Piz Palü 3900m via Ostpfeiler bei winterlichen Verhältnissen


Publiziert von Lulubusi , 27. September 2013 um 19:17.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:22 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: S-
Klettern Schwierigkeit: 4+ (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Palü-Gruppe   Bernina-Gruppe 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 930 m
Abstieg: 930 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:via St. Moritz nach Pontresina weiter dem Berninapass entgegen bis zur Talstation der Bernina Diavolezza Luftseilbahn
Unterkunftmöglichkeiten:Berghaus Diavolezza
Kartennummer:LK 1.25000 BL1277 Piz Bernina

Piz Palü 3900m via Ostpfeiler bei winterlichen Verhältnissen

 

Bis zum heutigen Tag kann ich auf einen tolle und sehr erfolgreiche Sommersaison 2013 zurück blicken. Ein Wehmutstropfen hatte ich aber doch.

In den letzten Jahren durfte ich mindestens eine grosse Sommertour geniessen. Und genau dies, eine etwas anspruchsvollere Tour fehlte mir in der zu ende gehenden Hochtourensaison noch. Das sagte zumindest mein Gefühl. Aber was soll's, der nächste Sommer kommt bestimmt.

 

Umso überraschender kam es dann doch noch zum fehlende Projekt. Gabriel, mein Tourenfreund und ich, verabreden uns nur wenige Tage zu vor zu einer Hochtour.

 

Die Planung beginnt. Ursprünglich sollte es ins Wallis gehen. Obwohl auf unseren Wunschtouren die Hütten bereits die Sommersaison beendet und geschlossen haben, sollte dies uns nicht daran hindern. Nehmen wir eben etwas mehr zu essen mit.

 

Was dann aber gegen eine Tour sprach, waren die Informationen über die herrschenden Verhältnissen. Alle angefragten Stellen, inkl. Bergführerbüro, meldeten unabhängig voneinander und unisono, für eine grosse Tour seien die Verhältnisse zu schlecht, zu viel Schnee sei gefallen.

 

Was nun? Irgend wo anders. Zentralschweiz kommt nicht in Frage, ebenfalls zu viel Schnee. Tessin entspricht nicht unseren Voraussetzungen. Engadin? Genau! Piz Palü wäre doch was! Der Normalweg aber dann doch etwas, wie soll ich sagen um niemandem zu nahe zu tretten? Sagen wir mal, etwas zu kurz. Deshalb einigen wir uns auf eine Anstieg über den Ostpfeiler.

 

Angaben über Verhältnisse: Auf Grund des Schneefalls der letzten Tage sehr anspruchsvoll. O.k. Das nehmen wir ernst! Es heisst aber nicht unmöglich.

Also Reisen wir doch mal an und schauen vor Ort wie sich das ganze Zeigt. Ausweichmöglichkeiten gibt es im Berninagebiet schliesslich zur genüge. Mit kompletter Ausrüstung fahren wir also ins Engadin. Via Chur, Julierpass, St. Moritz nach Pontresina, von da in Richtung Passo del Bernina bis zur Talstation der Gondelbahn Bernina Diavolezza.

Hier besteht reichlich Platz, das Auto bis zur Rückkehr stehen zu lassen. Nach kurzer Absprache entscheiden wir uns zur Diavolezza hoch zu wandern.

 

Aufstieg Berghaus Diavolezza

Vom Parkplatz bei der Talstation der Bernina Diavolezza Luftseilbahn P.2093 wandern wir südwärts. Teilweise auf Bergweg, befestigter Strasse oder Skipiste, erreichen wir via P.2134 – P.2355 – P.2488 und P.2572 schon bald den schönen Bergsee Ley da Diavolezza P.2573.

Nun holen wir grosszügig nach Westen bis P.2764 aus. So umgehen wir die südlich vom See liegende Felsstufe.

Jetzt drehen wir nach links ab und folgen der Skipiste, die ungefähr parallel des Skilifts verläuft, weiter in südöstlicher Richtung. Auf einer Höhe von ca. 2900m trifft man schliesslich auf die spärlichen Reste von Gletschereis. Das wenig steile Eis ist gut mit Firn überdeckt und Spuren eines Pistenfahrzeuges ermöglichen ein einfaches und schnelles vorwärtskommen. Über dieses hoch, bis man auf die Skipiste zum Berghaus Daivolezza P.2973 trifft. Dieser ostwärts zur Hütte folgen.

 

Wir quartieren uns ein, besprechen unser Vorgehen am nächsten Tag, geniessen ein köstliches Nachtessen und legen uns früh zu Bett. Man will schliesslich am nächsten Tag Fit sein.

 

Zu recht moderater Zeit für eine solche Tour, nämlich um 4:15 Uhr klingelt unser Wecker. Bereits um halb fünf können wir uns von einem grosszügigen Frühstücksbuffet bedienen. Was will man mehr! So beginnt der Tag doch ordentlich! Leider sitzt man so eher etwas länger und so liegt unser zeitlicher Aufbruch ungefähr bei halb sechs.

 

Zustieg Piz Palü Ostpfeiler

Vom Berghaus folgen wir erstmal dem weissblau markierten Weg der nach Südosten führt. Am Fuss des Piz Trovatos verliert sich der Weg etwas und es verleitet zu tief, in der Flanke des Piz T. weiter zu gehen.

Der korrekte Weg führt allerdings kurz aufwärts, bevor er die Ostflanke des Piz Trovatos bis zur Fuorcla la Trovat P.3040 durchquert. Auf dem Weg dorthin, wird der Pfad mehrmals von Blockgelände oder Schnee unterbrochen.

Wir sind frühzeitig über die östlich Seitenmoräne auf den Gletscher Vadret Pers hinunter gestiegen. Bei Tageslicht zeigt sich, dass ein weiter gehen auf dem Grat in südöstlicher Richtung besser gewesen wäre. So ist es möglich den Gletscher an der niedrigsten Stelle der Moräne zu betreten.

 

Um keine Zeit zu verlieren, vor allem später nicht, Seilen wir uns bereits hier und montieren unsere Eisausrüstung.

 

Nun folgen wir erstmal der Piz Palü Normalroute. Diese führt in südlicher Richtung an P.3011 vorbei und in Schlaufen, den besten Weg suchend, durch die steilere Spaltenzone mit einigen gösseren Spalten.

 

Auf einer Höhe von ca. 3260m verlassen wir dann die Normalroute, biegen nach rechts ab, beginnen den Gletscher westwärts zu queren und peilen den Ostpfeiler an.

Das Gelände ist nicht schwierig, es zeigen sich aber trotzdem einige Spalten. Ansich keine grosse Sache! Da diese aber in Laufrichtung, also längs verlaufen, ist doch grosse Aufmerksamkeit gefordert. Über das kleine, flache Gletscherplateau erreichen wir den Einstieg am Ostpfeiler. Dieser befindet sich zur Zeit auf 3300m Höhe direkt oberhalb eines Geltscherabbruchs.

 

Am Vorabend haben wir uns entschieden, dass wir mal bis zum Einstieg vorstossen und schauen wie sich dort die Verhältnisse zeigen. Von der Diavolezza aus gesehen, sah der Pfeiler doch sehr weiss aus. Aus der nähe war es zumindest im unteren Teil nicht so wild, auf Steigeisen konnte man allerdings nicht verzichten. Bereits hier liegt zu viel Schnee.

 

Ein grosse Tenueänderung war nicht von nöten. Lediglich Felsmaterial an den Gurt und den Eispickel hinter den Rucksack geklemmt und los.

 

In etwas brüchigem Fels, klettern wir über einige Felsstufen hoch und erreichen nach ca. 30m den Grat des Pfeilers. Nun folgen wir ausschliesslich der Gratschneide. Der Fels am Pfeiler ist fest, gut griffig aber teilweise etwas plattig. Wäre da nicht der Schnee, der das ganz doch etwas anspruchsvoller macht.

 

Häufig gehen wir am halblangen Seil. Dank der vielen Zacken und Spitzen kann ohne Probleme gesicherte werden. Die Kletterschwierigkeiten bewegen sich bis hier hin im 2 – 3 franz. Schwierigkeitsgrat.

 

Ungefähr in der Mitte des Pfeilers trifft man auf den Turm, die Schlüsselstelle. Von weitem eher unscheinbar, zeigt sich auf dem Grat, dass dieser Pfeiler sich nicht vor anderen verstecken muss. Zwei Möglichkeiten stehen hier offen. Direkt Überklettern oder ostseitig umgehen. Die Schwierigkeiten der plattigen umgehen liegen im unteren 4en Klettergrat, beim Überklettern sicherlich im oberen 4en Schwierigkeitsgrat. Wir wählen den direkt Weg. Die Umgehung liegt unter einer dicken Schneeschicht, der Pfeiler selbst beinahe Schneefrei. Und trotzdem, mit Steigeisen an den Füssen und vereisten Griffen, war auch das Überklettern nicht ganz einfach.

 

Oberhalb des Turms legt sich der Pfeiler leicht zurück und die Kletterschwierigkeiten liegen wieder im 2 – 3 franz. Schwierigkeitsgrat. Weiter möglichst der Gratschneide bis zum Firngrat folgen.

 

Nach einer kurzen Verschnaufpause heisst es Pickel in die Hand und weiter. Meine Bedenken, dass uns pulvriger Schnee das Leben schwer macht treffen nicht ein. In bestem Trittschnee kommen wir zügig voran und nähern uns auf dem bis zu 40° steilen Firngrat dem Piz Palü Ostgipfel.

 

Im oberen drittel des Firngrates war an einigen Stellen die Schneeauflage sogar so dünn, dass man mit den Eisen bis auf das Eis durchbrach. Ach was solls, aufi gehts. Nach fünf Stunden Gehzeit, ab Diavolezza, ereichen wir den Ostgipfel P.3882.

 

Nach einer kurzen Pause machen wir uns auf den Weg zum Hauptgipfel. Unsere Rucksäcke lassen wir auf dem Ostgipfel zurück. Fotoapparat und Eispickel, mehr nehmen wir nicht mit.

 

Ursprünglich war unsere Idee via Fortezza abzusteigen. Da wir aber die letzte Bahn erwischen wollen und es mit dieser Variante ein erreichen äusserst fraglich gewesen wäre, entscheiden wir uns zum Abstieg über die Normalroute.

 

Also, über den schmale und luftigen Firngrat zum Piz Palü P.3900 und zurück.

 

Abstieg

Nach dem wir auf dem Ostgipfel unsere Rucksäcke wieder geschultert haben, beginnen wir den Abstieg. Vom Gipfel nochmals über einen kurzen schmal Grat und anschliessend über den Ostgrat bzw. die steile Nordflanke hinunter. Der Palü wurde dieser Tage recht häufig begangen. Eine regelrechter Trampelpfad weist den Weg hinunter. Guter Trittfirn gestaltet den Abstieg einfach.

Sehr schnell steigen wir ab. Treffen auf 3260m auf unsere Wegkreuzung und die bereits bekannt Aufstiegsspur. Dieser folgen wir zurück zum Berghaus Diavolezza P.2973. Kurz vor 16:00 Uhr sitzen wir bereits wieder vor dem Berghaus an der Sonne, gönnen uns etwas kühles zum trinken und begutachten nochmals unsere Route.

 

Zum Schluss: Hinunter Gondeln, Auto besteigen und heimwärts.

 

Startpunkt

Berghaus Diavolezza 2973m

 

Ziel

Piz Palü Ostpfeiler / Piz Palü 3900m

 

Anforderungen

Kletterschwierigkeiten liegen mehrheitlich im 2 – 3. franz. Schwierigkeitsgrat. In der Umgehung am Turm im 4., direkt überklettert etwas darüber (-5).

Kletterpassage kann gut mit Zackenschlingen und oder mobilem Sicherungsmaterial gesichert werden. (mit Schnee anspruchsvoll)

Fels fest und griffig allerdings an einigen Stellen recht plattig.

 

Firn Grat am Ostpfeiler ist ca. 40° steil. Schwierigkeiten hängen hier sehr stark von der ausaperung ab.

 

Gesamter Pfeiler ist luftig und exponiert.

 

Verbindungsgrat zum Hauptgipfel schmal und luftig. Sicheres Steigeisengehen unabdingbar. Ebenso auf den ersten Meter im Abstieg. Schmaler Schneegrat vom Ostgipfel. Steile Firnflanke.

 

Gletscher ist im unteren Teil unschwierig ab 3000m teilweise stark zerrissen und etwas Gletschererfahrung sollte man mitbringen.

 

Bergschrung zum Ostpfeiler hoch, sehr Verhältniss abhängig. Zur Zeit problemlos.

 

Material

Komplette Hochtourenausrüstung

30m Einfachseil

Zackenschlingen, Mobiles Sicherungsmaterial, Express

 

Zusätzliche Info

Berghaus Diavolezza

 

Fazit

  • Genialer aufstieg zum Piz Palü
  • Geniale kombinierte Tour
  • Sehr abwechslungsreich (Gletscher, Fels Firn)
  • Tiefblick der sich Tiefblick nennen darf.
  • Meist fester und griffiger Fels
  • Eher früh Starten, bei mehren Seilschaften Staugefahr vor allem am Turm
  • Route kann gut von der Diavolezza in seiner gesamten Länge betrachtet werden.
  • Geniale Bewirtung im Berghaus Diavolezza

 

Genaue Route

Berghaus Diavolezza p.2973, P.3004, P.3008, Fuorcla Trovat P.3040, Vadret Pers, Piz Palü Ostpfeiler, Piz Palü Ostgipfel P.3882, Piz Palü P.3900, Piz Palü Ostgipfel P.3882, Ostgrat, Nordflanke, auf selbem Weg zurück.

 

Alternativ

Normalroute Piz Palü

Piz Trovat

Piz Cambrena

 

Allgemeine Info

Angegebene Zeit inkl. Pausen


Tourengänger: Lulubusi


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