Piz Palü (3900 m) - Normalweg ab Diavolezza zum Sonnenaufgang und herbstliches Morteratschtal


Publiziert von boerscht , 25. Oktober 2018 um 01:09.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:19 Oktober 2018
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Palü-Gruppe   Bernina-Gruppe 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:12,5 km
Kartennummer:https://map.geo.admin.ch

Das stabile, schöne Wetter im Herbst will einfach nicht enden. Das will nochmal ausgenutzt werden. Ab auf den Piz Palü über den Normalweg. Nach Auskunft bei der Diavolezza sollen die Verhältnisse bestens sein und es sind nicht mehr viele Leute unterwegs. 

Tag 1:

Diavolezza - Sass Queder - Furcla Trovat 45 min; T3+:


Gerade so schaffen wir es noch die letzte Bahn auf die Diavolezza zu erwischen. Im Berghaus, welches eher einem Hotel gleicht, ist nicht viel los und wir haben zu 3. ein 4 er Zimmer mit eigenem Waschbecken und richtiger Bettwäsche, was ein Luxus. Auch das 4 Gänge Menü am Abend ist nicht mit dem Essen auf normalen Berghütten zu vergleichen. Das fängt schonmal gut an. Vor Sonnenuntergang machen wir noch einen Abstecher über den Saas Queder in Richtung Piz Trovat und schauen uns den Weg für Morgen schonmal an. Der Klettersteig am Piz Trovat ist derzeit leider wegen Steinschlag gesperrt
Die Aussicht von der Diavolezza in Richtung Piz Palü und Bernina ist gigantisch und wir können es kaum erwarten dort morgen hoffentlich zum Sonnenaufgang oben zu stehen.

Tag 2: 

Diavolezza - Fuorcla d´Arlas - Piz Palü und Retour WS, T3+; 9 h:

Da wir uns vorher überhaupt nicht aklimatisiert haben und die Diavolezza doch auf 3000m liegt, ist mit Schlafen irgendwie nicht so viel. Gut dass der wecker eh um halb 2 klingelt. Das Frühstücksbuffet steht schon bereit, hier mangelt es an nichts und wir sind die einzigen die hier in der Diavolezza um diese Zeit herumgeistern. Da muss man nichtmal leise sein und aufpassen andere zu wecken.
Zunächst gehts über die bereits preparierte Skipiste in richtung Sass Queder. Die erste Herausforderung hier ist es, den laufenden Schneekanonen auszuweichen. Verrückt, morgen soll hier anscheinend die Skisaison beginnen. Vor der Liftstation des Sesselliftes zweigt der Weg zum Piz Trovat nach rechts ab.
Der Piz Trovat wird auf gutem Pfad mit Steinmännern markiert östlich umgangen.
An der Fuorcla Trovat kann man nun entweder direkt zum Gletscher absteigen, was ziemlich rutschig aussieht oder weiter dem Kamm zur Fuorcla d´Arlas gehen. Wir wählen die letztere Variante, welche zu empfehlen ist.
Der Weg ist gut mit Steinmännern markiert und auch im Dunkeln einfach zu finden. Unterwegs kommt man an diversen gut eingerichteten Biwakplätzen vorbei, einer davon ist sogar belegt, die haben wir wohl mit unseren Lampen und lautem Gequatsche geweckt, sorry dafür.
Von der Fuorcla d´Arlas einfach und flach hinunter zum Gletscher. Hier seilen wir an und folgen der gut ausgetretenen Spur in die Dunkelheit. Der Sternenhimmel über uns ist gigantisch und es hat kaum Lichtverschmutzung hier oben.
Der Spur folgend queren wir unterhalb des Piz Cambrena durch ein Geröllfeld auf dem Gletscher zum Eisbruch. Auf dem Gletscher liegt eine nur dünne Schneeauflage, welche jetzt noch gut gefroren ist.
Der Weg durch den wilden Eisbruch im Dunkeln ist sehr faszinierend. Dank der Spur ist der Weg problemlos, ohne diese wäre der Aufstieg für uns wohl unmöglich, geschweige denn erst im Dunkeln.
Einige wenig vertrauenserweckende Gletscherbrücken sind hier zu queren, auch eine kurze steile Stelle bei der die Frontzacken und Pickel zum einsatz kommen, ist zu überwinden. Im Eisbruch vertrödeln wir mit Fotos machen leider ziemlich viel Zeit, aber ist auch zu eindrucksvoll hier um einfach so druchzurennen.
Es folgen viele Serpentinen über den nach oben hin steiler werdenden Gletscher zum Sattel bei P.3730.
Der Bergschrund ist riesig und muss weit links über die einzige Stelle, welche eine Überquerung ermöglicht, übergangen werden. Vor dem Sattel hat es noch einige schmale Stellen auf dem Gletscher, bei denen es links und rechts in scheinbar unendlich tiefe Spalten geht. So große Spalten wie hier am Piz Palü habe ich zuvor noch nicht gesehen.
Vom Sattel geht es nun steil hinauf zum Grat in Richtung Ostgipfel. In diesem Teil ist schon volle Konzentration gefragt. Der Grat zum Ostgipfel sieht genial aus und ist bestens zu gehen, auch wenn gerade so beide Füße nebeneinander passen und es links und recht steil bergab geht. Wir gehen hier alles ungesichert. Dann stehen wir auch schon auf dem Ostgipfel. Von diesem gehts zunächst einfach und wenig ausgesetzt etwas nach unten, dann folgt der Grat zum Hauptgipfel. Die Spur ist in der rechten Flanke gelegt. Sieht von weitem sehr waghalsig aus, mit der nötigen Vorsicht ist der Grat jedoch sehr gut zu begehen. Am Gipfel ist die Freude groß. Die Aussicht ist genial und Wetter sowei Verhältnisse hätten nicht besser sein können. 3 weitere Seilschaften kommen noch nach uns am Gipfel an. Irgendwie haben wir im Aufstieg echt sehr getrödelt, wir sind bestimmt 2 h vor den anderen an der Diavolezza gestartet. Egal bei den Verhältnissen kein Problem. Die ersten werden die letzten sein ist heute wohl unser Motto und so sind wir im Absiteg die letzte Seilschaft, welche den Gipfel verlässt. Ist halt einfach zu schön heute. Über den ausgesetzten Grat gehts weider zum Ostgipfel. Der Schnee am Grat vom Ostgipfel hinab ist in der Sonne schon ordentlich weich geworden, geht aber noch gut. Den folgenden Abstieg zum Sattel empfand ich als unangenehmste Stelle der ganzen Tour. Es ist doch gut steil und die Spur ist vom Wind verweht. Hier ist nochmals Konzentration gefragt.
Am Sattel seilen wir wieder an und gehen den langen Weg über den Gletscher zurück. Eine nicht vertrauenserweckende Gletscherbrücke überspringen wir nun lieber.
Der Abstieg zieht sich, ist jedoch dank des spannenden Gletschers nicht langweilig.
An der Diavolezza sammeln wir noch unser deponierten Kram ein und dann gehts mit der rappelvollen Bahn wieder ins Tal zurück.

Tag 3: 

Morteratsch Tal T3+,I (Normaler Weg nur T1); 9 h (davon 30 min laufen, der Rest pause :)


Für noch eine richtige Bergtour sind wir heute irgendwie zu faul, obwohl wieder bestes Wetter ist. Gegen 8 Uhr morgens fahren wir zum Bahnhof Morteratsch. Den breiten Wanderweg gehts ins wunderschöne Morteratsch Tal hinein. Wir wollen so schnell los, da haben wir glatt das Parkticket vergessen, Mist 40 Fr. ärmer.
Etwa auf Höhe des Klettergartens Morteratsch, auf der rechten Seite des Tals, kraxeln wir die Felsen weglos hinauf, bis wir einen guten Aussichtspunkt über das Tal, auf glatt geschliffenen Felsen erreichen. Einige Fotografen haben die selbe Idee und sind auch schon hier oben um die schönen, orangenen Lärchen abzulichten. 
Irgendwie schaffen wir es hier ganze 8-9 Stunden einfach nur in der Sonne zu liegen und den Herbst zu genießen. Sich da wieder loszureißen ist gar nicht so einfach.


Technisch ist der Normalweg auf den Piz Palü nicht wirklich anspruchsvoll. Nur der Gipfelgrat erfordert sicheres Steigeisengehen und Schwindelfreiheit, es ist doch sehr schmal und ausgesetzt. Die Höhe hab ich trotz keiner Aklimatisierung gar nicht gemerkt, nur der wenige, bis kein Schlaf setzten etwas zu.
Die Gegend kann man wirklich als Festsaal der Alpen bezeichnen, die Gletscher sind sehr beeindruckend und ich werd sicher nochmal her kommen, ein paar Sachen hab ich da schon im Auge ;)


Tourengänger: boerscht


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Kommentare (6)


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Fenek. hat gesagt: Piz Palü
Gesendet am 25. Oktober 2018 um 12:53
Hallo Adrian
Gratuliere zu dieser grossartigen Tour! Wunderschöne Bilder die man sich von dir gewohnt ist!!
Ich war zwei Tage später auf der Diavolezza um die kleinen Dreitausender zu besteigen. Habe deutlich die Spuren zum Piz Palü gesehen.
Diese Gegend werde ich bestimmt wieder besuchen und der Palü ist für nächsten Sommer geplant ;-)

LG
Christoph

boerscht hat gesagt: RE:Piz Palü
Gesendet am 25. Oktober 2018 um 13:54
Hi Christoph,
vielen Dank ! Alleine die Aussicht von der Diavolezza ist’s schon wert dort mal hin zu gehen. Dann viel Erfolg nächstes Jahr ist wirklich ein toller Berg.

Gruß und schöne Touren noch,
Adrian

Andres hat gesagt: Wow, die Fotos!
Gesendet am 25. Oktober 2018 um 18:53
Wahnsinnsbilder!

boerscht hat gesagt: RE:Wow, die Fotos!
Gesendet am 25. Oktober 2018 um 19:12
Vielen Dank, freut mich zu hören !

krznknakig hat gesagt: Einfach der Hammer
Gesendet am 26. Oktober 2018 um 08:34
Ciao Adrian :) Gratulation zu dieser wunderschönen Tour. Diese wird sogleich auf meine To-Do Liste gesetzt :D

Als ehemals wohnhafter in Graubünden weiss ich um die wunderschönen Berglandschaft dort, einmal da, für immer im Herzen :)

boerscht hat gesagt: RE:Einfach der Hammer
Gesendet am 31. Oktober 2018 um 02:32
Danke dir ! Ist echt ne super Tour


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