Sopra gli occhi azzurri


Publiziert von lorenzo , 3. September 2014 um 21:11.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum: 2 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Solögna   Gruppo Basodino 
Zeitbedarf: 2 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Fontanelada
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Foroglio
Unterkunftmöglichkeiten:Piano delle Creste
Kartennummer:LK 1271 Basòdino; G. Brenna, Clubführer Tessiner Alpen 1, SAC 1992; C. Blum u.a., Ticino keepwild! climbs, topo.verlag 2012

Der Zugang zum Rifugio Monzino und zum Bivacco Eccles am Mont Blanc war unterbrochen, nachdem wegen starken Regenfällen Brücken und Aufstiegshilfen weggeschwemmt worden waren, und an den Walliser Graten herrschten winterliche Verhältnisse... So nahm ich halt ein altes Projekt in den Tessiner Alpen wieder hervor, das schon zweimal wegen gewittrigem Wetter ins Wasser gefallen war. Aber wie im verhangenen Reusstal waren auch die Berge rund um Airolo bis 2000m hinunter schneeweiss, so dass ich für das Val Bavona das Schlimmste befürchtete. Erst bei der Fahrt durch das Maggiatal stellte ich erleichtert fest, dass die Gipfel über Bignasco aper waren und nur noch am Basòdino ein dünner Neuschneefilm lag.


Cerco l'estate tutto l'anno
e all'improvviso eccola qua...

 

Am ersten Tag erleichterte der starke und böige Nordföhn den eindrücklichen, sonst wohl ziemlich schweisstreibenden Aufstieg nach Cadinc und Corte Nuovo zwar beträchtlich, bot bei der schwierigen Orientierung aber keine nennenswerte Hilfe, sowenig wie ohnmächtiges Fluchen über die "Storie e Sentieri di Val Bavona", wenn mir schon wieder ein Verhauer unterlaufen war. Einzig Seegers Topo gab mir die Zuversicht, dass es hier oben doch noch einen Ausweg gibt...Umso mehr genoss ich dann das befreite und leichte Gehen über die weite und wunderbare Alpe Solögna nach Piano delle Creste, wo eine geheizte Hütte und herzliche Bewirtung warteten.
 


Azzurro,
il pomeriggio è troppo azzurro
e lungo per me...


Bei nachlassendem Nordföhn wurde der zweite zum wohl bisher klarsten Tag dieses trüben Sommers: ideale Voraussetzung also für die Überschreitungen von Pizzo Solögna und Pizzo Piènsgia hoch über "gli occhi delle montagne", den tiefblau heraufleuchtenden Laghetti d'Antabia und Laghi della Cròsa. Bis auf wenige Neuschneereste und ganz wenig Wassereis in der Solögna NW-Wand hatte der N-Föhn zudem auch Gras und Felsen abgetrocknet, so dass Auf- und Abstiege leicht fielen, und das Klettern zum Genuss wurde. Die Meldungen aus den Walliser Alpen wurden dagegen vom gestochen scharfen Fernpanorama mehr als bestätigt: diese waren nämlich immer noch tief verschneit. Sind sie aus der Tessiner Perspektive nicht fast noch schöner, als wenn man selber dort ist?

"Ich stieg bis zum Antabbia-Grat hinauf und dachte: Hier hat sie sich
zum letzten Mal umgedreht, um mir zuzuwinken."

"Und ich begann zu begreifen, dass das Glück aus einem Nichts besteht, und
dass ich just dieses Nichts, dass den Menschen glücklich macht, verloren hatte."

(Plinio Martini, "Nicht Anfang und nicht Ende" ["Il fondo del sacco"], Limmat 2006)


Cadinc-Piano delle Creste (1.9.2014) 
Von Fontanelada nach NW zum Schluchteingang des Ri di Croazzö und N von diesem durch steilen Wald ruppig hinauf (Pfadspuren) bis ca. 950m. Nach NW auf in glatte Platten geschlagenen Stufen, Steintreppen und Pfadspuren z.T. ausgesetzt zu den Alphüttenruinen von Cadinc. Nach S leicht ansteigend zu einem Graben und nach diesem gegen W steil aufsteigend bis ca. 1300m, ca. 400m horizontal wieder nach S, dann gegen SW leicht ansteigend unterhalb von Flühen zum weiss-rot markierten Bergweg bei ca. 1420m, T5 (Pfadspuren, Wegfindung nicht einfach). Auf diesem über Corte Nuovo, Corte Grande und Sedone der Alpe Solögna zur Bocchetta di Fornasèl, und am Laghetto Fornasèl vorbei leicht absteigend nach Piano delle Creste, T3, 6h, 1540Hm Auf-, 185Hm Abstieg.

Pizzo Solögna (2.9.2014) 
Aufstieg NW-Wand: von Piano delle Cresta auf dem weiss-rot markierten Bergweg zum oberen Laghetto d'Antabia. Weiter am N Ufer entlang, über eine Geröllfeld nach SE und durch eine Grasrinne auf das Plateau W P. 2470. Wieder weiss-roten Markierungen folgend bis unter die Scharte 2419, T4. Nach S über Geröll und 2 Firnfelder zu einer Plattenrampe und über diese (ca. 10m, III) zum breiten, die östliche NW-Wand durchziehenden Grasschrofenband. Über dieses ansteigend gegen SW, über eine gut gestufte Rampe, dabei eine Rippe querend, in ein breites Grasschrofencouloir, und durch dieses nach SE direkt hinauf zum NE-Grat, T5, Stellen I-II. Auf dem Grat in schöner Kletterei (II-III) auf den NE- (2696,9m) und weiter zum SW-Gipfel (2698m), 2h 30min, WS, 590Hm.

Abstieg E-Flanke: N des Grats nach W zu einer tiefen Scharte, und durch diese und über einen Grasrücken nach SE hinab zu einem Sattel. Nach E durch das rechte Couloir hinunter bis ca. 2450m, Querung in das linke Couloir, durch dieses in Richtung Pianaccio weiter bis ca. 2400m, und nach SE über steile Grasschrofen an den Flankenfuss (ca. 2320m). Nach E über Geröll zum von Pianaccio kommenden weiss-rot markierten Bergweg bei ca. 2030m, T5, und auf diesem hinauf zur Sella di Valletta, T4, 1h 45min, 670Hm.

Pizzo Piénsgia (2.9.2014)
Aufstieg E-Grat: von der Sella di Valletta über Gras (Wildspuren) und leichte Felsen zu einem Gratturm, der überklettert (ca. 10m, III) oder N umgangen werden kann. Weiter über Gras zum Beginn des eigentlichen felsigen E-Grats. Dieser wird in schöner Genusskletterei direkt überklettert (III-IV), wobei Schwierigkeiten z.T. N umgangen werden können. Charakteristische Stellen sind eine Piazstufe (ca. 2m, III+), der "Stambecchistep" (ca. 10m, III, von N zurück auf den Grat; hier wies mir ein Steinbockrudel den Weg), der vorletzte Aufschwung (ca. 50m, III-IV, N über Platten) und der Gipfelaufschwung (II-III, direkt über den Grat). Der Gipfel wird nach einer Scharte über den Grat (II) erreicht, 1h 45min, ZS, 480Hm.

Abstieg S-Flanke: über den oberen E-Grat zurück zur Scharte (Abseilschlinge) und nach S in das mittlere Couloir. Durch dieses kurz hinab, Querung nach W in ein rechtes Couloir, weiter durch dieses auf Grasschrofen hinunter und oberhalb von Platten Querung zurück in das mittlere Couloir. Querung nach E in ein linkes Couloir und auf Grasbändern oberhalb von Platten weiter nach E unter den S-Grat. Durch eine gut gestufte Felsrinne und über steiles Gras hinunter und nach SE querend zur Bocchetta di Nassa, 45min, T5, 265Hm.

Rückweg: von der Bocchetta di Nassa auf dem weiss-rot markierten Bergweg zurück unter die Sella di Valletta und auf weiter nach E, S an P. 2085 vorbei und z.T. Pfadreste ab Corte di Cima (2021m) nutzend, über Geröll, Gras und durch Stauden steil hinunter auf den von Corte di Mezzo (1755m) kommenden Pfad, und auf diesem (stellenweise Ketten und Kabel, auf ca. 1400m restaurierte Steintreppen) bequem über Corte di Fondo und Semacorte hinunter nach Foroglio, 2h 30min, T4, 1620Hm.

Material: zusätzlich Helm, Leichtpickel, 25m 7,5mm Seil, Klettergurt, je 3 Schlingen und Express, Kk-Set, mittlerer Friend. Für Seilschaften übliche Keepwild-Ausrüstung.

Bemerkungen: für die Solögno NW-Wand hatte ich nur den Helm auf (ev. Sicherung bei der Plattenrampe), für den Piènsga E-Grat hatte ich zwar zusätzlich den Klettergurt an und das Sicherungsmaterial bereit, brauchte mich aber dank geeigneten Umgehungen nirgends zu sichern (direkte Varianten - laut Ticino keepwild! climbs IV+ bzw. 4b - besser absichern).

Tourengänger: lorenzo


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