Weisse Schachtel statt Weisses Horn
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Hoch ist es ja nicht, nein, zwischen den hohen Hörnern ist es das niedrige Horn. Einen kleinen Gletscherrest hat es noch, ja, und ich habe es eben erst von meiner Wanderung bei Alpjerung entdeckt.
Ich war schon einmal in seiner Nähe, aber es hat damals keinen Eindruck auf mich gemacht. Seine Höhe von 3250m interessiert mich, das müsste doch noch zu machen sein, vom Tal hinaufgehatschelt und am selben Tage wieder hinunter.
Der Frühkurs des Postautos endet seit einiger Zeit in Simplon-Dorf. Daher beginnt die Wanderung dort. Um 7 komme ich an, es ist noch finster. Gutes Kartenstudium – keine Witze jetzt! – hat gelehrt, dass ich gleich durchs Loch beim Hotel Post muss und nach wenigen Metern schon darf ich abzweigen nach Süden. Es geht nach Weng und Oberi Weng. Es wird immer schöner und immer heller. Bei Antonius übersieht man den Kessel, das Ziel ist zu sehen, und das alternative Ziel auch. Dass das alternative Ziel das alternative Ziel ist, weiss ich aber noch nicht.
Ich trete in innigen Kontakt mit der hiesigen Tierwelt. Die Tierwelt pfeift und beobachtet jeden meiner Schritte. Wenn ich stehen bleibe, bleibt die Tierwelt ebenfalls stehen. Und setze ich mich in Bewegung, läuft auch das Tierleben davon. Die meinen wohl, ich sei Jäger und beflintet; so profitiere ich vom hohen Ansehen, das andere sich erworben haben, die ein Leben auf weite Entfernung erhaschen können. rojosuiza kann dies alles nicht; für weitere Entfernungen hat er nur seine ausfahrbare Telelinse.
Das Hinaufsteigen kostet rojosuiza viel Zeit, aber eigentlich doch recht schnell ist das Alternativ-Ziel erreicht. rojosuiza pausiert und schaut sich alles genau an. Auch in die Hütte blickt er natürlich und erfreut sich der acht Schlafplätze und der Zwergküche. Wenn man allein hier wär, wär eine Übernachtung keine Strafe.
Danach zieht der Weiterweg sich weit länger hin, als erwartet und steht der Bergheld endlich unten am Schlussaufstieg, wo entschieden werden muss, hinauf oder nicht hinauf, da hat er keine Energie und keine Lust mehr. Von der gegenüberliegenden Seite hat alles vor-vorgestern doch appetitlicher ausgesehen. Vielleicht gibt’s auch Eis unter dem Schnee und überhaupt… Also zischt der Held ab, schnell wieder hinab ins Tal.
Ich hab’s schon gesagt, ich bin schon hier oben gewesen, mehr oder weniger aus Zufall. Damals kam ich von Gabi, stieg durchs Laggintal hinauf und kam bis zum Alternativ-Ziel. Aus Dummheit ging ich damals auf dem selben Weg zurück. Dieses Mal immerhin habe ich für Hinreise und Rückreise eine andere Route genommen. Der Weg hinab ist recht steil, und da er meistens im Schatten liegt zu dieser Jahreszeit, verstecken sich überall kleine Eisreste. Manche Steine sind leicht dunkler als die Umgebung, von einer Hauchdünnen Eisschicht kaum sichtbar überzogen – rutschen tut man trotzdem. So braucht der Abstieg hier mehr Zeit als erwartet. Schliesslich bin ich wieder in Simplon, im Hotel Fletschhorn gibt’s den Latte Macchiato.
Wo wollte der Bergheld denn nur hin? Und wo ist er denn nur hingeraten? Er wollte aufs Tossenhorn, weil es ihm von der gegenüberliegen Seite bei Alpjerung so freundlich zugewinkt hat. Gelandet ist der im Alternativ-Ziel, der Weissen Schachtel, gelegen einfach auf der Route. Die Weisse Schachtel ist das Laggin-Biwak. Das ist sehr fotogen, mit den aufsteigenden Nebeln im Hintergrund.
Den Nebeln wollen wir denn auch die Schuld geben, dass es mit der Besteigung des Tossenhorns nichts geworden ist. Aber schön ist es dort oben im Gärtjini allenthalben, findet Ihr nicht?
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