Wanderung über den westlichen Waxensteinkamm


Publiziert von frehel , 9. September 2015 um 22:22.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum: 9 September 2015
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zugspitzbahn bis Riffelriss
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Parkplatz Hammersbach oder Alpspitzbahn

Die Überschreitung der Riffelscharte im Wettersteingebrige ist eine allseits beliebte Tour. Häufig wird als kleiner Abstecher von der Riffelscharte dann noch die Südliche Riffelspitze mitgenommen. Nur selten wird der weitere Waxensteinkamm von der Südlichen Riffelspitze über die Nördliche Riffelspitze, die Schönangerspitze, die Schöneckspitze bis zum Hinteren Waxenstein begangen, obwohl es landschaftlich eine großartige Wanderung ist. Dies liegt vermutlich daran, dass der Grat teilweise sehr ausgesetzt ist und einige kurze Kletterstellen bereithält. Auf hikr gibt es bereits eine schöne Routenbeschreibung von algi, der den Grat von Ost nach West gegangen ist *Bericht und sogar noch Free-Solo die berühmte Zwölferkante mitgenommen hat.
Die meisten scheinen den Grat in die gleiche Richtung wie algi zu gehen. Dies hat den Nachteil, dass man dann, sofern man nicht wie algi eine heikle Viererstelle abklettern möchte, ein Seil mitnehmen muss. In der West-Ost-Richtung, so wie ich den Grat heute von der Riffelscharte bis zum Hinteren Waxenstein gegangen bin, kommt man dagegen ohne Seil aus, sofern man einen gutgriffigen Dreier sicher abklettern kann, denn zur Not kann die Viererstelle auch III/A1 geklettert werden, wenn man eine Trittschlinge mitnimmt. Verglichen mit dem Blassengrat hält der Waxensteinkamm nicht viele interessante Kraxelstellen bereit, er beeindruckt mehr durch seine superior deluxe Landschaft.


Das Auto stelle ich heute auf dem kostenfreien Parkplatz der Alpspitzbahn ab und nehme von dort die erste Zugspitzbahn, die um 9 Uhr am Riffelriss ankommt. Von dort geht es auf beliebtem und teils dekorativ mit Drahtseil versehenem Weg unter den beeieindruckenden Nordwänden des Riffelwandkamms schräg hinauf zur Riffelscharte. Wenn man die zerklüfteten Riesenschuppen sieht, aus denen die Nordwand des Riffelwandkamms aufgebaut ist, kann man noch heute erahnen wie vor etwa 3500 Jahren ein gewaltiger Bergsturz, sozusagen eine Megaschuppe, vom zerklüfteten Riffelwandkamm abgebrochen und in den Eibsee gestürzt ist, siehe z.B. hier.

Leider drückt heute aus dem Höllental der Nebel hoch und an der Riffelscharte angekommen stehe ich in der Suppe. Da die Grattour sich praktisch jederzeit abbrechen lässt, falls das Wetter nicht besser wird, indem man zum Schafsteig absteigt, gehe ich auch so los in der Hoffnung, dass die Sonne den Nebel noch vertreibt. Gleich die ersten Meter beim nordostseitigen Abstieg von der Südlichen Riffelspitze offenbaren, was im ersten Drittel des westlichen Waxensteinkamms die Haupschwierigkeit ist, nämlich die teils starke Ausgesetztheit gepaart mit dürftiger Felsqualität. Beides findet im kurz darauf anstehenden nordostseitigen Abstieg von der Nördlichen Riffelspitze über ein erdiges, brüchiges Band und eine ebensolche seichte Rinne noch eine Steigerung. Dieser Abstieg war für mich das Unangenehmste an der ganzen Wanderung, obwohl klettertechnisch höchstens II-. Dieser Abschnitt ist auch der einzige heute der eine (T6-)-Bewertung verdient. Jetzt steht man am Schönangersattel und der Weiterweg wird bis kurz vor der Schöneckspitze deutlich einfacher, einige scharfte Felszacken werden südseitig problemlos umgangen.

Landschaftlich ist der Grat zwischen Schönangerspitze und Schöneckspitze absolut grandios. Nach Norden bricht der Grat in abenteuerlichen Formationen teils überhängend ab, während südseitig gewellte Rasenmatten vorherrschen. Zum Glück verzieht sich der Nebel ab dem Schönangersattel für eine Weile. Trotzdem beeile ich mich, da der Wetterbericht für den Nachmittag die Ankunft eines schwachen Höhentiefs meldet.

Am Grataufschwung direkt vor der Schöneckspitze gibt es die erste richtige Kletterstelle in angenehm rauhen Fels, eine ausgesetzte Querung auf einem Band nach rechts oben und leichtes Gekraxel bis zum Gipfel der Schöneckspitze (II). Im Abstieg geht es ein Stück auf schmaler Gratschneide eben weiter und dann bricht der Grat steil zur Schöneckscharte ab. Man muss etwas nach Süden ausweichen und über einen gutgriffigen Riss/Verschneidung abklettern (III). Eigentlich eine schöne Kletterei. Jetzt die Windhaspel südseitig umgehen, von der ich leider nicht mehr viel sehe, da es jetzt wieder zuzieht und ich bis kurz vor der Höllentalangerhütte durch den Nebel laufen werde.

Direkt vor dem Hinteren Waxenstein kommt dann die Schlüsselstelle, ein kurzer Überhang (IV). Eigentlich gibt es viele Tritte und Griffe, nur muss man zu letzteren zunächst mal Vertrauen fassen.  Mindestens zehn mal teste ich jeden Griff, bevor ich ihn belaste. Sie stellen sich aber alle als solide heraus.  Da es am Überhang auch einen neuwertigen Bohrhaken gibt, könnte man problemlos eine Trittschlinge einhängen, was die Stelle deutlich entschärfen würde. Nach dem hinteren Waxenstein wartet noch mal ein Gratabbruch, den man problemlos durch ein rampenartiges Schrofenband absteigt (II). Danach geht es nach südseitiger Querung in die Waxensteinrinne und auf markiertem Weg hinunter zur neuen Höllentalangerhütte. Man könnte stattdessen noch bis zum Kleinen Waxenstein am Grat weitergehen (drei Seillängen im Dreierbereich, eventuell eine davon abseilen) und von dort über den Normalweg nordseitig absteigen. Da es total zugezogen ist und ich den Weiterweg am Grat großteils schon kenne, spare ich mir das. Vom Riffelriss zur Höllentalangerhütte benötige ich mit kurzen Pausen 5 Stunden.

Die neue Höllentalangerhütte ist für meinen Geschmack etwas zu steril funktionalistisch, auf "Wanderermassenansturm" ausgelegt. Selbst heute unter der Woche bei mäßigem Wetter ist sie durch Tagesgäste sehr gut besucht und beim Abstieg nach Hammersbach muss man gefühlt Trillionen Menschen überholen, wenn man sich nicht in Schneckentempo vorwärtsbewegen will.

Schöne Fotos von der Schönangerspitze findet man übrigens auch in diesem Bericht *Schönangerspitze (2273 m) - Schafsteig - Südliche Riffelspitze (2263 m) von gero. Die Gehzeit von sechs Stunden ist ohne die längere Pause auf der Höllentalangerhütte gerechnet. Wenn man besseres Wetter hat, wird man wohl alleine schon um den Ausblick zu genießen, nicht so schnell unterwegs sein.

Nachtrag (22.9.15): Entsetzlicherweise sind in den vergangenen zwei Wochen zwei Bergsteiger am Waxensteinkamm tödlich verunglückt. Einer von ihnen bei der Begehung des östlichen Waxensteinkamms am Kleinen Waxenstein und der andere auf dem Weg vom Höllental auf den Großen Waxenstein. Es macht einen sehr betroffen. 

Tourengänger: frehel


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