VAL BAVONA/VAL BOSCO: Orsalietta – Bocchetta d’Orsalia 2443m – Cap. Grossalp


Publiziert von Seeger , 30. September 2009 um 17:08.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:28 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Pizzo Biela   Gruppo Pizzo Quadro   CH-TI   Gruppo Pizzo Solögna 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 2100 m
Abstieg: 900 m
Strecke:Foroglio Parkplatz 684m - Puntid 890m – Orsalietta, Corte di Fondo 1446m – Orsalietta, Corte di Cima 1912m – Pt 2006 – Lago d’Orsalia 2144m – Bocchetta d’Orsalia 2443m – Lago Pero 2393m – Lago Melo 2315m – Zu Rota Balmu – Tschochna 1819m – Pt 1834 – Teil 1870m – Cap. Grossalp 1907m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit FART von Locarno nach Bignasco, Postauto nach Foroglio (Sommerbetrieb, wenige Verbindungen) Auto: Locarno-Ponte Brolla-Cevio-Bignasco-nach der Brücke scharf nach links Richtung Val Bavona-etwa 5 km zum Parkplatz vor Foroglio, gebührenfrei
Zufahrt zum Ankunftspunkt:1.) Fortsetzung der Tour “Cap. Grossalp – Bocchetta Farmazöö 2664m – Foroglio 2.) Ö.V: Abstieg nach Bosco Gurin 1 Std., Postautoverbindung nach Cevio, FART nach Locarno
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Grossalp UTOE, 1907m, Bewartete Hütte mit Restauration; sehr netter, langjähriger Hüttenwart. Gutes Essen.
Kartennummer:1271 Basodino, 1291 Bosco Gurin

Giuseppe Brenna beschreibt diese Gegend wie folgt:“Wir sind hier im Reich nicht nur der Einsamkeit, sondern auch der schönsten, aussergewöhnlichsten und eindrucksvollsten alpinen Formen, wie man sie in vergleichbarer Ansammlung in den übrigen Tessiner Alpen und anderswo selten findet. Einzig Vergletscherungen, die gänzlich fehlen, vermöchten die Grossartigkeit der Gruppe noch steigern“ (Clubführer SAC, Tessiner Alpen 1, Seite 285).
Es ist so packend, dass man dem Bavona-Virus erlegen kann. Unheilbar. Unverrückbar. Gestern war ich im Gebiet der Cazzana. (VAL BAVONA/VAL CALNEGIA: Cazzana – Corte di Mezzo 1441m). Praktisch. So konnte ich gleich die ganze Ausrüstung im Rucksack lassen, Lunch ergänzen. Zur Sicherheit noch die Karte Bosco Gurin. Man weiss nie! 06 00 Uhr Tagwache.
 
Um 08 00 Uhr parkiere ich mein Auto auf dem Parkplatz in Foroglio. „Bis heute abend“, verabschiede ich mich jovial. Und wieder durch Foroglio bis ans obere Ende des Dorfes. Und wieder den Weg hinauf über die Kappelle nach Puntid. Ich kenne mittlerweilen jede Treppe, jede Ausschnauf-Ebene. In Puntid über die Bogenbrücke, zum x-ten Mal fotographiert – und jedesmal eine andere Beleuchtung. Wie die Bilder von Monet der Cathédrale de Reims. Gleich nach der Brücke nach rechts gegen Gerra/Calnegia bis auf die Höhe von 1020m.
 
„Jetzt verlässt man den Talweg des Calnegia eine halbe Stunde nach Puntid auf Höhe 1020m etwa, vor dem Überschreiten des Flusses „Ri d'Orsalietta".Hier befand sich ein Absperrgatter auf der Grenze der Weiden von Val Cornera und Gerra. Von diesem Tor ist nur noch ein grosser, rostiger Eisenring geblieben, welcher in einen grossen Steinklotz am Rand des Flussbettes eingelassen wurde; dieser Ring ist nun Wegweiser zur Alp Orsalietta. Der Aufstieg des Flussbettes, etwa 400 lang, ist trotz der Mühlsal nie langweilig, da man gezwungen ist, immer nach dem geeigneten Weg durch die Blöcke zu suchen.Bei der Mündung des „Crös", auf etwa 1200m, erklimmt der Weg den Felssporn, welcher den Geländerücken zwischen dem Val Calneggia und dem „Crös" bildet. Er steigt steil über Gras hinauf, erreicht den Wald und nach weiteren etwa 200 m wechselt er auf die Seite des Calneggia. Dort befindet sich eine Steintreppe, nachher umgeht er eine Felswand rechtsherum. Zwischen Lärchen und Tannen erreicht er dann den schönen Heustall des „Corte di Fondo", 1446m. Das Dach scheint noch gut erhalten zu sein und im Innern befindet sich ein Bettlager mit Heu. Dagegen ist die nebenanliegende Hütte am Zerfallen.“ (Nora und Aldo Cattaneo: Storie e sentieri di Val Bavona)
 
Dazu meine Anmerkungen: Der Anfangspunkt bei 1020m ist momentan etwas schwierig zu finden, da im letzten Winter enorme Lawinenniedergänge aus dem Orsalietta und Rebia-Graben auf quasi gleicher Höhe von links und rechts den Talboden verwüsteten. Merkpunkt ist folglich die Einmündung des Ri della Rebia, gut sichtbar auf der Gegenseite des Flusses Calnegia. Der Einstieg auf 1200 m ist rechts zwischen zwei häusergrossen Monolithen zu suchen. Wegspuren auf den Grat sind gut sichtbar. Weiter keine Probleme.
Ich steige und steige, ohne Mühe zu verspüren. Der Weg ist so abwechslungsreich und intelligent angelegt, dass man sozusagen hinauf gleitet. Und schon blinzelt einem die einzig noch stehende Hütte des Corte di Mezzo zwischen den Bäumen entgegen. Zaza hat hier ein improvisiertes Hüttenbuch vorgefunden. Jegliche Suche war vergebens. Es ist verschwunden. Erstaunlich ist die Anhöhe. Lieblich. Nichts von Strenge. Darüber muss eine ausgedehnte Weide gewesen sein. Jetzt überwachsen.
Durch tip-top herausgeputzten Weg steige ich über gemischtes Land mit Weiden, Lärchenwälder und Geröllfelder bis an einen Felsriegel hinan. Dann diesem nach rechts entlang und über einige Kraxeleien, mit Bügel und Seilen, ja sogar einer Aluminiumleiter, gesichert zur Schlüsselstelle: Eine von der Felswand abgespaltene Platte, welche ich jedoch dank dem Bügel am richtigen Ort schnell überwinden kann. Nachher Anstieg in einem Lärchenwald mit uraltem Bestand auf die Waldlichtung des Corte di Cima, 1912m. Mittagessen: Menü 1 mit Jurawaffeln von Wernli, u.a.m. Grazie!
Ein Missverständnis
Es wurde mir erzählt, dass ein Baumeister von Cavergno beauftragt wurde, die Hütte von Corte di Cima, auf 1912m, zu errichten. Abgemacht wurde der Preis auf fixen Massen, jedoch wurde bei den Schlussarbeiten festgestellt, dass die Hütte viel kleiner war als wie der Auftraggeber gewünscht hatte. Es war ein Missverständnis: es war unklar, ob es sich um Innen- oder Aussenmasse handelte, aus welchem ein Rechtsverfahren resultierte, dessen Ausgang mir nicht bekannt ist. (Nora und Aldo Cattaneo: Storie e sentieri di Val Bavona)
 
Der Weg zum Lago d’Orsalia beginnt oberhalb der Hütte. Ein von Zeit zu Zeit sichtbarer schwarzer Platikschlauch bildet sozusagen die Leitlinie. So erreiche ich den Pt 2006. Rechts unten sehe ich die noch übriggebliebene Hütte der Alpe d’Orsalia, Corte di cima 1857m. Nun ziemlich strub über Geröll und steilen Wiesenpartien zu den Felsen links des Flusses und über letzterem unschwierig hinauf zum Lago d‘Orsalia. Eingebettet zwischen kahlen Felsen sieht er einem Edelstein gleich. Pizzo Orsalietta, Madone und Camino spiegeln sich bei Windstille. Gespenstische Ruhe umgibt den Talkessel.
Gegen Südwesten führt eine riesige Geröllhalde mit Steinkolossen jeder Grösse zur Bocchetta d’Orsalia. Der leichteste Aufstieg führt über möglichst vielen Grünflächen an der rechten Flanke empor. Und wieder ist Ansteigen angesagt, begleitet vom einmaligen Effekt des immer tiefer unten liegenden Lago d’Orsalia. So etwas wie Startflug. Dann die Punktlandung. Wie im Helikopter. Mit Sicht ins Val Rovana, im Speziellen dem birnenförmigen Seelein auf der andern Seite, dem Lago Pero.
Na und jetzt? Einfach das Ganze wieder zurück? Ich denke an Zaza: „Anstrengender Aufstieg – angenehmer Abstieg nach Bosco Gurin“, seine Empfehlung. Und so ein makelloser Tag. Morgen soll es auch gutes Wetter geben. Ich ringe mit mir - und ringe mich durch! Ein SMS an Frau Gemahlin: „Übernachte in der Capanna Grossalp“. So steige ich unvorbereitet, jedoch mit der Landeskarte Bosco Gurin ausgerüstet zum Seelein hinunter und weiter und weiter. In der Hütte werden sie wohl auch einen Lunch (vielleicht Menü 2) haben für morgen. Reservewäsche habe ich immer dabei.
In der Euphorie verpasse ich den „normalen“ Weg zur Grossalp und steige – oh Unglück – automatisch beim Lage Melo hinunter statt geradeaus. Ich entdecke den Fehler erst 300 Höhenmeter weiter unten. Kein Problem. Harte Kartenarbeit, harte Knochenarbeit. Aber unglaublich schön oberhalb von Bosco Gurin auf 1800m durch die Valserisch genannten Alpen und Älpchen zu rotzen (Die vielen Gräben meine ich). Ich bereue es nicht. So etwas macht man ja nur einmal im Leben.
Nach dieser Odyssee komme ich kurz vor Einnachten zur Grossalp-Hütte. Total erschöpft. Auf der Terrasse wechsle ich noch schnell die Kleider, um ja nicht den Vaganten zu spielen, welcher ich bin. Der Hüttenwart nimmt sich noch auf der Terrasse meiner an. „Ja selbstverständlich, sie können Halbpension haben“, meint er und im Juhuium sitze ich vor 1 ½ Liter Eistee und einem feinen Salätchen. Zum Hauptgang gibt es einen allerfeinsten Hirsch-Pfeffer mit Polenta, danach eine Schoggicrème mit Rahmhaube. Hunger ist der beste Koch. Sagt man. Aber was ich hier aufgetischt bekomme, ist Spitze.
Ich bekomme ein Zwölferzimmer für mich alleine. Die Kleider kann ich im Trockenraum aufhängen. Und plötzlich geht es mir wie ein Blitz durch den Kopf: Wie schaffe ich das morgen? Der Plan ist schnell geschmiedet: Die Bocchetta Formazöö. Scheint happig zu sein. Mit diesen Gedanken und die an den Lieben Gott, welcher mir so ein schöner Tag geschenkt hat, schlafe ich ein.
Kommst Du mit mir auf die Rückreise nach Foroglio?
 VAL BOSCO/VAL BAVONA:Capanna Grossalp – Guriner Furgga – Btta di Formazöö – Foroglio
http://www.hikr.org/tour/post17135.html
Würde mich freuen.

Tourengänger: Seeger
Communities: Ticino Selvaggio


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