Vor der Hütte um sieben Uhr; abmarschbereit! Das war die ausgegebene Losung für den Similaun über den Marzellkamm vom Bergführerbüro.
Für unsere Anita die erste Tour auf einen Gletscher, für uns ein schon lange bestehender Wunsch. Zwei Fliegen mit einer Klappe also. Meine Idee dabei war, nicht wie die meisten anderen von der Similaunhütte auf dem kurzen Normalweg auf den Similaun zu steigen, sondern über der Marzellkamm hinauf und über den Normalweg und über die Similaunhütte wieder hinunter.
Wenig Aktuelles habe ich im Internet zum Marzellkamm gefunden. Bekannt war mir aber, dass der Marzellkamm geologisch sehr labil ist, und dass der Weg wegen der Gefahr eines Felssturzes gesperrt sei. Mit Datum 9.9.2014 ist dies auch auf alpenvereinaktiv.com zu lesen. Die Sektion Berlin warnt seit September 2012 zu diesem Thema. Das Bergführerbüro in Vent meinte, die Begehung des Marzellkamms sei kein Problem. Das werden die schon wissen, dachte ich mir, schließlich machen die das ja fast täglich.
Als wir um Sieben vor die Hütte treten treffen wir auf einen absolut entspannten Typen. Ich denke mir gleich, das wird dann auch ein entspannter Tag. Und so kam es auch. Ein paar Sätze mit Kilian um sich bekannt zu machen und dann gehen wir langsam los. Ein paar Höhenmeter geht es bergab zu der kleinen Brücke über den Niederjochbach, hinter der Brücke wartet sogleich der Anstieg auf den Marzellkamm auf einem kleinen erdigen Weglein.
Nach wenigen Minuten des Aufstiegs lüftet sich schon das Rätsel um den labilen Marzellkamm. Der alte Weg ist mit ein paar Hindernissen versperrt und ein neu angelegter Pfad führt weiter im Westen in die Höhe. Nach etwa 10 Minuten Anstieg kommen wir in die Morgensonne – da lachen unsere Herzen. Es wird ein glasklarer und sonniger Tag werden. Genau das richtige Wetter für eine gelungene Hochtour.
Ganz weit oben am Marzellkamm haben wir eine prächtige Aussicht auf die Hütte, die von hier gesehen steil unter uns liegt. Ein Moment halten wir inne, denn gerade jetzt verschwindet der dunkle kühle Schatten und die Sonne streift erstmals mit ihrem warmen Licht über die Hütte. Wir gehen weiter und erreichen in ein paar Minuten die Höhe des Kammes. Ab hier wird der Pfad flacher und zieht sich mit einigen Windungen und weniger Steigung dem Similaun entgegen.
Das Gelände auf dem Kamm ist insgesamt leicht. An einer Stelle muss man aber eine vielleicht fünf Meter hohe und steile Stelle hochklettern, die jedoch sehr einfach und ohne Sicherung zu meistern ist. Im hinteren Teil des Kamms wird das Gelände ein klein wenig schwieriger. Alles Grün haben wir hinter uns gelassen und es geht schräg am Hang durch blockiges Gelände. Man muss ein klein wenig auf die Tritte aufpassen, insgesamt bewegt man sich aber jederzeit noch im Gehgelände. Zuletzt geht es ein paar Höhenmeter hinab.
Dort unten erreichen wir den Gletscher, der hier sehr einfach und vollkommen flach ist. Ohne eine Randkluft kann man den Gletscher mit einem Schritt betreten. Der Anstieg über den Gletscher ist zunächst sehr flach und wird auch eine ganze Zeit nicht wirklich steiler. Ganz gemütlich gehen wir fast genau in südliche Richtung und halten auf eine Felsrippe zu. Erst als wir dort ankommen bemerken wir, dass es sich bereits auf die Südseite des Gletschers handelt. Hier bricht das Gelände steil und felsig nach Südtirol ab.
Wir steigen über die Felsrippe in wenig steiler Manier dem Gipfel entgegen. Ein paar Meter weiter oben erreichen wir den wenig ausgeprägten Schneegrat, der nicht ausgesetzt die letzten Meter in die Höhe zum Gipfel führt. Einzig diese letzten Meter sind etwas steiler und ein klein wenig geprägt von der aufkommenden Aussicht.
Auf dem geräumigen Gipfel haben wir eine umfassende Rundumsicht und herrliches T-Shirt-Wetter. Außer uns treffen wir nur auf einen einzigen Bergsteiger, der so nett war uns das Foto unseres Aufstiegs zu schicken. Auf dem Similaun sehen wir die Wildspitze im Norden, nach Osten sehen wir die Hintere Schwärze und dahinter die Hochwilde. Im Westen beherrscht die Weißkugel die gesamte Szene und weit im Süden bereits schon auf der Südseite des Vinschgaus erkennen wir das Hasenöhrl, welches ich schon als kleiner Bengel in mein Herz geschlossen habe.
Nach einer ausgiebigen Rast machen wir uns auf den Weg zur Similaunhütte. Nach den paar Schritten, die zu Beginn ein klein wenig steiler waren, ist der Rest nur noch abwärts spazieren. Wir erreichen die Hütte schnell und noch bevor wir einen Sonnenstich erleiden. Mit einer Einkehr bedanken wir uns bei Kilian unserem Bergführer und ich denke wir sind uns ungesprochen einig, dass wir gerne wieder mit ihm gehen würden.
Eine nette Begegnung haben wir dann noch vor der Similaunhütte. Wir treffen auf Hans Kammerlander und plaudern eine ganze Weile mit ihm und seinem Begleiter, der auch unseren Bergführer Kilian gut kennt. Hans und sein Begleiter waren mit einer großen Gruppe aus Südtirol heraufkommend an der Ötzi-Fundstelle und machen hier jetzt Rast.
Später sitzen wir noch lange auf der Hüttenterrasse in der Sonne, bis wir das Gefühl haben nun bald mit etwas Gegrilltem verwechselt werden zu können. Als dann die Vernunft endlich ruft und uns zum Abstieg zur Martin-Busch-Hütte bewegt ist es schon ein klein wenig spät.
Seit unserem letzten Besuch der Hütte vor vielen Jahren wurde ein zweiter Weg zwischen den Hütten angelegt. Er führt nun im Bereich des Baches an der tiefsten Stelle des Taleinschnitts hinunter. Das eine oder andere Mal muss man über das Wasser steigen oder springen, insgesamt ist der Weg aber ohne technische Schwierigkeiten.
Am Ende zieht sich die Strecke doch ganz schön in die Länge und unsere Anita kommt rechtschaffen müde auf der Hütte an. Wir haben noch ein klein wenig Zeit, dann kommt auch schon das Abendessen. Müde und glücklich begießen wir die Tour mit ein paar kühlen Getränken.
Am nächsten Morgen werden wir wieder mit herrlichem Wetter empfangen. Wir beschließen die Tour mit dem lockeren Abstieg nach Vent, auf dem uns schon wieder gefühlte 100 Wanderer entgegenkommen.
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