Aussicht auf Strombolis Feuerrutsche


Publiziert von schimi , 17. Januar 2015 um 00:11.

Region: Welt » Italien » Sizilien
Tour Datum:25 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 

Der Tag vor unserer Überfahrt von Neapel zur Insel Stromboli wartet mit zwei schlechten Nachrichten auf uns. Die gebuchte Nachtfähre fährt nicht wegen rauer See. Hä, wie bitte! Wir sehen kaum eine Welle und schon gar nichts Weißes auf den Wellenkronen. Stattdessen sollen wir mit einem Reisebus um halb Süditalien herumkurven, um dann die Insel Stromboli von Sizilien aus mit dem Boot zu erreichen. Na das kann ja heiter werden!

Die zweite Botschaft lautet: Der Vulkan Stromboli ist gesperrt wegen einem Ausbruch im August 2014. Unser Reiseleiter Wolfgang versucht uns zu versöhnen mit der Aussage, dass dies ein seltenes Ereignis wäre, das nur ca. alle 10 Jahre vorkomme und dass wir den Stromboli nun auf ganz besondere Weise kennenlernen dürften. Selbst er habe dies so noch nie erlebt. Eigentlich war der Stromboli für mich der Hauptgrund für diese Reise und jetzt dürfen wir da nicht hoch. (Auf die Natur kann man sich also auch nicht mehr verlassen)

Nach unserer Besichtigung von Pompeji werden wir also in eine Pizzeria nach Neapel chauffiert, wo wir reichlich mit leckerer Pizza verköstigt werden. Wir nehmen heute auch das eine oder andere beruhigende Getränk mehr zu uns, um die folgenden 530 km bis zum Hafen von Milazzo am besten im Schlaf zu meistern. So irgendwas gegen 19 Uhr sitzen wir also im Bus uns beginnen auf der katastrophalen Straße aus Neapel hinaus unsere Fahrt in Richtung Süden.

Wir sind froh, als wir auf der sogenannten Autobahn sind. Sogenannt, weil die Schilder mit den Geschwindigkeitsbeschränkungen die magische Zahl von 60 verkünden! Mehr geht hier um Neapel rum allerdings auch nicht, will man nicht permanent mit dem Dach des Busses kämpfen. Wir zuckeln also nach Süden und warten bis uns der Schlaf überkommt, was er schließlich und endlich auch tut.

Immer wieder wache ich auf, schaue nach draußen in die Nacht und versuche eine Ortung mittels meiner inneren Landkarte zu machen. Eine schöne Gebirgsautobahn, die leider zu wenig Pflege und Unterhalt erfährt (wenn überhaupt). Wolfgang unser Reiseleiter erzählt, dass hier die EU immer wieder Summen für die Infrastruktur bereitstellt, damit ein Stück edelste Autobahn gebaut wird und dieses gute Stück dann dem Zahn der Zeit überlassen wird, bis es nun wirklich gar nicht mehr geht. Und selbst wenn man diesen Aussagen nicht glauben mag, so scheint das doch Realität zu sein.

Wir fahren durch extrem hell erleuchtete Tunnel auf einer Fahrbahn fast so glatt als wäre sie aus Glas – fast fühlt es sich an wie Schweben. Nagelneue Leitplanken, allerbeste Signalisierungen und Beschilderung. Keine 5 Minuten später, einspuriges zuckeln, Stop-and-go nachts um Eins, wir fahren wieder 40 und nicht nur einen Kilometer weit. So geht es oft im munteren Wechsel zwischen Rüttelpiste und Edelautobahn. Mir reicht es irgendwann. Ich lege mich im Bus auf den Fußboden und schlafe dort auch tatsächlich eine ganze Weile.

Ich wache auf, weil der Bus immer wieder bremst und kurft. Ich stehe auf und blicke nach draußen. Wir haben die Meerenge von Messina erreicht. Es geht ohne Verzögerung auf eine Autofähre, die uns kurzweilig auf die andere Seite schippert. Wir genießen dabei fast alle die frische Luft auf dem Oberdeck, bevor wir uns auf die letzte Busetappe machen. Noch ca. 40 km bis Milazzo. Mist – wir kommen mitten in der Nacht an! Da fährt bestimmt kein Boot...

Es ist so gegen drei Uhr, als wir den Bus verlassen müssen; der fährt gleich mit dem zweiten Fahrer zurück. Wir haben nun, wie heißt es so schön im Reise-deutsch "ein paar Stunden zur freien Verfügung". Um sechs Uhr soll die Expressfähre von Milazzo nach Stromboli auslaufen. Hier ist natürlich "tote Hose" nur ein Kaffee ist noch offen und das ist besetzt mit Nachtschwärmern. Keiner aus unserer Gruppe ist sich gerade schlüssig, ob er es sich auf einer kühlen Bank bequem machen soll, um noch etwas dahin zu dämmern, oder ob er sich in dem lauten Kaffee eine Koffeininfusion setzen soll, um den irgendwann kommenden Tag zeitig zu begrüßen. Es macht sich Frust breit.

Wir gehen dann irgendwann so gegen fünf Uhr Frühstücken in die Bar, und werden dort auch sehr freundlich und leckeren Teilchen empfangen. Kurz vor sechs erfahren wir, dass das Expressboot nicht fährt wegen "rauer See". Und spätestens jetzt hat der Tourist begriffen, was diese italienische Vokabel bedeutet: Nicht Wellen – schlechte Auslastung, würde ich das übersetzen.

Derweil ruht nur die See, denn wir sind sauer und kochen innerlich. Nächste Abfahrt "Expressfähre 7:20 Uhr". Wie durch ein Wunder hat sich die raue See innerhalb diese guten Stunde auch gänzlich beruhigt und wir checken ein. Die Fähre ist ein Tragflügelboot und es ist auch echt schnell. Was wir aber erst unterwegs erfahren ist, dass wir nicht zum Frühstück im Hotel sein werden, sondern erst zum Mittagessen. Denn Express bedeutet nur schnell, aber nicht unbedingt direkt, wie wir lernen. Die Fähre um sechs wäre "direkt-und-express" gewesen. Wir fahren nun zuerst Vulcano, dann Lipari, dann Salina und ich meine auch Panarea an um dann auf Stromboli zuerst Ginostra und dann zu allerletzt den Hafen von Stromboli anzulaufen. Nach einem Spaziergang durch das kleine Städtchen und dem Beziehen der Zimmer gibt es tatsächlich ein vorzügliches Mittagessen. Wir sind angekommen! Es gleicht einem Wunder!

Nach einem herrlichen Mittagessen, bestem Espresso und einer kleinen Pause machen wir uns also auf, um den Aussichtspunkt Sciara da Fuoco (Feuerrutsche) zu besteigen. Vom Ort führt der Weg zunächst steil in die Höhe. Die Hänge sind dicht bewachsen mit einem bestimmten Schilfrohr, das hier unkrautartig die Insel überwuchert. Es wurde auf der Insel zunächst zum Abgrenzen der Felder und als Windschutz genutzt. Nun, da die Landwirtschaft keine große Rolle mehr spielt bedeckt das Schilfrohr mehr und mehr die Hänge.

Beim alten Friedhof, den wir kurz besichtigen wir es dann flacher und der Weg führt durch typische Mittelmeer-Maccia noch Norden. Die Steigungen haben wir weitgehend hinter uns gelassen und es geht in moderatem Auf und Ab langsam um die Insel herum. Die Sciara da Fuoco befindet sich im Nordosten von Stromboli, dort reicht die heiße Lavarutsche von der Gipfelregion bis ins Meer. Der Aussichtspunkt liegt günstig und auch sicher. Kurz oberhalb dessen ist ein recht hoch angebrachtes und deshalb leicht zu übersehendes Verbotsschild in Italienisch eingepflockt. Wir schauen auf den Weg und sehen es also nicht und gehen deshalb noch etwas weiter auf dem guten Wanderweg in die Höhe – sowie etliche andere auch.

Unser Wolfgang ganz Profi als Reiseleiter hat sich in der Gruppe zuletzt etwas mehr um die langsameren Wanderer gekümmert, so konnte er uns am Aussichtspunkt nicht mehr auf das Verbot hinweisen, denn wir waren ja schon weiter oben und er hat sich dran gehalten und blieb stehen (Er kennt das ja auch schon). Weiter oben auf ca. 400 Meter Höhe, liegt ein weiterer guter Aussichtspunkt, hier sind wir naturgemäß näher am Geschehen. Zwar noch nicht so nahe wie wir eigentlich sein möchten, aber wir lassen es damit gut sein.

Wir erleben einen super Sonnenuntergang und ein paar nette Vorführungen vom Stromboli. Leider sind wir für das ganz große Schauspiel einen guten Monat zu spät dran. Der Lavastrom hat im August und Anfang September bis zum Meer hinunter gereicht. Jetzt ist nur noch im oberen Bereich rot glühende Lava zu sehen. Bisweilen lösen sich dort kleine und große Brocken und purzeln schnell und immer schneller über die Gesteinsrutsche hinab ins Meer. Das ist ein großes Schauspiel und man möchte nicht unten am Wasser stehen und das auf sich zukommen sehen!

Nach ausführlicher Betrachtung und nach Einbruch völliger Dunkelheit machen wir uns auf zum Abendessen. Recht genau 300 Meter tiefer liegt ein Restaurant fernab von anderer Zivilisation. Diese steuern wir mit unseren Stirnlampen an. Wir essen recht gut, jedoch lagetypisch ziemlich überteuert. Bei völliger Dunkelheit gehen wir auf sandigem Fahrweg zurück zu unserem Hotel. Ein langer Reisetag mit einem tollen Schauspiel geht zu Ende.

Wir sollten noch einmal kommen, um dem Stromboli tatsächlich einmal auf Dach zu steigen.

Tourengänger: schimi


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Kommentare (3)


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silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 17. Januar 2015 um 10:00
Ein Wundertüte Erlebnis:-)

Guter Bericht. Hast sicher nichts dagegen, dass ich beim Lesen ab und zu schmunzeln und lachen musste.
Eindrückliche Bilder die gar dokumentieren was ich enorm gerne sehn möchte,

schimi hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. Januar 2015 um 12:21
Hallo Silberhorn,
ja die Reise lohnt wirklich. Aber informiere Dich rechtzeitig, ob Du hinaufgehen darfst. Unser Reiseleiter sagte mir, dass die Strafen drastisch sind, wenn ich auch den Eindruck hatte, dass es nicht besonders kontrolliert wird.

rojosuiza hat gesagt:
Gesendet am 20. Januar 2015 um 08:43
Bravo! So den wilden Wassern zu trotzen! und dann noch gerne weiter fahren als nötig!


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