MÖNCH (4107m) - (SE-Grat)-Winterbegehung


Publiziert von danueggel , 23. Januar 2009 um 19:57.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:15 Januar 2009
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 650 m
Abstieg: 650 m
Strecke:Jungfraujoch-Mönchsjochhütte-Mönch-Mönchsjochhütte-Kleine Scheidegg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Jungfraubahnen: INTERLAKEN OST-LAUTERBRUNNEN-WENGEN-KLEINE SCHEIDEGG-JUNGFRAUJOCH; Billet fürs Jungfraujoch muss mit GA erst ab Wengen gelöst werden.
Unterkunftmöglichkeiten:SOMMER: Mönchsjochhütte SAC; WINTER: Winterraum, Holz und Kochgelegenheit inkl. Geschirr vorhanden, 6 Schlafplätze www.moenchsjoch.ch
Kartennummer:LK 1:25000, Bl 1249 "Finsteraarhorn"

+++Erfolgreiche Erstbegehung 2009 des Mönch-Endlich hat’s geklappt !+++

Scharf, schärfer, Mönch

Als ich aufgrund der idealen Wetterverhältnisse und der geringen Lawinengefahr nach meinem missglückten 1.Versuch den Mönch (4107m) zu besteigen, über einen 2. Versuch nachdachte, traf mich unverhofft die Anfrage von Alpinist, wie es denn wäre mit einer Tour im Jungfraugebiet. Was bisher in meinem Kopf herumspukte, wurde nun augenblicklich Gewissheit und der Entschluss stand fest: "Mönch, wir kommen!"

Für mich hiess das Tagwache um 04:30, den ersten Zug von Fribourg nach Bern nehmen, so dass wir uns schliesslich um 07:45 in Grund, in der Nähe von Grindelwald treffen konnten. Mit der Jungfraujochbahn fuhren wir in knapp einer Stunde auf das Jungfraujoch (3454m), wo uns ziemlich garstiges Wetter empfing. Dies hatte sich leider angekündigt, denn bereits von der Kleinen Scheidegg aus, sah man auf der Jungfrau Schneefahnen, welche vom orkanartigen Wind herrührten. Am Mönch verhielt sich Petrus glücklicherweise etwas gesitteter.

Der Wetterbericht hatte für heute eigentlich gutes Wetter vorausgesagt, umso enttäuschter waren wir, dass wir uns nun in dichtem Nebel, gepaart mit einigen Schneeflocken wiederfanden. Zudem war es mit -16° nicht gerade sommerlich warm. Was solls, dachten wir uns, traten in die Tourenskibindung und wollten den Weg zur Mönchsjochhütte (3650m) antreten (L). Leider war der Sphinxstollen abermals verschlossen, aber im Gegensatz zum letzten Mal waren die Bauarbeiten bereits so weit fortgeschritten, dass der Stollen für uns nicht mehr geöffnet wurde. So mussten wir zähneknirschend übers Plateau auf die Jungfraufirn fahren. Mit den Skis kamen wir schnell voran und nach knapp 45 Minuten hatten wir den Einstieg zum SE-Grat des Mönchs erreicht. Ich wollte noch meinen Ballast losweren (wie immer hatte ich viel zu viel Material dabei) und deshalb fuhren wir mit den Skis noch bis zur Mönchsjochhütte. Mir steigt heute noch die Schamesröte ins Gesicht, wenn ich bedenke, dass ich bei meinem 1.Versuch knapp 2,5h bis zur Mönchsjochhütte gebraucht hatte...

MATERIALDEPOT IN DER MÖNCHSJOCHHÜTTE
In der Mönchsjochhütte kann auch ausserhalb der Öffnungszeiten übernachtet werden, der Winterraum hält 6 Betten und die nötige Infrastruktur zum Kochen bereit. Die Hüttenwarte hatten gerade 2 Tage zuvor mit dem Helikopter Holz zur Hütte transportiert, so dass wir bestens ausgerüstet waren. Das hochwillkommene Holz hilft, im Winterraum das Quecksilber des Thermometers in wohlig warme Dimensionen steigen zu lass en. Zugleich dienen die Holzscheite dazu, die Herdplatte zu heizen, worauf sich dann vorzüglich eine Portion Instant-Pasta zubereiten lässt. Dass das Essen nicht sonderlich geschmeckt hatte, lag auf jeden Fall nicht an der Herdplatte. Pfannen und Geschirr sind vorhanden. Nachdem wir nur das Nötigste mitgenommen hatten, brachen wir wieder zum Einstieg auf und errichteten dort unser Skidepot. Zum Glück hatte Alpinist eine etwas andere Interpretation von "das Nötigste", doch dazu später...

Der Einstieg auf den Grat ist nicht zu verfehlen, diesen würde sogar Paris Hilton finden (sorry Paris, ich habe dafür eine Dose Rich-Prosecco gekauft...). Am Anfang des Grates geht es in einfachem Klettergelände (I-II) hoch und am markanten Regenmesser vorbei bis zu P.3887m, wo der Ostarm mit dem Südostarm des SE-Grates zusammenfällt. Die Variante über den Ostarm des SE-Grates bietet schöne Kletterei (III) und beginnt direkt bei der Mönchsjochhütte. Nach dem ersten kurzen Firngrat, folgen  wieder einige leichte Kletterstellen (I-II), gefolgt von einem zweiten Firngrat, der an seinem Ende zum letzten Kletterhindernis führt, einem 3m hohen Felsriegel (II+), die schwierigste dieser einfachen Kletterstellen. Nachdem auch dieses letzte Hindernis überwunden wird, folgt eine steile Schneerampe (40°), dank der man zum Vereinigungspunkt mit dem E-Grat gelangt, der zugleich den Vorgipfel (4065m) darstellt.

EISSCHRAUBEN SEI DANK
Vom Vorgipfel aus, erhascht man einen Blick auf das vermeintlich einfachste und schönste Stück dieser Tour, den fast horizontalen Gipfelgrat, welcher den Vorgipfel an den Haupfgipfel kettet. Im Sommer wäre nun der weitere Verlauf der Route trivial, jedoch ausgesetzt, wofür jedoch bei Trittsicherheit ein Anseilen unnötig wäre. Doch im Gegensatz zum Sommer, standen uns die grössten Schwierigkeit noch bevor. Der Wind hatte ganze Arbeit geleistet und formte aus den Schnemassen einen messerscharfen Schneegrat, da hätten die Marketingdirektoren von Victorinox ihre helle Freude daran gehabt, nach dem Motto:


  • "Victorinox Sackmesser-schärfer als der Mönch!"

Vorsichtig und hochkonzentriert stapften wird die ersten 50-60m vorwärts, Alpinist etwas zügiger als ich. Bei der nächsten Gratbiegung türmte sich der Schnee jedoch derart steil auf, dass ein ungesichertes Weitergehen nicht mehr in Frage kam. Bis dahin war Seilsicherung auf der Route nicht nötig, doch jetzt sah die Situation völlig anders aus. Vor uns lag der steile, messerscharfe Firngrat links von uns die bis zu 55° steile Südflanke, da wäre ein Sturz auf dem harten Firn fatal gewesen, ausser man heisst Delta und hat die Skis dabei...

Glücklicherweise hatten wir vorsorglich genügend Eisschrauben mitgenommen, dies uns das Weiterkommen ermöglichten. Eine andere Seilschaft, die mit uns gestartet war, kehrte vernünftigerweise um, da sie keine Eisschrauben mit sich trugen. Mit den Eisschrauben kamen wir dann gut voran, Alpinist stapfte vor, ich hintennach. Sobald man mit dem Pickel etwas Schnee abtrug kam gut verfestigtes "Schnee-Eis" zum Vorschein, so dass die Eisschrauben gut hielten. Trotzdem kostete uns der Sicherungsaufwand enorm viel Zeit, so dass wir erst um 16:00 auf dem Gipfel waren, nach 4,5h Stunden Aufstieg, im Sommer reichen hierfür 2h. Auf dem Gipfel empfing uns ein starker, eisiger  Wind. Es war als hätten wir den Zorn des Aiolos heraufbeschworen, da wir den Winterschlaf des Mönchs gestört hatten und Aiolos uns mit seinem mächtigen Atem am liebsten mitsamt Gepäck über den Mönchsnollen ins Tal befördert hätte. Doch wie Odysseus trotzen wir allen Gefahren und Strapazen und harrten auf dem Gipfel aus, schliesslich galt es die fantastische Aussicht zu geniessen, denn mitlerweile waren sämtliche Wolken verschwunden, was uns die Kälte vergessen liess. Bei untergehender Sonne war nun eine ausgiebige "Fotosession" angesagt...

WETTLAUF GEGEN DIE ZEIT
Gegen 16:45 machten wir uns schweren Herzens an den Abstieg. Der Grat ward bereits in ein warmes Abendrot getaucht, ein fantastischer Anblick. Nun begann aber ein Wettlauf gegen die Zeit, denn wir wollten die heikelsten Stellen hinter uns haben, bevor sich die Dunkelheit unsereins bemächtigen konnte. Doch wir kamen nicht genug schnell voran, so dass uns die Dunkelheit bereits am Ende des Firngrates, auf dem Vorgipfel einholte. Jetzt waren wir froh um die Sicherungsstangen, die es uns ermöglichten relativ zügig über die Schneerampe und danach über die Felsstufen "abzuseilen". Nun rächte sich meine puristische Packungsweise, ich hatte die Stirnlampe absichtlich in der Hütte zurückgelassen! Murphy war wieder einmal "spitz" gewesen und "was fucking me" gemäss seiner Regel Nr. 19:

 

  • "Was du brauchst ist in der Hütte (Stirnlampe), was du nicht brauchst (Abseilachter) im Rucksack"


Glücklicherweise hatte Alpinist seine "Erleuchtung" dabei, so dass er jeweils einige Meter voraus marschierte und mir dann den Weg leuchtete. In der Dunkelheit mussten wir uns gut konzentrieren, damit wir die Felsstufen auch unfallfrei meistern konnten. Schliesslich ging alles gut und wir erreichten um 20:00 das Skidepot am Grateinstieg.

In der Hütte wartete bereits die andere Seilschaft, die sich wohl doch Gedanken gemacht hatte, was wir solange machen würden, bis Sie dann auf dem Grat den Lichtkege von Alpinists Stirnlampe erblickt hatten und beruhigt zur Hütte zurückkehren konnten. Diese beiden bereiteten uns einen warmen Empfang mit heissem Tee! Im Winterraum wars wohlig warm und die ganzen Strapazen waren einer tiefen inneren Zufriedenheit gewichen. Wir diskutierten nachher noch angeregt über die Tour und erfuhren auch, dass die andere Seilschaft die Eigernordwand besteigen wollte. Nun wussten wir auch, weshalb sie diese Unmengen an Friends und Klemmkeilen dabei hatten.

ADE JUNGFRAU !
Einstimming kamen wir überein, dass wir den Versuch, am morgigen Tag auch noch die Jungfrau zu besteigen, unterlassen werden, dafür war ich auch ehrlich gesagt zu müde und die Schwierigkeiten würden nicht kleiner sein. So genoss ich eine herrlich ruhige, schlaftrunkene Nacht in der Mönchsjochütte mit fast 8h Stunden Schlaf, bevor wir am nächsten Morgen zum Jungfraujoch hinuntersausten und dann zuletzt als letzte kleine Schikane aufs Plateau stapfen mussten. Mit der Jungfraubahn liessen wir uns bis zur Kleinen Scheidegg chauffieren, von wo aus wir dann mit den Skis bis nach Grund hinuntergleiten konnten.

Bei diesen Verhältnissen war ich froh, mit Alpinist unterwegs zu sein, ein Alleingang, wie ursprünglich versucht, wäre ein wagemutiges und für mich zum Scheitern verurteiltes Unterfangen gewesen. So wie ich mich einschätze, wäre ich spätestens beim Vorgipfel umgekehrt. Ich habe mir die Situation im Sommer angeschaut und muss sagen, dass es ein Unterschied wie Tag und Nacht ist, auch wenn man den Grat auch im Sommer wegen seiner Ausgesetztheit nicht unterschätzen sollte:


Schwierigkeit: Laut SAC-Führer beträgt die Schwierigkeit des SE-Grates bei Normalverhältnissen eine ZS-, ich persönlich halte diese Bewertung für absolut gerechtfertigt, ein WS+ wie mancherorts erwähnt, liegt wohl nur bei optimalen Verhältnissen drin, wenn der Gipfelgrat bereits zur Autobahn niedergetrampelt wurde. Mit unseren Verhältnissen kann man die Tour problemlos als sattes ZS bewerten.

Fazit: Schöne unter schwierigen Verhältnissen begangene Hochtour über einen jungfräulichen, fantastischen Firngrat bei bester Aussicht

Lessons learned:
  • Du kannst Murphys Law nicht entkommem!
  • Eisschrauben leisten auch Firngraten gute Dienste
  • Übernachtungen in spartanischen Winterräumen toppen jede Sommerübernachtung!

Wiederholungsfaktor
: 4

Tour mit Alpinist


------> 100% der Fotos von Alpinist, siehe sein Bericht und unter www.cornelsuter.ch

Tourengänger: danueggel


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Kommentare (3)


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Bombo hat gesagt: Gratuliere...
Gesendet am 25. Januar 2009 um 21:46
Amüsanter und informativer Bericht sowie erstklassige Bilderimpressionen - gratuliere Euch zum Mönch 2009!

MunggaLoch hat gesagt: Bericht...
Gesendet am 26. Januar 2009 um 09:11
Dem schliesse ich mich an! Der Bericht ist Klasse! Und die Leistung natürlich auch!

Schorsch hat gesagt: Scharf!
Gesendet am 13. April 2010 um 11:50
Sehr schöner Bericht!
Der Mönch war meine erste alpine Tour, hatten jedoch 'optimale' Verhältnisse (Autobahn triffts ziemlich gut).


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