Bisse de Sillonin - Route de l'hasard

Zufällig war an diesem 15. Juni fast alles. Angefangen hat es mit der komplizierten Wetterlage. Wohin bei so unbeständigem Wetter? Tageszeitung und Internet versprachen im Zentralwallis ein bisschen Sonne und geringe Schauerneigung. Also mal hin und schauen.....

Leichter Regen in Bern, tief hängender Nebel im Kandertal, Sonne beim Verlassen des Lötscherbergtunnels, umsteigen in Visp und mit dem Interregio weiter nach Sion. Die Bisse de Clavau ist ein Fall für alle Fälle - ins Tal absteigen und wieder nach Hause fahren kein Problem.

In Sion folge ich ausnahmsweise nicht dem Instinkt, sondern den gelben Wanderweg-Rhomben, mit dem Ergebnis, dass ich mich prompt verlaufe und den Aufstieg zur Bisse de Clavau mit einiger Verspätung in Angriff nehme. Nun ist die Orientierung einfach: ab Pt. 630 einfach auf dem talseitigen Pfad ca. 7 km dem Wasserlauf folgen, bis dieser aufhört, respektive beginnt. Oben bei der Druckleitung des Kraftwerkes mache ich einen Halt und plane die Fortsetzung: durch die Schlucht weiter zur Schöpfe, dann Aufstieg nach Icogne und von dort mit Bus und Zug Rückfahrt nach Hause. Absolut vernünftig, bei diesen Wetterverhältnissen. Keine unnötigen Risiken eingehen. Die Bisse de Sillonin ist heute kein Thema.

Oberhalb der Schöpfe geht es vorerst der Liènne entlang aufwärts, überquert diese, und dann führt ein Waldweg in grossen Schlaufen nach Le Tsamplan hinauf. Bei Pt. 823, etwa eine halbe Stunde vor Icogne, komme ich zu einem Wegweiser. Bisse de Sillonin steht da unter anderem drauf.

Und jetzt kommt es zu einer kleinen Rebellion. Mein Kopf befiehlt den Füssen den Weg nach Icogne einzuschlagen, diese weigern sich und setzen sich selbsttätig Richtung Bisse de Sillonin in Bewegung. Gemütlich geht es auf einem breiten und weichen Weg über eine Terrasse im steilen Wald, von einer Bisse ist weit und breit nichts zu sehen. Allerdings höre ich immer wieder ein leises Murmeln, bis mein Blick auf einen mit Laub und Moos getarnten Schachtdeckel fällt. Alles klar! Kurz danach stehe ich auf einem Aussichtspunkt, stärke mich mit einem Schluck Wasser und folge dem nun schmaleren Pfad. Abrupter Geländewechsel: die Bisse kommt zum Vorschein, linkerhand Fels, eine wackelige Brücke: und schon stehe ich oben an der steilen Treppe, die hinunter zur langen Felstraverse führt. Der Weg ist sehr ausgesetzt, jedoch mit Seilen und Geländern sehr gut gesichert. Der brüchige Fels gefällt mir nicht, die steinschlägigen Stellen sind jedoch auf dem komfortablen Weg rasch gequert. Dann nochmals herrliche Aussicht bei Pt. 760.

Eigentlich könnte ich nun rasch nach St-Léonard absteigen. Um die Bisse noch ein bisschen zu geniessen, wähle ich dem Umweg über Chelin. Einem unmarkierten Weg folge ich dann hinunter in die Rebberge, wo dieser unvermittelt endet. Freundliche Winzer erklären mir, wie ich weglos zur Domaine des Virets hinunterkomme. Es ist steil, einige Mäuerchen sind zu überwinden, T3 im Rebberg! Respekt vor den Winzern, die in diesem Gelände im Leset die schweren Brenten tragen.

Unten bei der Domaine angekommen stelle ich fest, dass genau von hier der Fendant kommt, den ich mit Vorliebe zum Fondue trinke. Ein Zufall mehr.

Zum Schluss ein Zitat aus Wikipedia:
Beim Zufall handelt es sich um den Übergang aus einer Ausgangssituation, die mehrere Endsituationen ermöglicht, in genau eine dieser Endsituationen, wobei zum einen keine erkennbare Ursache für das Zustandekommen dieser einen Endsituation vorliegt und zum anderen bei wiederholtem Vorliegen derselben Ausgangssituation auch die anderen Endsituationen eintreten können.

So schön kompliziert hätte ich dies nicht formulieren können! Danke, Wikipedia.