Die Bergtour 1989 (4. Teil) - Rotentalhorn 2968 m


Publiziert von basodino , 17. März 2013 um 15:16.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:29 Juli 1989
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   I   Gruppo Grieshorn   Gruppo Pizzo San Giacomo   Gruppo Basodino 
Zeitbedarf: 2 Tage
Unterkunftmöglichkeiten:Rifugio Marialuisa CAI (2160 m) und Rifugio Margaroli CAI (2194 m)

28. Juli 1989:
Die Nacht dauerte länger als gedacht. Die anderen waren kaum wach zu bekommen. Michaela und Susanne wollten einen Ruhetag einlegen, so brachen Florian und ich im bewährten Team auf. Schnell erreichten wir den großen Geröllkessel im oberen Val Rossa auf 2600 m. Nun mussten wir über Felsen zu einer Terasse kraxeln, fanden immer wieder Kristalle und Quarze. Über einen steilen Schieferhang kletterten wir schließlich auf die Spitze eines damals namenlosen Gipfels (2946 m, Grieshorn-Nebengipfel). Der Gipfel war so schmal, dass nur ein schwindelfreier Mensch dort stehen konnte. Nach einer kurzen Pause und ein paar Action-Fotos von Florian, kletterten wir auf die Terasse zurück. Von dort half uns ein Schneefeld hinüber zu den Geröllhängen des Rotentalhorns. Wir entschieden uns, nicht das feine Geröll zu nutzen, sondern stiegen in einen Sattel im Westgrat. Der schroffe Grat führte uns zum Gipfel (I-II). Ein wenig Zutrauen war schon gefragt, stellten sich doch nicht alle Felsen an diesem Grat als stabil heraus. Aber schließlich erreichten wir den Gipfel und somit den höchsten Punkt der gesamten Bergtour (2968 m).
Der Abstieg stellte sich als unproblematisches Abrutschen heraus, welches man nicht im Aufstieg hätte haben wollen. In weniger als 90 Minuten waren wir wieder an der Hütte. Kurze Zeit später trafen die beiden Frauen von ihrem Spaziergang am Fischsee ein, als gerade eine große Viehherde die Straße zum See hinaufgetrieben wurde. Susanne schleppte mich alsbald zu einem Gespräch ab. Michaela hatte sie mit einigen Standpunkten konfrontiert, die der Diskussion beduften. Michaela hatte die Aufgabenverteilung unmittelbar nach Susannes Verletzung zwei Tage zuvor kritisert. Es enttäuschte mich, dass ich das über Susanne erfahren musste und kam zu der Theorie, das dies ein Versuch war, einen Keil zwischen Susanne und mich zu treiben. Einige Punkte konnten zwar geklärt werden, aber der Vertrauensbruch war geschehen, nachdem Michaela Susanne von der Freundschaft mit mir abgeraten hatte, da mein Verhalten hierfür nicht tauge.
Am Abend verdrängte ich den Ärger erfolgreich, während er in Susanne noch lange weiterarbeitete, länger als jetzt abzusehen war.

29. Juli 1989:
Wirklich maximal erholt begannen wir unseren Tagesablauf heute sehr spät, da wir bis 13 Uhr Zeit hatten, bevor wir Willy treffen wollten.
Nach dem Frühstück kratzten wir unsere Geldvorräte zusammen, um in 3 Währungen die Rechnung zu begleichen. Um 10.45 Uhr begannen wir unseren Weg. Über die Schotterstraße folgten wir den Serpentinen in Richtung Riale. Auf gut 1800 m bogen wir in die Büsche ab. Auf der italienischen Karte war hier ein Weg entlang einer Wasserleitung eingezeichnet, die uns ohne Höhenverlust zum Lago di Morasco hätte führen können. Doch wo ehemals ein Weg gewesen sein mochte, war jetzt nicht viel mehr als Spuren zwischen den Büschen zu finden. Schnell fühlten wir uns wie in Asterix auf Korsika, denn außer Blattgrün gab es nur Flüche und Kommentare, die wie Sprechblasen über uns hingen. Leider war uns bald schon nicht mehr zum Lachen, da wir abbrechen mussten und steil durchs Buschwerk mit mehreren Ausrutschern abstiegen bis wir die Straße von Riale zum Stausee fanden. Zusätzliche 150 Höhenmeter verhinderten es aber nicht, dass wir eine Viertelstunde vor der Zeit am Lago di Morasco (1815 m) eintrafen.
Nun begann eine lange Wartezeit. Geplant war ein Treffen um 13 Uhr. Wir setzten uns ein Ziel von 2 Stunden, nach denen die anderen zurück zur letzten Hütte laufen müssten, während ich den Weg Richtung Griespass absuchen würde, da Willy von dort aus zu uns stossen wollte. Willy würde verschlafen haben, dachten wir uns, und das auch zu Recht. Um 15 Uhr machten wir uns bereit, den Notplan umzusetzen, und nur 1 Minute später tauchte er dann tatsächlich auf.
Die Erleichterung war groß, dass Willy nichts passiert war. Unsere Bergtour konnte fortgesetzt werden, nachdem alle Mann an Bord waren und auch die Kasse wieder aufgefüllt war. Willy hatte für Nachschub gesorgt.
Bald machten wir uns auf, stand doch noch das längere Teilstück der heutigen Etappe an. Willy wollte es kaum glauben, meinte er doch bereits genug geleistet zu haben. Der Aufstieg begann mit einem leichten Stück zur Alpe Nefelgiu. Danach wurde es aber steiler, als wir durch eine lange Erdrinne höher vorstießen. Michaela hing bald wieder zurück, weiter zurück als zuletzt. Willy nahm diese Systematik mit Erstaunen zur Kenntnis. Aber eine gemeinschaftliche Atmosphäre entstand dann doch durch das neue Teammitglied.
Auf einem Schneefeld unweit des Passo Nefelgiu (2598 m) testete Willy erstmals aktiv seine Schneetauglichkeit. Susanne trat sich dummerweise ihren labilen Knöchel nochmals um, so dass ich sie auf dem restlichen Weg stützen musste. Florian und Willy übernahmen die Führung, was bei dem einfachen Weg auch kein Problem war. Zeitweilig waren bis zu 27 Wegzeichen (13 vor, 14 hinter uns) gleichzeitig zu sehen. Michaela konnte inzwischen Anschluss halten und so kamen wir alle gegen 18.15 Uhr auf dem Pass an.
Ein kleines tückisches Schneefeld hinter dem Pass forderte dann seinen Tribut. Susanne rutschte ungeschickt aus und muss ihre durchnäßte Hose wechseln. Der inzwischen kalte Wind hätte sonst eine Erkältung wahrscheinlich erscheinen lassen. Inzwischen hatte Michaela Oberwasser. Mit Florian und Willy übernahm sie die Führung und stieg in flottem Tempo zur in Sicht gekommenen Hütte ab. Da ich Susanne weiterhin stützen musste, konnten wir nicht mehr folgen. Es verwunderte mich schon ein wenig, dass Michaela rücksichtslos zur Eile trieb, nachdem wir die Pausierenden gerade wieder erreicht hatten. Da zeigte Willys Rucksack mehr Einfühlungsvermögen, indem er sich zweimal löste und den Hang hinabkullerte und uns so Zeit verschaffte, aufzuholen. Durch die damit verbundene Erheiterung löst sich die Spannung schnell wieder auf.
Um kurz vor 20 Uhr erreichten wir die Alpe Vannino (2194 m), gerade noch rechtzeitig um ein warmes Essen und fünf Lager nebeneinander zu bekommen. Mit den aktuellen Bundesligaergebnissen versehen, fühlte ich mich richtig wohl. Ich zog mich bei Zeiten zurück, während die anderen noch einige Geschichten der  bisherigen Tour mit Willy austauchten. Willy war anfangs etwas desorientiert, da er nicht mitbekommen hat, dass Susanne und ich eine Freundschaft begonnen hatten, anders als er es erwartet hatte. Es sollte sich aber diesbezüglich ganz gut fügen, zumindest was Michaela und Willy anbelangte.
Kurz vor dem Schlafen gehen brachte Willy noch eine neue Pointe ins Spiel, da er mit Pinguinwitzen aus einem Wernerheft auftrumpfte und für allgemeine Heiterkeit sorgte.

Fortsetzung!

Tourengänger: basodino


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