Klein und Gross Simeler 2482m Überschreitung, alpine Klettertour


Publiziert von Lulubusi , 18. Juni 2012 um 18:46.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:16 Juni 2012
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: 5c (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:via Meiringen zur Rosenlaui
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel Schwarzwaldalp oder Engelhornhütte
Kartennummer:LK 1:25000 BL1210 Innertkirch BL1209 Brienz / Buch von Jürg von Känel plaisier west Jg.2004

 

Überschreitung Klein- und Gross Simeler

 

Eine Freundin vom mir wollte mal in die Engelhörner Klettern gehen. Da es für sie die erste Klettertour in alpinem Gelände war, sollte sich die technischen Schwierigkeiten in Grenzen halten. Wir entschieden uns für die Überschreitung vom kleinen zum grossen Simeler. Klettertechnisch leicht und doch, durch seine Länge, Ausgesetztheit und schlechte Absicherung recht fordernd und nicht zu unterschetzen.

 

Gebitsinfo

Die Engelhörner bestehen aus zahlreichen Gipfeln und ist eine etwa vier Kilometer lange Bergkette am Nordende der Berner Alpen oberhalb der Rosenlaui. Nordwestlich liegt das Reichenbachtal, südöstlich das Urbachtal.

Die Aarmassiv gehörenden Engelhörner bestehen zum grössten Teil aus hellem Kreidekalk und sind somit hervorragende Kletterberge. Lediglich das Gstellihorn besteht aus Granit.

Die grössten Gipfel sind das Gstellihorn 2854m, das Grosse Engelhorn 2782m, Urbachsengelhorn 2776m, und Hohjegiburg 2639m.

Die Engelhörner sind durch die Engelhornhütte, die sich an ihrem Nordwestfuss befindet erschlossen. Von da führen verschiedenste Routen in den unterschiedlichsten Kletterschwierigkeiten auf die Gipfel.

 

Aufstieg

Mit dem Auto fahren wir bis zur Rosenlauischlucht P.1360 (Gletscherschlucht). Von hier wandern wir auf dem Hüttenweg zur Engelhornhütte AACB P.1901 die in gut 1h45min. erreicht ist.

(erst ostwärts, bei der Verzweigung Engelhornhütte/Dossenhütte nach Norden und weiter am Fuss des Rosenlauistocks zur Hütte)

Als Variante kann man bei Gschwantenmad P.1304 nach Osten über die Taxpflichtige Strasse bis Gross Rychenbach P.1575 (Rychenbachalp) hoch fahren, so spart man sich ca. 45 min.

 

Kurz bevor die Engelhornhütte erreicht ist, führt im Ochsental ein Weg (Wegspuren) nach rechts hoch, zu den verschiedenen Kletterrouten in den Hörnern. Wir folgen diesem Pfad bis wir die Kletterrouten die zum kleinen Simeler hoch führen erreichen. Über ein schmales Grasband kann man hier nach Norden queren.

Wir folgen diesem Band, Wegspuren machen die Wegfindung einfach, bis zu einem rinnenartigen Einschnitt. Durch diesen ostwärts zum Grassensattel hoch. Hier befindet sich der Einstieg zu unserer Route. Hinweis: Kann man durch ein Guckloch hinunter ins Kar schauen ist man richtig.

 

Hier können Streckenteile von ungefähr dem ersten ¼ studiert werden. Die ersten Meter werden unterhalb des Grates, in der plattigen und brüchigen und mit Schutt übersäten West- bis Nordwest gerichteten Flanke zurück gelegt.

Nach den ersten Klettermetern erreicht man einen kaum als solches erkennbaren Übergang. Ab hier sollte man sich am Grat orientieren. Ein kleines Steinmandli markiert den Punkt bei dem man auf den Grat hochsteigen sollte. Eine gute erkennbare und strukturierte Rinne führt hoch zum Steinmandli.

Grundsätzlich ist hier der Weg gut zu finden. Am Grat orientieren und aufwärts heisst das Motto.

 

Die Kletterschwierigkeitne werden auf dem Grat nicht einfacher, jedoch wird es wesentlich angenehmer zum Kletter, da der lose Schutt beinahe gänzlich wegfällt.

 

Wir folgen dem in östlicher Richtung verlaufenden Grat, bis zu einem kleinen Türmchen, vor dem man recht Luftig den Grat übersteigt. Hat man die Seite des Grates gewechselt trifft man auf ein kleines Plateau. Hier befindet sich zudem ein Stand. (zwei Borhaken).

Allerdings sucht man Haken zum sichern auf dem Grat vergebens. Auf dieser Route sind dies glänzenden Dinger eine aussterbende Art! Am Grat kann allerdings gut mit Zackenschlingen gesichert werden. Das legen dieser Sicherungen sollte somit beherrscht und routiniert erfolgen.

 

Weiter geht es über ein wieder mit recht viel Schutt verschmutzten Rampe. Besser auf dem jetzt linkerhand liegend Grat hochsteigen und direkt über diese hoch Klettern.

Kurze Zeit später steht man schon auf dem Vorgipfel des kleinen Simelistock. Luftlinie ca. 40m vor dem Hauptgipfel. Über diesen wird südostseitig über ca. 2m, einfach ab geklettert. Anschliessend wieder dem plattigen Grat folgend auf den kleinen Simelistock.

Auch hier sind Borhaken die Ausnahme und die vorhandenen sollte man mit bedacht auf ihre Standfestigkeit prüfen.

 

Unser erstes Etappenziel der klein Simeler ist erreicht und wir gönnen uns eine ausgiebige Pause. Geniessen die Aussicht, das traumhafte Wetter und nutzen die Zeit zudem zum Studium des weiteren Routenverlaufs.

 

Als nächstes wird vom klein Simeler ca. 20m abgeseilt. Es finden sich zwei Stände, einmal mit Kette und einmal mit Schlinge. Vorsicht! Der mit Schlinge ist FALSCH und führt ins nichts!

 

Wir seilen die 20m auf den recht ausgeprägten Sattel zwischen klein und gross Simeler ab. Hier befindet sich ein Punkt of now return!

Etwa 5m oberhalb des Sattels, bereits wieder im Aufstieg, endet die Route Silberfänger die direkt durch die Südwand hoch führt. (Stand mit Kette und Maillon rapid rechts in der Wand)

 

Sollten irgendwelche Probleme auftauchen. Wetterverschlechterung, nachlassende Kräfte...... besteht hier die Möglichkeit über eine Abseilpiste 5x 22m den Rückzug anzutreten.

Hinweis: Die Abseilpiste führt über eine senkrechte Wand in die leere. Was, wenn man sich dies nicht gewohnt ist, eine ordentliche Herausforderung darstellt. Zudem sollte man tunlichst vermeiden einen Stand zu verpassen, da es sonst logischerweise sehr problematisch wird.

 

Nach einer kurzen Situationsbeurteilung, entscheiden wir uns die Tour komplett zu beenden und machen uns auf den weiteren Weg.

 

Vom Sattel steigen wir über Platten (ein Borhaken) hoch und auf der linken Seite eines Mini Gendarm vorbei.

 

Dahinter löse ich zum ersten mal, abgesehen beim Abseilen vom klein Simelistock, die Seilverkürzung, damit ich die vollen 50m meines Einfachseils nutzen kann. Auf dem Grat bin ich mit ca. 10m ausgekommen.

 

Nun übersteigt man luftig einen Block auf dessen rechten Seite. Unmittelbar oberhalb des Blocks befindet sich in der Wand ein Stand, ideal zum nachsichern.

Nach dem Block trifft man auf ein ausgeprägtes Band, dass in die Südwand des Gross Simelistock hinein führt. 
 

In meinem Führer vom Jahr 2004, über dieses weiter bis zum Stand am Ende des Bandes. Ab hier beginnt der Niveaumässig leicht schwierigere Kletterteil. Vom Stand über ein Kante, an den Fuss zweier mit wenigen Borhaken ausgestatteten Kamine die links und rechts einem Felsbuckel hoch führen „4b“. Sind die Kamine durch stiegen wird es wieder einfacher „3b“. Vorsicht: Diese Routen sind alt und werden nicht mehr begangen (nicht korrekt).

 

Routen wurden geändert! Im neuen plaisir west 2012 aktualisiert. Neu führt die einfache Route (vorletzter Stand) direkt über die Kante und in gut gestuftem Fels bis hoch zum Gipfel 3b-4b.

 

Ich selber gehe bis zum Stand am Ende des Bandes. Von da führt die Route leicht überhängend, im Schwierigkeitsgrad von 5b, über eine Kante, an den Fuss der zwei Kamine und direkt unterhalb des Felsbuckels. Überklettert man diesen Felsbuckel, klettern man in einem 6b.

 

Um meiner Nachsteigerin das Klettern im Gelände nicht bereits auf ihrer ersten derartigen Tour zu verderben, hinzu kommt, dass sie draussen maximal 4c-5a klettert, umgehe ich den Felsbuckel auf dessen rechten Seite im Kamin „4b“. Wenn ich ehrlich bin, hatte auch ich nicht gerade die Motivation dazu eine 6b hochzusteigen.

 

Ich steige also ca. 5m durch den Kamin hoch, anschliessend etwas nach links zu einem Stand. Zwei Borhaken mit Seil verbunden. Seil ist definitiv nicht mehr vertrauenswürdig! Stand muss, wie meist, selber gebaut werden.

 

Nun muss über ein grifflose recht abschüssigen Platte, 4 Meter luftig gequert „kurz ca. 6a“ und einige Meter hochgestiegen werden um zum nächsten Haken zu gelangen.

Von da den wenigen Haken folgend, über Platten „5c“ bis zum Gipfel des Gross Simelstock P.2482. (für mich absolut geniale und spannende Passage)

 

Abstieg

Vom Gross Simelistock Seilen wir uns in 4 Etappen à ca. 15m über die Ostseite auf den Simelisattel ab. „Drei Abseilhaken in der Wand“ Mit etwas offenen Augen sind die Abseilstellen gut auffindbar.

Vom Simelisattel steigt man 10m ab um zum nächsten Ring zu gelangen. Nun nochmal 2 x 20m auf ein kleines Plateau abseilen.

Von diesem führen Wegspuren nach links zu einer Rinne. Durch diese abklettern oder mittels Abseilpunkt anfangs Rinne nochmals etwa 20m abseilen.

 

Jetzt kann das Seil für eine Weile verstaut aber noch nicht ganz verstaut werden. Der weiter Abstieg erfolgt über Platten am Fuss der Nordwestwand des Vorderspitz. Vom Simelisattel her kommen möglichst nach links orientieren.

Orientierungshilfen sind ein grosses Loch in mitten der Platten, links eines auffallenden Zapfen der bereits vom Sattel erkennbar ist.

Liegt dieses Loch schliesslich zur rechten Hand ist man schon mal richtig. Etwas weiter unten auf einer Abbruchkante sind zwei weitere kleine Türmchen erkennbar. Dort hin muss man gelangen. Etwas nordwestlich dieser zwei Spitzen befindet sich ein Abseilpunkt „zwei Borhaken mit Kette und Maillon rapid“. Nochmals 20 Meter durch eine Rinne abseilen.

 

Ab jetzt wird das Seil nicht mehr benötigt. Durch das Ochsental wandern wir in Richtung Engelhornhütte hinuter um kurz vorher nach links ab zu biegen. Auf dem Hüttenweg gelangen wir so zurück zum Parkplatz der Rosenlauischlucht.
 

Tour zu zweit.

Wir nahmen uns sehr viel Zeit! Zeit zum geniessen! Ohne irgend welche Hektik ohne irgend einen Stau zu verursachen.

Zudem war es für mein Tourenbegleitung die erste derartige Tour. Daraus resultieren 9h von Hütte zu Hütte. An dieser Stelle Gratulation an meine Tourenbegleitung zu dieser gelungenen ersten Tour.
 

Ist man routiniert und zügig unterwegs, ist eine Zeit zwischen 6-8h realistisch.

Insgesammt waren es 1100 Höhenmeter. 500 davon Kletternd.

 

Startpunkt

Parkplatz Rosenlauischlucht 1360m

 

Ziel

Simelistock 2481m

 

Anforderungen

Zur Engelhornhütte T3 weiter zum Grassensattel T4.

Die Kletterschwierigkeiten auf dem Graten schwanken zwischen 2b-3b. Hoch zum Gross Simelistock 3b bis mind. 4b.

Geneigte oder steile Platten , steile Wandkletterei.

Die Route ist sehr rudimentär abgesichert. Die Hakenabstände sind sehr gross. Zwischensicherungen müssen selbständig gelegt werden. Teilweise kann mit zusätzlich Klemmgeräten abgesichert werden. Standplätze sind teilweise eingerichtet, sollte aber überprüft werden. Der obligatorische Schwierigkeitsgrat, aus meiner Sicht eine 4b, muss in alpinem Gelände beherrscht werden.

Vorausschauend und etwas Spürsinn, ist Weg recht gut auffindbar.

 Alles in allem eine lange, anspruchsvolle Route mit alpinem Charakter. Wetter sollte stabil sein, da ein Rückzug bei schlechtem Wetter kaum möglich oder nur mit grössten Risiken verbunden ist.

Der einfache Klettergrat darf über das anspruchsvolle der Tour nicht hinweg täuschen. Keinesfalls darf sie unterschätzt werden.

 

Material

Wir benötigte drei Bandschlingen, eine für Zwischensicherung und zwei für den Standplatzbau. 6 Express, 4 Schraubkarabiner für die Standplätze, 2 HMS und ich zusätzlich Abseilmaterial.

Wichtig: Um sich bei den Abseilhaken einhängen zu können, benötigt man grosse Karabiner. (kleine habe zu wenig Umfang)

Und natürlich das übliche Klettermaterial, Gurt, Helm usw.

Ich muss ergänzen: Die Handhabung des Materials muss routiniert erfolgen. Nur eine Bandschling zur Zwischensicherung hat relativ lange und schlecht gesicherte Vorstiege zur Folge.

 

Tipp: Genügend Bandschlingen mitnehmen und 8 Express so ist man auf der sicheren Seite.

 

Zusätzliche Info

http://www.haslihuetten.ch/huetten/engelhorn/engelhornhuette.html

 

Fazit

  • Tour mit moderater Kletterschwierigkeit
  • Lange Tour mit alpinem Charakter die nicht unterschätzt werden darf.
  • Nur rudimentär mit Haken und Ständen ausgestattet.
  • Klettertour im besten Fels der Engelhörner
  • Bombastische Tiefblicke
  • So lange die Engelhornhütte geschlossen bzw. in der Vorsaison eine eher selten begangene Tour
  • Engelhornhütte kann gut für mehrer Tage als Ausgangspunkt gewählt werden.
  • Ausblick auf weitere Kletterziele in den Engelhörnern
  • Klettertechnisch die einfachste Route der Engelhörner.
  • Tour am Fuss der Wetterhorngruppe
  • alpine Genusskletterei

 

Genaue Route

Parkplatz Rosenlauischlucht P.1360, Engelhornhütte P.1901, Grassensattel, Ostgrat zum Simelistock P.2482, Simelisattel, Engelhornhütte P.1901, Parkplatz Rosenlauischlucht P.1360

 

Alternativ:

unzählige Kletterrouten in den Engelhörnern.


Tourengänger: Lulubusi


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Kommentare (4)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 19. Juni 2012 um 16:22
Toller und ausführlicher Bericht! Schöne Tour...sehr anmächelig!

LG und weiterhin gute Touren!
N&M

Lulubusi hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. Juni 2012 um 08:54
Hoi iähr zwei, Danke schön.

Es ist eine tolle und wirklich empfehlenswerte Tour. Alpines Genussklettern.

Hinweis: Ich habe den letzten Teil, Aufstieg zum Gross Simelistock geändert. Die Routen wurden etwas abgeändert. Aktuell im neuen plaisir west.

Meine gewählt Route ist grundsätlich die selbe.

Konnte allerdings die Einstufung (live im Gelände) in meinem Buch nicht ganz nachvollziehen, was sich nach Studium im neuen Führer bestätigt hat.

Grüsse an euch und Tourt gut. Vielleicht trifft man sich mal.
Pascal

Aendu hat gesagt: Gratuliere!
Gesendet am 20. Juni 2012 um 09:00
Gratuliere zum diesem Super-Klassiker! Würde mich auch mal interessieren.

Ich war schon auf dem Rosenlauistock - ist übrigens auch sehr lohnend.

Gruss, Aendu

Lulubusi hat gesagt: RE:Gratuliere!
Gesendet am 20. Juni 2012 um 09:16
Danke.

Rosenlauistock / Tannenspitz möchte ich bald mal besteigen.

Mein Hauptziel allerdings liegt bei der Kingspitze Nordostwand.

Grüsse
Pascal


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