Cima Terra Rossa


Publiziert von Kreier , 12. Januar 2014 um 16:26.

Region: Welt » Italien » Friaul-Julisch Venetien
Tour Datum:19 September 2013
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m

Wir starteten gegen 9:30 Uhr am Parkplatz der Montasio-Hochebene (Piani alti del Montasio) und marschierten an der Brazza Hütte (Rifugio di Brazzà) vorbei über grüne Wiesen direkt auf unser Gipfelziel zu. Der Kamm von Foronon del Buinz bis Jôf di Montasio baut sich hier recht beeindruckend vor einem auf, obwohl man ja schon relativ weit oben startet. Die Hütte liegt absurd nah am Parkplatz, schon nach weniger als 15 Minuten passiert man sie. Die Beschilderung ist - typisch italienisch - recht windig, immerhin gab es kurz nach der Hütte ein handgeschriebenes Schild, das unser Gipfelziel auswies (2 Stunden ab der Hütte).

Zurückblickend entdeckten wir bald drei italienische Soldaten, die sich von der Hütte aus schnellen Schrittes in unsere Richtung auf den Weg machten. Bei dem Tempo sollte es nicht lange dauern, bis sie uns überholen. Die sanft ansteigende Grasebene ging nun in steiles, zunehmend felsiges Gelände über, durch das sich der Weg zunächst in Serpentinen nach oben schlängelte. Die Soldaten hatten stark aufgeholt und durch die Serpentinen waren sie schließlich luftlinienmäßig so nah herangekommen, dass man hören konnte, wie schwer sie atmeten: da übernahm sich jemand aber ordentlich. Und so kam es wie es kommen musste: kurz bevor sie uns tatsächlich einholten, mussten sie pausieren und nicht viel später drehten sie schließlich ganz um - nicht einmal 400 Höhenmeter über der Hütte. Ob das wohl italienische Gebirgsjäger waren? :)
Ein 75-jähriger Italiener zeigte ihnen wie man es macht: er überholte sie und schließlich auch uns, nicht jedoch ohne ein wenig freundlichen Smalltalk zu betreiben.
Der Weg hatte ein ganzes Stück nach links gezogen, um sich anschließend wieder in Serpentinen nach oben zu richten. Nun dauerte es nicht mehr lange bis wir die ersten Steinböcke auf uns herabblicken sahen und mit der Zeit wurden es immer mehr. Mit den Steinböcken schlich sich aber auch der Schnee ein und bedeckte zunehmend den Weg (der Weg war mit deutlich mehr Schnee bedeckt als die Umgebung, wohl windbedingt). Ein dreibeiniger Alpensalamander (Bergmandl) ließ sich weder vom Schnee noch von fehlenden Fingern an einem Fuß davon abhalten, zügig den Weg vor uns zu queren.

Schließlich kamen wir zu einer Scharte, die den Blick in Richtung des beeindruckenden Jôf Fuart erlaubt. Hier wartete der 75-jährige: er traute sich nicht, durch den inzwischen fast kniehohen Schnee weiter zu gehen. Ich bot ihm an, voranzugehen und zu spuren und so kamen wir wenig später auch am Gipfel an. Das Gelände ist zwar relativ steil aber in diesem Bereich nicht absturzgefährlich, sonst hätte ich ihm sicher zur Umkehr geraten und diese wahrscheinlich auch selbst in Betracht gezogen.

Die Aussicht vom Gipfel war wirklich klasse: Jôf Fuart und Jôf di Montasio bauen sich gewaltig in unmittelbarer Nähe auf, im Süden fängt der Monte Canin den Blick ein und man konnte sogar das Meer erahnen. Lediglich in nördlicher Richtung verbauten Wolken die Sicht in Richtung Alpenhauptkamm. Der Gipfel war praktisch völlig schneefrei, es war windstill und die Sonne schien, so dass es mit entsprechend warmer Kleidung nicht kalt war.
Unser Italiener war überglücklich, doch noch auf den Gipel gekommen zu sein (vor allem als wir ihn mit seiner Kamera fotografierten) und schenkte uns sogar noch eine Tafel Schokolade bevor er sich wieder auf den Weg machte.
Während meine Begleitung es sich mit ihrer Focaccia gemütlich machte, knipste ich fleißig in die Runde. Jôf di Montasio auf der einen und Jôf Fuart auf der anderen Seite machen wirklich was her, besonders beeindruckend war aber, wie tief es nach Norden hin senkrecht ins Tal des Torrente Saisera hinabgeht. Vom Jôf di Montasio muss der Nordblick regelrecht beängstigend sein, da zum Talgrund eine Höhendifferenz von ca. 2300m besteht, wovon allein die Nordwand selbst schon über 1000m ausmacht.

Da es wie gesagt erstaunlich warm war, blieben wir lange auf dem Gipfel sitzen, bevor wir uns gemächlich an den Abstieg machten. Dieser gestaltete sich erheblich langsamer als gedacht, da die Steinböcke sich in unmittelbarer Wegesnähe aufhielten und mich praktisch zwangen, pausenlos zu fotografieren.
Einige kamen von selbst so nah an mich heran als ich stillstand, dass ich mit dem Tele nicht einmal mehr die Köpfe vollständig aufs Bild bekam (2-3m)! Das war ein eindrucksvolles Erlebnis: so könnte es also sein, wenn wir die Tiere nicht jagen würden, dann befriedigen die Tiere an uns ihre Neugier genauso wie wir an ihnen. Wie mir der Italiener zuvor erzählt hatte, werden im Montasiogebiet nur Gemsen bejagt, Steinböcke nicht - kein Wunder also, dass wir keine einzige Gemse sahen, Steinböcke aber herdenweise.

Nachdem meine PEN und ich uns fotografisch ausgetobt hatten, marschierten wir weiter zum Rifugio di Brazzà, wo wir uns ein Getränk genehmigten. Typisch italienisch bekommt man alles in Wegwerf-Geschirr serviert - wirklich abstoßend.
Wir machten es uns noch eine Weile in der Sonne bequem bevor es die letzten paar Höhenmeter zum Auto hinunter und zurück zu unserer Unterkunft ging.

Fazit:
Eine wirklich lohnende kleine Tour mit tollem Gipfelpanorama, die mir aber vor allem aufgrund der Steinböcke in Erinnerung bleiben wird. Der Gipfel ist normalerweise absolut unschwierig zu erwandern, in unserem Fall war aufgrund des Schnees zum Teil etwas Vorsicht angebracht.
Die Julischen Alpen kennen die meisten nur von der Autobahn aus, wenn sie auf dem Weg zur Adria hindurchfahren - sie sind aber absolut einen Besuch wert und haben wirklich viel zu bieten. Im Sommer dürfte das Berggehen hier hitzebedingt aber kein Vergnügen sein.

Tourengänger: Kreier


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