les Graviers - Barrage du Châtelot - Moulins Calame - Maison Monsieur - La Rasse - Barrage du Refrain - Ruine du Moulin de la Mort - La Goule - Goumois - Saignelégier (52,9 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Le Locle
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Saignelégier
Kartennummer:Ausschnitte SwissTopo / GPS Garmin etrex 30

Endlich Zeit für ein Projekt, das ich schon länger im Auge hatte und dessen Verlängerung bereits in Planung ist. Alles, was ich bis anhin über den französisch/schweizerischen Grenzfluss Doubs gehört und gelesen hatte, wurde schlicht übertroffen. Ein unvergleichliches schönes Naturerlebnis erwartet einen da!
 
1. Tag
 
Startpunkt war Le Locle, eine etwas trostlose Kleinstadt, die offenbar ihre besten Zeiten hinter sich hat. Bei starker Bewölkung und etwas Nieselregen machte ich mich auf, ins Tal des Doubs hinunter zu marschieren. Es gäbe einen Zug nach Les Brenets – dem eigentlichen Start der Wanderung am Doubs - aber ich hätte eine Stunde warten müssen. Dann lieber gleich zu Fuss los. Wanderwegweiser gibt es am Bahnhof von Le Locle nicht. Also hielt ich mich mal an die Wegweiser für die Autofahrer. Prompt vor dem Col-des-Roches, den man an der Passhöhe erreicht, ändert das dann und der Weg hinunter ins Tal ist signalisiert. Kurz durch ein paar enge Strassentunnels und dann hinunter durch den Wald, bis es wieder flach wird und man die Ortschaft Les Brenets erreicht. Von da aus geht es rechtsufrlg und flussabwärts dem Fluss entlang, der in dieser Gegend eigentlich ein Stausee ist (der Lac des Brenets) bis zum Saut du Doubs. Dieser Wasserfall ist eine touristisch vermarktete Sehenswürdigkeit die einen aber nicht vom Sockel haut. Der Doubs am Ende des Sees stürzt sich auf vielleicht 3 Metern Breite ein paar Meter talwärts. C’est tout!
 
Hier ist dann aber auch mit dem Massentourismus Schluss. Weiter dem Fluss, der bald später wieder zu einem See - dem Lac de Moron – wird, entlang, oft direkt am Wasser. Prächtige Landschaft, keine Menschenseele mehr und immer stärker der Eindruck, dass man sich hier in einer Schlucht von monumentalen Proportionen befindet. Am Ende des Lac de Moron die nächste Talsperre, die Barrage du Châtelot die man etwas besichtigen kann, bevor man sie durch einen Tunnel verlässt und eine Talstufe weiter absteigt. Die Schlucht ist eng und dunkel hier. Ein unerwartetes Highlight folgt: direkt am Weg steht ein uraltes Häuschen, das mit Blechschild als Halte du Châtelot 1731 beschriftet ist. Hier kriegt man in einer urgemütlichen Stube von der netten Wirtin herrlichen Eistee serviert und kann darüber sinnieren, was Menschen dazu bringt, in dieser gottverlassenen Schlucht, an einer Stelle an der die Sonne kaum je hinkommt, zu leben. Die Antwort auf diese Frage bietet der Doubs nur indirekt. Entlang der ganzen Schlucht wurden früher viele Mühlen betrieben. Wasserräder sorgten für die Energie um Mahlwerke, aber auch Hammerwerke für Waffenschmieden zu betreiben – bevor der Fluss an etlichen Stellen gestaut wurde, um Strom zu produzieren. Auf der Wanderung kommt man an Dutzenden von Ruinen von Mühlen vorbei. Oft liegt nur noch ein Mühlstein in den Felsen, der Rest der Gebäude wurde geschliffen oder ist verfallen.
 
Der Pfad geht weiter, streckenweise unter den überhängenden Felswänden die über einem aufsteigen und die mit modernen Gimmicks wie GPS-Empfängern und Satellitentrackern ihren Schabernack treiben. Dass die Gegend handytot ist, versteht sich von selber. Ein paar Kilometer flussabwärts dann die Usine du Châtelot, ein weiteres Kraftwerk. Danach eine lange  Strecke durch einen Wald, der an Sagen, Elfen und Gespenster erinnert. In der Schlucht – auch entlang des weiteren Wegs – sind die meisten Bäume vom Fuss bis in die Wipfel dick mit Moos bepackt. Das Klima hier unten ist feucht. Langsam wurde es Abend und die Suche nach einem geeigneten Ort um zu übernachten stand an. Ich ging ein paar Kilometer ohne irgend etwas passendes zu finden . Kaum ein Quadratmeter ebenen Bodens fürs Zelt. Auch gingen meine Wasservorräte zu Ende und aus dem Doubs wollte ich nicht unbedingt trinken, da das Wasser dort meist nur über riskante Kraxelei erreichbar war. Das Glück war mir hold. Plötzlich, es nennt sich dort Les Graviers, ein kleines Stück ebenes Gelände, direkt am Wasser, eine Wiese, ein Brunnen (wenn auch mit „Eau non potable“ bezeichnet). Perfekt, allerdings Privatgrund, ganz offensichtlich. Nur 50 Meter weiter dann aber öffentliches Gelände, das sich genauso perfekt für eine Nacht im Zelt eignet. Ich richtete mich dort ein, versorgte mich mit Wasser vom Brunnen (das ich filterte – siehe Ende dieses Berichts). Ich verbrachte einen herrlichen Abend und eine angenehme Nacht, wenige Meter vom Ufer des ruhig dahinfliessenden Doubs.
 
Diese Etappe: 18,2 km, T2 ca. 6 Stunden
 
 
2. Tag
 
Frühmorgens machte ich mich auf die Socken, es sollte eine längere Etappe werden. Weiter direkt dem Doubs entlang durch verwunschenen Wald, immer mit den hohen Felswänden über mir. Ab und zu steigt der Weg auf, man kommt in die Felsen und bald auch wieder herunter. Nach ein paar Kilometern wurde mir bewusst, was hier auch Sache ist: Wenn man sich hier in der Schlucht befindet, findet man über viele Kilometer keinen Ausweg hinauf. Brücken, um den Fluss zu queren gibt es auch fast keine. Man ist – und ich habe das sehr genossen – gefangen in der Einsamkeit und kann nur Eins tun: Weitergehen. Die Zivilisation fand mich ganz kurz wieder bei La Maison Monsieur (Hotel, Parkplatz, Villa). Vielleicht einen Kilometer später dann die absolute Schlüsselstelle auf der ganzen Wanderung: die Brücke bei La Rasse. Unter Anderen hatte mir Mo6451 empfohlen, auf der französischen Seite des Flusses zu gehen. Ab La Rasse kann man das und das lohnt sich eminent, denn nicht hinüberzuwechseln wäre ein Fehler (!), auch wenn der signalisierte Wanderweg auf der schweizer Seite weitergeht. Man kommt also über die kleine Brücke bei La Rasse und biegt direkt danach auf einen Pfad ein, der am Ufer entlang weitergeht. Wie ich jetzt weiss, ist der Pfad mit weiss/rot  weitersignalisiert, was oft hilft, wenn Abzweigungen kommen wenn's kurz in die Felsen geht. Grundsätzlich sind die Wege in dieser Gegend Frankreichs tadellos und klar signalisiert.
 
Traumhaft schön ist die weitere Wanderung. Erst dem Lac de Biaufond entlang bis zur Staumauer bei der Barrage du Refrain, dann weiter bis zum Kraftwerk Le Refrain. Die Felsen dort nennen sich schauderhafterweise Les Echelles de la Mort und sind ein beliebtes Kletterermekka mit Klettersteig. Man kann von unten zusehen, wie die Kletterer über lange Seilbrücken hangeln und sich luftig vergnügen. Sieht aus, wie ein Seilpark - nur viel höher. Immer weiter geht der Weg dem Fluss entlang, der mal schnell, mal träge fliesst, mal wie ein Wildwasser über Felsen donnert. Auf den nächsten Kilometern steigt der Weg ab und zu auf in die Felsen, kommt aber bald wieder ans Flussufer herab, ein munteres Auf und Ab ist das. Unterhalb der Côte de Goule wird der Doubs wieder zu einem See an dessen Ende es seit etlichen Kilometern zum ersten Mal wieder eine Brücke hinüber in die Schweiz gibt. Über die Brücke geht man höchstens, um sich bei Glutzhitze im Restaurant am Schweizer Ufer eine Cola zu genehmigen, da es auf der französischen Seite keine Beiz hat. Danach zurück nach Frankreich und den weiss/roten Wegmarkierungen folgend erst etwas den Berg hinauf, um dann wieder unten am Flussufer für eine lange Zeit weiterzugehen. Auch hier fing ich langsam mit der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz an. Ich hatte Glück, wie schon am ersten Abend: Kurz vor der Ortschaft Goumois weitet sich das Tal auf einigen hundert Metern. Grillplätze, Tische, Bänke. Und niemand da – trotz herrlichem Wetter und Samstagabend. Von Verbot war nichts zu sehen, also schlug ich mein Zelt an einer gemütlichen Ecke auf, kochte mein Essen und genoss nach kurzem Eintauchen im Fluss noch Süssigkeiten und auch noch die nach der langen Distanz wohlverdiente Zigarre. Eine ruhige Nacht, weitgehend. Die hinter mir im Gehölz rumtrampelnden Wildschweine haben mich nicht gestört.
 
Diese Etappe: 26,8 km, T3 (Leitern, ein paar anspruchsvollere Stellen in den Felsen, sonst durchwegs T2), ca. 8 Stunden
 
3. Tag
 
Frühmorgens machte ich mich auf den Weiterweg. Der sollte mich diesmal aus der Schlucht führen, denn es war Sonntag und irgendwann ist auch die schönste Wanderung vorbei. Ich ging dem Fluss entlang, später auf Quartiersträsschen nach Goumois, das ein international bekanntes Wildwasser-Kanuten Mekka zu sein scheint. Herziges kleines  Käffchen mit Gasthöfen, Restaurants, Souvenirläden. Alles geschlossen, da Sonntag und früh. Ich querte hier hinüber in die Schweiz und nahm den Weg nach Saignelégier unter die Füsse. Wenn man den raufsteigt, wird einem bewusst, wie tief sich der Doubs hier in die Landschaft eingegraben und eingespült hat. Goumois liegt auf etwa 490 Metern, das Hochplateau um Saignelégier auf 1000. Beim Bahnhof in Saignelégier angekommen war gerade noch Zeit für einen Kaffee im Buffet, bevor ich die lange Zugreise zurück nach Zürich antrat. Saignelégier wird der Startpunkt für die Fortsetzung dieser Tour am Doubs sein, denn die weiteren Kilometer am Fluss will ich unbedingt auch noch sehen. 
 
Diese Etappe: 7,9 km, T2, ca. 2 Stunden
 
Auch dieser wirklich lohnende Ausflug diente nebenbei als Materialtest in Vorbereitung auf meinen Versuch, nächstes Jahr den Appalachian Trail durchzuwandern. Neben einem weiteren Test des Garmin Inreach *(mehr hier) das meiner daheimgebliebenen Familie erlaubte, meine Wanderung „live“ auf der Karte mitzuverfolgen, galt das Augenmerk vorallem dem Thema „Wasseraufbereitung“. Um mich an diesen heissen Tagen mit Wasser zu versorgen, setzte ich die in den USA sehr beliebten Filterpatronen von Sawyer – in meinem Fall vom Typ Sawyer Squeeze – ein. Diese problemlos zu bedienenden, sehr leichten Filterpatronen sind nicht gerade billig, filtern aber 99,99999% sämtlicher Wasserverunreinigungen (ausser Viren, die in unseren Gewässern aber kaum vorkommen) zuverlässig aus. Die Dinger sind einfach zu bedienen, wenn man sich auch gleichzeitig ein kleines Organisationskonzept bezüglich Behältern (wo kommt Schmutzwasser rein, wo gereinigtes Trinkwasser) ausgedacht hat und den eigenen Wasserverbrauch einigermassen zuverlässig abschätzen kann. Man will ja immer genug davon dabei haben, aber nie zuviel davon schleppen. Sonst ist nur zu beachten, dass die Sawyers nie einfrieren dürfen, da sie sich sonst selbst zerstören. Auf dieser Wanderung natürlich kein Problem, nächstes Jahr wird das anders. Die eingesetzte Technologie von Sawyer, kombiniert mit PET-Mineralwasserflaschen und einer GNOC-Blase als Sammelgefäss für Schmutzwasser haben sich bestens bewährt und dürfen dann mit, auf meinen grossen Hike. Fotos ganz am Schluss, wen’s interessiert: Details bitte selber ergoogeln.
 
Letztlich: Ich verzichte hier ausnahmsweise auf Publikation von GPS-Tracks, denn was ich zurückbrachte war ziemlich unbrauchbar. Die Schlucht ist oft so eng, die Felswände überhängend, man geht durch Tunnels. Ortungsgeräte haben über längere Zeit keine Verbindung zum Himmel und produzieren dadurch Schrott.
 

Tourengänger: rkroebl


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Kommentare (2)


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DanyWalker hat gesagt: Tolle Tour
Gesendet am 12. Juli 2018 um 08:29
War interessant zu lesen. Sehr schöne Fotos hast Du gemacht. Danke für den Bericht.
Gruss Dani

rkroebl hat gesagt: RE:Tolle Tour
Gesendet am 12. Juli 2018 um 09:34
Hoi Dani

Danke! Glaub mir, es war mir ein Vergnügen!

LG, Ray


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