"Wie es begann..." oder "Die Nachricht an Andreas..."


Publiziert von raytek , 8. September 2010 um 01:10.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:24 August 2005
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Grieshorn   I   Gruppo Pizzo Castello   Gruppo Cristallina   Gruppo Pizzo San Giacomo   Gruppo Basodino 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Robiei - Bocchetta Val Maggia - Laghi Boden - Lago Toggia - Psso. San Giacomo - Alpe Formazzora - All'Aqua
Kartennummer:Vallemaggia e Valle Onsernone, Kümmerly + Frey,edizione 2003

Hallo Kai,

Du könntest diese Antwort kopieren und direkt ins HIKR-Netz stellen :-)))...

Dein
Andreas


...dann werde ich das mal machen....:-}}}


Hallo Andreas,

danke für deine Nachricht. Deine Tourenberichte gefallen mir besonders, weil du wirklich auf Entdeckertour gehst, alte Wege hinauf auf die verlassenen Alpen wiederentdeckst, sowie in Vergessenheit geratene Übergänge beschreitest. Da kann ich nur den Hut ziehen. Die Recherchen im Vorfeld sind bestimmt beträchtlich, auch scheinst du jeden Tag (oder jeden Zweiten...) eine neue Tour zu machen, respektive sie auch uns mitzuteilen, vielen Dank dafür, mein Respekt ist dir sicher...

Tja, wie kam meine Verbundenheit zum Tessin zustande?
Es wird ein etwas längerer Bericht...

...alles begann Ende August im Jahr 2005, als wir, mein langjähriger guter Freund Björn und ich, des alljährlichen Strandurlaubs überdrüssig, beschlossen, eine Woche in den Bergen zu wandern. Einschlägige Erfahrungen meinerseits (Motorradtouren im gesamten Alpenraum mit Schwerpunkt Schotterstrecken und Schotterpässe) und besser werdende Fitness durch sportliche Aktivität unterstützten dieses Vorhaben. 
Wir sind dann mit Zelt und Ausrüstung Richtung Südtirol, ins Vinschgau, genauer gesagt, nach Reschen mit dem PKW aufgebrochen.
Ich kenne die Gegend um Reschen sehr gut, diente sie doch oft als Zwischenstation für Motorradreisen an den Gardasee und die Dolomiten.
Wie dem auch sei, der nächste Morgen und das Lesen des lokalen Wetterberichts brachte dann aber schnell Ernüchterung, ein Tiefdruckgebiet über der Adria bescherte dem sonst so sonnigen Südtirol ein paar Tage Regenwetter. So war das aber unsererseits nicht geplant!
Wir beschlossen kurzerhand, Richtung Westen weiterzufahren, dort war lt. Wetterbericht, am ehesten mit besserem Wetter zu rechnen. Unsere Route ging dann über das Val Müstair nach Zernez, durchs Engadin Richtung St.Moritz, weiter Richtung Malojapass nach Chiavenna, dann über den Splügenpass und San Bernardino Richtung Bellinzona. Auf der Paßhöhe des S. Bernardino machten wir Pause, dort waren es nur 7-8°C, man konnte aber Ri. Süden schon den blauen Himmel erkennen.
Und wir wurden nicht enttäuscht! Auf der Abfahrt vom S.Bernardino wurde es immer wärmer, bei einem Zwischenstopp in Lostallo waren es schon 28°C!!! Wir haben dann beschlossen, bis nach Locarno weiterzufahren und uns dort einen Campingplatz zu suchen. Letztendlich sind wir nicht mal bis Tenero gekommen, sondern schon in Gudo haben wir auf dem Camping Isola unser Zelt unter großen Eichen aufgebaut. Fix Abendbrot gemacht und die erste Tour für den nächsten Tag geplant, es sollte mit dem Auto bis San Carlo ins Val Bavona und mit der Seilbahn hoch nach Robiei gehen, dort oben entscheiden wir dann, wohin es genau geht.
Am nächsten Morgen dann schönes Wetter, aber die Fahrstrecke bis S.Carlo unterschätzt. Um es kurz zu machen, wir waren erst gegen 11:30 oben in Robiei, eigentlich viel zu spät, um noch eine ausgedehnte Tour zu machen, aber dazu später mehr.
Eine Wanderkarte vom Vallemaggia haben wir uns unterwegs gekauft, denn ohne Karte gehe ich nicht in die Berge.
So, nun standen wir vor dem großen Wegweiser unterhalb der Bergstation der Seilbahn und schauten eigentlich nur auf die Gehzeiten zu den Zielen, immer die Abfahrtzeit der letzten Seilbahn (16:45 Uhr) hinunter nach S.Carlo im Hinterkopf. Wir beschlossen, erstmal den Weg Richtung Lago dei Matörgn zu nehmen. Ein Pärchen schloß sich uns an, welches auch in diese Richtung wandern wollte, diese sind dann aber unterwegs doch links zum Lago del Zött abgebogen. Im Nachhinein war das eine sehr kluge Entscheidung von ihnen. Am Abzweig zum L.dei Matörgn war der See nur noch 45 Gehminuten entfernt, jetzt war es 13:45 Uhr und wir beschlossen, doch noch weiter zu gehen und zwar Richtung Bocchetta di Val Maggia.
Dort angekommen, der Aufstieg zum Sattel war dann doch recht steil, stellten wir mit Erschrecken fest, daß es schon 15:45 Uhr war und wir die letzte Seilbahn ins Tal zeitlich nicht mehr schafften. Damals kam uns nicht in den Sinn, das es noch einen Weg von Robiei hinunter nach S.Carlo gibt. 
Tja, was soll man sagen, typischer Anfängerfehler, zeitlich total verschätzt. Wie jetzt nun weiter? Karte her und schauen. Ah, dort hinten liegt ja All'Aqua, bis dorthin schaffen wir es, suchen uns eine Unterkunft, und am nächsten Tag die gleiche Strecke zurück nach Robiei...So war es geplant...Doch es kam alles ganz anders....
Die Wegstrecke von der Btta.Val Maggia runter zu den Laghi Boden führte durch ein recht großes Geröllfeld und meine Knie machten sich unangenehm bemerkbar, ich war es nicht gewohnt, so lange und so steil abzusteigen.
Zwischen den beiden Laghi Boden hindurch hinab zum Lago Toggia ging es relativ flott auf leicht abschüssigem Grasland voran, aber rechts um den L. Toggia herum war es doch teilweise sehr morastig, so daß wir wieder ein wenig aufsteigen müßten, um das sumpfige Gelände unter uns zu lassen. Im weiteren Verlauf steißen wir auf die Rumpfstrecke zum Passo San Giacomo, welcher sich als eine gut 3m breite Schotterpiste präsentierte. Der Denzel Alpenstraßenführer schreibt dazu, es war ein Straßenübergang hinunter nach All'Aqua in Planung, auf der italienischen Seite ist er bis zur Paßhöhe S.Giacomo ausgebaut, aber auf schweizer Seite ist nie begonnen worden, ihn vom der Nufenenstraße her zu vollenden. Aber das nur am Rande...
Um es kurz zu machen, wir stiegen dann via Passo San Giacomo, an der Kapelle San Giacomo vorbei und Alpe Formazzora nach All'Aqua ab. Auch wurde es schon ein wenig kühler, da die Schatten der Berge so langsam in die Täler fielen. Da ich aber die abgetrennten Hosenbeine meiner Wanderhose im Auto gelassen habe (nochmal Anfängerfehler...), wurde es schon ein wenig kühl am Schenkel. In All'Aqua angekommen  suchten wir vergebens nach einer Unterkunft für eine Nacht. Alle Hotels und Pensionen ausgebucht, wir sollten es aber mal in Bedretto versuchen, riet man uns. Mittlerweile war es so gegen 20 Uhr, und Busse fuhren auch nicht mehr in Richtung Airolo. Meine Stimmung fiel auf den Tiefpunkt. Die Knie schmerzten, kein Zimmer weit und breit, es war kalt und jetzt noch 3 km bis Bedretto laufen. Doch Björn, Freund und Motivator, meinte, wir sollten doch mal versuchen, bis zum nächste Ort zu trampen, vielleicht haben wir doch Glück, und finden in Bedretto ein Zimmer. Er also Daumen raus und nach 10 Minuten hielt doch noch ein Auto an und wir fragten, ob sie uns denn bis Bedretto mitbnehmen könnten, wir hätten uns beim Wandern in der Zeit verschätzt und müßten im nächsten Ort nach einem Zimmer fragen. 
"Das ist doch kein Problem!" sagte die Fam. Engel aus Delitzsch bei Leipzig. Ich dachte nur, so ein Glück, eine Fam. Engel, da ist der Name Programm, Euch schickt der Himmel. Wir die Rucksäcke im Kofferraum verstaut und auf der Rückbank Platz genommen. Wir kamen während der Fahrt ins Gespräch und erfuhren, das sie heute in Zermatt waren und jetzt wieder zurück nach Locarno wollten. LOCARNO??? Da wollten wir eigentlich auch hin, aber mit unserem eigenen Auto, was aber bekanntlicherweise in San Carlo steht. Auf unsere Frage, ob sie uns denn bis Gudo bringen könnten, kam die rettende Antwort: "Natürlich. Das machen wir doch!" In diesem Moment hätte man eigentlich einen Stoß im Fahrzeug spüren müssen, als mir der besagte Stein vom Herzen fiel.
Sie brachten uns direkt bis zum Campingplatz und wir bedankten uns höflich. Es ist doch was anderes, wenn man in seinem eigenen Zelt schläft, anstatt irgendwo am Nufenen am nächsten Tag mit schmerzenden Knien wieder die gleiche Strecke nach Robiei zurückläuft und seinen Mißerfolg nochmal Revue passieren lassen muß. Eigentlich ist es ja kein Mißerfolg, sondern nur Lehrgeld, das man bezahlt hat.
Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht im eigenen Zelt, einem schmackhaften Frühstück und mit viel guter Laune im Gepäck sind wir am nächsten Morgen zur Abholung unseres Fahrzeuges in San Carlo vom Campingplatz aus aufgebrochen. 300m vom Camping ist direkt unter den Weinbergen zwischen Gudo und Cugnasco die Haltestelle des Postbusses. Dort eingestiegen und weiter bis zum Hbf in Locarno. Dort eine halbe Stunde Aufenthalt bis zur Weiterfahrt ins Valle Maggia. Genauer gesagt bis Cavergno. Der nächste Bus, welcher bis nach S.Carlo durchfährt, würde erst 3 Stunden später losfahren. Also nehmen wir diesen Bus jetzt und laufen den Rest der Strecke bis S.Carlo, das sind dann nur noch 12 km, größtenteils Straße. Meinen Knien ging es auch schon wieder besser, das hätte ich gestern nicht geglaubt. Eine Nacht Ruhe und schmerzfreie Knie.
In Cavergno angekommen, machten wir uns gleich auf den Weg nach S.Carlo. Von den Eindrücken der Strecke hinauf nach S.Carlo zehre ich noch heute, wirklich. Dieses Val Bavona mit seinen kleinen Ortschaften und grauen Steinhäusern, welche sich unter den steil abfallenden Wänden des Tals ducken, haben ihren eigenen Reiz. Mondada, Fontana, Sabbione, der Wasserfall bei Foroglio, den wir zwei Jahre später auf unserer Tour durchs Val Calnegia hinauf zu den Laghi della Crosa näher kennenlernen sollten, sind mir noch bestens in Erinnerung. Auch Sonlert, welches sich links an den flachen Hang schmiegt, hat seinen eigenen Reiz. Vielleicht war auch das Wetter dafür verantwortlich, das diese Ortschaften ihren besonderen Reiz auf mich ausstrahlten, es war ein wenig bewölkt und hoher Dunst hüllte das Tal ein. 
Die 12 km auf der Straße laufen waren dann doch nicht ganz ohne, besonders, da meine Bergstiefel eine recht harte Sohle haben und sie auf Asphalt nicht gerade gut dämpfen. Wir kamen gut voran, haben mit Pausen dann gut 3,5 h für diese Strecke gebraucht, die letzten Kehren hinauf nach S.Carlo überholte uns auch noch der Postbus, welcher 3 h später bis hoch nach S.Carlo durchfuhr. Dieses Schlüsselerlebnis, der uns überholende Postbus, motivierte uns auf den letzten Höhenmetern hinauf zur Talstation der Seilbahn, wo wir unser Auto unbeschadet vorfanden. Die Rückfahrt nach Gudo gestaltete sich dann entspannt und lustig ob der Geschehnisse der letzten 2 Tage.
Im Nachgang waren dies die Schlüsselerlebnisse, welche mich und meinen Kumpel Björn auch die nächste Jahre dazu bewogen, immer wieder ins Tessin zum Wandern zu fahren. Immer auf den liebgewonnen Camping Isola, welcher ein wenig abseits der Hauptstraße nach Locarno liegt und abends schön ruhig ist.
Den darauffolgenden Tag will ich hier nur kurz anreißen, wir sind zur Capanna Albagno gewandert, mit der Seilbahn von Monte Carasso hinauf nach Mornera, dann weiter zur Capanna mit herrlichen Tiefblicken ins Tal der Ticino und rüber zum Monte Tamaro, welchen wir 1 Jahr später besucht haben. Dort eine Brotzeit und wieder hinunter nach Mornera, wo aber die Knie wieder anfingen zu schmerzen, und wir öfter eine Pause machen mußten. Das hat uns auch dazu bewogen, am nächsten Tag die Heimreise anzutreten, da ich mit den schmerzenden Knien keine Touren mehr machen wollte.

Ein Jahr später, im Spätsommer 2006 waren wir am Monte Tamaro, von Robiei zum Lago Cavagnöö über Lago Bianco, Im Val Verzasca von Gerra eine Tour über Conscina, unterhalb der Felsen Cima di Cazzai -Monte Valdo und zurück nach Gerra und zu guter letzt von Mergoscia ins Valle di Mergoscia über die Alpe di Petri.
In 2007 sind wir die beschriebene Tour von Bosco Gurin- Lago Superiore-Bosco Gurin gewandert, tags darauf vom Wasserfall in Foroglio zu den Laghi della Crosa mit der imposanten Treppenanlage am Ende des Val Calnegia, den nächsten Tag wieder hinauf zur Capanna Albagno, dann weiter bis zum Gaggio Gipfel, und zu guter Letzt von Lavertezzo ins Val Carecchio bis Carech, dann aber umgedreht, weil es dunkel wurde.
Wieder Ende August 2008 dann vom Lago del Naret zur Cristallina-Hütte, auf den Hausberg Sassariente (kann man vom Campingplatz sehr gut sehen), und wieder Val Carecchio, diesmal aber nach Eus und Besteigung des Pizzo d'Eus durch Björn.

Dieses Jahr wollen wir etwas Neues ausprobieren. Wir wollen heuer am Berg übernachten, mit Zelt natürlich. 3-4 Tage. Diese Tour habe ich mal im Internet recherchiert:

1.Tag: All'Aqua-Psso. S.Giacomo-Laghi Boden (Biwak)
2.Tag: Laghi Boden-Btta.di Val Maggia-Robiei-Lago Bianco (Biwak)
3.Tag: Lago Bianco-Lago Nero-Sasso Nero-Psso.del Sasso Nero-Lago del Naret (Biwak)
4.Tag: Lago del Naret-Psso del Naret-Alpe di Cristallina-Piano di Pescia- Pesciüm-Airolo

Von dieser Tour habe ich einen schönen Bericht gelesen, hier der Link:
http://www.aitrob.de/bedretto.html

Was hälst du von der Tour?

Gruß Kai aka "raytek"
 

Tourengänger: raytek


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Kommentare (1)


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Seeger hat gesagt: Kompliment oder...
Gesendet am 9. September 2010 um 08:57
siehst Du, es hat geklappt!
Ciao Kai
Welch eine Ehre!
Cari saluti
Andreas


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