Cima Canali 2897m Normalweg


Publiziert von bergteufel , 24. Dezember 2018 um 16:48.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 4 August 2018
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m
Strecke:Rif. Pradidali - Cima Canali
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Fiera di Primiero ins Canali Tal bis zum Restaurant Cant del Gal. Wanderweg Nr.709 in 3 Std. zum Rif. Pradidali
Kartennummer:Tabacco Karte Nr. 022 Pale di San Martino

An die Jäger /-innen der großen Dolomitengipfel, griaß eich!

Die Cima Canali. Ein ganz feines Spitzerl. Einer der bekanntesten und bestgestylten Dolomitenberge. Allein diese, von der Natur so tollkühn geformte Cima, mit ihren drohenden Zacken nach außen, von unten aus zu betrachten, jagt einem schon gehörigen Respekt ein. Sieht man sie dann vom Sass Maor aus an, dann erkennt man die gewaltige Dimension ihres Bergkörpers und weiß, selbst auf dem Normalweg mußt du diese "Grande Dame" der Dolomiten erst mal "bezwingen".
Mit dem Hermann-Buhl-Riß hat sie eine sehr begehrte und schwierige Kletterführe. Gemacht wird auch die Überschreitung. Und ja, es gibt einen Normalweg, auch wenn das Internet und die deutsche Literatur sich darüber ausschweigen. 1879 wurde der Berg eben über diesen erstmals bestiegen.
Die schier endlose Karawane der Palaronda-Wanderer an ihrem Fuße, labt sich an der optischen Gestalt dieses Berges, es ist das Highlight auf dem Trek, deshalb sind sie hier.

Nach unserer gestrigen Besteigung des Sass Maors
http://www.hikr.org/tour/post138437.html
kamen wir um 19:30 Uhr an der Pradidalihütte an. Müde. In der propenvollen Hütte schliefen wir im Notlager unter dem Dach, was sich als akzeptabel herausstellte. Die Wanderer frühstücken um 7:30 Uhr, ich gab nach, also wir auch. Um 8:30 Uhr ging`s dann los, bei strahlendem Sonnenschein. Ein Fehler, zu spät!

Vom Rifugio Pradidali hinab in die Senke vor der Cima. In einem linksförmigen Halbbogen nahe an den Berg heran, dann auf die Schotterreise zu, die rechts der Cima Canali von der Eisrinne zwischen dem Torre Gialla und der Figlia della Canali herabzieht und sich fast bis zur Hütte erstreckt (Trampelpfad, Steinmänner). Wo die Schotterreise endet, noch ein paar Meter die Wand entlang hoch. Jetzt nach rechts, den Schneekanal queren. An den hellen Felsen erkennst du einen roten Punkt. Hier ist der Einstieg. Über einen Absatz in eine kleine Senke. Weiter nach rechts die Felsen hoch und auf ein Felsband (SG II+, Abseilstelle).
Geleitet von Steinmännern und sparsam gesetzten roten Punkten steigt man am Felssockel der Figlia parallel zur Eisrinne bergan (Stellen SG II und Gehgelände). Dann erkennst du die gelbe Sperrwand in der Eisrinne mit den gelben Felslöchern, links daneben der Klemmschusser. Direkt an die Wand und darunter nach links queren. Kurz auf die rechte Begrenzung der Rinne hoch (SG II+). Bis hierhin sind wir alles seilfrei gestiegen. Und jetzt, spannend....
wie "Dolomiten üblich" kein roter Punkt mehr. Jetzt muß die gute alte Beschreibung von Luca Visentini herhalten. Zunächst in das Felsloch (man kann fast drin stehen), dann die gelbe Wand auf schmalstem Band queren (kleine Felsplatten sind ausgerissen) und weiter nach oben (alter Schlaghaken). Deutlich leichter erreicht man den Abseilstand. Diese sehr ausgesetzte, erste Schlüsselpassage als SG III+ (lt. Literatur) durchgehen zu lassen, wenn du einen guten Tag hast, dann ausnahmsweise. Seil wieder einpacken. 
Jetzt nach rechts weg und einen Aufschwung in einem Zickzack meistern (SG II+). Immer weiter am Bergkörper der Figlia aufsteigen zur Scharte, in deren Mitte ein kleiner Obelisk steht, getarnt mit roter Mütze (SG I-II).
Jetzt wendet man sich der Cima Canali zu. Zunächst eine Art kleiner Grat, dann links der senkrechten gelben Wand mit Überhang auf einen schwarzgrauen, feuchten Riß zu (überall Steinmänner). Anseilen. Nun links davon über den kleinen Einschnitt mit den auffällig kompakten Felsklötzen hoch (SG III, keine Punkte). Man erreicht eine Schotterterrasse (Steinmann links ignorieren), rechts die Abseilstelle. Nun leicht rechts haltend auf die senkrechte Wand zu (roter Punkt). Diese hoch bis zur nächsten Abseilstelle (zweite Schlüsselpassage SG IV am Anfang, dann SG III). Leicht rechts haltend (südlich) zu einer kleinen Einschartung (SG II). Hier haben wir das Seil letztmals eingepackt (bis hierhin 3 Std ab Einstieg). Es geht kurz eine enge Rinne hoch und wiederum rechts haltend gewinnt man einen Südgrat. Bis zum Gipfel leiten dich nun wenige rote Punkte, aber viele Steinmänner über Bänder, Gratstücke, Schrofen und die Vorgipfel (alles max. mit Stellen SG II).  
Und schließlich stehst du da, auf dem Gipfel der Cima Canali 2897m, auf diesem prächtigen Felsbollwerk. Du realisierst gar nicht, welchen Berg du da eben gerockt hast. Geil.
Wer hier ankommt hat den Lackmustest als Bergsteiger bestanden. Sie ist ein "MUSS" für Dolomitengipfeljaga.
Kein Gipfelsymbol, ein kleiner Steinmann. Gipfelbuch, das ist nicht mal mehr ein beschämendes Wort wert. Der Enttäuchung noch nicht genug, es hatte sich vollkommen zugezogen und das Gewitter war greifbar nahe (4,5-5 Std. ab dem Rifugio). Da wiegt es schwer, das Frühstück im Magen und der späte Aufbruch. Scheiße, 2 Stunden zu spät für freie Sicht.

So faszinierend die Cima Canali ist, so anspruchsvoll ist auch ihr Normalweg. Er ist mit Sicherheit einer der Schwersten auf einen Dolomitenberg. Ziemlich verwinkelt und lang. Die roten Punkte helfen, aber sie leiten dich nicht, ungeachtet der klettertechnischen Fähigkeiten muß man den bersteigerischen Weginstikt unbedingt dabei haben. Bei Nebel ist diese Tour ein NoGo. Ohne IVer Händchen kommst du nicht lebend zurück.

Das mit dem Seil sind nur persönliche Hinweise, wie wir es gemacht haben. Einen SG III- Anstieg solltest du seilfrei draufhaben. Wer alles sichert, der kommt nicht wirklich an.
Heute war meine Bergkameradin auch als Kletterin zufrieden, konnte sie doch mal zeigen, was sie drauf hat. Die Schlüsselpassagen ist sie wieder ohne Probleme vorgestiegen, ganz starke Leistung. Hochachtung. Danke.

Außer ein paar Regentropfen, zwei kräftigen Donnereinheiten haben wir nichts abbekommen. Zum Abendessen waren wir pünktlich zurück am Rifugio. Dann war ein ausführliches Beratschlagen angesagt, ab ins Notlager und das neue Ziel für morgen innerlich fixieren: die Pala di San Martino.
http://www.hikr.org/tour/post138729.html

Die Cima Canali ist eine sehr ernste Kletterfahrt.

Habe die Ehre, Berg Heil,
der Bergteufel

Tourengänger: bergteufel


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