Saisonauftakt am Rietstöckli 1848m

Eigentlich erstaunlich, dass es das Rietstöckli wieder in den neusten SAC-Führer geschafft hat. Denn als Skitour vermag es nun wirklich nicht zu überzeugen: zuhinterst im Glarnerland gelegen, sehr kurz, Flachpassagen, selten guten Schnee, unten schnell aper und oben im engen Tobel lawinenexponiert. Da braucht es schon einen unverbesserlichen Gipfelsammler wie mich, der sich dieser Kuriosität erbarmt. Heute haben die Verhältnisse für einmal gepasst und angesichts einer Erkältung kam mir die Kürze der Tour nicht ungelegen. Wobei, nach der Abfahrt musste ich mich zugegebenermassen mit Händen und Füssen gegen einen zweiten Aufstieg wehren...  

Das Auto kann bei der Hütte kurz vor P. 1258 abgestellt werden. Anschliessend folge ich der bestens eingeschneiten Alpstrasse nach Vorderstafel, wobei zwei Schneeschühler bereits vorgespurt haben. In der Abfahrt empfiehlt sich übrigens die Direktlinie (offizielle Route), im Aufstieg ist der Schlenker aber ganz angenehm. Anschliessend darf ich selber spuren, was für ein erhabenes Gefühl nach der langen Sommerpause.

Das meditative Gleiten hat aber allzu schnell ein Ende, denn es wartet der Steilaufstieg durchs raue, enge Tobel. Hier dürfte man kaum je tolle Verhältnisse finden - und wenn doch ist es zu gefährlich. Der Südhang bekommt selbst im Dezember viel Sonne und so sind die steilsten Partien bereits entladen. Man wählt halt die Linie, welche den Verhältnissen angemessen ist, entweder direkt in der Rinne oder östlich davon im Bereich des Wanderwegs. Kurz vor dem Ausstieg überschreitet man die 35° und die begrenzenden Hänge auf beiden Seiten sind noch steiler, also früh dran sein. 

Oben auf der weitläufigen Terrasse herrscht dann tolle Winteridylle. Ich beobachte ein Quartett Gemsen, welches sich im Schneckentempo die Steilhänge Richtung Ortstock hochquält - arme Viecher. Für mich hingegen verbleibt bloss ein Katzensprung aufs Rietstöckli (1848m). Man kann hier kaum von einem Gipfel sprechen, treffender wäre eher "netter Aussichtsbalkon". Aber der Blick in die Chärpf-Gruppe und die Clariden-Gruppe ist durchaus lohnend. Und als Berglauf ab Linthal ist das im Sommer eine kurz und knackige Trainingseinheit.

Wie bereits angetönt unternimmt man diese Tour nicht der Abfahrt wegen. Vom Vorderstafel zur Passstrasse liegen im Pulverschnee aber durchaus einige schöne Schwünge drin. Und der richtige Saisonauftakt folgt dann morgen auf der anderen Seite des Grosstals.