Finsteraarhorn (4271 m), NW-Grat


Publiziert von Sarmiento , 23. Juli 2014 um 19:44.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:15 September 2012
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 6 Tage
Aufstieg: 2050 m
Abstieg: 2050 m
Unterkunftmöglichkeiten:Märjelen Gletscherstube Konkordiahütte Finsteraarhornhütte

Das Finsteraarhorn ist zwar der Höchste der Berner Alpen, jedoch sicher nicht der bekannteste. Eiger, Mönch und Jungfrau nehmen diesen Platz ein. Uns war das egal, wir wollten nicht nur den höchsten Punkt nehmen, sondern auch die ruhigere Seite der Östlichen Berner Alpen genießen. Trotz unbeständiger Wettervorhersage machten wir uns kurz vor Saisonende auf den Weg, um von Fiesch im Oberwallis über Märjelenhütte, Konkordiahütte und Finsteraarhornhütte "unsren" Berg zu besteigen.

Hüttenzustieg Märjelenstube

Nach Anreise aus Deutschland per Bahn kamen wir gegen 15 Uhr in Fiesch an, gingen noch schnell einkaufen und fuhren dann mit einer der letzten Bahnen Richtung Eggishorn hoch zur Fiescheralp (2212 m). Wir folgten rechterhand dem breiten Schotterweg Richtung Salzgäb / Märjelensee, der uns leicht ansteigend und mit schönen Blicken ins Obergoms an den Eingang des Wanderertunnels auf 2335 m führte (ca. 3/4 h). Der ca. 1 km lange Tunnel unterquert den Tälligrat, sodass man sicher 1 Stunde für dessen Überquerung spart. Anstatt dessen geht's spärlich beleuchtet in ca. 15 min duch den Berg. Auf der anderen Seite wartet bereits die sehr gemütliche Märjelen Gletscherstube (2357 m)

Hüttenzustieg Konkordiahütte

Um 7 Uhr gehts von der Gletscherstube aus leicht absteigend in westlicher Richtung und auf breitem Weg runter zum Gletschersee (2302 m). Der war in unsrem Fall allerdings gerade leer, sodass wir hier problemlos auf den riesigen Aletschgletscher steigen konnten.

Da der in dieser Höhe aper ist, war kein Seil nötig, nur die Steigeisen hatten wir rausgeholt. Wir querten zunächst weiter westlich parallel zu den teils riesigen Spalten in die Mitte, bis wir die rechte Mittelmoräne erreicht hatten. Hier lichtete sich das undurchdringliche Spaltenmeer, wir konnten nun auch den Gletscher hoch laufen. Etwas weiter oben querten wir nochmals weiter westlich zur linken Mittelmoräne und folgten ihr einen gefühlten Halbmarathon lang über Stunden nach oben. Auf einem derartig riesigen Gletscher ist es schwer einzuschätzen wie schnell man sich gerade bewegt - das motiviert nicht unbedingt beim Laufen, wenn sich kein Gefühl von Fortschritt einstellen will. Es dauerte tatsächlich bis mittag, bis wir - nach einigen Pausen, da meine Steigeisen nicht ganz fest waren - unterhalb des Konkordiaplatzes auf ca. 2600 m angelangt waren und bereits den Hüttenhund bellen hören konnten. Dummerweise wussten wir nicht, wo genau die Leitern zur Hütte waren und so gingen wir einfach geradeaus weiter auf dem Gletscher, mittlerweile wieder etwas mehr am rechten Rand um die Leitern suchen zu können. Dadurch kamen wir immer tiefer ins Spaltengewirr unterhalb des Konkordiaplatzes und mussten irgendwann einsehen - hier gehts nicht weiter. Also alles wieder zurück und östlich komplett runter vom Gletscher. Wir stiegen nun das rutschige Geröll rechts des Gletschers auf und suchten und suchten.

Endlich, 2 Stunden nach einigen Umwegen und wir eigentlich schon unterhalb der Hütte waren - da waren die Leitern. Der Begriff "Himmelsleiter" passt für das, was da im Fels hängt, definitiv (siehe Fotos), ca 150 m gehts hier fast senkrecht über viele Stufen nach oben! Also rauf da auf die Hütte (2850 m), alleine schon, da sich das Wetter mittlerweile von knalliger Sonne in drohendes Schlechtwetter gewandelt hatte. Abends zog dann die angekündigte Schlechtwetterfront mit viel Schneefall auf.

Hüttenzustieg Finsteraarhornhütte

Vom Weg her kann man diese Etappe kurz fassen: Wieder die 150 m Treppen runter aufs Geröll, dann östlich haltend den Grüneggfirn hoch bis zur Grünhornlücke (3279 m) und auf der anderen Seite den Seitenarm des Fieschergletschers wieder runter auf ca. 3000 m. Dann noch den Fieschergletscher queren und über einen markierten Weg im Fels in ca. 20 min rauf zur Hütte.

Soviel zur Theorie - bei schönem Wetter. Wir hatten jedoch besch... eidene Sicht bei Dauerschneefall, sodass wir uns dreimal überlegten, die Hütte überhaupt zu verlassen. Wir haben's dann doch probiert und uns gegen 9 Uhr auf den Weg gemacht. Auf dem unteren Grüneggfirn war die Sicht sogar noch recht gut und wir kamen schnell vorwärts zur ersten Spaltenzone bei ca. 3000 m unterhalbe des Chamms. Da hier schon recht viel Schnee lag, schlängelten wir uns großzügig um alle potentiellen Spalten herum, was den Weg enorm verlängerte. Am Gletscherkessel unterhalb des Fiescher Gabelhorns hält man sich nun links direkt an den Felsen und steigt steiler werdend auf. Auf der Grünhornlücke selbst klafft eine riesige, nahezu durchgehende Spalte, da hier der Gletscher in 2 Richtungen zerrisen wird. Bei viel Schneeauflage hier den sichersten Weg zu finden, ist gar nicht so einfach. In unserem Fall war das wieder linkerhand der größten Löcher, in die man ganze Häuser hätte versenken können. Mittlerweile, auf der anderen Seite des Passes, war die Sicht kurz vor 0, sodass die einzigen Konturen ausgerechnet die Spaltenzonen bildeten. Ein ständiger Blick auf Karte, Kompass und GPS gab uns Sicherheit, außerdem umschifften wir jede noch so kleine, potentielle Spalte weiträumig und sicherten uns über die wenigen verbleibenden rüber. Das dauerte zwar, aber wir hatten keinen Zeitdruck. Irgendwann, nachdem es immer mehr oder weniger steil runterging, wähnten wir uns dem Fieschergletscher, auch die Höhe stimmte mit knapp 3000 m. Dummerweise war nix zu sehen, sodass es eher eine Frage des Gefühls war, wo genau jetzt wohl die Hütte sein könnte. Nach minutenlanger Beratung über Karte und Kompass (wir hatten keine GPS-Koordinaten der Hütte) lichtete sich auf einmal für ein paar Sekunden der Nebel und - da war sie. Leicht versetzt zur vermuteten Position, aber v.a. so groß, dass wir sie zunächst nicht einmal erkannten. Wir hatten da einen kleinen Fleck am Berghang erwartet und kein Hochhaus aus Holz. Nun gut, jetzt wussten wir wenigstens wohin, auch wenn sie erstmal wieder im Nebel verschwand. Noch den Weg durchs Spaltenmeer unterhalb der Hütte finden und ab auf den Fels! Wir kamen gegen 16 Uhr in der Hütte an, die fast leer war. Klar, bei dem Wetter! Die verbliebenen 5 Bergsteiger schauten nicht schlecht, als wir aus dem Schneegestöber auftauchten. Die Hüttenwirte eher nicht, die wussten ja, dass wir kommen wollten. Im Führer ist diese Etappe übrigens mit 3 1/2 - 4 h angegeben, wir haben heute einfach mal doppelt so lang gebraucht.

Da das Wetter für den nächsten Morgen eher schlecht angekündigt war, beschlossen wir einen Ruhetag einzulegen und am nächsten Nachmittag schonmal die Aufstiegsroute zu erkundigen.

Aufstieg Finsteraarhorn

Um 4.30 Uhr gings raus in die kalte und klare Morgenluft. Wir hatten uns mittlerweile vermehrt und waren zu viert, Markus und Daniela begleiteten uns nach oben. Man geht zunächst einmal rechterhand um die Hütte herum. Hier startet ein gut markierter Pfad (blau-weiß) direkt in die Felsen oberhalb der Hütte. Es geht etwas steiler in angenehmem Kraxel-Gelände hoch bis in das Joch nordwestlich von P. 3231. Dieses erreicht man nach ca. 3/4 h. Hier ist auch ein kleiner, mit aufgehäuften Steinen gebauter Windfang für eine erste Frühstückpause. Bei uns zeigte sich da bereits das erste Morgenlicht und wenig später auch ein wunderschönes Morgenrot über den Bergen südöstlich von uns. Es geht weiter in NO-Richtung auf die Felsen unterhalb des Hängegletschers zu. Hier sollte man sich den Weg an jeder Biegung zweimal anschauen, sonst steht man schnell in unwegsamem Gelände. Wir hatten den Weg am Tag vorher ausgekundschaftet, wussten daher wo es am besten hochgeht. Auf den Felsen ist ein kleines Plateau (ca. 3300 m) - hier bietet es sich an, Gurt, Steigeisen und Seil anzulegen.

Die ersten Meter auf den Gletscher sind steil, aber dennoch gut machbar. Erst folgt man dem Gletscher links Richtung NO, dann in einer langen Kehre wieder rechts Richtung NW und schließlich wieder links nach NO, um die größten Spaltenzonen zu umgehen. Links steuert man nun den Frühstücksplatz (P. 3617) an. Über den breiten und nahezu flachen Geröllrücken verlässt man den Gletscher und folgt dem Rücken auf seiner rechten Seit aufwärts. Nach und nach kommen von allen Seiten unmarkierte Wege zusammen, die sich auf einem kurzen Aufschwung des Geröllrückens zu einem deutlich sichtbaren Weg vereinen. Der wechselt nun auf die linke Seite und führt flach geradaus oberhalb der riesigen Spaltenzone auf den Gletscher. In unsrem Fall mussten wir hier nochmals 2 größere Spalten überwinden, bevor wir freie Bahn hatten. Der Gletscher zieht vom Hugisattel aus herunter, so dass man diesem nun nur noch nach oben zu folgen braucht. Ohne Spur und in tiefem Neuschnee ist das natürlich eine "nette" Aufgabe, mein Kletterpartner hechelte wie eine Dampflok nach oben - laut, dampfend, aber eine wunderbare Spur hinterlassend. Kurz vor dem Hugisattel (4088 m) mussten wir noch über die Randkluft, was aber nach kurzem Suchen für den besten Übergang gut gelang.

Mittlerweile war es 8.30 Uhr. Im Sattel deponierten wir eines unserer Seile und packten die Rucksäcke um. Da der NW-Grat dick eingeschneit war, ließen wir die Steigeisen an und los gings. Man folgt dem Grat ausschließlich auf seiner rechten Seite, selten klettert man auch direkt auf der Schneide. Eine Beschreibung aus unserem Führer, auch links klettern zu können hätte uns direkt in die gähnende NO-Wand geführt - keine gute Idee. Direkt am Anfang quert man rechts unter den ersten Felsen für ein paar Meter in die SW-Flanke und klettert sobald möglich wieder hoch Richtung Gratschneide. Der Grat flacht bald etwas ab und man erreicht den ersten, steilen Firnabschnitt. Hier waren - selbst unter dem Neuschnee - noch Trittspurten sichtbar, die felsfrei ca. 20 m nach oben führten. Man erreicht nochmal kurz etwas Fels, dann folgt der zweite, längere Firnabschnitt, der ca. 50 m steil hochgeht. Hier war unsere ganze Aufmerksamkeit und Trittsicherheit gefragt, sodass wir auch nur in deutlichem Abstand hochgingen. Oberhalb folgen ein paar steile Felsen und - in unsrem Fall - eine kurze, vereiste Rinne, die jedoch nicht allzu schlimm war. Dannach wir der Grat etwas gestufter - es folgen immer wieder kleinste Türmchen, die man entweder überklettert oder rechts umgehen kann. Kurz vor Schluss folgen noch 2 Stufen, die ohne Schnee sicher gut machbar sind - mit jedoch viel Aufmerksamkeit und Geschick erforderten. Ganz am Schluss ein kurzes Gipfelschneefeld und schließlich der kleine, felsige Gipfel mit Mini-Kreuz. Aufgrund der eher widrigen Bedingungen hatte Daniela auf der Hälfte des Grates halt gemacht und wartete nun, Markus ging kurz unterhalb der 2 finalen Stufen die Puste aus. So kamen nur mein Kletterpartner und ich oben an - es war mittlerweile 11:30 Uhr.

Wir genoßen das atemberaubende Gipfelpanorama daher nur kurz und machten uns gleich wieder auf den Rückweg. Die Kletterei nach unten auf den Hugisattel zog sich noch einmal genau so lange hin wie der Aufstieg, sodass wir erst gegen 14.30 Uhr alle wieder sicher am Sattel standen. Da das Wetter perfekt war, gönnten wir uns noch eine ausgiebige Pause und machten uns gegen 15 Uhr wieder auf den Abstieg. In gut 2 h "rannten" wir dann - zumindest im Vergleich zum Grat - den Berg runter und waren um 17 Uhr passend zum Nachmittagskaffee wieder an der Hütte. Wir waren übrigens an diesem Tag die einzigen oben. Nach uns folgte am nächsten Tag noch eine Gruppe, dann war bereits die Saison gelaufen.

Tourengänger: Sarmiento


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Kommentare (7)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 23. Juli 2014 um 20:11
Herzliche Gratulation zum höchsten Berner!

Sag mal, womit fotografierst Du? Das sind ja wahnsinnig satte Farben! Toll!

LG
N&M

Sarmiento hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Juli 2014 um 20:26
Merci! :-)

Ich muss zugeben, da steckt mehr als nur eine gute Kamera dahinter. Die wurden "nur" mit einer Panasonic Lumix TZ21 geschossen und hinterher mit Photoshop Lightroom 5.4 entwickelt. Ich sage da ganz bewusst entwickelt, da ich außer Helligkeiten und Farbleuchten in verschiedenen Abstufungen nichts an den Bildern geändert habe.

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Juli 2014 um 21:17
Auf jeden Fall sehen sie super aus! Danke für die Info!

Sarmiento hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. Juli 2014 um 10:37
Vielleicht noch zur Info, falls es dich interessieren würde: Das Programm kostet ca. 120 € und ist vergleichsweise (mit dem eigentlichen Photoshop) sehr einfach zu bedienen. Die Entwicklung eines Bildes dauert bei mir zwischen 10 und 30 s, nicht länger. Außerdem sollte man dafür immer im .raw-Format fotografieren, um v.a. bei sehr dunklen oder hellen Bildern alle Bildpunktinformationen beibehalten zu können - das sieht mit .jpg sonst ziemlich bescheiden aus. ;-)

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. Juli 2014 um 14:58
Danke Dir. Guter Tipp!
LG und gute Touren
N&M

Laura. hat gesagt:
Gesendet am 23. Juli 2014 um 21:28
Congratulazioni!

Sarmiento hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. Juli 2014 um 10:29
Grazie, Laura. :-)


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