Wildstrubel Juni 1970


Publiziert von FJung , 18. April 2017 um 17:29.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:13 Juni 1970
Ski Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1035 m
Abstieg: 904 m
Strecke:Montana - Wildstrubel - Gemmipaß
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Sierre - Montana - Cabane des Violettes - Hotel Wildstrubel am Gemmipaß
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Gemmipaß - Leukerbad - Leuk
Unterkunftmöglichkeiten:Cabane des Violettes - Lämmerenhütte -

Ein Winter mit sehr viel Schnee lag hinter uns. Ich verbrachte viele Wochenenden in Crans-Montana bei meiner Freundin. Sie mußte im Winter in einer Boutique hier arbeiten, besonders an den Wochenenden. Des einen Leid, des anderen Freud.
Mein Bruder Kalli war mal wieder besuchshalber bei mir, und als das Wetter besser wurde, beschlossen wir zum Wildstrubel zu gehen. 
Das Auto ließen wir in Sierre stehen, der Bus brachte uns hinauf nach Montana. Wegen des Schnees, das uns noch erwartete, waren wir ausgerüstet wie nie zuvor. Ich hatte die Skier zu tragen, die Ski- und Bergschuhe, Gamaschen, Pickel, Ersatzunterwäsche und vieles mehr, Während Kalli als Nichtskifahrer ein Paar Kurzski, 50 cm lang und 20 cm breit, von einem Kollegen bekam, der sie in den Himmel hinein lobte.
Von Montana bis zur Cabane des Violettes war der Weg schneefrei, ich hatte aber keine Lust, die Skier durch eine mir bekannte Gegend zu schleifen. Die Gondelbahn brachte mich mit den beiden Rucksäcken und Skiern hinauf zur Hütte, während Kalli, mit Fernglas und Fotoapparat, sich zu Fuß auf den Weg machte. In der Zwischenzeit sortierte ich den Inhalt der Rucksäcke. Ich nahm den schweren Rucksack und die beiden Paar Skier und ließ mich von der Kabinenbahn bis auf 3000 m Höhe bringen, den ganzen morgigen Aufstiegsweg überschauend, und  wehmütig dachte ich an den Winter zurück mit den herrlichen Abfahrten, die diese Gegend zu bieten hat.
Zwischen einigen Felsen ließ ich meine Skier und den schweren Rucksack liegen und band mir zum erstenmal in meinem Leben die Kurzski an. Der Start war gleich eine Bruchlandung. Vorne waren die Ski sehr angewinckelt, ich mußte immer den richtigen Winkel in der Fahrtrichtung haben, sonst bremsten die Ski hinten, oder vorne gingen sie in den Schnee. Wenn das Gelände nicht steil genug war, mußte ich laufen, was aber nicht einfach war, weil ein Gleiten im herkömmlichen Sinne nicht möglich war.
Ich weiß nicht  was für Skier das waren, es waren auf keinen Fall Schneeschuhe (Racquettes).

Als ich unter Fluchen endlich die Cabanes des Violettes wieder erreichte, war Kalli auch schon angekommen und lachte über meine komische Haltung auf den Skiern ...

Aber es ging ja "nur" zum Wildstrubel.

Am Morgen war uns meine "Wühlspur" eine gute Hilfe, konnten wri in ihr doch leichter durch den nur etwas gefrorenen Schnee gehen. Der Weg war zum Glacier de la Pleine Morte bis zu meinem Depot nicht zu verfehlen. 
Auch als Kalli den ersten Schritt mit den Kurzski machte, fiel er auf die Nase.
Vor uns dehnte sich der Gletscher aus, etwa vier Kilometer lang, eine Hochebene aus Eis und Schnee, ohne Spalten. Darüber erhob sich der Gipfel des Wildstrubels. Für  Kalli ging es nicht gut zu laufen, und weil es etwas bergab ging, stellte Kalli sich hinten auf meine Ski, und so fuhren wir abwärts, bis wir zum Gipfelaufbau kamen, der sic aus dem Eis erhob. Wir ruhten uns aus, wir schauten zurück den langen Weg, den wir gekommen waren, und da sahen wir aber auch schon die ersten Wolken, die bedrohlich dunkel aussahen. Wir strebten dem Gipfel zu. Steil ging es bergan, die Skier an meinem Rucksack drückten sehr, das Mehrgewicht machte mir doch zu schaffen.
Aber endlich waren wir oben. Es wäre schön, hätten wir die ganze Wildstrubelkette bis zum Großstrubel queren können, aber es war nun schon Mittag, die Wolken sahen immer bedrohlicher aus, und der Wind wehte uns arg im Haar. 
Ein Blick hinab nach Lenk im Norden, zum Wildhorn, alles andere war in den Wolken, aber die Sonne schien noch immer auf uns hinab, ließ uns auf besseres Wetter hoffen.
Den Gletscher querten wir nach Norden, mühsam für Kalli, der zudem noch kalte Füße bekam. Er zog also meine Skischuhe und meine Ski an, während ich nun auf den Kurzskiern hinter ihm herlief. Als es aber wieder steil nach unten ging, wechselten wir sicherheitshalber wieder unser Fußgeschirr. Mit den Skier schwang ich den Gletscher hinab und schaute nach Spalten, während Kalli dann in der Fall-Linie zu mir herabkam. Spalten gab es keine, und weil nun auch die Sonne verschwand, wollten wir zur Lämmerenhütte gehen, die in seiner Wegrichtung liegen mußte. 
Vor uns war ein kleiner Gletscherabbruch, links waren Felsen, in denen sich ein Einschnitt befand.d Wir rutschten den Abbruch hinab, unter einer Felswand standen Steinmänner, im Tal sahen wir, ebenfalls noch verschneit, den Lämmernboden. Aber wo war die Hütte? Kalli setzte sich erschöpft neben mich, er begann zu schimpfen. Seiner Meinung war die Hütte weiter oben. Ich konnte das nicht glauben und ging weiter auf dem Schuttkegel unterhalb der Felswand entlang bergab. Die Hütte sah ich auch nicht. Kalli war am Ende seiner Moral angelangt. Weit hinten sahen wir die Häuser vom Gemmipass, dorthin mußten uns die Füße noch tragen.
Wir brachen auf, und schon nach wenigen Minuten sahen wir die Hütte links von uns (2501 m), fast vollkommen zugedeckt vom Schnee, an der Felswand angelehnt, nur 50 m von unserem ehemaligen Rastplatz entfernt. Wir wollten nicht mehr bergan queren, außerdem sah die Hütte sehr verlassen aus. Es ging noch ein steiles Stück bergab, wobei ich, mit den beiden Rucksäcken beladen und ohne Stöcke, eine Rutschpartie bis unten hin machte. Kalli kam auch direkt herabgerauscht, und nun ging es über den Lämmernboden. Daß es zu regnen begann, merkten wir beide schon nicht mehr, nur die Blitze, die im Lämmerengrat einschlugen, mahnten uns, schneller zu gehen. Endlich waren wir im "Sporthotel Wildstrubel" in 2322 m auf der Gemmipaßhöhe, in einer warmen Stube, trockneten unsere Wäsche, und nach einer Flasche "Dole" gingen wir früh in die Betten.
Am Morgen war wieder Sonnenschein, als wäre nichts gewesen. Wir sahen unseren Weg zurück bis zum Gipfel. Wenn jeder mit richtigen Skiern ausgerüstet ist, ist es eine ganz herrliche Tour.
Mit der Seilbahn ging es hinab nach Leukerbad, am Nachmittag lagen wir am Genfer See und vergaßen die Strapazen.
Merke: verlaß dich nicht auf Empfehlungen anderer, probier es vorher selbst aus ob du dafür geeignet bist!
Und: Dieses war keine Skitour, keine Wandertour, so nicht unbedingt zu empfehlen.




Tourengänger: FJung


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