Trotzigplanggstock (2954m) via S-Grat


Publiziert von أجنبي , 19. Juni 2012 um 23:08.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:17 Juni 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:Sustlihütte SAC – Trotzigplanggstock – Sustlihütte SAC – Leiterliweg – Sustenbrüggli
Zufahrt zum Ausgangspunkt:-
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Auto ab Sustenbrüggli
Unterkunftmöglichkeiten:Sustlihütte SAC
Kartennummer:LK 1:25.000: 1211 Meiental

Um 6.45 Uhr, vielleicht einen Tick zu spät, verliessen wir die Sustlihütte in Richtung Grassen. Die Hütte war voll und die anstehende Aufgabe herausfordernd, doch schlief ich erstaunlich gut. Die lockere *Angewöhnungstour am Vortag gab mir das nötige Selbstvertrauen. Glücklicherweise war nur eine weitere Gruppe aus der Hütte unterwegs zum Trotzigplanggstock, während sich Scharen auf den Grassen zu bewegten.

Auf dem Bergweg, der durch die Südostflanke des Murmetsplanggstock führt, lag noch einiger Schnee herum, doch die Tatsache, dass dieser nicht gefroren und gut vorgespurt war, beschleunigte und erleichterte den morgendlichen Aufstieg. Kurz vor P. 2472 zweigten wir von der Grassen-Route ab. Der Aufstieg wurde nun etwas steiler und ab ca. 2600m war die Unterlage ausschliesslich weiss.

Kurz vor 8 Uhr erreichten wir den Sattel am Fusse des Trotzigplanggstock-Südgrats. Hier gab's nun auch Sonne, doch wirklich warm war's nicht. Wir wechselten auf Kletterfinken, setzten die Helme auf und seilten uns an. Im „plaisir Ost“ steht, man könne die Bergschuhe am Einstieg deponieren, da der Abstieg sehr bequem sei. Unser Tourenleiter (und später auch wir) teilte diese Ansicht nicht, weshalb wir sie im Rucksack verstauten. Da im Abstieg auch noch einiges an Schnee herumzuliegen schien, schleppte ich zudem einen Pickel mit.

Diesmal machte meine Freundin den Vorstieg – ihr erster auf einer alpinen Mehrseillängenroute (sie war absolut souverän!). Die ersten Seillängen waren ziemlich einfach (3a und 3c), was ich so als Beginn recht angenehm fand. (Randbemerkung: Irgendwie schien's mir, als würde im plaisir-Topo eine Seillänge fehlen...) Danach ging's dann aber schon recht zur Sache (4a, 4b, 3b und 4c) und einige Passagen – insbesondere jene entlang der Ostseite des Grates – waren schon recht luftig. Zuweilen hatte man den Wichelplanggfirn sozusagen gerade unter sich...

Nun, ich konzentrierte mich stets auf's Klettern und Sichern und schaute eher nach oben als nach unten. Einmal mehr gelang es mir recht gut, meine Höhenangst beiseite zu schieben, die tiefen Abgründe zu ignorieren und mich einzig und allein auf den nächsten Tritt oder Griff zu konzentrieren. Letztere waren auf der ganzen Tour meist recht gut und fest, während's an Tritten manchmal etwas mangelte und man auf Reibung stehen musste.

Auch gab's immer wieder – teils ziemlich ausgesetzte – waagrechte Hangeltraversen zu absolvieren. Während mir jeweils beim Einstieg in diese Traversen etwas mulmig zu Mute war, fühlte ich mich bereits beim ersten Griff bzw. Schritt wieder besser, denn wirklich schwierig war's nirgends und es gab eigentlich überall etwas zu Greifen. Auch die 4c-Seillänge gestaltete sich einfacher als sie von unten zunächst den Eindruck machte.

Vor dem Notausstieg gab's dann eine 3c zum Abklettern. Hier machte ich den Vorstieg und auch hier profitierte ich von meiner etwas überdurchschnittlichen Körpergrösse. Da wir in vier Seilschaften unterwegs waren, sich die Sache zeitlich etwas in die Länge zog und gemäss Prognose Gewitter bereits am frühen Nachmittag drohten, diskutierten wir kurz einen Abbruch beim Notausgang, verwarfen diese Option – zum Glück! - dann aber schnell.

Nach der Abkletterei standen nochmals zwei Aufschwünge in 4a an und nun hatte man den Gipfel quasi vor sich. Die letzten beiden Seillängen (3b und 3a) waren schliesslich schnell bewältigt und um 13 Uhr erreichten meine Freundin und ich den Gipfel. Unsere Gruppe benötigte also knapp 5h für die Route, was vergleichsweise langsam ist. Geübte Kletterer schaffen dies, wie kleopatra bspw. *schreibt, in der Hälfte der Zeit.

In den schwierigeren Seillängen hat's jeweils mehr Bohrhaken, ansonsten legten wir oft Schlingen. Mit den im Führer empfohlenen 8 Expressen waren wir gut bedient und nur einmal (mehr zur Übung) setzte meine tapfere Vorsteigerin einen Keil. Der zu kletternde Gneis ist fest und eine einzige Herrlichkeit, so dass sogar ich immer wieder starken Genuss beim Klettern verspürte. Die Aussicht (Spannörter, Zwächten, Krönten und Bächenstock auf der einen, Fünffingerstöck, Wendenhorn und Grassen auf der anderen Seite) war schlicht spektakulär und der viele Schnee vermittelte zusätzlich das Gefühl, dass eine bessere Kulisse kaum vorstellbar sei.

Nach ausgiebiger Gipfelrast, Schuhwechsel und vergeblichem Warten auf ein Gewitter machten wir uns an den Abstieg, welcher dann nochmals etwa 1h 30min beanspruchte. Die erste Abseilstelle ist gleich unterhalb des Gipfels und deutlich mit einem roten Pfeil markiert. Um dorthin zu gelangen, kletterten wir ein paar Meter ungesichert ab.

Zur zweiten Abseilstelle gelangt man, indem man nach links um zwei Kanten herum läuft bzw. kraxelt. Hin und wieder weist ein Steinmann den Weg. Das zweite Abseilmanöver führte hauptsächlich durch eine lange Rinne. Die dritte Abseilstelle hätten wir ohne unseren Tourenleiter wohl kaum gefunden. Sie befindet sich weit unter der zweiten Abseilerei und wird nach steiler Abkletterei bzw. Abkraxlerei (T5 II) erreicht. Die Pfeile sind recht spärlich und aufgrund des Schnees war auch der kleine Fusspfad im unteren Teil nicht immer zu sehen. Geübte Kletterer können anstelle eines dritten Abseilmanövers die Passage abklettern.

kleopatra hat sicherlich recht, wenn sie *schreibt, erfahrene Kletterer sollten versuchen als Erste beim Einstieg zu sein. Da der Südgrat nicht allzu schwierig, gut abgesichert und wunderschön ist, lockt er sicherlich viele Gelegenheitskletterer wie eben gerade mich an, die dann halt schon einiges langsamer sind. Die Stände sind zwar grösstenteils einigermassen geräumig, aber eine Überholspur gibt's halt schon nicht wirklich.

Nun, der Abstieg zur Grassen-Autobahn wurde uns schliesslich durch den vielen Schnee erleichtert. Das Heruntersausen auf den Bergschuhen machte jedenfalls grossen Spass und ging recht schnell. Und erneut waren wir froh um den Brunnen bei der Sustlihütte, bevor wir zur Passstrasse abstiegen.

Auf die Tour zurückblickend verspüre ich schon etwas Stolz und Selbstbestätigung. Als wir uns dafür anmeldeten, schätzte ich, dass sie in meiner Reichweite liegen würde und ich sie somit eigentlich gut schaffen sollte (im Nachstieg wohlbemerkt), was sich nun absolut bestätigte. Klettertechnisch gesehen hatte ich nirgends Probleme und auch unter „höhenangsttechnischen“ Aspekten gelang die Sache sehr gut. Natürlich war mir manchmal etwas mulmig zu Mute, aber wirklich Angst oder weiche Knie hatte ich nie. Dies zeigte sich auch dadurch, dass ich diesmal (im Gegensatz zu *meiner ersten alpinen Klettertour) nie verkrampfte Arme kriegte. Jedenfalls habe ich am Trotzigplanggstock wieder viel Selbstvertrauen tanken können, was mich für weitere, ähnliche Herausforderungen optimistisch stimmt.


Tourengänger: أجنبي


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Kommentare (5)


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alpinos hat gesagt: Gratulation
Gesendet am 20. Juni 2012 um 07:51
zum Trotzi und vielen Dank für die aktuellen Infos! Die Tour steht bei uns auch schon seit einer Weile auf der Liste, vielleicht klappts ja demnächst mal.

Viele Grüsse, A&R

أجنبي hat gesagt: RE:Gratulation
Gesendet am 20. Juni 2012 um 18:31
danke...! und: do it! es lohnt sich!

fjohn hat gesagt: Grassen
Gesendet am 20. Juni 2012 um 10:53
Erstmal Gratulation zum Trotzigplanggstock!!! Mich würde interessieren ob du zufällig irgendwelche Informationen zum Grassen Normalweg aufgeschnappt hast. Waren unter Umständen an dem WE sogar schon Tourengänger auf der Normalroute unterwegs?

Besten Dank!

Gruss,

Flo

أجنبي hat gesagt: RE:Grassen
Gesendet am 20. Juni 2012 um 16:31
auf der normalroute waren tonnenweise leute unterwegs (siehe spuren auf diesem foto. wäre so ab 2500m sogar noch mit skis zu machen. die passage im stössensattel scheint noch voll zugeschneit, d.h. easy ersteigbar zu sein.

fjohn hat gesagt: RE:Grassen
Gesendet am 20. Juni 2012 um 23:33
Merci vell mol Mer wärdets mol go aluege ;-)!


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