Montscheinspitze NNO-Grat – mit Bohrhaken salonfähig gemacht
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Gleich vorneweg: sämtliche Schlüsselstellen der Tour im Auf- und Abstieg wurden durch gebohrte Zwischensicherungen bzw. Abseilstellen entschärft. Ein Zugeständnis an die Sicherheit oder aber Frevel ? Das ist wohl reine Ansichtssache, letztlich bleibt es jedem selbst überlassen, ob er für die ca. 50 echten Klettermeter im Auf- und Abstieg ein Seil mitschleppen will oder nicht. Für sicherheitsbewusste Bergsteiger oder Kletterer die sich den 3-ten Schwierigkeitsgrad ungesichert nicht zutrauen, wurde für diese Route auf jeden Fall eine Tür aufgestoßen.
Meine Runde führt vom Gerntal-Parkplatz über den Schleimssattel zum Mantschenhals, den NNO-Grat bis zum Hauptgipfel direkt hoch, nun Abstieg über den Südgrat zum Plumsjoch, weiter hinunter zur Gernalm und wieder zurück zum Parkplatz.
Der NNO-Grat wurde in den Berichten von kardirk und
bula_f bereits ausführlich dokumentiert, so dass ich hier nicht mehr auf alle Details eingehen muss.
Zunächst folgt man der Fahrstrasse vom Parkplatz Gerntal bis zur Mantschenalm. Nun ostseitig über die gut gangbare Wiese hoch zum Mantschenhals. Ab hier folgt man immer dem ausgeprägten Grat, der direkt über den Vorgipfel zum NO-Gipfel und schließlich zum Hauptgipfel führt.
Die steilen Wiesen im untersten Abschnitt sind heute leider sehr feucht, lassen sich aber immer noch ohne Ausrutscher begehen. Bereits hier werde ich das Gefühl nicht los, dass die schwach angedeuteten Trittspuren nicht nur von Gämsen stammen können. Bei den ersten felsigen Abschnitten entdecke ich kleine Erdrückstände und auf Schneeresten sehe ich schließlich einen, noch nicht allzu alten, Fußabdruck. Die letzten Tage war also schon jemand am Grat unterwegs.
Es geht zunächst recht beschaulich an der Schneide entlang, eine plattige Felsstufe wird rechts mittels einer schmalen Rinne umgangen, bis ich schließlich unter der ersten zwingenden Kletterstelle stehe. Etwas ungläubig erspähe ich den ersten Bohrhaken, der Fels ist noch vom Bohrstaub belegt und die Tritte sind teilweise etwas „ausgeputzt“. Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet.
Bei den ersten Verwerfungen ( dort wo die Schichtplatten nach Süden abbrechen ) wird mir klar, weshalb Carsten schreibt, dass man möglichst nicht in die westseitigen Flanken ausweichen soll: die Abbrüche sind, bedingt durch die schräge Lage der Schichtplatten, überhängend und meist sehr brüchig / kleinsplittrig. Am einfachsten lassen sich die Abbrüche direkt am Scheitel des Grates oder etwas weiter östlich überwinden.
In der zweiten Kletterpassage stecken dann 2 Bohrhaken und nach der dritten Kletterstelle steckt direkt vor Beginn des „Reitgrates“ ( geht auch ohne Reiten ) nochmal ein Haken mit Karabiner ( ??? wurde hier über die Verwerfung abgeseilt ? ). Kurze Zeit später ist der Vorgipfel erreicht und unter einem kleinen Steinmann entdecke ich das liebevoll hergerichtete Gipfelbuch in einer wetterfesten Plastikdose.
Östlich unter dem Gipfel befindet sich nun eine Abseilstelle um in die Scharte zwischen Vorgipfel und NO-Gipfel zu kommen. Ich steige auch östl. vom Gipfel bis zu dem überhängenden Felsriegel ab. Die direkte und niedrigste Abstiegsstelle ist gleich gefunden, ca. 2 ½ Meter überhängender und brüchiger Fels. Als 20-Jähriger wäre ich wohl einfach runter gesprungen, aber knapp 40 Jahre später sind die Sehnen, Bänder und Gelenke nicht mehr das, was sie mal waren. Wegen des Bruchs und der Unübersichtlichkeit traue ich mich die Stelle aber zunächst auch nicht abklettern, das Sturzrisiko ist mir einfach zu hoch. Also steige ich oberhalb des Riegels durch die Rinne ca. 12 m weiter ab, hier gibt es mittels eines Risses eine sehr einfache Alternative ( ca. II+ ).
Nun wieder hoch bist unter direkte Stelle, die Trittkombination ist mir gleich klar, das Problem sind die brüchigen Griffe. Auf den Zehenspitzen stehend versuche ich mühsam für die linke Hand einen halbwegs festen Griff „freizulegen“. Bei einem Versuch entdecke ich zufällig für die rechte Hand auch noch eine kompakte Leiste. Na, dann steht dem „Durchstieg“ ja nichts mehr im Wege, und tatsächlich, es klappt gleich beim ersten Mal, anschließend klettere ich die Stelle natürlich auch wieder ab. Bzgl. der Schwierigkeitsbewertung bin ich mir selbst uneins, ein überhängender 4er mit relativ kleinen Griffen, hmm, aber es sind halt auch nur 2 – 3 Züge. Ich entscheide mich spontan für 4+, es würde mich aber auch nicht wundern, wenn Wiederholer diese Stelle ganz anders einschätzen. Solange der Bruch nicht gänzlich abgeräumt ist, würde ich das Abklettern nicht ohne vorheriges Erkunden von Unten empfehlen, denn wenn es einen aus 2 Metern Höhe auf’s Kreuz legt, kann das auch dumm ausgehen.
Spaßeshalber steige ich auch noch auf den Zacken in der Scharte, zumindest mit den Händen bin ich ganz oben gewesen, raufsetzen ist mir zu heiß, denn wenn was wegbricht, dann war’s das - endgültig.
Am Fuß des Zackens ist nochmal eine Abseilstelle installiert um die unmittelbar folgende Verwerfung zu überwinden. Das Ding ist nicht „ohne“, aber dann sind die Kletterschwierigkeiten überwunden. Nun einfach weiter zum NO-Gipfel, schrofiger Abstieg in die Scharte vor dem Hauptgipfel und zuletzt auf den Normalweg zum Gipfel.
Als weiteres Highlight diese Tages, treffe ich beim Abstieg zum Plumsjoch, kurz unterhalb des Gipfels, noch auf eine Steinbock-Familie, na die haben die Ruhe weg, eine fast paradiesisch anmutende Koexistenz zwischen Mensch und Tier.
Fazit:
- außergewöhnlich schöne Rundtour mit tollen Ausblicken
- Schwierigkeitsgrad 3 ist obligatorisch
- ob die Bohrhaken nun viele Aspiranten anlocken bleibt abzuwarten
- reine Gehzeit: gemütliche 6 Stunden mit viel Zeit zum fotografieren
Viele Grüße
Albert

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