Falkenstein (381 m), Schusterweg - der Klassiker in sächsischer Kletterei


Publiziert von Sarmiento , 13. September 2017 um 09:58.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum: 8 September 2017
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2:30
Aufstieg: 130 m
Abstieg: 130 m

Der Schusterweg am Falkenstein - erstbegangen vor ziemlich exakt 125 Jahren, und trotzdem immer noch eine Herausforderung, auch aufgrund der spärlichen Absicherung. Insgesamt warten ca. 140 Klettermeter, aufgeteilt auf 6 Seillängen, die sich durch die teils ungewöhnliche Topographie des Weges ergeben.

I.) Einstiegsschlucht:
  • Ca. 35 m | II+ / III-
  • Kein Standplatzring, keine Zwischensicherungen; allerdings am Standplatz ein großer Felsblock, um den mobil gesichert werden kann
  • Mobil an Sanduhren, Trichtern und Felsköpfen sicherbar
  • Leichteste Seillänge der Tour. Sie folgt einem auffälligen, ca. 2 m breiten, schluchtartigen Kamin auf der O-Seite des Falkensteins. Einstieg und Ausstieg sind hier die kniffligsten Stellen, dazwischen ist das gut gestufte Gelände leichter. Die Seillänge endet auf einem großen Band, auf das man rechts ca. 20 m quert um so an die nächste Seillänge zu gelangen. 

II.) Porzellankante
  • Ca 15 m | III-
  • Am Standplatz ein Ring, keine Zwischensicherungen
  • Mobil an Sanduhren und Trichtern sicherbar
  • Kurz, aber senkrecht. Die Seillänge folgt einer Verschneidung, deren herausstehende Strukturen für Sandstein außergewöhnlich grazil geformt sind und gleichzeitig fest sind - daher wohl der Name "Porzellankante". Die unteren 10 m folgen direkt der Verschneidung in Falllinie, oben tritt man an einer großen, auffälligen Sanduhr links auf ein Band aus und überklettert den letzten 2 m hohen Absatz. Dort, direkt unter einem Überhang, ist der Standplatz samt Ring.

III.) Kriechband
  • Ca. 15 m | II+ / III-
  • Am Standplatz ein Ring, keine Zwischensicherungen
  • Nicht mobil abzusichern
  • Man klettert rechts vom Stand der Porzellankante heraus, über die zuvor gekletterte Verschneidung und direkt hinein in das (zum Fels hin) schräg liegende Band. Die Kletterei wird dadurch erschwert, dass zwischen schrägem Band und darüber liegendem Überhang kaum mehr Platz als eine Körperbreite ist - daher der naheliegende Name "Kriechband", denn eigentlich kriecht man hier eher hoch als das es als Klettern zu bezeichnen wäre. Auf dem Band folgt nach ca. 4 m eine kurze Stelle ohne darüber liegenden Überhang - hier weiter auf dem Band bleiben und rein in den nächsten ca. 4 m langen Überhang und NICHT der Falllinie folgend geradeaus hoch! Am Ende des Bandes wartet ein guter, leicht luftiger Standplatz (hier kann man tatsächlich wieder gut stehen) mit Standplatzring. Und: Unbedingt vorher Rucksack u.ä. absetzen und nachziehen - sonst bleibt man mit hoher Wahrscheinlichkeit stecken!
Wer hier im Übrigen bereits genug haben sollte, hat noch die Möglichkeit vom Standplatz aus ca. 20 m nach schräg links unten auf ein Band abzuseilen, dass einen wieder zum Einstieg der Porzellankante führt - und damit auch zum 4. Abseilhaken (siehe VII. Abseilpiste)
 
I V.) Sandige Reibungsplatte - Schusterplakette - Höhle
  • Ca. 40 m | III-
  • Am Standplatz (auf großem Felsblock) ein Ring, keine Zwischensicherungen
  • Die unteren 25 m sind nicht mobil sicherbar, ab der kleinen Rinne und der Schusterplakette sind Trichter und Sanduhren vorhanden
  • Vom Standplatz des Kriechbandes ca. 2 m rechts heraustreten und griffarm in die kleine Verschneidung vor einem nach oben, dann links auf den ersten Absatz. Hier wichtig: NICHT auf den Ring über einem zusteuern, der gehört zu einer anderen, schwereren Route! Weiter griffarm nach rechts dem Kolk folgen und rechts um einen rundlichen Absatz herum. Dann einen kleinen Absatz über Reibungskletterei ersteigen, die Hände können hier nur zum stützten, nicht zum halten benutzt werden. Weiter über künstliche Stufen / Wegspuren der vielen Begeher auf eine kleine Rinne zuhalten; ab dieser sind dann auch wieder gute Griffe vorhanden. Über mäßig gute Tritte die Rinne erklettern - auf dem großen Block rechts von einem befindet sich der Standplatzring.

Nun wird's etwas "kompliziert": Der Vorsteiger nutzt den Ring als Standplatz, sichert nach und lässt den Nachsteiger links an sich vorbeiklettern. Dort geht der dann für ca. 3 m wieder leicht abwärts, links um den großen Standplatzblock herum, und über Klemmblöcke erreicht er rechterhand die sog. "Schusterplakette", die hier bereits 1919 zu Ehren des Erstbegehers dieses Weges angebracht wurde. Er klettert linkerhand direkt in die "Höhle" hinein (eigentlich ist es nur ein großer Felsspalt), in der er dann nochmals ca. 2 - 3 m bis auf deren Boden abklettern muss. Dort steht er sicher und kann nun seinen Vorsteiger - jetzt als Nachsteiger - die fehlenden 5 m nachsichern, bis beide in der Höhle stehen. Achtung: Rechts unterhalb von einem befindet sich eine auffällige, flache Sanduhr - diese AUF GAR KEINEN FALL als Standplatz benutzen! Wer hier am Stein klopft, hört auch warum - das gesamte Gebilde hier ist äußerst fragil und würde keinen Sturz halten, vermutlich nicht einmal eine statische Belastung!
 

V.) Unterer Reitgrat
  • Ca. 15 m | Einstieg: IV, oben III+
  • Kein Standplatzring, keine Zwischensicherungen; allerdings hinterm Standplatz ein sehr großer Felsblock, um den mobil gesichert werden kann
  • Nicht mobil abzusichern
  • Gleich der Einstieg in den unteren Reitgrat ist die Schüsselstelle der gesamten Tour: Vom Höhlenstandplatz aus nochmals ca. 2 m leicht abwärts klettern und dann links direkt hinein in den schmalen Spalt zwischen Wand (links) und Schuppe bzw. "Reitgrat" (rechts). Auf der linken Seite sind 2 in den Fels geschlagene Stufen sichtbar - über diese muss man sich mühsam und kraftvoll nach oben wuchten, bis man den Grat auf Kopfhöhe überblicken kann. Entweder rechte Schulter oder linke Schulter vorraus - frontal ist hier zu eng. Ich empfehle am Einstieg die rechte Schulter vorraus - so kann man sich an den gegenüberliegenden Stufen hochwuchten und mit dem Rücken abstützen. Jetzt langsam und ausschließlich über Reibung bzw. an kaum vorhandenen Tritten und Griffen den Spalt hocharbeiten. Wer mag bzw. sich traut, kann auch versuchen, den schmalen Grat direkt zu nehmen und auf ihm sitzend hochzuklettern, daher der Name "Reitgrat". Nach ca. 3 m kommt linkerhand ein guter Griff, ab hier empfehle ich sich umzudrehen, d.h. linke Schulter voraus weiterzuklettern. Nach weiteren ca. 5 m endet der Spalt und linkerhand ist ein kleines Podest. Auf dieses drauf und dann weiter links in den kleinen, höhlenartigen Überhang reinzwängen, um auf den ca. 2 m über einem befindlichen, großen Absatz zu kommen. Ein Spalt tief links im Überhang bietet sich für einen Handklemmer an, außerdem sind tendentiell links gute Griffe zu finden, die Tritte erfolgen über breites Spreizen und Reibung. Oben auf dem Absatz ist ein sehr großer, länglicher Stein, der als Standplatzblock genutzt werden kann. Achtung: Ähnlich wie für Seillänge 3 gilt hier: Rucksack ab und hinterherziehen - sonst bleibt man stecken, bzw. kommt erst gar nicht in den Spalt hinein!

VI.) Oberer Reitgrat
  • Ca. 15 m | III-
  • Kein Standplatzring, keine Zwischensicherungen; allerdings rechts vom Standplatz ein großer Felsblock, um den mobil gesichert werden kann
  • Nicht mobil abzusichern
  • Vom Standplatz des unteren Reitgrates aus rechts nach unten und über einen großen Felsspalt auf die gegenüberliegende Seite spreizen. Vor einem liegt ein Kamin und links daneben eine nach links oben ziehende Schuppe, der obere Reitgrat. Nun entweder in den Kamin und ca. 2 m über Reibungskletterei bis zum Einstieg der Schuppe hochbocken - oder den Einstieg der Schuppe frontal über Piaz-Technik ersteigen. Dann mittels Fußklemmen im Spalt und / oder Balanceakt auf dem schmalen Grat den selbigen nach oben Klettern, bis nach ca. 6 m rechterhand ein ca. 1 1/2 m hoher Absatz kommt. Auf diesen drauf, und man ist oben! Direkt rechts daneben liegt ein großer Block um den der Standplatz gebaut werden kann.

Oben auf dem Gipfel kann man sich ungesichert und auch einigermaßen großzügig bewegen - die rechts und links vorgelagerten Felsen sind allerdings nur durch äußerst gewagte Sprünge erreichbar, was daher entweder gar nicht, oder mindestens mit Seilsicherung empfohlen werden kann. Unterhalb des höchstens Felsblocks findet man, geschützt durch einen kleinen Überhang, das Gipfelbuch. Wer's mit den Sächsischen Gepflogenheiten genau nimmt, trägt sich hier auf jeden Fall ein - nach jeder Saison wird eine Wegstatistik erstellt.


VII.) Abseilpiste:
  • 1. Länge | ca. 25 m: 1 m hinter dem Gipfelbuch befindet sich der 1. Abseilhaken. Hier direkt in den zunächst weiten, dann nach ca. 10 m körperbreiten Kamin abseilen. Dann nochmals ca. 10 m freischwebend bis auf den Absatz des 2. Haken.
  • 2. Länge | ca. 25 m: Nach ca. 5 m nicht in den kleinen Spalt, sondern möglichst auf den großen Block daneben und auf dessen Vorderseite weiter nach unten. Auf einem kleinen Band befindet sich der 3. Haken
  • 3. Länge | ca. 10 m: Weiter direkt der Fallinie folgend auf den breiten Absatz. Die 3. Länge endet genau beim Standplatz / Ausstieg der 1. Seillänge. Mit einem 70 m Seil sind die Längen 2 und 3 problemlos miteinander kombinierbar, bei 60 m und weniger muss der 3. Haken mitgenommen werden.
  • 4. Länge | Ca. 25 m: Wie zwischen 1. und 2. Seillänge folgt man dem Band, das rechts vom Standplatz der 1. Seillänge wegführt. für ca. 20 m. Dort, direkt an der Kante und neben einem kleinen Baum, befindet sich der 4. Haken. Die Wand über kleine Überhänge direkt zum Einstieg der 1. Seillänge abseilen.

Fazit: Schöne, wenngleich auch teils ungewöhnliche Kletterei, die m. M. nach unterbewertet ist. Die Schlüsselstelle hätte eine IV verdient, je nach Körpergröße bzw. Umfang vielleicht sogar eine V. Es sollte einem bewusst sein, dass die Route einerseits verhältnismäßig schlecht gesichert ist - und auch nur schlecht gesichert werden kann. Andererseits sind von den insgesamt 6 Seillängen nur die ersten 2 "normal", der Rest ist eine Mischung aus Reibungskletterei, Kriechen, Hochwuchten und Klemmen mit diversen Körperteilen.

Tourengänger: Sarmiento


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Kommentare (2)


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Matthias Pilz hat gesagt: Cool!
Gesendet am 14. September 2017 um 08:51
Lässiger Bericht und tolle Fotos. Erinnert mich sehr an meinen letzten Besuch in dem Gebiet. Wer noch nie im Elbsandstein geklettert (und gesichert) hat, weiß die Leistung sowohl der Erstbegeher als auch der Wiederholer wohl nicht zu schätzen!

Sarmiento hat gesagt: RE:Cool!
Gesendet am 14. September 2017 um 13:09
Danke Matthias! :-) Es ist wohl in der Tat eines der schwersten, weil ungewöhnlichsten Sportklettergebiete, die es gibt.
Wann warst du denn mal hier? Und was bist du so geklettert, weißt du das noch?


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