Val Poschiavo: Piz di Sassiglion bei leider ziemlich unwirtlichen Verhältnissen


Publiziert von 360 Pro , 17. Februar 2012 um 16:42.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Val Poschiavo
Tour Datum:15 Februar 2012
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT4 - Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   I 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Prada oder cff logo Li Curt
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Prada oder cff logo Li Curt
Unterkunftmöglichkeiten:Pensione Capelli in Prada (Li Curt / Poschiavo)
* siehe auch Anmerkungen

Eine Reise mit öV ins Puschlav dauert aus dem Grossraum Zürich um die 5 Stunden. Tagestouren in der Umgebung von Poschiavo sind selbst für einen hartgesottenen öV-Fan wie mich bei einer Reisezeit von 10 oder mehr Stunden nicht mehr wirklich attraktiv. Deshalb kommt dieser abgelegene Teil der Schweiz leider nicht allzu oft auf meinen "Menüplan". Nicht so diese Woche, denn wir verweilen ein paar Tage in Prada, einem kleinen Weiler in der Nähe von Poschiavo und machen von dort einige Ausflüge: zum Beispiel nach Tirano & Poschiavo. Auf dem Heimweg statten wir auch St. Moritz noch einen kurzen Besuch ab (unter anderem, um uns einmal das White Turf Gelände zu Gemüte zu führen). Ganz krass diese Gegensätze Prada - St. Moritz!
 
Da die Schneelage im Süden bekanntlich dieses Jahr nicht besonders rosig aussieht, lasse ich meine Skis zu Hause und packe nur die Schneeschuhe ein. Als Tourenziel im Puschlav wählte ich mir den Piz di Sassiglion aus. Dieser Berg wird gemäss SAC Skitourenführer manchmal auch im Winter besucht.
 
Da heute noch andere Dinge auf unserem Mini-Ferien-Programm stehen und ich somit zeitig wieder zurück in Prada sein möchte, starte ich mit Strinlampe ausgerüstet kurz vor halb 6 in der Pensione Capelli. Mein Plan ist dem Fahrsträsschen von Cologna nach Albertüsc zu folgen, dies sollte in der Dunkelheit - mit Stirnlampe ausgerüstet - problemlos möglich sein. Auf Grund der Dunkelheit und einer Art morgentlich-geistiger Umnachtung nehme ich jedoch schon auf halbem Weg nach Cologna eine Abkürzung, welche sich beim näheren Begehen als mühsamer Umweg entpuppt... So gelange ich mit etwas Verzögerung dann doch noch nach Cologna und nehme mir nun wirklich vor, das Abkürzen in der Dunkelheit gänzlich zu unterlassen.
 
Das Fahrsträsschen hoch nach Albertüsc nimmt zwar einen ellenlangen Umweg, eignet sich aber hervorragend für das frühmorgentliche Dämmerungs-Aufwärmen. Das Strässchen ist eigentlich schon von Beginn weg schneebedeckt, wegen der mageren Schneelage, kommen meine Schneeschuhe aber erst von Cansumé weg zum Einsatz. Ganz früh am Morgen ist der Himmel noch sternenklar, schon bald ziehen aber immer mehr Wolken auf und der Nordföhn fängt sehr stark an zu blasen. Bei Albertüsc komme ich um ca. 8:30h an und bin mir nicht mehr so sicher, dass ich mein heutiges Gipfelziel auch wirklich noch erreichen werde. Der Föhn bläst jetzt stürmisch, es schneit leicht und ich habe mir inzwischen fast all meine wärmenden und schützenden Schichten überziehen müssen.
 
Ich habe aber auch nicht wirklich Lust, hier schon wieder umzukehren und fast völlig unverrichteter Dinge so früh am Morgen wieder ins Tal zu gehen. So entschliesse ich mich, doch noch etwas Richtung Piz di Sassiglion zu stapfen. Die Schneemenge auf dem Weg zum Fil da la Veglia ist sehr dürftig und diese Strecke wäre sogar gut ohne Schneeschuhe machbar. Zwischendurch bläst mich der stürmische Föhn einmal von den Füssen auf alle Vieren, und zusammen mit dem aufgewirbeltem Schnee wird mein Gesicht so richtig ordentlich "sandgestrahlt". Zum Glück habe ich den "Kopfpariser" und meine dicksten Fausthandschuhe dabei, ansonsten hätte ich wohl tatsächlich schon vorher aufgeben müssen. 
 
Beim Fil da la Veglia angelangt, sehe ich zwischen den schneebeladenen Windböen hindurch auch tatsächlich kurze Zeit den Gipfel des Piz di Sassiglion. Von hier aus sieht es wie ein kurzer Katzensprung bis zum Gipfel aus. Ich sage mir deshalb: "Wenn Du nun schon so weit gegangen bist, kannst Du Dir auch dieses letzte Stück noch antun". Allerdings ist dieses Unterfangen nicht wirklich ein riesiges Vergnügen, denn inzwischen ist es zu allem Elend auch noch arg kalt: meine im Rucksack verstaute Trinkflasche glänzt schon mit schwimmenden Eisklötzchen - zum Glück habe ich auch noch heissen Tee in einer Thermosflasche dabei! Trotz allen Widrigkeiten schaffe ich es schlussendlich hoch zum Gipfel. (Die einzigen technischen Schwierigkeiten sind ein paar steilere Stellen vor dem Fil da la Veglia und ein/zwei kleine Steilstufen im Westgrat; WT4, resp. ZS für Skifahrer).
 
Da die Sicht gleich Null und der Aufenthalt auf dem Gipfel sehr unwirtlich ist, mache ich lediglich schnell ein paar "Gipfel-Beweisfotos", trete dann aber schnurstraks wieder den Rückzug an. Mit der Ausnahme, dass ich im Abstieg die Schneefelder suche, gestaltet sich dieser bis Albertüsc gleich wie der Aufstieg. Dort nun lockert sich das stürmisch, windige Schneegestöber leicht auf und ich mache hinter einem grossen Stein sogar eine etwas längere Pause. Für den restlichen Abstieg nach Prada wähle ich dann nicht mehr den langen Weg via Alpstrasse, sondern durchquere in etwa in südlicher Richtung auf etwas über 2000m die Schluchten des Val d'Albertüsc und Valenon. Von dort geht es dann in lichtem und auch weniger lichtem Wald via Motta, Balegna und Funtania zurück nach Prada.


Anmerkungen:

* Auf Grund der Empfehlung von Polder (*click und *clack) übernachteten wir in der Pensione Capelli in Prada (Li Curt / Poschiavo). Auch ich möchte Polder's Lobrede über diese Pension unterstreichen und wiederholen, denn sie ist eine wirklich empfehlenswerte Adresse im Puschlav! Nicht nur die Tatsache dass man hier meines Wissens preiswerter nächtigt und isst, als bei den Establishments in "Downtown" Poschiavo (oder dessen Umgebung), sondern auch das familiäre und äusserst freundliche Ambiente, inklusive erstklassigem Essen machen den Aufenthalt zu einem sehr genussvollen Erlebnis. Ein weiteres Plus ist der Dorfladen (sprich Negozio) im Haus, er steht einem als Gast sozusagen Tag und Nacht zur Verfügung!
 
Die RhB Bahnstrecke von Thusis nach Tirano via Albula und Bernina ist bekanntlich UNESCO Welterbe und lässt eines jeden Bahnfahrenden Herz etwas höher schlagen. Jetzt im Winter finde ich diese Alpenbahnfahrt noch fast etwas eindrücklicher als im Sommer. Die meist bessere winterliche Sicht in die umliegenden Bergriesen, die zum Teil beträchltlichen Schneemengen und der auf der Heimreise mit 120km blasende Föhnsturm auf dem Berninapass (welcher den Zug sogar richtig zum Rüttlen brachte), hätte eindrücklicher nicht sein können!

Das SLF meldete für den heutigen Tag für das Puschlav "erheblich" für Tiebschneehänge oberhalb 2000m. Die Schneelage war jedoch auf der ganzen begangenen Tour, insbesondere oberhalb 2000m sehr dürftig und ich würde die effektive Lawinengefahr für diese Zone eher als mässig einstufen.

Tourengänger: 360


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